WHITE SKULL: Interview mit Tony Fonto

15.12.2006 | 17:36

Auch wenn es in den letzten Monaten offenbar ein wenig in Mode gekommen ist, Bands ob ihrer Herkunft vorschnell zu be- oder noch schlimmer, zu verurteilen, wollen wir uns diesem "Trend" absolut nicht anschließen. Vor allem Bands aus Italien sind dabei immer wieder in Misskredit geraten, die lediglich auf Grund der Tatsache von eben dort zu stammen, sofort als "Pseudo-Metaller" bezeichnet werden und deren Klänge zum Großteil unberechtigt in die Kitsch-Abteilung eingeordnet werden.
Auch wenn manche Formationen wahrlich nicht gerade sparsam mit derlei Komponenten in ihrem Gesamtklangbild umgehen, bei den traditionsbewussten Metallern von WHITE SKULL findet man derlei Bestandteile definitiv nicht. Die Band rund um Mastermind Tony Fonto ist viel eher in der Tradition "alter Helden" des Heavy Metals zu sehen und klingt auch dementsprechend.
Auf ihrem aktuellen Album, dem bereits siebenten in der Geschichte der Band, mit dem Titel "The Ring Of The Ancients" haben sich WHITE SKULL der Geschichte der Kelten angenommen und deshalb auch einige Anklänge die ihre Ursprünge wohl eher auf der irischen Insel haben, mit in ihre Songs eingearbeitet.
Auch ansonsten hat sich einiges getan bei WHITE SKULL und das in recht zügigem Tempo, weshalb Tony die an ihn übermittelten Fragen auch in Windeseile beantwortete.

Walter:
Offenbar gab es zuletzt vermehrt Probleme mit einigen ehemaligen Bandmitgliedern, weshalb WHITE SKULL auch auf ihrem aktuellen Album in veränderter Besetzung zu hören sind.

Tony:
Das mit den Umbesetzungen stimmt, ist für mich allerdings kein Problem. Denn bislang haben sich alle ehemaligen Mitglieder bei WHITE SKULL nicht auf Grund von persönlichen Differenzen verabschiedet, sondern immerzu deshalb, weil sie schlichtweg das Interesse am traditionellen Heavy Metal verloren haben. Das ist zwar auch manchmal eine sehr eigenartige Angelegenheit, mir aber im Endeffekt lieber als es mit Egomanen oder anderen Spinnern zu tun zu haben. Im Moment bestehen WHITE SKULL aus Alex Mantiero am Schlagzeug, Gustavo Adrian Gabarro (v.), Danilo Bar (g.), sowie Steve Balocco (b.) und mir an der Gitarre. Alex und ich sind seit den Anfängen dieser Band dabei und somit etwas wie die Urgesteine von WHITE SKULL. Danilo ist seit vier Jahren mit von der Partie und Gustavo singt nun auch bereits zum dritten Mal auf einem Album von uns. Als letzter kam Steve zu uns, der eventuell auch als Mitglied von ANTHENORA ein Begriff sein könnte. Im Moment kann ich mich nicht darüber beklagen, dass ich nicht die richtigen Musiker bei WHITE SKULL hätte, denn diese Jungs sind ebenso motiviert wie ich und brennen geradezu darauf, endlich wieder einmal auf Tournee gehen zu können.

Walter:
So soll es ja auch sein, auch wenn da wohl noch ein wenig Zeit vergehen wird. WHITE SKULL sind ja längst keine Unbekannten mehr und haben mit "The Ring Of The Ancients" ihr mittlerweile siebentes Album vorzuweisen. Auch ihr werdet uns wohl davon berichten, dass dieses euer bislang stärkstes ist, aber warum gerade dieses?

Tony:
Jede Band macht in ihrer Karriere eine gewisse Entwicklung durch, auch wenn die Grundauslegung des Sounds immerzu dieselbe sein mag. Jede Aufnahme stellt in gewisser Weise eine Art Momentaufnahme der Band dar und weil eben jetzt gerade der Zustand von WHITE SKULL dermaßen stabil ist, hat sich diese Tatsache auch auf dem neuen Album ausgewirkt. Zudem glaube ich, dass Plattenfirmen die Entwicklung von Bands negativ beeinflussen können, indem sie ihnen mehr oder weniger vorschreiben, wie sie zu klingen haben. Auch diesbezüglich sind wir in der glücklichen Lage die absolute Freiheit zu besitzen.

Walter:
In meinen Ohren klingen eure Alben seit dem Abgang eurer ehemaligen Sängerin Federica De Boni wesentlich heftiger.
War ihr Abgang ausschlaggebend für diese dezente Veränderung des Klangbildes?

Tony:
Nur indirekt. Für unser aktuelles Album besaßen wir sämtliche Freiheiten, die eine Band nur genießen kann. Nach "Public Glory, Secret Agony" entschlossen wir uns dazu unseren Sound ein wenig zu verändern, allerdings haben uns viele Kritiker nach "The Dark Age" vorgeworfen, dass wir es damit übertrieben hätten und WHITE SKULL dadurch kaum noch zu erkennen gewesen wären. Natürlich war Federica damals als Sängerin das Aushängeschild der Band, aber unsere Songs waren sicher nicht schlechter als sie nicht mehr am Mikro zu hören war. Sie hatte eine an sich sehr raue Stimme, aber der Großteil der melodiöseren Ausrichtung der Tracks, die mit ihr entstanden sind, war mit Sicherheit auf ihre Stimme zurückzuführen.

Walter:
Mit Gustavo habt ihr nun einen Argentinier als Nachfolger am Mikro. Ist er denn nach Italien übersiedelt, oder seht ihr euch nur zu den Aufnahmen?

Tony:
Nein, nicht wegen WHITE SKULL. Er lebt seit mittlerweile 15 Jahren in Italien. Obwohl wir nicht in derselben Stadt wohnen, ist es bei uns möglich innerhalb weniger Stunden die Band zu versammeln, was sicher von Vorteil ist.

Walter:
Vor allem für etwaige Proben stelle ich mir das praktisch vor. Nicht nur zum Schreiben von Songs, auch für eventuelle Konzepte von Lyrics ist es wohl von Vorteil, diese der gesamten Band zu unterbreiten um dann nicht auf Ablehnung zu stoßen, sondern um Korrekturen sofort vornehmen zu können. Eure Texte haben fast immer einen historischen Hintergrund. Habt ihr eine spezielle Ausbildung genossen oder woher kommt dieser Bezug zur Geschichte?

Tony:
Nein, niemand von uns hat sich besonders intensiv mit Geschichte während der Schul- oder Studienzeit beschäftigt. Allerdings ist in den letzten Jahren ein sehr großes Interesse daran in mir entfacht. Während ich zur Schule ging, war mir Geschichte mehr oder weniger egal, erst viel später habe ich mich dafür zu interessieren begonnen. Mittlerweile bin geradezu besessenen davon.

Walter:
Dieses Interesse kann man auch auf "Ring Of The Ancients" nachvollziehen, denn darauf habt ihr euch mit der Geschichte der Kelten auseinandergesetzt.

Tony:
Das Interesse an der Geschichte und Tradition dieses Volkes ist ebenfalls erst vor relativ kurzer Zeit entflammt, als wir einige Bücher zu diesem Thema zu lesen begonnen hatten.

Walter.
Die euch dann dermaßen inspiriert haben, dass ein komplettes Album darüber entstanden ist?

Tony:
Ja, denn die Geschichte der Kelten enthält zahlreiche Mythen, Kriegsgeschichten und Fabeln über Zauberer, die allesamt perfekt mit Heavy Metal harmonieren. Was passt denn schon besser zu epischen Metal-Songs, als Geschichten über Druiden, Kämpfe oder Mystizismen?

Walter:
Da ist was dran. Von wem stammen denn die Texte?

Tony:
Steve hat die Texte für "The Ring Of The Ancients" verfasst. Als ich mit meiner Idee ankam, etwas über die Kelten schreiben zu wollen, hat er beim nächsten Treffen bereits massig Material mitgebracht. Er hatte jede Menge Bücher zu diesem Thema besorgt und das Internet danach durchforstet, wo er ebenfalls fündig werden konnte. Danach begann er den Stoff an Hand meiner Ideen zu recherchieren und regelrecht zu studieren. Allerdings hat er uns von Anfang an immer an seinen Ideen für die Texte teilhaben lassen.

Walter:
Das Cover scheint ebenfalls im Kontext mit der Scheibe zu stehen.

Tony:
In gewisser Weise schon, wenn auch nicht direkt mit einem der Songs. Allerdings hatten sich alle Bandmitglieder dafür ausgesprochen, als ich es präsentierte.

Walter:
Auch das klingt nach Arbeit im Kollektiv. Ebenso sind wohl auch Auftritte von WHITE SKULL zu betrachten, da sich weder einer der Instrumentalisten, noch der Sänger besonders in den Vordergrund spielt. Nach 15 Jahren, die ihr mittlerweile bereits als WHITE SKULL aktiv seid, besteht wohl auch kein Grund dazu.Was waren die Höhepunkte der bisherigen Karriere, wenn wir von Auftritten sprechen?

Tony:
Eigentlich sind es schon 16 Jahre, die es uns als Band gibt und ich hoffe, es werden mindestens noch einmal so viele. Ich kann hier nicht für alle Bandmitglieder sprechen, aber für mich persönlich waren die Auftritte anno 1999 in Israel, die Europa-Tournee zusammen mit GRAVE DIGGER im Jahr 2000, sowie die Auftritte beim BLIND GUARDIAN-Open Air 2003, dem "Metal Dayz"-Festival im selben Jahr und dem heurigen Gig im Rahmen des "Gods Of Metal"-Festivals bei uns in Italien die Höhepunkte bisher. Mögen noch zahlreiche Auftritte in dieser Größenordnung folgen!

Walter:
Mit dem neuen Album im Handgepäck könnte es wohl auch wieder sofort auf Tournee gehen, oder?

Tony:
Ganz so schnell wird das wohl nicht funktionieren, aber immerhin dürfen wir zur Promotion von "The Ring Of The Ancients" zahlreiche Interviews für unterschiedliche Medienformate in verschiedenen Ländern geben und einige Gigs in Deutschland, Holland, Belgien und natürlich Italien sind ebenfalls schon fixiert. Damit ist zumindest eine gute Basis geschaffen.

Walter:
Um nochmals das Thema "Geschichte" aufzugreifen: Eure Suche nach der geeigneten Plattenfirma scheint so etwas wie eure persönliche Odyssey geworden zu sein.

Tony:
Ja, das hat was, haha. Allerdings war häufig eine Menge Pech dabei. Am Anfang erhielten wir die Chance bei Underground Symphony unter Vertrag zu sein. Bei diesem italienischen Label konnten wir dann 1995 unser Debüt "I Won't Burn Alone", sowie das zweite Album "Embittered" (1997) und die Mini-CD "Asgard" (1999) veröffentlichen. Allerdings wussten wird, dass Underground Symphony ein sehr kleines Label mit sehr geringem Budget ist. Durch unseren damaligen Manager Chris Boltendahl kamen wir danach bei Nuclear Blast unter, wo 1999 "Tales From The North" erschien. Als wir ein weiteres Album in der Mache hatten, beendeten Nuclear Blast jedoch dieses Geschäftsverhältnis, weil sie der Meinung waren, dass sie bereits einige ähnlich klingende Bands mit derselben Zielgruppe hatten. Pech für uns, allerdings konnten wir in Udo Dirkschneider einen guten Geschäftspartner finden. Er hatte uns damals einen Multi-Album-Deal für sein Label Breaker Music angeboten. Nach dem Release von "Public Glory, Secret Agony" und der anschließenden Tournee war allerdings das Interesse von Breaker Records offenbar nicht mehr vorhanden, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als uns abermals nach einem neuen Label umzusehen. Udo hatte uns allerdings mitgeteilt, dass es nicht an der Band liegen würde, sondern an finanziellen Schwierigkeiten rund um seine Firma.
Warum auch immer, WHITE SKULL standen jedenfalls abermals auf der Straße, aber wir hatten immerhin "The Dark Age", ein weiteres Album, fertig und damit etwas vorzuweisen. Frontiers Records zeigten sich willig dieses zu veröffentlichen und nur ein Jahr später stand auch schon "The XIII Skull" in den Läden. Allerdings fühlten wir uns von Anfang an nicht wirklich gut aufgehoben bei diesem, eher auf AOR spezialisierten Label. Erst jetzt bei Dragonheart fühlen wir uns wieder richtig wohl, denn diese Jungs wissen, wie man mit einer Metal-Band umgehen muss. Der Name Dragonheart war mir zwar schon länger ein Begriff, zusammengearbeitet hatten wir mit diesen Herrschaften zuvor jedoch noch nie. Als ich ihnen unser aktuelles Album geschickt hatte, zeigten sie sehr großes Interesse und boten uns einen Vertrag an. Was will man mehr? Dragonheart ist ein sehr kleines Label, aber die Jungs arbeiten sehr gut und vor allem sehr aufopfernd für ihre Bands.

Walter:
Zudem haben Dragonheart sehr gute Vertriebspartner in Europa, weshalb man das Album wohl problemlos überall erhalten können wird.

Tony:
Das war sicher mit ein Grund, dass wir sofort bei ihnen unterzeichnet hatten. Ich weiß ganz genau, dass unsere Fans in erster Linie in Italien und Deutschland beheimatet sind, weshalb es mir sehr wichtig war, in eben jenen Ländern auch pressetechnisch gut vertreten zu sein. Denn ohne Promotion geht wohl gar nichts! Allerdings haben wir überraschenderweise in diesem Jahr auch sehr viele positive Rückmeldungen aus den Niederlanden, Polen, England und Mexiko erhalten, weshalb ich sehr zuversichtlich für die Zukunft sein kann.

Walter:
Eine Zukunft, die uns was bescheren wird?

Tony:
Hoffentlich eine Menge an Konzerten, wo auch immer man uns sehen mag und schon sehr bald abermals ein neues Album!

Walter:
Das dann, so hoffe ich es für die Band, abermals bei ihrem derzeitigen Businesspartner erscheinen wird.

Redakteur:
Walter Scheurer

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