WUTHERING HEIGHTS: Interview mit Erik Ravn

25.10.2006 | 00:14

Die Dänen von WUTHERING HEIGHTS konnten bereits mit ihrem Debütalbum für Aufsehen sorgen. Der Nachfolger "The Shadow Cabinet" wird mit Sicherheit auch nicht untergehen, ist er doch eine kleine Perle im Genre des Symphonic Metals. Erik Ravn war so nett, meine Fragen per Mail zu beantworten.

Ricarda:
Herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Seid ihr zufrieden mit dem Resultat?

Erik:
Danke! Ja, wir sind ziemlich glücklich. Es ist ziemlich genau das Album geworden, das wir machen wollten, und das ist wohl das Kiterium für Erfolg, denke ich. Wir wollten ein richtig hartes, bad-ass Album machen, und ich glaube, das haben wir auch.

Ricarda:
Welche Reaktionen habt ihr bisher von den Medien und den Fans bezüglich "The Shadow Cabinet" bekommen?

Erik:
Nun, die Mehrzahl der Reviews war wirklich unglaublich toll. Natürlich gibt es auch immer ein paar Leute, die es einfach nicht kapieren. Aber so war das schon immer, wir haben nie irgendwelche mittelmäßigen Reviews erhalten - entweder man liebt oder hasst uns. Es ist noch ein wenig zu früh, um viel über die Reaktionen der Fans zu sagen, weil es noch nicht offiziell veröffentlicht ist. Aber trotzdem kann man es schon in vielen Geschäften kaufen, frag mich nicht warum. Und die Fans, die es bereits haben, scheinen es zu lieben. Wir haben ziemlich viele netten Emails aus der ganzen Welt bekommen. Und das ist auch, was wirklich zählt: Dass wir fähig sind, die Fans zu erreichen und zu bewegen.

Ricarda:
Ich bin mir sicher, du hast die Vergleiche zwischen WUTHERING HEIGHTS und RHAPSODY schon zum Erbrechen oft gehört. Wie denkst du darüber?

Erik:
Neeeeiiin!!! Bitte nicht dieses Mal! Haha, im Ernst, wir haben wirklich versucht, diese Idee aus dem Köpfen der Leute auszuradieren. Dass die Frage noch immer kommt, zeigt wohl, dass wir fehlgeschlagen sind, haha. Ich finde es wirklich schwer zu verstehen, was wir besonders mit RHAPSODY gemeinsam haben sollen, außer dass wir beide eine Art Heavy Metal Musik spielen. Ihre ganze Einstellung zur Musik ist so anders als unsere, gerade auch bei diesem Album jetzt. Wir sind ein Haufen verbitterter, alter Skandinavier, die merkwürdige Stücke mit ein wenig Nordic/Celtic-Einschlag machen; sie sind italienische Diven, die aufgeblasenen Operetten-Metal machen. Wir singen über das Menschsein, das Leben, die Welt, nenn es einfach spirituell oder philosophisch; sie singen über Ritter, die Drachen abschlachten und solche Scheiße. Sie verwenden Drum-Computer, wir verwenden den verdammten Morten Sørensen. Ich würde das nicht unbedingt Ähnlichkeiten nennen. Ich habe letztens ein Inteview mit diesem Turilli-Typen gelesen, da sagte er, er habe an etwas böserem Material gearbeitet, das er "The Black Symphony" oder so nennen wollte. Dann hat er die Idee aber wieder verworfen, weil "die Leute fröhliche Lieder wollen". Wir machen genau das Gegenteil auf unserem neuen Album, wir zeigen unsere dunkle Seite, haha. Also kommen wir beide nicht von dem gleichen Background und gehen auch nicht in die gleiche Richtung. Also scheint mir der Vergleich zwischen den beiden Bands absurd. Aber trotzdem, die Jungs spielen ihre Imstrumente gut und sind auch gut im Komponieren. Ich wünschte nur, sie würden ihre Fähigkeiten nutzen, um etwas Relevantes zu kreieren. Ich mag ein paar ihrer Sachen, sie können ab und an mal ziemlich unterhaltsam sein, aber es ist wirklich ganz anders als das, was wir versuchen zu machen.

Ricarda:
Kannst du ein wenig von den Aufnahmen zum Album erzählen? Wo habt ihr es aufgenommen usw.?

Erik:
Ich mache normalerweise immer erst ein ganzes Demo für das Album in meinem Homestudio und schicke das dann an die Jungs, damit sie die Parts lernen können und auch eigenen Input geben können. Dann haben wir einige sehr konzentrierte Studiosessions, die das Ganze zusammenbringen. Auch dieses Mal haben wir verschiedene Studios genommen. Der Hauptgrund dafür liegt natürlich in den Finanzen, aber es ist auch sehr gut, dass man somit aus jedem Studio das Beste rausholen kann. Zum Beispiel nimmt Andreas seine Keyboard-Sounds in seinem Studio auf, das speziell für elektronische Musik ist. Ich mag es, meine Gitarren-Parts in einer relaxten Atmosphäre aufzunehmen, also bin ich in Teddy's Studio irgendwo im Nirgendwo in Schweden gefahren. Einfach dort zu sein, von Bäumen umgeben, bringt die richtige Atmosphäre, und wir mussten auch nicht soviel auf die Zeit achten. Und dann für die richtigen Hardcore-Parts wie Drums, Leadvocals und Mixing ist natürlich in Tommy Hansens Jailhouse Studios, ein professionelles Studio. So eigentlich das Beste aller Welten. So etwas braucht natürlich auch seine Zeit. Wir haben die meiste Zeit in die Vorproduktion investiert, so dass wir uns teure Studiozeit sparen konnten. Die Vorproduktion kann zwischen einem halben und einem Jahr dauern. Aber die eigentlichen Studioaufnahmen und das Mixing waren glaube ich nach etwas über einem Monat fertig. Was am längsten dauert, ist, die Texte zu schreiben, was das erste ist, das ich mache. Ich schreibe ständig und so gibt es immer ein paar Lieder, die fast fertig sind, und dann für die Aufnahmen komplett sind. Aber wenn du dir einen einzelnen Text anschaust, von Anfang bis zum Ende, kann dieser mehrere Jahre alt sein.

Ricarda:
Ihr webt auch einige Folk- und Mittelalter-Elemente in eure Kompositionen ein. War das eine Entscheidung oder mehr ein Zufall?

Erik:
Ein wenig von beidem würde ich sagen. Ich mochte diesen Kram schon immer, ohne darüber nachzudenken, warum. Aber ich fing nicht viel später an Folk-Musik zu hören als ich anfing Metal zu hören. Ich fand die Energien in beiden Musikstilen ein wenig gleich, und so versuchte ich, diese zwei Dinge zu mixen, das war ein bewusster Versuch. Wir hatten diese Elemente also quasi direkt von Anfang an, aber zu der Zeit gab es fast keine andere Band, die das auch hatte. Heutzutage ist es etwas ganz Normales, und darüber bin ich natürlich sehr erfreut, denn ich mag den Kram. Und natürlich werden wir unseren Stil nicht ändern, nur weil es jetzt nicht mehr als innovativ angesehen wird. Wie gesagt, wir klangen in den Anfängen auch schon so. Außerdem zählt nicht unbedingt, was du für einen Musikstil spielst, sonders was du damit machst.

Ricarda:
Ich persönlich finde das Cover von "The Shadow Cabinet" sehr schön. Wer hat das Design gemacht?

Erik:
Annika von Holdt hat es gemacht, und unser Manger Claus Jensen hat das Layout entworfen. Ich denke, es ist ziemlich cool und passt auch gut zur Musik, auch wenn es nicht so radikal ist, wie ich zuerst vorgeschlagen hatte. Aber das ist nicht Annikas Fehler, unser Label dachte, es wäre zuviel. Irgendwie haben wir solche Diskussionen jedes Mal. Aber ja, es ist gut. Wir wollten auf keinem Fall ein Fantasy-Cover, das manche vielleicht erwarten würden, machen. Das war nie unser Ding, und das wollten wir nun noch ein wenig hervorheben.

Ricarda:
Was bedeutet euer Bandname? Wie habt ihr ihn ausgewählt?

Erik:
Der Name war etwas, auf das wir uns einigen konnten, daher hat er keine besondere Bedeutung für mich. Aber das hat auch etwas Gutes, denn der Name sollte nicht zuviel über die Band verraten oder sogar einschränken, welche Art von Musik gespielt wird. Er wurde natürlich von dem Buch von Emily Brontë genommen. Später fand ich heraus, dass viele Leute in den englischsprachigen Länders das Buch total hassen, weil sie es in der Schule lesen mussten, haha. Aber hey, ich finde das Buch cool, auch wenn ich vielleicht einen etwas merkwürdigen Geschmack habe. Es ist eine dunkle Geschichte über Schicksal, starke Gefühle und Spazierengehen im Nebel des ländlichen Englands. Du kannst also sagen, dass es irgendwie gut passt. Ein weitere Grund ist der Fakt, dass das Buch ein Klassiker wurde, obwohl die Autorin keine ausgebildete Schriftstellerin war, und dass die Elite der Literatur es nie richtig akzeptiert hat - ziemlich genau ein Bild von dem, was Heavy Metal ist, finde ich.

Ricarda:
Kannst du den Album-Titel "The Shadow Cabinet" etwas näher erklären?

Erik:
Die Lieder handeln meistens von den dunkleren Aspekten des Menschseins. Von den dunklen Gefühlen und Mächten, die soviel von unserem Leben regieren und unser Tun beeinflussen. Das Album ist eine Art Sammlung, oder eben ein Kabinett, von Schatten. Der eigentliche Ausdruck "shadow cabinett" stammt aus dem britischen Regierungssystem. Dort ernennt die Opposition sogenannte "shadow ministers", die dann die Schritte der "richtigen" Minister nachverfolgen, wahrscheinlich um zu sehen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Wieder ein Bild, wie Heavy Metal oder sogar Kunst im allgemeinen sein sollte.

Ricarda:
Wie läuft das Songwriting bei euch?

Erik:
Ich denke, alles ist meine Schuld, da ich sowohl die Musik als auch die Texte des Albums verfasst habe. Es fängt mit den Texten an. Diese geben dann die Atmosphäre der Songs vor und sind quasi das Skelett, um das die Songstrukturen gewickelt werden. Für mich ist das der natürlichste Weg, aber ich habe gehört, dass die meisten es genau andersrum machen. Vielleicht ist das ein Grund, warum ich fast immer alleine schreibe. Ich denke aber, die Jungs sind ziemlich glücklich, dass ich sie nicht zwinge, sich auch an dem Prozess zu beteiligen, haha.

Ricarda:
Woher nimmst du deine Inspiration für die Texte?

Erik:
Es basiert alles auf meiner Ansicht über das Leben. Dinge, die ich erlebe oder einfach meine eigenen "Philosophien". Ich will Leuten aber nicht auf den Kopf hauen und ihnen meine Ansichten aufzwingen. Ich präsentiere einfach die Dinge, wie ich sie als Einzelwesen sehe. Ich muss Leuten nicht meine religiöse Routine - oder das Fehlen einer solchen - präsentieren, aber die Texte basieren darauf, woran ich glaube. Ich denke, Kunst ist am besten, wenn der Künstler einen Teil von sich selbst investiert. Schweife ich ab? Naja, egal, haha.

Ricarda:
Inspiriert dich auch die Natur?

Erik:
Ja, sehr viel! Wahrscheinlich eher der Begriff "Natur" wie in "Mutter Natur", weil ich selten Gelegenheit habe, wirklich in die Natur hinauszugehen. Aber ich bin quasi in einem Wald aufgewachsen, also liegt das tief in mir drin. Ich denke, vielleicht ist das der Grund, warum so viele Lieder von Bäumen handeln, hm?

Ricarda:
Über welches Thema würdest du nie einen Song schreiben?

Erik:
Hm, das ist eine gute Frage. Darüber habe ich eigentlich noch gar nicht nachgedacht. Oh ja... Drachen töten, haha!!!

Ricarda:
Magst du es lieber im Studio zu sein oder live zu spielen?

Erik:
Ich mag beides, aber es ist so verschieden. Im Studio ist es möglich, an der Musik wirklich konzentriert zu arbeiten. Aber es ist auch harte Arbeit, und man muss immer auf die Zeit achten. Live zu spielen ist so energiegeladen, nichts ist besser, als eine Verbindung mit dem Publikum herzustellen. Leider bekommen wir nicht so häufig die Möglichkeiten, live zu spielen, wie ich es gerne hätte.

Ricarda:
Was unterscheidet WUTHERING HEIGHTS von den anderen Bands des Genres?

Erik:
Ich denke, wir halten uns ziemlich an das, was ich die "alten, wahren Heavy-Metal-Tugenden" nenne. Du musst starke Songs haben, du musst etwas zu sagen haben - eine Meinung vertreten oder eine Geschichte erzählen - und du musst alles geben, um den Fans die Unterhaltung zu bieten, die sie verdienen. Während viele der neueren Bands anscheinend zufrieden sind, in eingeengten Grenzen zu spielen, setzen wir uns eine ziemliche Höhenmarke. Vielleicht sind wir nicht bei all unseren Versuchen erfolgreich, aber wir gehen definitiv nicht auf Nummer sicher.

Ricarda:
Wie wichtig denkst du ist Image in der Metal-Szene?

Erik:
Ich denke, das hängt ein wenig von der Definition des Wortes "Image" ab. Wenn du mit Image meinst, welchen Vibe du von der Musik bekommst, dann finde ich das sehr wichtig. Das ist für mich das Wichtigste, wenn ich mir Musik anhöre - nicht der Musikstil oder die Sounds oder so. Es geht darum, ob ich mich mit dem, was die Babd macht, identifizieren kann oder nicht. Aber wenn du einfach nur Aussehen meinst, dann ist das natürlich nicht so entscheidend wie die Musik, aber trotzdem auch noch wichtig. Es war ein Grund, warum ich mich überhaupt zum Metal hingezogen fühlte: Dass die Musiker echt wie Rockstars und nicht wie irgendwelche normalen Arschlöcher aussahen. Es zeigt einen gewissen Einsatz, dass du dir echt Gedanken darüber machst, den Fans eine gute Show zu liefern. Wir sind im Show-Business, also sollten wir auch unsere Rolle spielen.

Ricarda:
Habt ihr Pläne für eine Tour?

Erik:
Wahrscheinlich wird es keine wirkliche Tour geben, aber wir hoffen, dass wir ein paar ausgewählte Konzerte spielen können. Hoffentlich mehr als wir zuvor gespielt haben. Aber wer weiß, wenn wir genug Alben verkaufen, dann können wir vielleicht sogar den Trip bezahlen, um rüberzukommen und euch in den Arsch zu treten!

Ricarda:
Wie siehst du die Zukunft für WUTHERING HEIGHTS?

Erik:
Keine Ahnung. Ich hoffe, dass wir in Zukunft weitere Alben machen. Ich denke, wir haben ein ziemlich starkes Line-up und uns sind keine Grenzen gesetzt. Ich würde definitiv gerne weiter in dieser Konstellation arbeiten. Aber es beinhaltet auch eine ganze Anzahl von Opfer, ach weißt du, ich werde alt...
Na, wenn die Fans mehr wollen, dann werde ich wahrscheinlich weiterhin diese Art von Liedern verfassen. Wir machen das Ganze, um uns und den Fans zu gefallen. Falls wir wirklich nur scharf auf kommerziellen Erfolg wären, würden wir solche Musik nicht spielen. Außerdem gibt es wahrscheinlich immer ein paar neue Experimente, die ausprobiert werden müssen.

Ricarda:
Danke für das Interview.

Erik:
Vielen Dank!

Redakteur:
Ricarda Schwoebel

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