Wir, die Szene: Heavy Metal als gemeinnütziger Verein

24.01.2019 | 15:02

Mit dieser Rubrik möchten wir all den verschiedenen Menschen eine Plattform bieten, die einen aktiven Beitrag zu unserer florierenden Metal-Szene leisten, ohne dabei selbst im Rampenlicht zu stehen. In den Gesprächen mit unseren Redakteuren plaudern viele illustre Persönlichkeiten aus dem Nähkästchen und versorgen euch mit so manchen interessanten und witzigen Anekdoten als auch Hintergrundinfos und gewähren seltene Einblicke hinter die Kulissen unserer Metal-Welt.

Dass die Heavy-Metal-Szene eine eigene und ausgeprägte Kultur hat, das braucht man uns Fans nicht erzählen, das dürfte jeder wissen, der schon einmal ein Konzert oder Festival besucht hat. Dass man jedoch auch einen höchst offiziellen gemeinnützigen Verein zur Förderung dieser Kultur gründen kann, das war mir (und vielen von euch sicher ebenso wenig) bis vor kurzem nicht bekannt. Da ich dieses Konzept auf Anhieb genial fand, möchte ich es euch nicht nur etwas näher vorstellen, sondern ausdrücklich zur Nachahmung empfehlen. Dafür habe ich mich mit Max, einem der Mitbegründer des "Metalfest Niederlamitz e.V." getroffen, der mir bereitwillig Rede und Antwort gestanden und das Konzept des Vereins genau erläutert hat.

Die Idee ist ursprünglich aus dem Wunsch heraus entstanden, in der Region Möglichkeiten zu schaffen, um Konzerte besuchen zu können ohne dafür weite Reisen unternehmen zu müssen. Die Metalheads aus Niederlamitz und Umgebung haben sich damals immer am stillgelegten örtlichen Bahnhof getroffen und sogar kleine inoffizielle Auftritte mit den eigenen Bands veranstaltet, mit immer größer werdenden Besucherzahlen. Als die Lokalität dann zu baufällig geworden ist, wurde eine Ausweichmöglichkeit gesucht, welche mit der Turnhalle des ortsansässigen Sportvereins schließlich gefunden wurde. "Um uns rechtlich abzusichern, haben wir uns nach Absprache mit den Veranstaltern des Genital-Festivals dazu entschieden, den Verein zu gründen", erzählt Max. Das Genital-Festival verfolgt ein ähnliches Konzept, hinter dem ebenso ein gemeinnütziger Verein steht. So wurde kurzerhand der "Metalfest Niederlamitz e.V." aus der Taufe gehoben, ein Verein zur "Förderung von Kunst und Kultur".

"Der Verein gibt uns die Möglichkeit Bands zu engagieren, Hallen zu mieten und offiziell Konzerte zu veranstalten", erklärt Max. Da der Verein einen gemeinnützigen Zweck verfolgt, würde im Falle der Auflösung das Vermögen einer ebenso gemeinnützigen Organisation zu Gute kommen. "In unserem Fall ist das die Freiwillige Feuerwehr", erklärt mir Max. Außerdem gibt es finanzielle Unterstützung sowohl von der Stadt, als auch von freiwilligen Sponsoren. "Im Gegenzug packen wir die mit auf unsere Flyer drauf, so hat jeder was davon." Der Verein darf zwar in gewissem Maße Gewinn erwirtschaften, muss diesen jedoch wieder in die eigene Arbeit investieren. Die Mitglieder selbst ziehen keinen finanziellen Nutzen aus der Sache. "Zu unserer ersten Veranstaltung hatten wir nur regionale Bands, um die Kosten möglichst niedrig zu halten. Den Gewinn haben wir gleich genutzt, um uns zu vergrößern und beim nächsten Mal auch überregionale Bands holen zu können", blickt Max auf die Anfangszeit des Vereins zurück.

Bei dem Eintrittspreis von nur 5€, der übrigens bis heute gehalten werden konnte, finde ich es umso erstaunlicher, dass da überhaupt was hängen bleibt. Zumal auch die Getränke und sonstige kulinarische Verpflegung bei den Veranstaltungen zu überaus günstigen Preisen angeboten werden. Bei der vierten Ausgabe des Metalfest im vergangenen November konnte man beispielsweise TOXIC WALTZ holen, eine Band, die ja mittlerweile auch schon über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. "Wir haben das Glück, dass wir beispielsweise die Musikanlage von Kumpels gestellt bekommen, wodurch wir schon mal einiges an Kosten einsparen können", merkt Max an. Andere Sachen, wie beispielsweise die Lichttechnik, müssen aber trotzdem ausgeliehen werden.

Zudem ist die Metal-Szene im Landkreis Wunsiedel sehr gut vernetzt, in Zusammenarbeit mit der Stadt werden sogar Workshops zu diversen rechtlichen Themen abgehalten, welche für die Vereine von speziellem Interesse sind (z.B. über das Thema GEMA). An der Organisation und am Aufbau der Veranstaltungen sind neben den Mitgliedern auch viele ehrenamtliche Helfer beteiligt, für die nach dem Event ein netter Abend mit kostenlosem Essen und Trinken abgehalten wird. Wie bereits erwähnt, helfen sich die einzelnen Vereine auch untereinander immer wieder aus, was ich sehr lobenswert finde.

"Man muss einige Notartermine wahrnehmen, ebenso fällt auch etwas Schriftverkehr mit dem Finanzamt an. Die Kosten dafür sind aber glücklicherweise recht überschaubar", erklärt mir Max auf meine Frage, was denn alles nötig ist, um einen solchen Verein zu gründen. Auch hierbei sind die Jungs von den Veranstaltern des Genital-Festivals unterstützt worden, da die das Ganze ja auch schon durchgemacht haben. Erstaunlich finde ich auch, dass Konzerte dieser Art in einer solch kleinen Ortschaft wie Niederlamitz mit ca. 600 Einwohnern ohne Probleme (vor allem mit den Anwohnern) stattfinden können, zumal sich die Turnhalle sehr zentral im Ort befindet. "Wir haben einen Nachbarn, der nicht wirklich erfreut ist über das, was wir da machen. Aber bisher konnten wir ihn immer mit Bier und Präsentkörben bestechen. Dazu haben wir eine Packung Ohrenstöpsel gepackt, das hat bisher immer ganz gut funktioniert", lacht Max. Die Turnhalle verfügt außerdem über eine wahnsinnig gute Dämmung, so dass man draußen so gut wie keinen Lärm hört. Ein deutlicher Pluspunkt, ohne den sicher schon einige Anwohner auf die Barrikaden gegangen wären.

Das zweimal im Jahr stattfindende Event zieht mittlerweile über 300 Besucher, was mehr als beachtlich ist. Beim letzten Mal waren es aufgrund eines gleichzeitig in nicht allzu großer Entfernung stattfindenden Festivals (mit CRADLE OF FILTH als Headliner) leider deutlich weniger als 300. "Da wurde aber interessanterweise viel mehr Bier getrunken, als bei der Veranstaltung zuvor mit wesentlich mehr Zuschauern", lacht Max. Immerhin konnten bisher aber nicht nur immer die Kosten gedeckt, sondern sogar ein Gewinn erwirtschaftet werden. Das Metalfest Niederlamitz bedient bisher hauptsächlich die Genres Death und Thrash Metal, da hier auch das Hauptinteresse der Veranstalter liegt. "In Zukunft wollen wir aber auch mal was anderes versuchen", verrät Max, "beispielsweise eine Stoner-Rock-Veranstaltung, da diese Richtung so ein bisschen mein zweites Steckenpferd ist." Und sollte die Turnhalle in Niederlamitz mal zu klein werden, gibt es auch hier genügend Ausweichmöglichkeiten in der näheren Umgebung. Der Verein ist da ja schließlich flexibel.

Wie ihr seht, kann man also mit relativ überschaubarem Aufwand praktisch aus dem Nichts und selbst in einer ländlichen Gegend funktionierende und gutbesuchte Metalkonzerte veranstalten. Meinen Respekt haben die Metalheads aus dem Landkreis Wunsiedel vor allem durch die gute Vernetzung untereinander sowie die tolle Zusammenarbeit miteinander. Vor allem in Zeiten, in denen die meisten Vereine in kleineren Ortschaften mit sinkenden Mitgliederzahlen und mangelndem Interesse sowie fehlendem Nachwuchs zu kämpfen haben, kann man so etwas nicht genug hervorheben. In der heutigen Zeit sind die Menschen dank sozialen Netzwerken zwar scheinbar so vernetzt wie nie zuvor, entfernen sich aber trotzdem immer mehr voneinander, weil jeder versucht, sein eigenes Süppchen zu kochen. Was man in der Gemeinschaft alles erreichen kann, habt ihr am Beispiel des Metalfest Niederlamitz e.V. gesehen. Und davon profitieren nicht nur wir als Fans, indem wir die Möglichkeit bekommen, Konzerte in der unmittelbaren Nähe zu besuchen, sondern auch die kleinen lokalen Bands, welche sich die Bühne mit größeren Acts teilen und vor größerem Publikum auftreten können. Wie bereits anfangs erwähnt, ist dieses Konzept ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen, liebe Freunde der harten Gitarrenmusik.

Redakteur:
Hermann Wunner

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