1. NEUNKIRCHER METAL FESTIVAL - Neunkirchen

14.09.2005 | 18:51

09.09.2005, Gebläsehalle

EVERGREY, REBELLION, MYSTIC PROPHECY, RAZORS EDGE

Seit langer Zeit hat sich mal wieder ein saarländischer Veranstalter mit seinem Team vorgenommen, den hiesigen Metal-Fans ein etwas größeres Konzert zu bieten. Die Ausgangssituation war sehr gut. So hatte das 1. Neunkirchener Metal-Festival mit Josh Mayer einen Veranstalter, der sich nicht nur durch seine frühere journalistische Tätigkeit bei der ehemaligen Musiker-Zeitschrift "Feedback" hervorragend im Metier auskennt. Der Ort war mit der Gebläsehalle sehr gut gewählt, da durch die halbe Überdachung der Halle einfach eine bessere Luft als auf anderen Konzerten herrschte und durch die Stahlkonstruktionen drumherum das Ambiente für ein Metal-Konzert perfekt war. Die Bands waren auch gut ausgewählt, aber wohl leider noch immer zu unbekannt für größere Teile des Publikums. Mit mindestens 500 Leuten wurde gerechnet und letztendlich verliefen sich gut 300 Zuschauer auf dem Gelände. Aus Veranstalter-Sicht ist das zwar nicht unbedingt befriedigend, jedoch sind 300 Zuschauer nicht schlecht und vermutlich kommen beim nächsten Mal, wenn sich ein solches Konzert noch besser herumspricht, noch mehr. Aus Zuschauersicht war es so ganz angenehm, da der Weg zu den Getränkeständen nicht ganz so lange dauerte und es kein extremes Gedrängel gab.

Leider konnten wir erst um 19 Uhr dort sein, so dass ich nur aus der Ferne die letzten Takte der ersten Band RAZORS EDGE mitbekam. Diese klangen aber ausgesprochen professionell, so dass es der Band zu gönnen wäre, demnächst mal auf ähnlich großen Bühnen später im Programm spielen zu dürfen.

Kurz nach Eintreffen und der freundlichen Begrüßung von Josh lief mir Chity Somapala (Ex-Sänger von AVALON und FIREWIND) entgegen und berichtete mir, dass Gus G. (Gitarrist von FIREWIND u. a.) derzeit mit ARCH ENEMY in Amerika ist. So mussten dann die nachfolgend spielenden MYSTIC PROPHECY für ihren anstehenden Studiotermin und u. a. diesen Live-Gig neue Mitglieder rekrutieren. So konnten vor dem Konzert beide Gitarristen und der Drummer nur wenige Male proben. Unter diesen Voraussetzungen war die Leistung an diesem Abend mehr als beachtlich. Daher kann man davon ausgehen, dass diese Truppe noch erhebliche Potenzial besitzt. Der griechische Sänger sprach leicht schwäbelndes, perfektes Deutsch in seinen Ansagen und überzeugte mit seiner kraftvollen Röhre. Leider sind jedoch die Songs von MYSTIC PROPHECY sehr gleichförmig und nicht unbedingt innovativ aufgebaut. Die Gesangslinien waren wie von den CDs her schon bekannt, in den Strophen fast immer hart und im Refrain lang gezogen auf ähnlichen Tönen. Das ist zwar nicht schlecht, jedoch etwas mehr Abwechslung wäre da in Zukunft wünschenswert. Zum Abschluss gab es noch 'Fighting The World' von MANOWAR, welches überzeugend dargeboten wurde.

MYSTIC PROPHECY-Setlist:
Intro
Night Of The Storm
Forgotten Soul
In Hell
Dust Of Evil
Lords Of Pain
Eternal Flame
Time Will Tell
Land Of The Dead
Sign Of The Cross
Burning Bridges
Mystic Prophecy

Fighting The World


In dem gut organisierten Zeitplan waren REBELLION, die wie MYSTIC PROPHECY auch 70 Minuten zur Verfügung hatten, die nächsten. Bei ihrem Auftritt wurde sehr deutlich, dass die Band um die zwei ehemaligen GRAVE DIGGER-Mitstreiter Uwe Lulis und Tomi Göttlich nicht als Projekt, sondern als vollwertige Band zu sehen ist. So stand jeder Musiker und jede Musikerin (Gitarristin) gleichermaßen im Rampenlicht. Sie präsentierten sich professionell und nicht zu aufgesetzt, auch wenn der Sänger ab und zu sehr böse schaute. Der Sound war ähnlich wie MYSTIC PROPHECY, was heißt, dass die Gitarren im Gegensatz zu den wummernden Bassfrequenzen etwas lauter hätten sein dürfen. Jedoch ist der Sound in einer solch halboffenen Halle nicht ganz leicht abzumischen. Die Songauswahl ging auch in Ordnung, da sämtliche Alben abgedeckt wurden – hauptsächlich natürlich der von manchen sehr hoch gehandelte aktuelle Output – und eine sagen wir mal "Halbcoverversion" vom GRAVE DIGGER-Hit 'Rebellion'. Auch wenn REBELLION nicht unbedingt die Innovativsten sind, kamen sie gut bei den meisten Anwesenden an und können daher den Auftritt als Erfolg verbuchen.

REBELLION-Setlist:
Intro
Ynglinga Saga
Eric The Red
Dragon Slayer
The Prophecy
Ragnhilds Dream
Born A Rebel
Through The Fire
Dragons Fly 90
Harald Hardrade
Canute The Great
Letters Of Blood
Rebellion

Disdaining Fortune


Da ich das Glück hatte, mit Daniel Ott, der in seiner Freizeit auch noch bei DIVINUS singt, einen Überfan von EVERGREY und dessen Freundin Jessi da zu sein, wäre es von mir unverschämt gewesen, den folgenden Bericht selbst zu schreiben. Somit hat jetzt "Otti" das Wort.

(Tilmann Ruby)

Mit einiger durch Umbau bedingten Verzögerung betraten dann die Hauptakteure die Bühne. An diesem Abend bewiesen sie abermals, dass sie eine der wohl unterbewertesten Metalbands dieses Planeten sind. Zwar wurden die Reihen bei EVERGREY dichter, für eine Band dieses Formates jedoch leider noch nicht dicht genug. Die Jungs schien das weiter nicht zu stören, denn die Leute die da waren, feierten EVERGREY was das Zeug hielt. Nicht verwunderlich, denn die Schweden spielten ein Set par excellence, wobei das Hauptaugenmerk auf Stücke von "In Search Of Truth" und "Recreation Day" gelegt wurde.
Etwas schade, dass es Songs von "The Dark Discovery" an diesem Abend nicht auf die Setlist schafften. Umso erfreulicher hingegen, dass sich der geneigte EVERGREY-Fan an den "Solitude-Dominance-Tragedy"-Nummern 'Solitude Within', 'She Speaks To The Dead' und dem großartigen 'Nosferatu' sowie (zwangsläufig nur) zwei Stücken des letzten Outputs "The Inner Circle" ergötzen konnte.
Doch nicht nur die Setlist zeigte Qualitäten, auch die Jungs selbst wiesen jeden anwesenden Musiker in seine Schranken. Technisch perfekt und äußerst agil, boten sie einen Hit nach dem anderen dar, wobei Jonas Ekdahl an den Drums zeigte, dass es selbst bei vertracktesten Rhythmen und Fills möglich ist, seine Matte zu schwingen und Rikard Zander an den Tasten das oft bestehende Klischee des steifen Keyboarders widerlegte. Auch Bass-Teddy Mikael Hakansson, der mit seiner Kluft an PINHEAD erinnerte, und Gitarrist Henrik Danhage sparten nicht an Bewegung und "schicken" Posen.
Unterstrichen wurde das imposante Auftreten der Band durch eine gelungene und sehr gut zur Musik abgestimmten Lightshow, die in den richtigen Momenten den berühmten Schauer über den Rücken laufen ließen und die typische EVERGREYsche Atmosphäre zusätzlich unterstützte. Hinzu kam, dass Ausnahmesänger und Zwei-Meter-Riese Tom S. Englund das Publikum perfekt im Griff hatte und dieses bei dem schaurig-schönen 'I'm Sorry' gekonnt dirigierte. Zwar zeigte das Publikum bei seinem Einsatz hier und da einige Textunsicherheiten, was bei EVERGREY-Texten jedoch verzeihlich ist, da diese, ebenso wie die Musik, nicht aus der 08/15-Schublade gezogen werden. So spielten und bangten sich EVERGREY knappe 90 Minuten durch ein großartiges Set, das ab und an sogar einige Überraschungen, wie eine längere Version von 'Mark Of The Triangle', aufwies. Nach 'Misled' war dann vorerst Schluss und EVERGREY verließen die Bühne. Doch schon kurz darauf erschienen Rikard und Jonas wieder auf den Brettern, um mit dem dramatischen Instrumental 'When The Walls Go Down' in den ersten Zugabenteil einzusteigen. Diesem folgte der absolute Mitsinger 'Recreation Day', welches verfrüht zum letzen Lied des Abends wurde. Ursprünglich war noch ein zweiter Zugabenteil vorgesehen, welchen EVERGREY, zum eigenen und zum Ärger sämtlicher Fans, auf Grund von Missmanagement im Zeitplan des Veranstalters nicht mehr darbieten durften. Entsprechend verärgert war die Band, als ihnen der Saft abgedreht wurde und Gitarrist Henrik Danhage konnte sich das Aufzeigen des berühmten Fingers in Richtung Veranstalter nicht verkneifen. Auch wenn das Publikum mit frenetischen "E-VER-GREY"-Rufen die Band zum weiterspielen anspornte; wo kein Strom ist, ist leider auch kein Konzert. Somit hatte dieser großartige Gig einen unfeinen und frühzeitigen Schluss und folglich das Ausbleiben der beiden Über-Nummern 'A Touch Of Blessing' und 'The Masterplan'. Dieser Missmut auf Band- wie Fanseite verflog bei der anschließenden After-Show-Party jedoch schnell. Gemeinsam wurden einige Bierchen gekippt und jeder Fan hatte die Möglichkeit sich ein wenig mit einem seiner Idole zu unterhalten. Auf meine Frage an Henrik Danhage, ob er wegen der vorzeitigen Beendigung des Konzertes noch angesäuert sei, antwortete er mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen: "Ich musste das vorhin tun, ich bin Musiker!"

Na denn, bis zum nächsten Mal, dann aber hoffentlich in voller Länge.


EVERGREY-Setlist:
Blinded
End Of Your Days
Rulers
Solitude
Nosferatu
Mark Of The Triangle
More Than Ever
She Speaks
Watching
I'm Sorry
As I Lie
Misled
When The Walls
Recreation Day

A Touch Of Blessing (cancelled)
The Masterplan (cancelled)

(Daniel Ott)

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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