25 JAHRE MUSEUM HR GIGER - Gruyères
20.07.2023 | 19:2624.06.2023, Château St. Germain
Wenn Aliens Geburtstag feiern.
Das HR Giger Museum feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Wie bereits vor fünf Jahren, zum runden Geburtstag, ist eine angemessene Feier für den 26.06.2023 anvisiert. Dabei sind zahlreiche Künstler für diesen Tag eingeladen worden, um gemeinsam mit den Besuchern einen tollen Tag zu haben. Natürlich soll auch dem Schaffen des Künstlers HR GIGER gedacht werden, der das Museum 1998 eröffnete. Auf diese Örtlichkeit, beziehungsweise das Städtchen Gruyères, war er jedoch viel früher aufmerksam geworden. 1990 fand im Schloss Gruyères eine Ausstellung mit dem Namen "Alien dans ses meubles" statt. Von der Örtlichkeit, die in seiner Gänze als Touristenmagnet gilt, war er fasziniert. Und als sich 1997 die Möglichkeit auftat, das Château St. Germain zu erwerben, da kaufte, vielmehr ersteigerte er es. Dieses liegt etwas unterhalb des Schlosses und gehört nicht direkt dazu, fügt sich jedoch in das Gesamtbild des Ortes ein. 1998 konnte er sein Museum eröffnen, welches neben diversen Kreationen zum Film "Alien" auch zahlreiche seiner anderen Bilder beheimatet. Im Jahre 2003 eröffnete dann gegenüber des Museums die Giger Bar, die einfach nur einmalig und sensationell ist.
Soweit die Fakten. Nun liegt Gruyères von mir aus gesehen nicht gerade um die Ecke und ist für einen Tagesausflug doch etwas ungünstig. Aber irgendwie reizt uns diese Veranstaltung schon und mein Besuch dort liegt nun auch weit mehr als 10 Jahre zurück. Also verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen, legen den Urlaub in diese Zeit und natürlich auch in die Schweiz. Dennoch gestaltet sich die Anreise am Samstag länger als gedacht, denn es gilt einige Staus zu überstehen, ohne dabei die Nerven zu verlieren. Die offizielle Eröffnung verpassen wir leider. Dennoch ist der Frust schnell vergessen, wenn man erst einmal den Berg erklommen hat und die Aussicht genießen kann. Im Städtchen und im Schloss findet an diesem Wochenende ein Mittelalterliches Johannisfest statt. Damit sind noch einmal wesentlich mehr Besucher unterwegs und die Protagonisten der Veranstaltung sind ebenfalls vor Ort und geben kleine Einlagen, um für das Fest zu werben. Der Eintritt dafür ist leider nicht mit im Preis für den Eintritt zur Geburtstagsfeier im Museum inbegriffen. Aber zeitlich und vom Pensum her reicht das von der Sache her auch völlig aus, denn neben einem umfassenden Besuch des Museums, gibt es ja viele kulturelle Beiträge zu erleben. Fix ein Geburtstagsbier aus der stylischen Flasche erworben und ab geht es in den kleinen Garten des Museums, der neben einem tollen Blick auf die Berge das erste Konzert des Tages bereithält. BIG BONE aus Nyon sind quasi um die Ecke beheimatet und eröffnen den Konzerttag. Der Garten ist gut gefüllt und die Stimmung super, als das Trio beginnt. Während die drei im Outfit nicht gegensätzlicher sein können, so präsentieren sie einen guten Sound aus Stoner Rock mit Heavy-Metal-Einschlägen. Der Sänger wirkt wie von der Kette genommen und gibt alles. Ab und an schleicht er durchs Publikum, während er singt. Dabei wirkt er wie eine Mischung aus Alice Cooper und Ozzy Osbourne. Er weiß, wie er sein Publikum unterhalten kann und so ist die Stunde rum wie nix.
Im Anschluss wollen wir eigentlich der Giger Bar einen Besuch abstatten. Diese ist jedoch mehr als nur gut gefüllt. Das war ja logischerweise zu erwarten, aber bei dieser Menge an Menschen, reicht es erst einmal nur für einen kurzen Besuch. Derweil unterhalten nebenan eine Gruppe Alphornbläser inklusive Fahnenschwenker die Bewohner eines anliegenden Seniorenheimes. Widersprüchlicher könnte das Kulturprogramm eigentlich nicht sein, aber da man dies auch nicht alle Tage geboten bekommt, verweilen wir hier, wie viele andere Gäste, bevor das Museum ausgiebig erkundet wird. Hier haben wir etwas mehr Glück, denn der große Ansturm scheint sich etwas gelegt zu haben. Klar ist es hier und da mal etwas voll, aber alles in allem ist es angenehm. Unzählige Bilder, auf denen es immer wieder Neues zu entdecken gibt, laden zum Bestaunen ein, allein dafür könnte man Stunden hier verbringen. Das ist schon der reine Wahnsinn, was alles in einem Bild des Künstlers stecken kann. Daneben sind viele Skizzen oder Manuskripte zu sehen, die von HR Giger stammen. Im typischen Design, so wie auch das Interieur der Bar ist, stehen hier ein großer Tisch und Stühle. An anderer Stelle wird man von einem Alien, welches an der Decke hängt, begrüßt. Oder auch beobachtet, das weiß man natürlich nicht so wirklich. Genau wie die Kunstwerke, ist die Bandbreite von faszinierend bis verstörend auch bei diesen Wesen zu spüren. Oben im Museum angekommen, neigt sich gerade die Vernissage von TILL NOWAK dem Ende entgegen, in einem Raum läuft einer seiner Filme "The Centrifuge Brain Project". Allerdings ist die Lautstärke ziemlich hoch und der Film lief erst kürzlich im TV. Von daher bestaunen wir lieber die anderen Kunstwerke, ehe damit der Besuch im Museum endet.
Auch einen Stand für Tattoos gibt es heute. Leider ist dieser etwas im Garten versteckt. Wer allerdings heute vorhat, sich ein Motiv der Großmeister stechen zu lassen, der findet seinen Weg zu den beiden Tattoo-Künstlern DENISE DEL CONTE und DIRK BINDER.
Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn so erleben wir noch einige Minuten der Performance von DA MOTUS!. Insgesamt drei waren angekündigt, allerdings ohne festen Zeitplan. Die Tanzperformance "Urbanthropus" wurde 1988 uraufgeführt und wird heute anlässlich der Geburtstagsfeier wieder einmal gezeigt. Das Duo agiert gerade im Garten unter den Zuschauern, die gebannt der Aufführung beiwohnen. Nachdem sich die beiden "Urbanthropus"-Wesen stillschweigend zum Hintereingang verabschiedet haben, geht es mit Musik weiter. VAN GARDEN spielt im Garten. Dieses Wortspiel geht wohl gerade jedem Besucher durch den Kopf, als das Quartett seinen Gig beginnt. Die Schweizer präsentieren eine rockig angehauchte Melange aus Funk, Jazz und Blues. Die Gäste danken es der Band mit viel Applaus und wir verabschieden uns erst einmal in eine Essenspause, denn schließlich wird um 19 Uhr THE BEAUTY OF GEMINA erwartet.
Wenn der Schweizer Exportschlager in Sachen Gothic Rock schon einmal in solch einem Ambiente spielt, dann gilt es, diesen Gig nicht zu verpassen! Und in der Tat ist es auch für die Band etwas ganz Besonderes. Gut, das liegt allein schon an der Örtlichkeit, die keine Trennung zwischen Publikum und Künstlern zulässt. Aber auch das ganze Umfeld rundherum ist es, was das Konzert so besonders macht. Sänger Michael Sele bringt dies charmant zum Ausdruck und lässt es mit 'Rainbow Man' erst einmal etwas ruhiger angehen. Dass es noch schwungvoller werden wird, das verspricht er zum ruhigen 'Friends Of Mine'. Aber egal ob ruhig oder schnell, der Sound, die Landschaft im Hintergrund und die Gäste machen den Auftritt zu etwas ganz Einzigartigem. Gott sei Dank gibt es im Publikum niemanden, der sich bewusst in den Vordergrund drängeln muss. Neben vielen Fans der Band sind natürlich bei diesem Konzert auch zahlreiche Besucher, die die Band nicht kennen, vor Ort. Ein Grund dafür, so erzählt es der Sänger, ist, dass sich die Radiostationen in der Schweiz weigern, die Musik von THE BEAUTY OF GEMINA zu spielen, da sie viel zu düster und depressiv sei. Davon können sich nun alle Anwesenden bestens überzeugen und haben sichtlich Freude daran. 'Dark Rain' zum Beispiel ist so schlimm, dass die Zuschauer tanzen. Aber mal im Ernst, für die Band ist dies bitter. Vor allem, als der Frontmann weiter ausführt, dass sie im Ausland teilweise als Superstars behandelt werden, aber im Heimatland niemand die Musik spielen will. Die Tatsache schmerzt, aber trotz allem lässt sich niemand für den Moment die gute Stimmung vermiesen. Als die Band das Konzert beenden möchte, schreitet der Sänger mit seiner Gitarre durch das Publikum in Richtung Ausgang. Zugegeben, dieses Szenario erlebt man in der Form auch nicht alle Tage! Natürlich fordert die Menge noch eine Zugabe und so dauert es auch nicht lang, bis weitere Songs erklingen. Dazwischen erzählt der Michael Sele, was die Band mit HR Giger verbindet. Als die Band in ihren Anfangsjahren den ersten Proberaum bezog, zierte ein Poster eines seiner Werke den Raum und diente als Inspiration. Für die Gäste erklingt neben 'Colours Of Mind' auch 'One Million Stars', ehe sich dieses außergewöhnliche Konzert dem ultimativen Ende zuneigt. Die Band wird noch einmal mit viel Beifall bedacht und verabschiedet sich langsam von ihren Fans.
Damit neigt sich die Veranstaltung dem Ende entgegen. Während wir bei traumhaftem Sommerabendwetter den Abend langsam ausklingen lassen, lichten sich so nach und nach die Besucher. Dagegen herrscht in der Giger Bar weiterhin großer Andrang. An einen Sitzplatz ist leider noch nicht zu denken. Also machen wir uns langsam auf den Heimweg und blicken auf einen tollen Tag zurück. Dabei können wir auf dem kleinen Marktplatz noch ein wenig mittelalterliche Kultur erleben, denn es wird getanzt, bevor das Johannisfeuer entzündet wird.
Die Geburtstagsfeier des Museums, im kleinen aber feinen Rahmen, war ein wirklich tolles Erlebnis und glücklicherweise hat das Wetter an diesem Tag gepasst. Hätten die Konzerte im Inneren der Lokalität stattfinden müssen, dann wäre es ziemlich eng geworden und es wäre so manchem Besucher den Zutritt verwehrt geblieben. So aber konnte jeder Gast das sehen, was er gerne sehen wollte. Der weite Weg hat sich für uns mehr als gelohnt und falls in fünf Jahren die nächste Fete steigen sollte, dann kommen wir gerne wieder!
- Redakteur:
- Swen Reuter