ALICE COOPER - Stuttgart

17.11.2010 | 18:49

04.11.2010, Porsche Arena

Theater des Todes mit illustren Gästen im Vorfeld.

Nach der Ankunft in Stuttgart geht es zuerst zur Pressekonferenz mit Tarja Turunen. Die Anzahl der Teilnehmer ist sehr überschaubar, einige haben offensichtlich die Freitagsstaus nicht berücksichtigt und kommen entweder zu spät oder gar nicht. Das ist sehr schade, denn sie verpassen eine ausgeprochen liebenswürdige, sehr gut gelaunte Tarja, die immer wieder lacht und die Anwesenden mit ihrer Fröhlichkeit ansteckt.

Sie erzählt, dass sie noch ein wenig unter Jetlag leide, weil sie gerade aus Buenos Aires komme, und dass sie sich sehr freue, dass Alice Cooper sie freundlicherweise eingeladen habe. Sie möchte von ihm lernen, denn er sei ein großartiger Showman und sie ein Fan von Künstlern dieser Art. Seine Tricks auf der Bühne seien toll, die wechselnden Szenen in seinem Programm faszinierend. Sie würde gerne versuchen, Ideen dieser Art auch in ihre zukünftige Show aufzunehmen, weil sie die Show spannend machten und beim Publikum keine Langeweile aufkommen ließen.

Natürlich sei ihr klar, dass sie nicht dasselbe Publikum wie Alice Cooper anspricht, trotzdem freue sie sich auf den Auftritt. Das Stichwort für alles sei "Rock", und Alice Cooper stehe für Rock. Tarja natürlich teilweise auch, und sie sehe diese Auftritte als große Gelegenheit, ihre künstlerische Vielfalt zu zeigen und für ihre Tour im Mai 2011 zu werben, bei der sie hauptsächlich Musik von ihrem neuesten Album "What Lies Beneath" vortragen werde. Wie sie selbst sagt, stecke in diesem Album ihr ganzes Herzblut. Für sie sei Musik ein immerwährender Lernprozess, und es gebe noch so viele großartige Künstler, von denen sie lernen könne.

Mit diesen Worten verabschiedet sie sich nach fast einer Stunde, um sich auf ihren Auftritt vorzubereiten. Allerdings nicht ohne vorher noch freundlich und relaxt Foto- und Autogrammwünsche zu erfüllen. Auch Reporter sind nur Menschen, und wenn man schon einmal die Gelegenheit hat, so einer tollen Frau gegenüberzustehen, dann darf man das auch ausnutzen - und sich schon auf den Auftritt freuen.

Nach der Pressekonferenz kommt wieder das etwas zähe Prozedere, bis jeder seine Karte und seinen Fotopass hat, aber wunderbarerweise klappt dann doch alles, und wir stehen pünktlich zum ersten ALICE COOPER-Support, EISBRECHER, vor der Bühne. EISBRECHER, das sind Alexx Wesselsky (bekannt auch als der "Checker", auch wenn er das auf Tour nicht so gerne hört) und Noel Pix (beide ex-MEGAHERZ) plus Band.

Als die Herren in dicken, wattierten Parkas auf die Bühne kommen, bricht einem schon VOR der Bühne der Schweiß aus. Aber sie legen gleich mächtig mit 'Eiszeit' los. Ihre Musik und ihre Texte erinnern an RAMMSTEIN, ihr Vortrag ist passend zu den deutschen Texten zackig, die Musik mit harten Gitarrensounds und kraftvollen Elektroklängen eingängig.

Bei Alexx hat man immer das Gefühl, dass er alles nicht so ganz ernst nimmt, trotzdem oder gerade deswegen hat er Entertainerqualitäten. Ihm ist klar, dass die Band vor ALICE COOPER keinen leichten Stand hat - es ist auch noch reichlich leer in der Halle -, aber sie ziehen ihr Ding bravourös durch und bekommen von den Anwesenden auch den ihnen gebührenden Applaus. Bei 'This Is Deutsch' mit Stechschritt- und Schuhplattlereinlage und dem entsprechenden Text gehen die Zuhörer mehr und mehr mit, und mit 'Miststück' von MEGAHRZ ist der Bann dann endgültig gebrochen. Allerdings ist das auch schon der letzte Song, und die Bühne wird für TARJA umgebaut.

Setliste EISBRECHER:
Eiszeit
Angst
Willkommen im Nichts
Heilig
This Is Deutsch
Miststück

Inzwischen hat sich die Halle doch schon etwas mehr gefüllt, und als Tarja nach einem längeren Intro die Bühne betritt, wird sie mit einem Riesenapplaus empfangen. Von ihrem Jetlag ist gar nichts zu merken.

Das Bühnenbild ist schlicht, nur ein großes Banner mit dem Titel ihrer neuen CD 'What Lies Beneath' über einem filigranen Schmetterling ist zu sehen. Aber eine große Show ist auch nicht nötig. Tarja verzaubert mit ihrer Stimme und ihrem Aussehen. Sie ist einfach grandios, auch wenn der eine oder andere der Meinung ist, dass sie nicht als Support zu ALICE COOPER passt. Aber eine ganz große Fangemeinde im Publikum ist da wohl anderer Meinung. Bei 'I Feel Immortal' schmelzen viele geradezu dahin, aber spätestens bei 'Nemo' gibt es kein Halten mehr. Das kommt beim Publikum richtig gut an, genauso wie 'Over The Hills And Far Away'. Gut, es sind alte NIGHTWISH-Songs, aber die Band gehört zu ihrem Leben und warum soll sie diese Lieder nicht singen. Ihre Fans danken es ihr auf jeden Fall.

Tarja schafft es sogar, während ihrer doch eher kurzen Show zweimal ihr Outfit zu wechseln und jedes Mal toll auszusehen. Am Ende kommt dann noch 'I Walk Alone', bevor sie mit 'Until My Last Breath' ihr letztes Lied anstimmt. Und mit ihrem symbolischen letzten Atemzug verlässt sie dann leider auch schon die Bühne. Aber man kann sich ja auf die Tour im nächsten Jahr freuen.

Setliste TARJA:
My Little Phoenix
Little Lies
Underneath
In For A Kill
I Feel Immortal
Nemo
Over The Hills And Far Away
Falling Awake
I Walk Alone
Until My Last Breath

Wieder Umbau und warten auf ALICE COOPER. Er war ja im Sommer schon einmal mit seinem "Theatre Of Death" in Bonn. Diesmal hängen neben dem Backdrop zwei überdimensionale Skelettpuppen, die dem Publikum einen erhobenen Mittelfinger präsentieren.

Los geht es wieder mit 'School's Out', was schon gleich zum Mitgrölen animiert und natürlich auch so gewollt ist. Der Funke ist da, Alice Cooper lässt ihn weiter auflodern, und bis zum Schluss brennt das Feuer lichterloh. Es ist immer wieder sagenhaft, was dieser Mann auf der Bühne vollbringt. Natürlich sind die ganz krassen Horroreinlagen von früher einer gepflegten Gruselunterhaltungsshow gewichen. Aber es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie Mr. Cooper vom Leben zum Tod befördert wird.

Die Geschichte ist immer wieder dieselbe: Alice begeht eine böse Tat und wird danach entweder geköpft, gehenkt, mit der Giftspritze getötet oder von einem Zyklopen erschlagen. Danach erfolgt natürlich seine Auferstehung, und die Show kann weitergehen. Das Publikum liebt ihn für diese Geschichten und natürlich für all die Hits, die er währenddessen singt. Man kennt sie alle und ist begeistert, was sich in lautem Mitsingen bemerkbar macht.

Immer wieder legt sich Alice mit Nurse Rozetta an, die ihn einmal in eine Zwangsjacke steckt und ihn später zu 'Poison' (hört sich für mich nach DEM Publikumsrenner überhaupt an!) sogar eigenhändig mit einer riesigen Giftspritze umbringt. Später strippt die Dame hinter einem Paravent, wird aber mittendrin von Alice erwürgt. Obwohl er um sie trauert ('Only Women Bleed'), bringt ihm das einen Strick um den Hals ein. Während er sich von diesem "Tod" erholt, spielt die Band 'The Black Widow', bis Alice als überdimensionale Spinne verkleidet auf einem fahrbaren Gestell wieder auf der Bühne erscheint. Zu 'Vengeance Is Mine' tötet er dann seine Schergen rachsüchtig.

Bei 'Dirty Diamonds' wirft er Halsketten ins Publikum, was bei den Fans sehr beliebt ist, und jeder versucht natürlich, solch ein Teil zu erhaschen. Nun ja, die Herrschaften in den vorderen Reihen sind dabei eindeutig im Vorteil. Genauso wie bei den Dollarnoten, die er bei 'Billion Dollar Babies' unter die Leute bringt.

Nach 'Feed My Frankenstein' wird er zum letzten Mal zu Tode gebracht, bevor er nach 'Under My Wheels' die Bühne verlässt. Als Zugabe gibt es danach 'Elected', bevor mit 'School's Out' die Show zu Ende ist. Dabei sticht er mit einem Degen in riesige Ballons, die einen Konfettiregen über dem Publikum niedergehen lassen.

Hoffen wir, dass der Theatre-Of-Death-Slogan stimmt: "They keep killing him ... and he keeps coming back." Alice Cooper darf gerne wiederkommen.

Setliste ALICE COOPER:
School's Out
No More Mr. Nice Guy
I'm Eighteen
Wicked Young Man
Ballad Of Dwight Fry
Go To Hell
Cold Ethyl
Poison
From The Inside
Nurse Rozetta
Be My Lover
Only Women Bleed
I Never Cry
Black Widow
Vengeance Is Mine
Dirty Diamonds
Billion Dollar Babies
I Love The Dead
Feed My Frankenstein
Under My Wheels
----
Elected
School's Out

Redakteur:
Hannelore Hämmer

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