AMORPHIS - Dresden
02.12.2013 | 20:2722.11.2013, Tante Ju
Während draußen die Stadt im Nebel versinkt, zieht drinnen Tomi Joutsen blank.
Wenn es um Konzerte in Dresden geht, findet man den Club Tante Ju eher selten in diversen Planern. Umso verwunderlicher ist es da, dass gerade die Finnen von AMORPHIS hier einen Zwischenstopp einlegen. Es passen zwar eine Menge Leute hier rein, doch für diese Band hätte ich durchaus eine andere und größere Lokalität erwartet. Aber die Macher haben sich wohl etwas dabei gedacht und die Hütte ist an diesem Freitagabend richtig voll. Wenn auch nicht ausverkauft. Das wiederum ist erstaunlich, da es doch das einzige Konzert im Osten der Republik ist. Die Anfahrt gestaltet sich vor allem für die Autofahrer recht schwierig, denn schon seit Tagen liegt eine dicke Nebeldecke über der Gegend und man sieht stellenweise kaum die Hand vor Augen.
Jungspund trifft auf (Fast)-Musik-Veteran. So kann man das Verhältnis zwischen Vorband und Hauptact bezeichnen. Während AMORPHIS seit über 20 Jahren existiert, könnten die heutigen Anheizer gut als Schülerband durchgehen. Das aber nur altersmäßig, denn STARKILL aus Chicago liefert ein tolles Konzert ab. Wenn man bedenkt, dass die Band gerade ein Album auf dem Markt hat und auch noch nicht allzu lange existiert, machen sie einen mehr als nur soliden Job. Frontmann Parker Jameson steht in den Pausen zwar öfters etwas unbeholfen da, aber sobald das nächste Lied erklingt, sind diese Unsicherheiten verflogen. Verhalten ist aber auch das Publikum, das den stilistischen Mischmasch erst einmal verdauen muss. Die Amis präsentieren nämlich eine Melange aus Melodic Death Metal, symphonischen Black Metal à la DIMMU BORGIR, gewürzt mit Heavy Metal. Letzteres vor allem beim Outfit. Das ist wohl nicht das, was die Menge hören will, aber eine kleine Fanschar macht gut Stimmung. Damit stehen die Jungs am Ende nicht mit leeren Händen da und können den Gig als Erfolg verbuchen, der mit 'Whispers Of Heresy' zu Ende geht.
Im Saal der Tante Ju ist es schon ordentlich warm. Mit der Belüftung scheint es hier nicht so weit her zu sein. Oder soll gar ein finnischer Saunagang zelebriert werden? Die Umbaupause ist vorbei und kurz nach 21 Uhr geht es los. Vor der Bühne ist es brechend voll. Als das Licht endlich ausgeht, wird es laut im Publikum, das die Jungs von AMORPHIS nun endlich sehen und vor allem hören möchte. Mit dem Soundmaterial zur "Circle"-Tour konnte sich ja jeder lange genug beschäftigen, denn das Album erschien bereits im April dieses Jahres. So dürfte das erklingende Album-Intro den meisten geläufig sein. Nach und nach trudeln unter Applaus die Musiker ein. Der steigt noch einmal ordentlich an, als sich endlich Frontmann Tomi Joutsen zeigt. Die Zuschauer freuen sich genauso wie die Band auf den Gig.
Gestartet wird mit 'Shades Of Grey' und mit den ersten Tönen ist die Stimmung vor der Bühne prächtig. Es bedarf keinerlei Anlaufzeit, ehe das Publikum mitmacht. Sehr schön! So dauert es auch nicht lange, bis das erste Mal die Dreadlocks fliegen. Natürlich ist das bekannte Mikrofon des Sängers samt außergewöhnlichem Mikrofonständer mit dabei. Bevor die Show losging, wurde im Publikum gemutmaßt, ob einer der Jungs Installateur ist und besagter Ständer ein Bestandteil einer mobilen finnischen Sauna sei. Frei nach dem Motto: Gerade noch ein Thermometer in der Sauna und jetzt Teil des Mikrofonständers. Keine Ahnung, ob da etwas dran ist, und damit zurück zur Musik.
Nachdem auch das neue 'Narrow Path' die Gäste begeistern kann, gibt es mit 'Sampo' das erste ältere Stück auf die Ohren, bei dem fleißig mitgesungen und mitgeschunkelt wird. Bietet sich ja schließlich an. Und da im Anschluss 'Silver Bride' folgt, kann jeder gleich so weiter machen. Dazwischen gibt es immer viel Beifall und wer bis jetzt noch ruhig bleibt, ist selber schuld. Der Sound stimmt heute Abend ebenfalls, die Band ist gut gelaunt was will man(n) mehr?
Was Frau mehr will, ist klar. Neben guter Musik einen gut aussehenden Sänger. Der hat sich nach 'My Kantele' ordentlich verausgabt und verschwindet gemeinsam mit seinen Kollegen kurz von der Bühne. Das ruhige Intro des Albums "Tales from the Thousand Lakes" unterbricht die Stille. Zu 'Into Hiding' growlt sich Mr. Joutsen die Seele aus dem Leib und hat sich auch nun seines Shirts entledigt, was so mache Dame kurzzeitig von der Musik ablenkt. Dafür bleibt beim anschließenden neueren 'Nightbird's Song' aber kaum Zeit, denn es fliegen wieder fleißig die Haare. Das geht im Anschluss bei 'Vulgar Necrolatry' stellenweise natürlich ebenso gut. Hier kommen die fiesen Growls des Sängers brillant zur Geltung. Selbstredend gibt es zwischen den Liedern immer viel Beifall für die Finnen. Auf allzu große Ansagen wird dagegen zum Glück verzichtet. Als die ersten Töne von 'The Smoke' erklingen, verfällt der Saal in kollektiven Jubel. Zum regulären Ende der Show gibt es noch einmal neuere Kost, in Form von 'Hopeless Days'.
Die Fans applaudieren toll und fordern logischerweise mehr Unterhaltung. So dauert es nicht lange, bis die Musiker wieder auf die Bühne kommen, um der Menge noch einmal einzuheizen. Wobei das temperaturtechnisch nicht nötig wäre, da es mehr als nur warm ist. Der Zugabeblock wird selbstredend von einem Intro eingeläutet. Dieses Mal ist es vom Album "Skyforger". AMORPHIS greift noch einmal in die Hitkiste und holt dort unter anderen 'Black Winter Day' heraus. Eigentlich könnte es noch stundenlang so weiter gehen. Doch als 'House Of Sleep', und damit der obligatorische Rausschmeißer erklingt, wissen alle, was zu tun ist. Noch einmal ordentlich mitsingen und feiern. Das Publikum dankt mit viel Applaus und eine sichtlich zufriedene Band bedankt sich ebenfalls und verlässt die Bühne.
Damit geht ein tolles und grundsolides Konzert zu Ende, an dem es von der Sache her nichts zu kritisieren gibt. Böse Überraschungen erlebt der Zuschauer bei AMORPHIS von der Sache her nie. Das ist auch heute so. Man könnte der Band nun Routine vorwerfen, aber damit würden sie nicht allein dastehen. Das ist schließlich bei den Kollegen nicht viel anders. Einzig das Geschehen auf der Bühne ist sehr stark auf Sänger Tomi Joutsen ausgerichtet. Das Zusammenspiel mit den anderen Musikern klappt zwar tadellos, doch agieren diese stets im Hintergrund. Aber diesen Fakt wirklich als Kritik anzubringen, wäre Meckern auf hohen Niveau. Von daher bleibt der Abend in guter Erinnerung und man freut sich auf ein baldiges Wiedersehen.
Setlist: Shades of Gray, Narrow Path, Sampo, Silver Bride, Against Widows, The Wanderer, My Kantele, Into Hiding, Nightbird's Song, Vulgar Necrolatry, The Smoke, You I Need, Hopeless Days; Encore: Sky Is Mine, Black Winter Day, House Of Sleep
- Redakteur:
- Swen Reuter