ARCHITECTS OF CHAOZ und PERZONAL WAR - Siegburg

02.01.2016 | 16:18

17.12.2015, Kubana

Zurück zu alter Stärke!

Paul Di'Anno ist wohl einer der zähesten Zeitgenossen des Metal-Business. Drogen, Alkohol und Knie-Probleme, das alles kann den Briten nicht aufhalten. Ganz im Gegenteil, Ende letzten Jahres gründete der ehemalige Sänger von IRON MAIDEN mit den ARCHITECTS OF CHAOZ sogar eine ganz neue Band, um nicht immer nur auf die Vergangenheit bei den eisernen Jungfrauen reduziert zu werden. Mitte des Jahres erschien dann das grandiose Debüt dieser neuen Truppe unter dem Titel "The League Of Shadows", das nun mit einer Tour durch deutsche Clubs und mit Unterstützung der Co-Headliner PERZONAL WAR auch auf der Bühne präsentiert wird. Auch hier gab es im Vorfeld einige Zweifel an der Performance von Paul, immerhin häuften sich gegen Ende des letzten Jahres Berichte, dass der Brite auf der Bühne stimmlich nicht mehr ganz überzeugen könne. Hinzu kommen seine Knie-Probleme, die ihn inzwischen für große Teile der Show an einen Stuhl fesseln. Aber wie auch in allen anderen Bereichen des Lebens sollte man auf Klatsch und Tratsch nicht zu viel geben, was uns dazu veranlasste, uns direkt vor Ort im Siegburger Kubana ein Bild von Pauls Leistungsfähigkeit zu verschaffen.

Eröffnet wird der Abend jedoch gegen 20:30 Uhr von PERZONAL WAR, da überraschenderweise auf eine Vorband verzichtet wird. So fällt den sympathischen Troisdorfern heute die Rolle des Anheizers im noch recht spärlich gefüllten Kubana zu. Dabei tut sich das Quartett zu Beginn allerdings noch etwas schwer, denn der Sound ist beim Opener ' Devil In My Neck' noch sehr unrund, gerade die Gitarren gehen im Mix komplett unter. Doch bereits beim folgenden 'Metalizer' vom aktuellen Longplayer "The Last Sunset" sind diese Probleme gelöst und die Vier können ihre feine Mischung aus Power und Thrash Metal mit ordentlichem Livesound servieren. Schnell wird auch klar, warum drei Viertel der Band regelmäßig unter dem Banner CLIFF' EM ALL als METALLICA-Coverband unterwegs sind, denn insbesondere Frontmann Matthias Zimmer wirkt mit seinen Bewegungen und seinem Gesangsstil wie eine perfekte Kopie von James Hetfield gegen Ende der Neunziger. Auch in Bezug auf seine Gesangsleistung muss sich Matthias keinesfalls hinter dem METALLICA-Fronter verstecken, wie er vor allem bei 'Speed Of Time' und 'Salvation' unter Beweis stellt, die beide zu den absoluten Höhepunkten der aktuellen Scheibe und auch des heutigen Sets gehören. Ganz besonders stark sind die Troisdorfer immer dann, wenn sie den perfekten Grat zwischen melodischen Refrains und agressiven Strophen treffen, was heute Abend im Großteil des Sets gelingt. Einzig das Publikum wirkt irgendwie unbeteiligt. Einige wenige Zuschauer haben sich direkt vor der Bühne versammelt, die übrigen Anwesenden halten sich eher im hinteren Teil des Clubs auf und bevölkern dort die verschiedenen Stehtische und Barhocker. An der Leistung der Musiker auf der Bühne kann dies allerdings nicht liegen, denn das Quartett spielt, als ginge es um Leben und Tod. Insbesondere Basser Björn Kluth post wie ein Weltmeister und ist praktisch durchgehend in Bewegung, während Matthias und Lead-Gitarrist Andreas Ballnus ein feines Solo nach dem anderen aus den Ärmeln schütteln. Unterstützt werden sie dabei regelmäßg vom ARCHITECTS OF CHAOZ-Drummer Dom, der nicht nur im Hintergrund für einen reibungslosen technischen Ablauf sorgt, sondern auch hin und wieder für einige Backing-Vocals auf die Bühne stürmt. So vergeht der einstündige Gig insgesamt wie im Fluge und demonstriert einmal mehr, dass die Troisdorfer sich über die Jahre hinweg zu einem echten Underground-Highlight der hiesigen Szene entwickelt haben. Dabei sind nicht nur die Platten empfehlenswert, nein, die Jungs überzeugen auch auf der Bühne mit einer energetischen und bärenstarken Show.
Setlist PERZONAL WAR: Devil In My Neck, Metalizer, Speed Of Time, Salvation, Born, Incarnation, Tongues Of Cleavage, Dead Meaning, 30 Years, Dead Man's Theories, Evolution, When Times Turn Red, 5 More Days, My Secret, Times Of Hate

Anschließend ist es dann aber Zeit für den Act, auf den die meisten Zuschauer gewartet haben. Die ARCHITECTS OF CHAOZ entern zum Intro vom Band die Bühne und auch die Zuschauer, die sich bisher an den Stehtischen aufgehalten haben, finden sich jetzt vor der Bühne ein. Auch Andreas Ballnus entert dabei erneut die Bühne, immerhin ist der Gitarrist bei beiden Headlinern des Abends aktiv und spult hier mit zwei vollen Sets ein ordentliches Programm ab. Nur Paul Di'Anno folgt den übrigen Musikern mit deutlichem Abstand, wobei er sich nur mit großer Mühe und mit der Unterstützung zweier Krücken zu seinem Stuhl in der Mitte der Bühne vorkämpfen kann. Offenkundig scheinen seine Knie-Probleme noch schlimmer geworden zu sein, sodass er inzwischen sogar abseits der Bühne auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Wer jetzt daraus aber negative Vorzeichen für die gesangliche Performance ableiten möchte, der wird bereits beim eröffnenden 'Erase The World' eines besseren belehrt. Paul ist, nachdem er mit ein wenig Jack Daniels die Kehle geölt hat, bestens bei Stimme und wirkt auch ansonsten trotz der Knie-Problematik gut gelaunt. Da der Frontmann in seinem Bewegungsradius durch den Stuhl allerdings stark eingeschränkt ist, müssen eben die übrigen Musiker in die Bresche springen. So wechselt die Saitenfraktion immer wieder die Positionen auf der Bühne und animiert das Publikum. während Schlagzeuger Dom die ganze Zeit über wirkt, als würde er am liebsten hinter seinem Drumkit hervorspringen.

Die Setlist konzentriert sich dabei heute vor allem auf das Debütalbum "The League Of Shadows", das mit sieben Songs vertreten ist. Besonders gut kommen dabei die beiden Hits der Platte 'When Murder Comes To Town' und 'How Many Times' beim Publikum an. Hier zeigt sich schnell, dass bei Pauls Stimme im Studio nicht künstlich nachgeholfen wurde, denn auch heute kann er die hervorragende Leistung abrufen, die Anfang des Jahres auf dem Studioalbum verewigt wurde. Natürlich gibt es mit 'A Song For You' und 'The Beast Arises'  ebenfalls einige Songs von Pauls früheren Bands zu hören, nur die eisernen Jungfrauen, die der Frontmann in den Ansagen gerne als SPICE GIRLS bezeichnet, werden im regulären Set komplett ignoriert. Generell scheint heute wieder häufiger der schwarze Humor des Briten bei den Ansagen durch, wenn er, neben seinen ehemaligen Weggefährten, auch die Amerikaner ("Big boobs and no brains"), seine Ex-Frau und seine eigene Gesundheit auf's Korn nimmt. Zwischen den einzelnen Tracks fordern einige Zuschauer trotzdem immer wieder Material aus den beiden ersten MAIDEN-Alben, die Band kommt gegen Ende des Auftritts diesem Wunsch nach und präsentiert mit 'Killers' und 'Phantom Of The Opera' zwei absolute Klassiker. Gerade bei letzterem kann die Saitenfraktion noch einmal ihr ganzes Können demonstrieren, immerhin ist 'Phantom Of The Opera' wohl einer der komplexesten und schwierigsten Tracks aus dem frühen MAIDEN-Katalog.

Für die Zugabe haben sich die beteiligten Musiker dann noch einmal etwas ganz besonderes ausgedacht. Die Jungs von PERZONAL WAR entern hier nämlich erneut die Bühne, es werden die Instrumente untereinander getauscht und in dieser Konstellation geben die Musiker eine spaßige Coverversion des PRIEST-Klassikers "United" zum besten, die auch für eine Split-EP beider Bands vor der Tour im Studio aufgenommen wurde. Doch das Siegburger Publikum hat damit noch nicht genug und so wird kurzerhand 'Children Of Madness' zur Setlist hinzugefügt, wobei die Jungs vorher erst einmal Gonzo zurück auf die Bühne holen müssen, denn der Basser hat sich bereits auf den Weg zum Merch-Stand gemacht. Nach knapp 90 Minuten endet dann ein starker Auftritt, der auch die letzten Zweifel an Pauls Leistung beseitigt, denn in so guter Form hat man den Briten seit mindestens zwei Jahren nicht mehr erleben können. Bleibt zu hoffen, dass er bald endlich die dringend benötigte Knie-OP bekommt, damit er zukünftig auch wieder auf der Bühne stehen kann und nicht mehr auf einen Stuhl angewiesen ist.
Setlist ARCHITECTS OF CHAOZ: Intro, Erase The World, Dead Eyes, Horsemen Of Death, Architects Of Chaoz, A Song For You (KILLERS-Cover), Faith Heeler (THE SENSATIONAL ALEX HARVEY BAND-Cover), How Many Times, You've Been Kissed By The Wings Of The Angel Of Death, When Murder Comes To Town, The Beast Arises (KILLERS-Cover), Killers (IRON MAIDEN-Cover), Phantom Of The Opera (IRON MAIDEN-Cover), United (JUDAS PRIEST-Cover mit PERZONAL WAR), Children Of Madness (PAUL DI'ANNO'S BATTLEZONE-Cover)


Nach der Show gibt es am Merchandise für alle CD-Sammler noch eine sehr nette Überraschung, denn die bereits erwähnte Split-EP gibt es dort in einer auf 200 Exemplare limitierten und toll aufgemachten Steelbox zu kaufen. Zusätzlich stehen die Musiker selbst hinter dem Tresen und erfüllen bereitwillig jeden Autogrammwunsch. Alles in allem also ein toller Abend im Kubana, der von Metal-Fans für Metal-Fans organisiert wurde und deutlich mehr Publikum verdient gehabt hätte.

Redakteur:
Tobias Dahs

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