AVANTASIA - Bamberg

23.03.2025 | 17:30

21.03.2025, Brose-Arena

Ein unvergesslicher Abend mit AVANTASIA in Bamberg - Musik, Emotionen und pure Energie.

Frühlingshafte 17 Grad nötigen mich, fluchtartig den Arbeitsplatz zu verlassen. Warum im Home Office an irgendwelchen Projekten rumdoktern, wenn es gute Alternativen gibt? So denkt auch ein Großteil meines Bekanntenkreises, kurzfristig machen wir uns schon sehr früh auf dem Weg nach Bamberg. Bevor wir am Abend das Konzert von AVANTASIA genießen, bummeln wir noch durch die Altstadt und unterstützen die fränkische Wirtschaft, im wahrsten Sinne des Wortes. Da ich heute ausnahmsweise mal nicht fahren muss, lasse ich mir die erste Halbe schmecken, während meine Arbeitskollegen noch etwas für meine Rente tun. Das Leben kann echt schön sein.

Da wir sehr früh an der Brose-Arena ankommen, haben wir noch das Glück, einer der wenigen kostenfreien Parkplätze zu bekommen. Dafür funktioniert der ÖPNV von der Halle in die Altstadt hervorragend. Nach Schnitzel, Pfefferhähnchen und ein paar Kaltgetränken geht's zurück mit dem Bus zur Arena, vor der sich bereits 1,5 Stunden vor Einlass eine beachtliche Schlange gebildet hat. Wir reihen uns brav ein. Um 18 Uhr kommt dann Bewegung in die Sache und es geht recht zügig Richtung Eingang. Praktischerweise liegt der Schalter für meine Formalitäten direkt auf dem Weg. Diese sind schnell erledigt und relativ schnell suchen wir unsere Plätze auf dem Oberrang auf. Es bleibt noch Zeit für ein Getränk und ein Besuch am Merchstand, bevor ich mich mit meinen Fotografenkollegen am vereinbarten Treffpunkt einfinde.

Hier haben wir erst einmal recht viel Zeit, um uns auszutauschen. Die Schlange draußen wird nicht wesentlich kürzer und wir bekommen die Info, dass wir etwas später in den Graben begleitet werden, da die Show einige Minuten später anfängt. Eine gute Sache, so schafft es dann wirklich jeder, vor Konzertbeginn in der Halle zu sein. Wie üblich, dürfen wir die ersten drei Songs, natürlich ohne Blitz aus dem Graben fotografieren. Ich gehe gedanklich die Setlist durch, in der ich zuvor schon gestöbert habe. Mittlerweile sind diese Möglichkeiten Fluch und Segen. Auf der einen Seite lasse ich mich gerne überraschen, was am Abend gespielt wird. Auf der anderen Seite möchte ich als Fotograf natürlich vorbereitet sein. Welchen Gastsänger kann ich ablichten, während ich im Pit stehe? Die Stage ist noch von einem schwarzen Vorhang verhüllt und ich unterhalte mich noch mit ein paar Metalheads vorm Wellenbrecher. Diese freuen sich auf die neuen Songs, hoffen aber, dass auch viele alte Stücke gespielt werden. Ich lächle kurz, spoilere aber nicht.

Der Vorhang fällt und ehe ich mich versehe, stehe ich an der linken Bühnenseite direkt vor Drummer Felix Bohnke. Das Set beginnt mit 'Creepshow' vom aktuellen Album "Here Be Dragons". Zugegeben, als dieser Song als erste Auskopplung veröffentlicht wurde, war ich richtig enttäuscht. Das war einfach nicht das, was ich mir erhofft habe, zu poppig, zu viel Zucker, nicht mein Ding. Okay, live funktioniert das Ganze dann deutlich besser. 'Creepshow' wird nie mein Lieblingstrack werden, doch ich kann damit leben. Und ein fast dreistündiges AVANTASIA-Set beinhaltet ja noch viel mehr als nur ein Lied, welches ich nicht so mag. Die sehr volle Halle ist da übrigens ganz anderer Meinung. Schon von der ersten Note an geht die Meute ordentlich steil. Das Konzert könnte bereits jetzt schon ein Highlight in diesem Jahr werden. Wie gewohnt verzichtet die Band um Sänger und Mastermind Tobi Sammet auch auf dieser Tour auf eine Supportband. Wie gewohnt gibt es 100% AVANTASIA.

Ich fange Felix noch kurz mit der Kamera ein, bevor es mit 'Reach Out For The Light' dann direkt schon ein älteres Stück gibt. Der Song hat mittlerweile auch schon 24 Jahre auf dem Buckel, stammt er doch vom 2001 veröffentlichten Langspieler "The Metal Opera". Jetzt bin auch ich vollkommen angekommen und freue mich wie ein Schnitzel auf den Rest der Show. Nun wird es auch schon Zeit für den ersten Gast, von denen sich heute noch einige die Klinke in die Hand geben werden. Adrienne Cowan übernimmt bei dem Lied den stimmlichen Gegenpart von Tobi. Ich konnte die US-Amerikanerin schon auf der AVANTASIA-Show auf dem SWEDEN ROCK 2024 bestaunen und auch heute bin ich absolut begeistert von der Sängerin und Komponistin der Band SEVEN SPIRES. Adrienne singt mit Tobi und gegen Tobi. Die beiden spielen sich die Bälle zu, dass es nur so kracht. Mimik, Gestik, Gesang, das passt alles perfekt zusammen. Selbst als die Dame ihr In Ear-Monitoring verliert, verliert sie nicht die Fassung und singt einfach weiter als wäre nichts geschehen. Natürlich wird Adrienne von Tobi vorgestellt, welche von den Metalheads lauthals bejubelt wird.

Viel Zeit zum durchschnaufen bleibt nicht, mit 'The Witch' gibt es wieder einen aktuellen Track. Im Gegensatz zu 'Creepshow' nimmt mich diese Nummer komplett mit. Währen Adrienne nun mit Backing Vocals unterstützt, erscheint Tommy Karevik, seines Zeichens Sänger bei KAMELOT, auf der Bühne. Auch Tommy liefert perfekt ab und harmoniert hervorragend mit dem AVANTASIA-Chef. Apropos Bühne. Der Aufbau ist mit den "Eisentoren" und dem "Eisenzaun" identisch zur Show in Schweden. Die breite Bühne bietet den Protagonisten extrem viel Platz für Bewegung. Die Lightshow ist stimmig, ein paar Flammensäulen hier und da und zum Glück für uns Fotografen wird mit Nebel sehr sorgsam umgegangen. Durch Spots werden die Musiker passend in Szene gesetzt. Von dem Lichttechniker können sich einige eine Scheibe von abschneiden. Da ich meinen tauben Ohren nicht trauen kann, verlasse ich mich auf die Aussagen meiner Metalgang, die beteuert, dass der Sound in der Halle sehr gut ist.

Es wird Zeit, den Fotograben zu verlassen, die vereinbarten drei Songs habe ich im Kasten. Leider müssen wir zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt die Halle verlassen. 'Devil In The Belfry' ("The Scarecrow", 2008) wurde meines Wissens bisher noch nie live gespielt und feiert auf dieser Tour somit eine Show-Premiere. Ich höre aus der Entfernung, dass Herbie Langhans am Mikrofon steht. Neben seinen Tätigkeiten als Hintergrundsänger wird er an diesem Abend noch des Öfteren in den Vordergrund rücken. Ich verstaue mein Fotoequipment, schnappe mir ein Wegbier und mach mich auf den Weg zur Rasselbande, welche mir freundlicherweise einen Platz freigehalten hat. Der Fotojob ist erledigt, nun heißt es, den Rest der Show in vollen Zügen zu genießen.

Die Gäste geben sich die Klinke in die Hand, Ronnie Atkins, Eric Martin, Tobias Sammet kann sie (fast) alle haben. Leider fehlt Bob Catley aus gesundheitlichen Gründen. Alle hoffen, dass der MAGNUM-Frontmann zu einem späteren Zeitpunkt noch auf der Tour mitwirken kann. Von dieser Stelle aus gute Besserung Bob. Bei 'Dying For An Angel' ("The Wicked Symphony", 2010) hält es mich dann endgültig nicht mehr in meiner Sitzschale. Lauthals brülle ich den Refrain mit und schaue mir begeistert das Treiben auf und vor der Bühne an. Tobi wird von Eric Martin gesanglich unterstützt. Der MR.BIG-Frontmann verwirrt mich etwas mit seiner vollen für mich ungewöhnlichen Lockenpracht, ich habe ihn definitiv anders in Erinnerung. Doch egal, die gesanglichen Werte zählen, und die sind bei dem Sänger einfach immer noch hervorragend. Wir sind bei Song sieben von insgesamt 22. Die Stimmbänder werden nicht nur bei mir ordentlich gefordert. In der Menge entdecke ich den einen oder anderen Crowdsurfer. Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben. AVANTASIA und Crowdsurfer, hahaha. Die Welt ist echt verrückt geworden.

Jetzt eine Ballade zum Durchschnaufen wäre fein, schließlich werde ich nicht jünger. Doch weit gefehlt, mit 'Against The Wind' wird das Tempo beibehalten. Ein weiterer Gast betritt die Bühne. Lecko mio, was hat Kenny Leckremo denn eingeworfen? Bitte nicht falsch verstehen, ich unterstelle dem H.E.A.T-Frontmann keineswegs einen Konsum irgendwelcher Substanzen. Aber was der Schwede bei diesem und weiteren Songs vom Stapel lässt, ist einfach im positiven Sinne unglaublich. Wenn er nicht gerade voller Inbrunst singt, scheint ihm ein Lächeln ins Gesicht genagelt. Das ist einfach nur krass, was der Kerl da abzieht. Ich zücke nochmal meine Kamera und habe Mühe, diesen Flummi aus der Entfernung einzufangen. Natürlich wirkt sich sein Acting positiv auf die Metalheads aus. Es wird gefeiert, als stünde das Wochenende vor der Tür. Oh, Moment, wir HABEN Wochenende! Dann also weiter mit Vollgas!

Folkig geht es bei 'Avalon' zu. Ein weiterer neuer Track, bei dem auch Adrienne wieder glänzen kann. Sechs Songs von "Here Be Dragons" gibt es heute zu hören. Alle werden gut von den Fans aufgenommen und mitgefeiert. Doch natürlich dürfen auf dieser Tour einige Klassiker nicht fehlen. AVANTASIA spielt schon recht lange dreistündige Shows. Angesichts des sehr guten wachsenden Repertoires wäre ich dafür, hier noch einmal 90 Minuten dranzuhängen, auch wenn mich mein Körper dafür hassen würde. Dieser ist halt keine 20 mehr. Doch egal, Musik hält jung und ich feiere 'Twisted Mind' ("The Scarecrow", 2008), der von Atkins und Martin alleine gesungen wird. Es passiert wieder mal so viel auf der Bühne, ich könnte 22 Seiten füllen. Ständig gibt es unterschiedliche Gesangskonstellationen.

Zu 'Farewell' wird dann doch einmal etwas Tempo aus der Halle genommen. Der erste Ton ertönt und schon schwenken tausende Metalheads ihre Arme hin und her. Konnte Chiara Tricarico bis zu diesem Zeitpunkt als unterstützende Sängerin überzeugen, bekommt sie nun ihren verdienten Auftritt in der ersten Reihe. Seit Jahren bekomme ich bei dem Lied eine Gänsehaut, dies ist auch heute so. Tobi hat das Duett schon mit vielen Sängerinnen dargeboten. Er hat da irgendwie immer ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Gäste. Auch in dieser Konstellation haut mich der Song einfach nur um.

Gut, jetzt habe ich so viel Positives über die Stimmen vom Stapel gelassen. Doch eine Band besteht aus mehr als nur Sängern und Sängerinnen. Den schon genannten Drummer kenne ich noch aus EDGUY-Zeiten. Schon damals hat Felix mich kleinen Amateurtrommler begeistert. Auch bei AVANTASIA kann er seit mittlerweile Jahrzehnten überzeugen. Mir macht es einfach Spaß, dem Mann bei seiner hervorragenden Arbeit zuzuschauen. Auch Gitarrist Sascha Paeth kenne ich noch von früher. Er ist seit vielen Jahren ein Bank, wenn es um die sechs Saiten geht. Natürlich geht AVANTASIA nicht ohne Keyboard. Miro Rodenberg schwingt hier gekonnt die Tasten, während Chiara, Adrienne und Herbie hinter ihm im Verlauf ihrer Backing Vocals-Einlagen Faxen machen. Hier scheinen alle Musiker bestens gelaunt zu sein. Leider ist Axtmann Oli Hartmann nicht dabei, ich erfahre aber, dass er sich die Bamberger Show vom Rang aus anschaut. André Neygenfind bedient den Tieftöner und wirkt auf mich wie ein typischer Bassist. Stoisch bleibt er auf seinem zugewiesenen Platz und bildet mit Felix ein perfektes Rhythmusgespann. Deutlich beweglicher ist der zweite Gitarrist Arne Wiegand, der sich den ganzen Abend hinter einer schwarzen Sonnenbrille versteckt.

Und natürlich gibt es dann noch Tobias Sammet. Ich habe keine Ahnung, was in seinem Kopf vorgeht, wenn er seine Songs schreibt. Das ist für mich einfach nur irre. Natürlich ist der Kopf von AVANTASIA auch live in Höchstform. Und wer ihn kennt, weiß dass er in der Regel viel während seiner Shows erzählt. Damit hält er sich jedoch in Bamberg arg zurück. Dennoch erfahren wir, dass Tobi fünf Kilometer von der fränkischen Landesgrenze entfernt wohnt und somit ja eigentlich auch fast ein waschechter Frangge wäre. Viel mehr hat uns der Sänger im aktuellen Podcast und einem weiteren Interview verraten. Viel Spaß beim Lesen und Hören.

Doch zurück zur Musik. Erfreulicherweise hat es 'The Wicked Symphony' nach 2016 wieder auf die Setliste geschafft. Natürlich gibt es hier wieder ein Gastduett, diesmal ergänzen sich Leckremo und Karevik spitzenmäßig. Ronnie Atkins intoniert 'The Scarecrow' leidenschaftlich und muss sich hinter Jorn Lande, der den Song sehr oft gesungen hat, keinesfalls verstecken. Da steckt so viel Kraft drin, das ist einfach klasse. Man, was hat der Kerl gesundheitlich hinter sich, er steht einfach immer wieder auf und lässt sich nicht unterkriegen. Thumbs up für diese Leistung.

Für mich könnte das stundenlang so weitergehen. Doch alles hat einmal ein Ende. Mit Lucifer vom 2016 veröffentlichten Album "Ghostlights" gibt es noch einmal, zumindest am Anfang, ein paar ruhige Töne. Tobi sitzt am Flügel, der während des Spielens brennt. Vielleicht hat er sich den Effekt bei Falk Maria Schlegel von POWERWOLF abgeschaut. Egal, der Effekt passt einfach perfekt zu der Nummer. Mit "Sign of the Cross / The Seven Angels" gibt es dann den mittlerweile gewohnten Abschlusssong, bei dem alle Gäste noch einmal glänzen können. Es regnet Konfetti von der Decke und ich bin einfach glücklich, dabei gewesen zu sein. Ich schaue in die Gesichter meiner mitgereisten Metalbande und sehe durchgehend Erschöpfung aber auch sehr zufriedene Gesichter. Wieder einmal hat AVANTASIA Bamberg gerockt!

Text und Photocredit: Andre Schnittker

Da Bilder bekanntlich mehr als tausend Worte sagen findet Ihr bei Facebook noch weitere Fotos.

AVANTASIA ist aktuell noch auf Tour. Für einige Termine gibt es noch wenige Restkarten.

24-Mar-2025 London – England, The Roundhouse
26-Mar-2025 Tilburg – Niederlande, O13
28-Mar-2025 Stuttgart – Deutschland, Schleyerhalle
29-Mar-2025 Prag - Tschechien, Forum Karlin
01-Apr-2025 Budapest – Ungarn, Barba Negra
02-Apr-2025 Wien – Österreich, Gasometer
04-Apr-2025 München – Deutschland, Zenith
05-Apr-2025 Frankfurt/Höchst – Deutschland, Jahrhunderthalle
06-Apr-2025 Köln – Deutschland, Palladium
08-Apr-2025 Mailand – Italien, Alcatraz
09-Apr-2025 Zürich – Schweiz, The Hall
11-Apr-2025 Barcelona – Spanien, Razzmatazz
12-Apr-2025 Madrid – Spanien, Vistalegre

Redakteur:
Andre Schnittker

Login

Neu registrieren