AXEL RUDI PELL, THE UNITY - Leipzig
05.11.2018 | 20:1027.10.2018, Hellraiser
Der Sommer ist vorüber und mit ihm auch die (Outdoor-) Festivalsaison. Die Tage werden wieder kürzer, das Wetter rauer und kälter, dafür gibt’s in den einschlägigen Locations wieder Metalkonzerte zu sehen. Mein Einstieg in diesem Herbst bildet das deutsche Urgestein AXEL RUDI PELL, der zusammen mit den Kollegen von THE UNITY ins Hellraiser nach Leipzig geladen hat. Das Hellraiser ist eine meiner liebsten Locations, was Konzerte angeht, denn es ist für mich ganz gut erreichbar, bietet eine angenehme Atmosphäre, und auch das Publikum ist hier meist in richtig guter Stimmung.
Pünktlich wie die Maurer betreten um 20 Uhr die Jungs von THE UNITY unter großem Beifall die Bühne. Obwohl es sich um eine recht junge Band handelt (Gründung war 2016), sind die einzelnen Mitglieder bereits alte Hasen und viele Jahre im Geschäft und waren beziehungsweise sind in Kapellen wie GAMMA RAY, AVANTASIA, UNISONIC, MOB RULES und LOVE.MIGHT.KILL aktiv. Das Hellraiser ist bereits bis hinten sehr gut gefüllt, ob es ausverkauft ist, vermag ich nicht zu beurteilen, viel Platz ist jedenfalls nicht mehr. Der Melodic Metal, den der Sechser anzubieten hat, stößt nicht nur in meinen Ohren auf viel Gegenliebe, auch die restlichen Zuschauer werden nicht müde, jeden Song mit ausgelassenem Applaus abzufeiern. Viel falsch machen kann man halt mit eingängigen Melodien, die sich sofort im Gehörgang festsetzen und Refrains, die jeder gleich mitsingen kann, auch nicht.
Sänger Jan Manenti hat die Meute aber auch vom ersten Moment an fest im Griff, und tauscht immer wieder Handschläge und Horns mit den Zuschauern in der ersten Reihe aus. Zusätzlich zu seiner erstklassigen Gesangsperformance ist er auch auf der Bühne sehr aktiv und nutzt den wenigen Platz (große Teile des AXEL RUDI PELL-Equipments sind schon im Hintergrund aufgebaut) so gut es geht. Die Setliste bietet einen guten Querschnitt durch die beiden bisherigen Studioalben und sogar der alte GAMMA RAY-Gassenhauer 'Send Me A Sign' wird zum Besten gegeben. Jan und auch der Rest der Truppe zeigen sich sichtlich gerührt über die Textsicherheit und Jubelbereitschaft der Zuschauer und bedanken sich mehrmals beim Publikum. Ihren Job als Anheizer hat die Truppe aber auch mehr als gut erfüllt, als sie nach knapp 50 Minuten Show noch für ein gemeinsames Foto posiert und anschließend die Bühne unter lautstarkem Applaus verlässt.
Setliste: Intro "Trololo/Revenge"; Last Betrayal; No Hero; No More Lies; Welcome Home; The Storm; The Willow Tree; You Got Me Wrong; Send Me A Sign; Never Forget; Outro "United"
Die knapp 40 Minuten bis zum Auftritt von AXEL RUDI PELL nutzt die Crew zum Um- beziehungsweise Abbau und für einen letzten Soundcheck, die Zuschauer für den Gang zur Bar oder zur Toilette oder für die eine oder andere Zigarette im Außenbereich. Als endlich das Licht gedimmt wird und die ersten Töne des Intros beginnen, zeigen die Zuschauer im Hellraiser lautstark, dass sie auch um 21.30 Uhr noch lange nicht müde und für die folgende Mischung aus klassischem und Melodic Metal mehr als bereit sind.
Die Musiker von AXEL RUDI PELL, die nacheinander auf die Bühne kommen, werden vom Publikum mit herzlichem Applaus empfangen und legen gleich furios mit 'The Wild And The Young' los. Der Sound ist, wie auch bei THE UNITY schon, allererste Sahne und auch die Band um Urgestein Axel Rudi scheint in guter Stimmung zu sein. Allen voran Frontmann Johnny Gioeli, der sichtlich unter Strom steht und jeden einzelnen Song auf seine eigene Art und Weise zelebriert, dass es eine wahre Freude ist. Er fegt und tobt über die Bühne, als würde er Kilometergeld bekommen, und macht es mir dadurch schwer, einen guten Schnappschuss von ihm auf die Speicherkarte zu bannen. Der tosende Beifall des Publikums, der ihm nicht nur nach, sondern auch während der Songs entgegenweht, scheint ihn nur noch mehr anzuheizen. Der Rest der Band taut ebenso weiter auf und wird mit der Zeit immer aktiver auf der Bühne, auch Axel Rudi kann sich ein zufriedenes Grinsen angesichts der hervorragenden Stimmung nicht verkneifen. Sogar der Security vor der Bühne kann nicht anders, als mit dem Kopf im Takt mitzunicken.
Das Publikum ist übrigens sehr gemischt, es sind alle Altersklassen vertreten. In der ersten Reihe sind einige Kinder mit ihren Eltern zu sehen, die auch Johnny nicht verborgen bleiben und die er liebevoll mit einem Augenzwinkern als "Future of Rock 'n' Roll" bezeichnet. Crowdsurfer gibt es am heutigen Tage nicht zu sehen, was wohl dem doch eher höheren Altersdurchschnitt des Publikums geschuldet ist. Die Gruppe ist ja auch bereits seit 1989 aktiv, und kann auf eine beachtliche, 18 Studioalben, unzählige Singles und Compilationen umfassende und qualitativ hochwertige Diskographie zurückblicken. Im Mittelpunkt der heutigen Show steht natürlich der aktuelle Longplayer "Knight’s Call", der bereits Anfang des Jahres erschienen ist und in der Setliste ordentlich zur Geltung kommt. Dass die Band angesichts ihrer umfangreichen Diskographie natürlich nicht jeden Klassiker auspacken kann, ist wohl allen Anwesenden klar, an der Setliste gibt es allerdings trotzdem wenig auszusetzen. Das Drumsolo während 'Mystica' hätte ich jetzt nicht gebraucht, das habe ich bei anderen Bands schon wesentlich spektakulärer gesehen. Natürlich lässt es sich der Meister persönlich auch nicht nehmen, den einen oder anderen Song mit einem zusätzlichen Gitarrensolo auszustatten, was ihm selbst sowie auch den Zuschauern sichtlich Freude bereitet. Er kann's halt einfach.
Habe ich eigentlich schon erwähnt, was Johnny Gioelo für ein erstklassiger Sänger ist? Kann man eigentlich nicht oft genug sagen. Trotz des immensen Pensums, das er auf der Bühne abspult, leistet er sich nicht den kleinsten Fehler, jeder Ton sitzt genau da wo er hingehört. Dass auch das heutige Publikum mindestens genauso stimmgewaltig ist wie er selbst, merkt Johnny, als er sein Mikrofon auffordernd in Richtung der Menge hält. Als diese ihm die Songzeilen lautstark entgegenschmettert, ist er gleichermaßen erstaunt und erfreut, bedankt sich aber artig bei den Zuschauern. Nach dem Medley aus 'The Edge Of The World', 'Truth & Lies' und 'Carousel' verabschiedet sich die Band von der aufgeheizten Meute, es ist aber allen klar, dass dies noch nicht das Ende gewesen sein kann. Lautstark fordert das Hellraiser "Zugabe", lange lassen sich die Mannen um Axel Rudi aber auch nicht bitten und spielen drei weitere Songs. Bei 'Rock The Nation' geht plötzlich das Licht aus und die Musik verstummt komplett. Was anfangs wie eine technische Panne erscheint, entpuppt sich dann doch als Teil der Show, denn Johnny setzt als erstes ein, dann geht das Licht wieder an und die Nummer wird zu Ende gespielt. Anschließend bedankt sich die Band noch beim wirklich hervorragenden Publikum, Drumsticks und Plektren fliegen in die Menge und auch das obligatorische Foto wird noch gemacht.
So geht ein gelungener Abend in Leipzig zu Ende und die Zuschauer verlassen mit zufriedenen Gesichtern das Hellraiser. Halten wir fest: Mit THE UNITY gab es eine Band, von der wir sicher noch Einiges hören werden und die sich absolut nicht wie eine Vorgruppe, sondern ebenfalls wie ein Headliner präsentiert hat. Und natürlich AXEL RUDI PELL. Die Truppe hat wieder einmal mehr als abgeliefert und eindrucksvoll bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehört und auch im Jahr 2018 noch mitreißende Shows spielen und die Massen begeistern kann. Ganz großes Kino, vor allem die Leistung der beiden Sänger. Nicht nur für mich war das ein absolut amtlicher Einstieg in die Konzertsaison im Herbst/Winter.
Setliste: The Wild And The Young; Wildest Dreams; Fool Fool; Oceans Of Time; Only The Strong Will Survive; Mystica (inkl. Drum-Solo), Long Live Rock; Medley: Key/Game Of Sins/Tower Of Baylon/Game Of Sins; The Line; Warrior; Medley: Edge Of The World/Truth & Lies/Carousel; Masquerade Ball; Casbah; Rock The Nation
- Redakteur:
- Hermann Wunner