All Time Low - Köln
16.05.2015 | 09:2115.03.2015, E-Werk
Ausverkauft. ALL TIME LOW scheint mittlerweile weltweit groß rauszukommen. Gut 2500 Kids warten auf die US-Pop Punker. Mit dabei sind NECK DEEP und REAL FRIENDS.
ALL TIME LOW sind scheinbar groß geworden. Als ich die Pop Punker 2009 das erste Mal sah, haben sie gerade einmal die 400 Plätze des Kölner Luxors füllen können. Danach stagnierte man in der dreimal so großen Live Music Hall. Nach Jahren wagt man nun den nächsten Schritt und spielt im Kölner E-Werk, welches 2500 Leute fasst, und siehe da - es ist ausverkauft!
Erste Band des heutigen Pop-Punk-Abends ist REAL FRIENDS. Die sentimentale Truppe habe ich letztes Jahr bereits auf ihrer Headliner-Tour gesehen und war recht angetan. Allerdings hatte ich im Vorfeld der Show Zweifel, wie sich das Quintett auf der großen Bühne schlagen wird und wie das jugendliche Publikum den etwas ernsteren Sound aufnehmen wird. Scheinbar gut! REAL FRIENDS faselt zwar wieder den üblich übertriebenen Kram von Bodenständigkeit und Dankbarkeit, welcher beinahe zur Fremdscham einlädt, aber songtechnisch ist man heute gut aufgestellt und liefert die flotteren Songs der EP und des Debütalbums "Maybe This Place Is the Same and We‘re Just Changing". Dass die Kids die Band, die halt gar nicht hip sein will, gut aufnimmt, verwundert mich zwar, freut mich aber auch für REAL FRIENDS, die heute sicherlich den ein oder anderen neuen Freund gewinnen konnten.
Die Briten von NECK DEEP haben da leichtes Spiel. Ohne viel durch das europäische Festland getourt zu haben, konnte die Pop Punk-Band eine ordentliche Fanschrr generieren. Mit dem Titelsong des Debütalbums "Wishfull Thinking" steigt das Quintett ein und kann sich direkt über massig Publikumsreaktion freuen. Sänger Ben Barlow ist zwar live kein besonders guter Sänger, jedoch ist er dies schon nicht auf Platte, dafür macht er ordentlich Druck. Gleichzeitig bereitet mir das Zusehen schon Rückenschmerzen, da die sehr gekrümmte Rückenhaltung des Briten ein Fall für die Orthopäden darstellen wird. Höhepunkt des Sets ist für den Großteil der Fans wohl die poppige Akustik-Teenager-Herzschmerz-Ballade ‘Part of Me‘. Die Euphorie steigert sich sogar zu entblößten Busen, was die Band scheinbar etwas aus dem Konzept bringt. Vielleicht ist aber auch das zarte Stimmchen des Publikums, das den weiblichen Gesangsteil übernehmen soll, Grund für spontane Verwirrung auf den Brettern. Nach dem Hit brettert NECK DEEP jedoch wieder durch den kantigen Pop Punk des Debüts und der EP "Rain In July". Nach 40 Minuten ist Schluss und man konnte schon ein wenig dafür entschädigen, dass man eigentlich so gut wie nie in Deutschland zu sehen ist.
Der Headliner ALL TIME LOW ist jedoch ein bis zwei Mal im Jahr in Europa unterwegs. Trotzdem scheinen immer mehr Fans zu den Shows zu kommen. Das freut auch Sänger/Gitarrist Alex Gaskarth und seine drei Mitmusiker (plus ein Mann hinter den Boxen, der etwas Gitarre spielen und Singen darf). Man merkt den Pop Punkern an, dass ihre Show mittlerweile auf größere Hallen ausgerichtet ist. Das Backdrop ist riesig, die Lichtshow ziemlich imposant und die Gesten fordern auch nach vielen Fans.
Mit 'Lost In Stereo' und 'Stella' gibt es zum Einstieg zwei ältere Nummern auf die Ohren. Wer jetzt auf die Idee kommt, dass es vielleicht ein nettes "Old-School"-Set gibt, der täuscht sich (leider). ALL TIME LOW fokussiert besonders das noch immer aktuelle Album "Don‘t Panic", schiebt jedoch die eine oder andere Nummer von "Nothing Personal", "Dirty Work" und direkt zwei Songs von dem noch nicht veröffentlichten "Future Hearts" nach: 'Kids In The Dark' und die erste Single 'Something‘s Gotta Give'. ALL TIME LOW hat sichtlich Spaß an der Show. Allerdings ist es fraglich, ob die Gute Laune nicht genauso Teil der Show ist, wie seit Jahren versaute Witze auf der Bühne zu erzählen ("I'm a sleeping prince and I need a blowjob to wake up!"). Dennoch ist die Gruppe trotz allen Erfolgs noch sehr fannah und holt für 'Time-Bomb' sogar ein paar Mädels aus dem Publikum auf die Bühne, die alibi-mäßig die Lippen bewegen dürfen. Sicherlich ein Highlight im eigenen Instagram-Account und der Facebook-Chronik. #omg.
Nach etwa einer Stunde beginnt der Zugabenteil, der mit 'The Reckless and the Brave' eingeläutet wird. Kurze Vorbeugungen vor GREEN DAY und SUM41 folgen, bevor man mit 'Dear Maria (Count Me In)' doch noch einen Song vom sensationellen Debüt "So Wrong It's Right" spielt. Dann ist nach etwas mehr als 70 Minuten Schluss und die Hallenlichter gehen an, um das junge Publikum um halb elf in die Obhut der Eltern oder Aufsichtspersonen zu entlassen.
- Redakteur:
- Sebastian Berning