Anathema - Salzburg

18.06.2007 | 23:56

02.06.2007, Rockhouse

Es ist ein sonniger Samstag in der Mozartstadt Salzburg, vor dem Rockhouse warten schon am Nachmittag die ersten ANATHEMA-Fans und das Bier schmeckt besonders gut, vielleicht auch weil die Vorfreude besonders groß ist - denn ein ANATHEMA-Gig in Österreich hat schon fast so etwas wie Seltenheitswert, immerhin lassen sich die Jungs nicht so oft in heimischen Gefilden blicken (das letzte Mal 2005 am Carpe Noctem Festival in Wiesen). Dass der lokale Veranstalter dann noch gleich nationale Top-Acts wie MELY und IN SLUMBER dazu gebucht hat, macht das Ganze umso reizvoller. Und je näher der Einlass rückt, desto mehr wird klar, dass auch das internationale Publikum heute gut vertreten ist, unter den Besuchern kann man auf jeden Fall einige "Exoten" ausmachen, Fans aus Spanien oder aus Irland etwa - und dazwischen natürlich auch viele Bayern, die nicht zuletzt wegen den Münchnern BEYOND THE VOID da sind, die heute die Ehre haben, den Konzertreigen zu eröffnen.

BEYOND THE VOID sind eigentlich nicht schlecht und passen musikalisch auch gut zum Rest des Abends. Mit ihrem melancholischen Gothic Rock und ihren düsteren Outfits haben die Jungs schnell erste Fans auf ihrer Seite, und spielen können sie auch. Das einzige Problem an der Sache: Es mangelt akut an Einfallsreichtum und die Songs gehen mir oft zu eindeutig in die HIM-Ecke, was vor allem am Gesangsstil liegt, aber auch am typisch finnischen Aufbau der Songs. Etwas mehr Eigenständigkeit würde da nicht schaden, aber auch so hinterlassen BEYOND THE VOID keinen schlechten Eindruck und haben durchaus Entwicklungspotential.

Ganz anders sieht die Sache bei den Kärntnern von MELY aus. Nach zwei Monaten lassen sich die Jungs wieder im Rockhouse blicken (damals waren sie Support von MOONSORROW) und haben sich in Salzburg eine sichtlich große Fanbasis erspielt. Die Leute gehen gut ab, die Band ist in Bestform und bringt altbekannte Hits wie 'Dust' oder das coole 'Lady In Black'-Cover, wo sich Sänger Andy wieder in Mitsingspielchen übt und vom Publikum einen ordentlichen Chor erntet, so soll's sein! Man darf auf jeden Fall gespannt sein, was uns MELY mit dem neuen Album präsentieren, denn die Band wächst bei jedem Auftritt immer mehr, beeindruckend!

IN SLUMBER sind die "etwas andere Band" hier, der harte Gegenpol zu verträumten Klängen und die wilden Jungs inmitten sanfter Melodien. So in etwa könnte man den krassen Gegensatz der Stile beschreiben, denn bei IN SLUMBER gibt’s vor allem live immer voll was auf die Glocke, und das ist auch an diesem Abend nicht anders. Klar, die schönen Melodien zwischen den brachialen Death-Metal-Parts lockern den Sound etwas auf, aber alles in allem bleibt das heute die brutalste Band, doch man ist damit überraschenderweise sehr willkommen bei den Fans. Auch wenn einige Anfangs etwas verschreckt aus der Wäsche gucken, so sind die Action auf der Bühne und der mitreißende Groove einfach ansteckend. Dazu macht Wolfi noch lustig ironische Ansagen wie "Wir spielen heute vor ANATHEMA, weil wir die mal gratis sehen wollten". Sehr schön, denn diese stehen schon in den Startlöchern und wundern sich zuerst ein wenig über den Support-Act der etwas anderen Art.

ANATHEMA sind live immer wieder grandios, egal welche Setliste sie gerade ausgraben, egal wie viele Fans anwesend sind - Die Liverpooler Familienbande ist ein eingespieltes Team und weiß, wie man das Publikum begeistert, verzaubert, amüsiert, zum Träumen oder gar zum Weinen bringt. ANATHEMA sind eben Emotionen pur und das beweisen sie auch an diesem Abend eindrucksvoll.

Am Beginn von zwei wundervollen Stunden voller musikalischer Höhenflüge steht das sanfte 'Balance', das mit blauem Licht untermalt wird und die Cavanagh-Brüder als geisterhafte Schemen erscheinen lässt. Wie gewohnt folgt danach das psychedelische 'Closer', bei dem Vincent allerdings mit technischen Problemen kämpft. Leider bleibt er auch bei diesem Konzert in Österreich nicht davon verschont, obwohl es diesmal nicht eine Gitarrensaite ist, die reißt, sondern der Vocoder, der rumzickt. Die Fans in den ersten Reihen sind aber totzdem rundum begeistert und auch die sympathischen Ansagen von Vincent (der sich nur wenig vom technischen Teufel aus der Fassung bringen lässt), tragen zur familiären Atmosphäre bei. Das Rockhouse ist nicht voll, aber gut gefüllt, die Anwesenden sind wahre Fans und singen jeden Song mit, und Vincent widmet vor allem die älteren Stücke wie das wunderschöne 'Eternity Part 3' (das leider viel zu selten einen Weg in die Setliste findet) all jenen, die schon vor zehn Jahren im Rockhouse mit ANATHEMA gefeiert haben.

Beeindruckend sind auch die neuen, noch unveröffentlichten Songs, allen voran das verträumte 'Angels Walk Among Us', für mich eine der besten neuen ANATHEMA-Nummern, bei dem auch Lee Douglas im Duett mit Vincent wieder eindrucksvoll ihre schöne Stimme präsentiert, und das obwohl sie seit Tagen krank ist. Nach den Klassikern 'Judgement', 'Panic' und 'A Fine Day To Exit' verlassen ANATHEMA wieder mit 'Flying' die Bühne und die Zugabe-Rufe lassen nicht lange auf sich warten. Ein ANATHEMA-Konzert wäre nicht komplett ohne 'Fragile Dreams' und weil's so schön ist, schmeißen die Jungs noch eine geniale Version von 'Sleepless' drauf.

Zwei Stunden können so schnell vorbei sein, viel zu schnell. So bleibt nur zu hoffen, dass ANATHEMA schnell wieder auf Europa-Tour gehen, sobald das neue Album das Licht der Welt erblickt hat.

Setlist:
Balance
Closer
Deep
Hopes/Destiny
Ann Further
A Simple Mistake
Empty
Leave No Trace
Eternity Part 3
Inner Silence
One Last Goodbye
Angels Walk Among Us
Hope
Judgement
Panic
A Fine Day To Exit
Flying
---
Hindsight
Fragile Dreams
Sleepless

Redakteur:
Caroline Traitler

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