Apocalyptica - Mainz
13.02.2001 | 13:2507.02.2001, Eltzer Hof
Ganz Mainz, wie es singt und lacht, ist in Fastnachtsstimmung und wo sucht sich der fastnachtsgestresster Metaler seine Erholung? Natürlich auf einem Konzert! So dachte ich beim Kaufen der Konzertkarten und wohl auch mit mir die ca. 400 anderen Besucher, die den Klängen der vier Finnen an diesem Mittwoch Abend im Februar lauschen wollten. Doch ich hatte mich zu früh gefreut dem närrischen Treiben in der schönen Stadt am Rhein zu entkommen, denn kaum hatte man die heiligen Hallen des Eltzer Hofes betreten, wurde man von einer Fülle penetrant glitzernder Girlanden, extrem lustigen Narrenmasken und anderen bunten Fastnachtsartikel erstickt. Irritiert schaute ich auf meine Eintrittskarte, um festzustellen, dass das Konzert wirklich an diesem Tag stattfinden sollte. Tatsächlich: In dieser ungewöhnlichen Kulisse sollten nun ein Metal-Konzert seinen Ablauf nehmen. Pünktlich um 20 Uhr öffneten sich die Tore in die fastnächtlich geschmückte Halle des Eltzer Hofes. Erwartungsvoll hatte ich mich vorgekämpft, stand auf die Bühne starrend in einer der ersten Reihen und bat nur darum von den lustigen Girlanden und dem ganzem nettem Fastnachtsschmuck abgelenkt zu werden. Die Vorband vom Band ertönte und nach 15 Minuten wurde ich schon langsam ungeduldig. Aus den Lautsprechern war das ganze Metalrepertoire von Iron Maiden, Nightwish und Saxon zu hören. Doch geht man nicht zu einem Konzert, um dort Live-Musik zu hören? Erst nach sage und schreibe 50 Minuten lang warten, schwang sich endlich der verheißungsvoller Klang der Celli in den Gehörgang eines jeden in der Halle. Doch das warten hatte sich wahrlich gelohnt!
Schon bald hatten die vier netten, jungen Männer der Halle eine sagenhafte Atmosphäre gegeben. Mit atemberaubender Begeisterung wurde das A-Team auf der Bühne von den Zuschauern begrüßt. Headbangend und wild mit dem Bogen über die Saiten schrammelnd rissen sie mich mit dem ersten Song \"For Whom The Bell Tolls\" schon mit. Darauf folgten noch weitere Metallica-Klassiker, wie \"Creeping Death\", \"Fight Fire With Fire\" oder \"One\". Nun sollte man aber nicht denken, dass Eicca Toppinen, Max Lilja, Paavo Lotjonen und Perttu Kivilaakso nur still vor ihren Celli säßen und Bühnenshow für sie ein Fremdwort wäre. Nein! Zu meiner Überraschung wirbelten sie wild mit ihren Celli herum und brachten einiges an Leben auf die Bühne.
Jetzt verstand ich, was Paavo Lotjonen mit der Aussage \"Wir lieben es, unsere Instrumente zu misshandeln\" meinte. Die meiste Zeit schienen die edlen Celli unter Haaren und Schweiß begraben zu sein. Doch die entstehenden Töne waren einfach nur genial! Begeisterung in jedem Gesicht, ob nun Metaler, Goth oder Normal-Sterblicher.
Und als nun die ersten Akkorde von \"Nothing Else Matters\" erklangen, hatte mich Apocalyptica endgültig in seinen Bann gezogen. Das ist richtig guter Metal, ging mir durch den Kopf. Überhaupt nicht übel für eine Band, die ursprünglich nur aus Lust und Laune ein paar Metallica-Songs nachgespielt hat - eher im Gegenteil!
Nachdem die guten, alten, genialen Metallica-Songs der Masse richtig eingeheizt hatten, konnte sich selbst der größte Konzertmuffel nicht mehr halten und musste wenigstens mit dem Fuß im Takt tippen. Vor der Bühne bildete sich selbst eine Gruppe hartgesottener Metaler, die rumpogten und die hinteren Reihen mit der Fülle ihrer Haare beglückten. Nach einer kurzen Pause und Kleidungswechsel in einen sexy Fischnetzlook, erklang zu dem Gefallen der Zuschauer \"The Unforgiven\" gefolgt von einigen eigenen Songs, die jedoch den selben Anklang und Begeisterungsschwall fanden. Schließlich bretterten die Jungs noch einen Sepultura-Klassiker \"Refuse Resist\" und ein wirklich gutes \"Master of Puppets\" von den Saiten und verschwanden darauf hinter der Bühne. Dort blieben sie aber nicht lange, denn sie wurden von heftigen Pfiffen und hysterischen \"Zugabe\" Rufen wieder auf die Bühne gezwungen, um dort noch drei Zugaben diesem perfektem Konzert zu schenken. \"Enter Sandman\", Edvard Griegs \"Hall Of The Mountain King\" und \"Path\" gaben diesem Event einen vollkommenen Abschluss.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Finnen Apocalyptica sind einzigartig - vier klassisch ausgebildete Cellisten, die mit großem Erfolg die vermeintlich so unversöhnlichen Welten der klassischen Musik und des Hardrocks zusammengebracht haben, ohne einer von beiden die Flügel zu stutzen. Es lohnt sich wirklich die vier netten Finnen einmal live zu erleben! (Außerdem ein perfektes Mittel gegen Fastnachtsterror!)
Pia Schellhammer
- Redakteur:
- Gastautor