BEASTIVAL - Geiselwind

13.07.2013 | 15:49

30.05.2013, Gewerbegebiet

50 Bands, 2 Bühnen und 4 Tage Regen

Vergange Nacht hat sich aus dem anfänglichen Geplätscher ein richtiger Sturm entwickelt, der über das gesamte Festival hinweggefegt ist. Während so Manchem das Wasser in die Zelte kriecht, musst auch der eine oder andere Pavillion dran glauben. Es ist grau, kalt, aber trocken. Also insgesamt die idealen Voraussetzungen für den zweiten Festivaltag!

Wir starten mit der dänischen Melodic-Death-Metal Band MERCENARY, die aktuell mit ihrem neunten Longplayer unterwegs ist. Obwohl es sie schon über zehn Jahre gibt, blieb der große kommerzielle Erfolg bei uns bisher aus. Ein weiterer Faktor für das recht übersichtliche Publikum ist sicherlich auch die Uhrzeit. Die Musiker lassen sich nichts anmerken und haben dennoch viel Spaß auf der Bühne. Musikalisch bewegt man sich in den etwas neueren Gefildern und nutzt neben den typischen Death-Metal-Elementen auch Clean Vocals und unterlegt es mit elektronischen Spuren. Bei 'Fury Eyes' werden die Fans aufgefordert, eine "Wall Of Death"hinzulegen, die zunächst alle Beteiligten etwas überfordert. Es gibt sie, aber es wirkt nicht sonderlich überragend. Wie bereits erwähnt erschien erst kürzlich eine neue Platte von ihnen und so ertönt der Titelsong von "Through Our Darkest Days". Um die müden Köpfe wieder zu wach zu bekommen, zettelt Sänger René Pedersen während 'Soul Decision' einen kleinen Circle Pit an. Zum Abschluss gräbt man erneut einen älteren Song aus und so rundet 'The Endless Fall' das recht solide Konzert ab. 

Entweder gehasst oder geliebt, die Rede ist natürlich von der Band MAJESTY. Obwohl es schon lange bekannt ist, dass sich Bandchef und Sänger Tarek vor geraumer Zeit viele junge Musiker um sich gescharrt hat, kann man einfach nicht anders als schmunzeln, wenn man die Truppe da oben sieht. Ganz ihren Kollegen von MANOWAR nachempfunden präsentieren sich die Herren in enger Lederoptik. Mit einer ordentlichen Portion gute Laune wird die die Show mit 'Metal Law' eröffnet. Wer sie noch nicht live gesehen hat, wird schnell merken, wie einfach es ist die Refrains mit zu singen. Es folgen mit 'Noise', 'Into The Stadium' und 'Thunderrider' eine epische Hymne nach der anderen und an dieser Stelle muss mal erwähnt werden, wie gut der Sänger ist. So locker aus der Hüfte in die Kopfstimme zu wechseln kann auch nicht jeder. Das Publikum zieht ziemlich schnell mit und macht einfach alles mit, was von ihnen verlangt wird. Technische Probleme bekommt Gitarrist Tristan während 'Battle Hymn', weil das Solo schlichtweg nicht mehr zu hören ist. Schon ein Song später ist alles wieder im Lot und so stimmt man mit 'Sword And Sorcery' minutenlange Fangesänge an. Gegen Ende holt MAJESTY zum letzten großen Wurf aus und beendet diese sehr tolle Show mittels 'Metal Union'. Nicht nur äußerlich, sondern auch musikalisch hat die Truppe den "Trueness"-Faktor mächtig nach oben geschraubt.

Für die passende Atmophäre zum Wetter sorgt nun IMPERIUM DEKADENZ. Die deutsche Black Metal-Formation gründete sich vor neun Jahren und beschert der Musikwelt seitdem hochklassige Werke zum Träumen und Nachdenken. Zwischen Instrumentalstücken und depressivem Schwarzmetall ist alles dabei. Seit Anfang März steht das neueste Werk "Meadows Of Nostalgia" in den Läden und ist auch hier der Mittelpunkt der Setlist. Ein ebenfalls prägnantes Merkmal des Duos ist die Bühneninszenierung. Neben einem monumentalem Banner gibt es auch noch aufgestellte Legionärshelme und einen Altar, der mit den Vögeln aus dem Logo verziert ist. Mit einer Weinflasche in der Hand und nacktem Oberkörper tritt Sänger Horaz wortkarg in die Manege. Die Resonanz des Publikums liegt auch irgendwo zwischen headbangen oder grimmig vor sich hingucken. Aber mehr ist auch gar nicht das Ziel der Musiker. Man könnte von einem verhältnismäßig ruhigen Act sprechen, der es dennoch schafft, eine unglaubliche Atmospäre zu verbreiten. Besonders gelungen ist dies bei 'Im Reich der Faden' und 'Schwarzer Seele'. Mit Lied Nummer sechs 'Töne des Bauchus' ist auch schon wieder Schluss. Die Spielzeit ist gefühlt viel zu kurz, doch Trost gibt es durch das Outro 'Waiting'.

[Hang Mai Le]

Während bei der Autogrammstunde von MAJESTY Massenaufregung herrscht, betreten die Wikinger von GRAND MAGUS rotzecool die Bretter. Wie immer werden die Erwartungen an die drei Schweden nicht enttäuscht, liefern sie gewohnt Hard Rockig und mit ihrer speziellen Attitüde ab. Leidenschaftliche Gitarrenarbeit, rhythmische Banger-Kost wie 'Sword of The Ocean' oder 'I, the Jury' lassen die Köpfe endlos rotieren. Mit einer unfassbaren Präsenz ziehen besonders Janne und der arschlässige Fox alle Augen auf sich - was sich übrigens auch von der Autogrammstunde behaupten lässt, bei der die Mannen zu etlichen Späßen mit den Fans aufgelegt waren, die für heitere Belustigung auch bei den Standmitarbeitern sorgen konnte. Mit leichtem Magengrummeln ist festzustellen, dass momentan wohl fast eine um ein Drittel größere Menge als gestern abend bei den Thrash-Metal Helden KREATOR vor der Bühne lümmelt. Metaller sind leider auch nur Schönwetterrocker – und dieses herrscht gerade vor. Bei 'Starlight Slaughter' vom aktuellen Album "The Hunt" reißt sogar der bisher wolkenbedeckte Himmel auf. Gleiches gilt für die Kehlen der Besucher. Von Fronter Janne angestachelt - der im Übrigen schon wieder über mit beträchtlicher Haarpracht protzen kann -, stellen sie "Germany’s powerful voices" unter Beweis. Zur Belohnung gibt es mit 'Hammer of the North' den Keulenschlag und ein mittelschweres Ziehen in der Nackenmuskulatur.

Zeit wird es für den Tod aus Thüringen. Man kann von EISREGEN halten was man will, nicht abzustreiten bleibt jedoch, dass, auch wenn man musikalisch auf einer anderen Welle schwimmt, die Band allein schon zu Unterhaltungszwecken auf dem Programm stehen sollte. So bildet sich auf Europas größtem Rasthof in Handumdrehen ein feierliches Ringelpietz mit Anfassen, welcher immer wieder Crowdsurfer abwehren muss. Doch wie solch unchristliche Texte im hochkatholischen Bayern wohl ankommen? Petrus scheint's egal zu sein (traurig eigentlich, dass man das Wetter immer öfter erwähnen muss – aber Freude über Nicht-Regen muss eben festgehalten werden), immerhin belehrt Berserker Michael Roth alias Blutkehle die Frauen niemals ihren Freund zu betrügen. Was ansonsten geschehen würde, wird eindrucksvoll mit '19 Nägel für Sophie' demonstriert. Highlight der Show? Natürlich wie immer 'Elektro Hexe', bei welchem eifrig mitgesungen und die Köpfe gegeneinander geknallt wird. Der Tod ist eben ein Meister aus Thüringen.

Dank der Regen-App (allen Festivalgängern dringend zu empfehlen), die ab 19.00 Uhr einen Wolkenbruch mit einhergehendem Dauerregen vorhersagt, kann man bei DIE APOKALYPTISCHEN REITER (ja, die Band tritt tatsächlich direkt nach EISREGEN auf) mit Schirm locker von einer Pfütze in die andere springen. Während die Wassermengen genüsslich den Campingplatz überziehen, stellt sich ein jeder Metaller darauf ein, dass sich die Sonne für diesen Tag wohl endgültig verzogen hat. Energisch knallen uns die Reiter einen Hit nach dem anderen vor den Latz, so dass mit 'Revolution' oder 'Es wird schlimmer' der heilige Putz von der Rasthofkirche bröckelt. Doch der Höhepunkt des heutigen Abends (zumindest laut Fuchs) stellt 'Metal Will Never Die' dar. Für heiteren Frohsinn können die irrwitzigen Thüringer locker sorgen, was sicherlich aber auch wesentlich auf das Publikum zurückgeht, welches zumindest heute zu einem großen Teil so clever war, sich einen Regenschirm unter den Arm zu klemmen. Zusammenfassende Worte? Schnaps und kalte Füße!

[Nadine Ahlig]

Vor einigen Jahren erhielt ich das Werk "A Pagan Storm" von WOLFCHANT. Obwohl ich die Platte sehr mochte, schafften es die sieben Bayern nie, weiter in meine Musiksammlung vorzudringen. Mit ihrem heutigen Auftritt erhoffe ich mir mehr Interesse für diese Band. Neben der üblichen Konstellation gibt es, ungewohnt für das Auge, gleich zwei Sänger auf der Bühne. Auch wenn diese recht groß ausfällt, müssen die Mitglieder aufpassen, dass sie sich nicht gegenseitig auf die Füße laufen. Da scheint mir wohl etwas entgangen zu sein, aber das gilt für den musikalischen Aspekt. Während man vor einigen Jahren noch mit den Anfängen von EQUILIBIRUM verglichen werden konnte, hören sie sich jetzt nach VARG an. Trostpflaster nach dieser Erkenntnis ist der Titeltrack des oben genannten Albums und der Song 'Autumn's Breath', welcher sich gerade durch ein ziemlich gut komponiertes Solo hervor hebt. Obwohl es im Grunde ein solides Konzert ist, bin ich von der Entwicklung dieser Truppe mehr als enttäuscht.

Wenigstens gib es eine Sache, auf die man sich immer verlassen kann, und das ist KATAKLYSM. Gestern noch in Lederkluft gesehen, präsentieren sich die Kanadier heute in Jeans und T-shirts. Im Vergleich zu EX DEO legt man mit 'Angels Weeping Dark' los, eine Nummer, die in wenigen Sekunden die Bühne zerlegt. Maurizio verabschiedet sich vom Haargummi und bangt, während die Masse tobt. Die Pits hören nicht auf, wie denn auch, wenn im Anschluss 'Push The Venom' kommt? Als Einleitung zu 'The Night They Returned' packt der sympatische Sänger eine Anekdote zu der Serie "Walking Dead" aus und spricht offen über seine Begeisterung für die Untoten, weil sie einfach alles fressen "...no matter if you're poor or rich". Es bleibt weiterhin flott und so schickt die Band den Nackenbrecher 'The Resurrected' los. Der Regen hört langsam auf und bei dem Song 'Iron Will' erinnert sich der Frontmann an ihrem Gig beim letzten METALCAMP, bei dem es zu der Nummer wieder trocken wurde. Ganz besonderen Dank zoll man dabei dem "...brother behind the kit", der für den genialen Sound verantwortlich ist. Besonderes Highlight ist der berühmte "Secruity Stresstest" zu 'As I Slither' und auch ich hab es mir nicht nehmen lassen, nach vorne getragen zu werden. Obwohl man niemals das Niveau von WACKEN erreichen wird, haben die Jungs im Graben den Applaus für ihre gute Arbeit verdient. Aber damit ist noch lange nicht Feierabend, denn es folgen noch Hits wie 'The Awakener', 'Reign Again' und 'Crippled And Broken' bevor man sich verabschiedet. Obwohl ein neues Album nicht in Sicht ist, kann man von einer absolut genialen Show sprechen. Wie gesagt: Auf die Kanadier kann man sich immer verlassen.

[Hang Mai Le]

Ein kleiner Mentaltod wird nun bei KATATONIA gestorben. Die Kontrolle vollends abzugeben, fällt bei den Traurig-Metallern nicht schwer. Während sich Jonas stoisch komplett hinter seiner Mähne versteckt, rocken Anders, Per, Niklas und Daniel von einer Bühnenseite zur anderen (Daniel vielleicht doch eher weniger). Flehende Vocals, die fesseln, schwere Riffs und tieftraurige Melodieführungen. Gänsehaut pur! Musikalisch fliegen wir zwischen den letzten vier Alben "Dead End Kings" (beispielsweise 'Buildings', 'Lethean'), "Night Is The New Day" (wie 'The Longest Year', 'Forsaker'), "The Great Cold Distance" (etwa mit 'My Twin', 'The Racing Heart') und "Viva Emptiness" ('Burn The Remembrance') hin und her. Ein Blick ins Publikum verrät, dass ein Großteil der hier anwesenden beinharten Metaller offensichtlich eine butterweiche Seite hat. Wie ist es sonst zu erklären, dass man lässig von einer Reihe zur nächsten hüpfen kann? Die Beine ins Stehholz geschlagen und die Augen fest geschlossen, ist die Nackenmuskulatur das einzige, was sich hier bewegt. Ein Meer aus Trübsal und Melancholie. Herrlich!

Direkt im Anschluss geht es zurück auf die – Gott sei Dank – trockene Mainstage, an der sich nun die Finnen von WINTERSUN bereit machen, mit ihrem zweiten sagenhaft vertrackten Album "Time I" alle Gehirne zu zerschmettern. Nichts leichter als das, denn wer sich mit dem Werk nicht bereits vetraut gemacht hat, wird von den schier unzähligen Spuren, die hier aufeinander treffen, schnurstracks überwältigt sein. Fan-Zitat aus dem Publikum während des (4-minütigem) Intros 'When Time Fades Away' "Die fangen doch nicht im Ernst mit einem 13-minütigen Song an?". Doch doch, wer acht Jahre an einem 50-minütigen Album schraubt, hält sich auch sonst nicht an "konzerttypische Normen". 'Sons of Winter and Stars' besticht mit bestialischer Lieblichkeit, betörendem Bombast und einem alles dem Erdboden gleichmachenden Drucks. So muss sich das Paradies anfühlen. Während der Körper wogenhaft in die Nacht gleitet, fliegt der Geist durch verschneite finnische Winterlandschaften. Dank der bisher nur wenigen und überaus langen veröffentlichten Songs erlaubt das Set den Jungs, fast alles zu spielen, was sie in petto haben, sodass neben dem kompletten zweiten Album auch ein Großteil vom Debüt gezockt werden kann. Highlight: Der gigantische Titeltrack 'Time' (Sterben könnte nicht schöner sein). Obwohl die Zeit schon längst überschritten ist und man sich auf den Abschied gefasst macht, stoßen die Finnen erneut auf die Bühne, um als Zugabe das genial-verschlungen 'Beyond The Dark Sun' und das hymnische 'Starchild' vor den Wanst zu knallen. No further words needed.

[Nadine Ahlig]

Redakteur:
Hang Mai Le
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