BIOHAZARD, LIFE OF AGONY und LYLVC - Karlsruhe

11.04.2025 | 11:16

15.03.2025, Substage

Nacht der Gossenlegenden!

Schon allein die Tatsache, dass LIFE OF AGONY und BIOHAZARD gemeinsam auf Tour gehen werden, versetzte bereits viele Fans im Vorfeld in Ekstase. Auch die heutige Show im Karlsruher Substage ist restlos ausverkauft. So voll habe ich den Laden noch nie erlebt, ein Durchkommen ist schier unmöglich. Da beide Bands eine Doppel-Headliner-Tour spielen und der Headlinerslot immer wieder mal wechselt, gibt es schon einige Spekulationen in der langen Warteschlange vor der Halle. Mir persönlich ist es egal, ich mag beide Bands.

LYLVCDen Abend eröffnet die NuMetal-Formation LYLVC aus Raleigh, North Carolina. Der außergewöhnliche Bandname wird "Lilac" ausgesprochen. Auf Tonkonserve gibt es nicht gerade viel zu finden. Ich habe lediglich die EP "Perfect Drug" und ein paar einzelne Singleauskopplungen entdeckt. Normalerweise sind die Amerikaner zu Sechst unterwegs, doch auf der Bühne sehe ich nur fünf Musiker. Ein Blick auf die Website der Band verrät, dass auf der aktuellen Tour Drummer Ryan Powell und Bassist Kenneth Kaval nicht mit dabei sind. Wer der Ersatzmann am Schlagzeug ist, erschließt sich mir nicht, auf einen Ersatz am Bass hat man gar gänzlich verzichtet. Musikalisch haut mich die NuMetal-Mixtur nicht aus den Socken.

LYLVCDer wechselnde Sprechgesang von Sängerin Alyse Zavala und Sänger Oscar Romero mit leichtem RAP-Einschlag, erinnert mich eher an die Anfangstage dieses Genres. Keyboarder Cameron Gillette vollführt so allerlei Turnübungen mit seinem Instrument und schnallt sich auch immer wieder gerne mal die Gitarre um. Fehlendes Engagement kann man LYLVC keinesfalls vorwerfen, doch irgendwie will der Funke nicht so recht überspringen. Weder bei mir, noch beim Publikum. Selbst die Coverversion von LINKIN PARKs Hit 'Papercut', sorgt nicht für eine wesentliche Verbesserung der Stimmung. So dümpelt das Set ein wenig vor sich hin und die Vorfreude auf den nächsten Act, steigt von Minute zu Minute mehr.

Setliste: Barely Human; XXX; Undertow; Crawl Space; Dangerous; Papercut; Perfect Drug; Into Nothing

LIFE OF AGONYGanz anders sieht es bei den folgenden LIFE OF AGONY aus. Ende letzten Jahres gab Frontmann Keith Caputo, damals noch als Mina Caputo unterwegs, das Ende seiner Geschlechtsinkongruenz und somit die Rückkehr zu seiner männlichen Identität bekannt. Er habe mittlerweile alle Missverständnisse seiner Seele überwunden und nehme schon seit Jahren keine Hormone mehr ein. Allerdings ist Mr. Caputo zuletzt mehr durch seine transfeindlichen Aussagen und seinen schwurblerischen Theorien zum Thema Corona und Politik aufgefallen. Auch das Abfeiern der Wiederwahl von Trump bescherte ihm nicht nur Freunde. Ganz einfach war Mr. Caputo ja noch nie.

LIFE OF AGONYMusikalisch hat sich bei LIFE OF AGONY in den letzten Jahren allerdings herzlich wenig getan. Ein Blick auf die heutige Setliste verrät, dass zwei Drittel der Songs vom 1993er Erfolgsalbum "River Runs Red" stammt. Es wird also Zeit, dass sich LIFE OF AGONY mal wieder hinsetzt und neue Songs komponiert. Für den heutigen Abend reicht mir völlig das "Best Of Programm". Von der ersten Minute an merkt man, dass die Band unheimlich Bock hat, den Laden zu rocken. Der kleine Frontmann tobt über die Bühne, klettert in den Bühnengraben oder wälzt sich auf dem Bühnenboden herum. Gitarrist Joey Zampella steht seinem quirligen Frontmann in nichts nach und beackert ebenfalls die gesamte Bühne, während Bassist Alan Roberts cool vor sich hin groovt. Drummerin Veronica Bellino sorgt für den nötigen Bums im Hintergrund.

LIFE OF AGONYSoweit so gut. Das Publikum ist von Anbeginn "On Fire" und feiert gemeinsam mit der Band die Meilensteine 'River Runs Red', 'This Time', 'Respect' oder 'My Eyes' ab. Nach dem LIFE OF AGONY sechs Songs vom Debütalbum zum Besten gegeben hat, gibt es mit 'Lost At 22', 'Weeds', 'I Regret' und dem CRO-MAGS-Klassiker 'We Gotta Know' weitere Klassiker der frühen Bandgeschichte, ehe mit 'Through And Through' und 'Underground' wieder Material vom Debütalbum den Abend beendet. Alles in Allem ein starker Auftritt der Lust auf mehr macht. Keith hält sich glücklicherweise mit irgendwelchen Theorien und kruden Aussagen zurück. Er lobt sogar alle Frauen im Publikum, die für gute Stimmung sorgen und meint "Männer, lernt von den Besten!". Nach diesem Auftritt habe ich umso mehr Bock auf neue Songs. Also ihr Lieben, macht euren Job, konzentriert euch wieder auf das Wesentliche und schreibt neue Songs.

Setliste: River Runs Red; This Time; Bad Seed, Respect; Method Of Groove; My Eyes; Lost At 22; Weeds; I Regret; We Gotta Know (CRO MAGS-Cover); Through And Through; Underground

BiohazardBIOHAZARD ist live nach wie vor eine Macht! Kein einziger Gast ist vorzeitig gegangen und es wird einmal mehr deutlich, dass die meisten Fans wegen des Quartetts aus Brooklyn gekommen sind. Im Vorfeld habe ich mir auch hier die Setliste der bisherigen Shows angesehen und festgestellt, dass bis auf einen neuen Song und eine Covernummer, alle Stücke von den frühen Werken "Urban Discipline" und "State Of The World Address" stammen. Ist ja auch nicht verwunderlich, da diese beiden Alben kommerziell am erfolgreichsten waren. Das letzte reguläre Album "Reborn In Defiance" stammt aus dem Jahr 2012 und somit wäre es schon lange an der Zeit, für eine neue Scheibe. BIOHAZARD ist seit 2023 wieder in der 1987er Gründungsformation unterwegs, Sänger Evan Seinfeld und Gitarrist Billy Graziadei sind absolut in Topform und austrainiert. Gitarrist Bobby Hambel wirkt gegen die beiden wie ein alter Mann. Dennoch hüpft auch er immer wieder im Takt mit seinen Bandgenossen über die Bühne und erlebt seinen dritten Frühling.

Songtechnisch kann man eigentlich nichts falsch machen, bei der Songauswahl wurden alle Meilensteine der Bandgeschichte berücksichtigt. Am meisten zündet 'Shades Of Grey', 'Five Blocks To The Subway','Tales From The Hart Side' und 'Punishment'. Die Band verfügt nach wir vor über reichlich Street Credibility und man kann den Geruch der Gosse heute Abend in der Halle riechen. Der treibende Groove, gepaart mit den Shouts von Billy und Evan, garniert mit den authentischen Gossentexten, sind nach wie vor einmalig und die Lebenseinstellung kommt absolut authentisch rüber. Aber auch musikalisch gibt es nichts zu meckern. Die Band ist nach wie vor sehr tight unterwegs und die Jungs haben es noch absolut drauf. Billy steigt zu Beginn des dritten Songs auf die Absperrgitter vor der Bühne und spielt vom Publikum gestützt weiter. Das Publikum nimmt die von der Bühne kommende Energie dankbar auf und feiert die Band.

Die Temperatur im Club hat fast den Siedepunkt erreicht, als mit 'Forsaken', 'Punishment' und 'Hold My Own' nach gut einer Stunde Spielzeit das Finale eingeläutet wird. Im Vorfeld zum neuen Song 'Forsaken' verkündet Evan, dass das neue Album bereits eingespielt wurde und noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll. Die Nummer ist ein Brett und BIOHAZARD kehrt stilistisch zu seinen Wurzeln zurück. Somit steigt auch bei mir die Spannung und Vorfreude auf das neue Songmaterial. Ausgepowert geht es nach diesem kräftezehrenden Abend nach Hause.

Setliste: Urban Discipline; What Makes Us Tick; Wrong Side Of The Tracks; Shades Of Grey; Five Blocks To The Subway; Each Day; Black And White And Red All Over; Business; Victory; Love Denied; We're Only Gonna Die (BAD RELIGION-Cover); Tales From The Hard Side; Forsaken; Punishment; Hold My Own

Text und Fotocredit: Frank Hameister

Redakteur:
Frank Hameister

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