Bang Your Head XIV - Balingen
16.07.2009 | 20:2826.06.2009, Messegelände
Erbarmungslose Hitze, der eine oder andere Sturm mit Platzregen und eine Menge toller traditioneller Metalbands: Das "Bang Your Head" wird seinem Ruf gerecht!
Da das Wetter in Balingen grundsätzlich ausschließlich Extremvarianten kennt, war es absehbar, dass auf die Bruthitze und gnadenlos sengende Sonne des Freitags mindestens ein Sturm folgen würde. Der vereint sich sodann am Samstag morgen mit einem stundenlangen Platzregen der Güteklasse A.

Setlist: Inquisitor, Nova Battlestar, Mutilator, Return Of The Passover, Road Of Eagles, Gates Of Gehenna
[Rüdiger Stehle]

Setlist: Brain Wash, Delirium Void, Erased, Last Breath, Chasin' Charlie, Liar, Forced To Fight, Fire In The Hole
[Martin Loga]

Das liegt auch gar nicht so fern, denn mir selbst ist es dereinst auch so gegangen, dass ich POWERWOLF nie so richtig ernst genommen habe, bis ich sie als Vorgruppe von GAMMA RAY mit einem wirklich tollen Auftritt beklatschen durfte. Und auch heute lassen sich Attila Dorn und seine Mitstreiter nicht lumpen. Nach dem Intro der zweiten Scheibe und deren folgendem Einstiegsdoppel mit 'We Take It From The Living' und 'Prayer In The Dark' folgt erstmal 'Raise Your Fist, Evangelist', der gigantische Opener des aktuellen Albums, der vom Publikum dankbar aufgenommen und auch mitgesungen wird. Dann geht es mit einer bunten Mischung aller Alben weiter, die kaum Wünsche offen lässt. Show und Image würden allerdings bei Nacht deutlich besser und geheimnisvoller wirken, als an diesem völlig verregneten Früh-Nachmittag auf der schwäbischen Alb. Na ja, sei's drum, POWERWOLF sind weit besser als ihr Ruf in der traditionellen Metalszene es verheißt, und das weiß jetzt auch das Bang-Your-Head-Auditorium.
Setlist: Lupus Daemonis (Intro), We Take It From The Living, Prayer In The Dark, Raise Your Fist Evangelist, We Came To Take Your Souls, Saturday Satan, Werewolves Of Armenia, Resurrection By Erection, Kiss Of The Cobra King, Lupus Daemonis (Outro)
[Rüdiger Stehle]
Dem Wettergott scheint es wohl auch gefallen zu haben, denn zum Ende des Auftritts von DRIVER kommt endlich auch wieder die Sonne raus.
Setlist: Sons Of Thunder, Fly Away, Heart's On Fire, Winds Of March, Nations On Fire, Judgment Day, Eagle, I'm A Warrior
[Martin Schaich]

Setlist: Fight Or Fall, Mind Over Matter, Ruler, Day Of The Evil (Beware), Defenders Of Creation, Tonight We Ride, Cold Fire, Fighting For The Earth
[Rüdiger Stehle]

PINK CREAM 69, die multinationalen Hardrocker aus dem Badischen, springen sehr kurzfristig ein, und zwar für TESLA, die ein logistisches Problem mit den Flügen haben, weil sie am selben Tag auf zwei Festivals hätten spielen sollen. Hätte man ja fast vorher wissen können, das das ein ziemlicher Balanceakt werden würde, am Samstag in Mailand und in Balingen zu spielen. Die kurzfristige Absage ist natürlich sehr schade für die zahlreichen Fans, die sich riesig auf einen der seltenen Deutschland-Auftritte der kalifornischen Hardrocker gefreut hatten, doch was will man machen?
Ob die Pinkies hierfür ein gleichwertiger Ersatz sind? Nun, in musikalischer Hinsicht vielleicht, da man die Band aber sicher weit öfter sieht, als TESLA, werden sich die Enttäuschten davon kaum versöhnen lassen. Doch das ist schließlich nicht der Fehler der Karlsruher, und so bekommt das Quintett auch eine ordentliche Publikumsresonanz. Sänger David Readman ist auch stimmlich gut in Form, und die Setlist passt auch. Jedenfalls wurde mir letzteres berichtet, da selbst ich als dieses Mal einziger "hauptamtlicher" POWERMETAL.de-Berichterstatter vom "Bang Your Head" bei 22 Bands in zwei Tagen mal eine etwas längere Erholungspause brauche. Tut mir leid, aber ich bin auch nur ein Mensch, und so war für mich nach drei Stücken PC69 eben Rasten angesagt.
[Rüdiger Stehle]
Die Hard-/Sleazerocker HARDCORE SUPERSTARS waren mir bis zum Erscheinen des aktuellen Studioalbums "Beg For It" offen gestanden lediglich vom Namen her geläufig. Am heutigen Nachmittag darf das BYH-Publikum die Schweden in spiel- und bewegungsfreudiger Verfassung erleben. Frontmann Jocke tanzt und hüpft über die Bühne und auch die übrigen Bandkollegen an den Klampfen spurten und springen teilweise mit offenen Stiefeln halsbrecherisch über die Bühne, als gäbe es Kilometergeld.
Doch der Auftritt der Schweden-Jungens erschöpft sich beileibe nicht im üblichen Rockstar-Gepose sondern auch instrumental glänzt die Band. Gerade der Titeltrack des neuen Albums "Beg For It" und das im Refrain unwiderstehliche 'Into Debauchery' wirken live absolut mitreißend. Auch das knackig umgesetzte 'Wild Boys' sowie 'We Don't Celebrate Sundays' sorgen für ausgelassene Stimmung beim Publikum. Sänger Jocke ist sichtlich erfreut über die guten Publikumsreaktionen. Nach einer knappen dreiviertel Stunde ist der unterhaltsame Auftritt von HARCORE SUPERSTAR leider auch schon zu Ende. Sauber!
[Martin Loga]Nach der absolut sehenswerten Darbietung der Schweden ist jetzt aber

Schluss mit lustig, denn die Thrash-Titanen EXODUS kommen, sehen und zerstören! Bereits im Jahr 2006 verschönerten sie zunächst das Billing des BYH, doch aufgrund diverser Unstimmigkeiten sagten EXODUS schließlich den Auftritt ab. Umso mehr darf man sich auf den heutigen Auftritt der Altmeister freuen, der bei strahlendem, fast schon unangenehm intensiven Sonnenschein über die Bühne geht.
Was kann bei einer Band schief gehen, die mit einem Killer-Track wie 'Bonded By Blood' in ihr Set einsteigt? Eben! Überhaupt gar nichts. Frontbulle Rob Dukes stampft zwar in einer schlabberigen Shorts mit der Nationalflagge der USA über die Bühne und wird immer kugeliger, aber seine Vocals passen wie die Faust aufs Auge und transportieren gesanglich alte EXODUS-Klassiker gelungen in die Neuzeit. Auch das einzigartige Drumming von Tom Hunting - der den ganzen Gig über mit seiner Sonnenbrille auf der Nase sein Schlagzeug-Kit mustergültig bearbeitet - sorgt für mächtig Druck. Der Sound ist heute Abend bestens abgemischt und so kommen die ungestümen Riffs des Duos Altus/Holt und die sehr druckvolle Arbeit am Bass von Jack Gibson ausgezeichnet rüber. 'A Lesson In Violence' sorgt bereits für rege Aktivitäten der Headbanger im Circle-Pit, der im Verlauf der mächtigen Vorstellung der US-Amerikaner immer größer wird. Rob Dukes ist um deftige Sprüche nicht verlegen und so kommt es, dass er 'Children Of A Worthless God' sehr plakativ mit den Worten "Fuck the Middle East!" ankündigt. Auch dieser neuzeitliche Kracher wird ausgezeichnet vom Publikum aufgesogen und mit sattem Applaus bedacht. Doch Rob Dukes ist nicht zufrieden. Er fordert vom Publikum einen Circle-Pit gigantischen Ausmaßes, der von einer Seite der Bühne bis zur anderen reicht. 'Piranha' wird von besonders derbem Geschubse und Gerempel im Circle-Pit flankiert. EXODUS lassen nicht locker und präsentieren sich heute in beängstigend guter Form. Gary Holt ist die Ruhe in Person, denn selbst, als ihm fast ein im Pit verloren gegangener Schuh gegen die Klampfe fliegt, schiebt er diesen entspannt beiseite, während er die Saiten seiner Gitarre mit Besessenheit und Präzision bearbeitet.
Rob Dukes fordert bei 'The Toxic Waltz' noch mehr Action vom Publikum und teilt die Menge in zwei Teile, die durch einen mit Brettern bedeckten Kabelkanal getrennt ist. "I want you to kill each other!" überzeichnet der Shouter. Nach dem Startschuss wird kollektiv gegeneinander gerempelt - wie beim American Football! So etwas dürfte das BYH auch noch nie erlebt haben. Ebensowenig wie der gigantisch große Circle Pit beim finalen Genickschuss 'Strike Of The Beast', der durch kräftigen Applaus beendet wird. Die Band verneigt sich sichtlich bewegt vor dem Publikum und Rob Dukes holt sogar lächelnd zwei Kinder auf die Bühne, die auch einmal den Überblick von aus haben wollen. Insgesamt ein grandioser Auftritt der EXOdudes!
Setlist: Bonded By Blood, Iconoclasm, A Lesson In Violence, Children Of A Worthless God, Piranha, Blacklist, War Is My Sheppard, The Toxic Waltz, Strike Of The Beast
[Martin Loga]
An dieser Stelle mag man hinzufügen, dass das Publikum über die aggressive Aufstachelei des Herrn Dukes nicht ungeteilter Meinung ist, und dass besonders die Aufforderung zur "Wall Of Death"-Aktion viele Anwesende nicht nur peinlich sondern sogar gefährlich finden. Da ich weiter hinten stand, kann ich nicht beurteilen, wie hart es im Pit wirklich zugeht, aber Augenzeugen berichten auf jeden Fall davon, dass es ihnen da vorne nicht ganz wohl gewesen ist.
[Rüdiger Stehle]
Dass Frontmann Dave Meniketti sowohl als Götterstimme als auch als Gitarrenhexer vor dem Herrn wie üblich eine glänzende Figur abgibt, das versteht sich ja fast schon von selbst, kann jedoch auch an dieser Stelle nicht genug gewürdigt werden. In Metal-Kreisen wird die Band nämlich leider noch immer viel zu oft unterschätzt, obwohl sie auch dieses Mal wieder ein Hit-Repertoire der Sonderklasse auffährt.
Bei so viel Einsatz und Spielfreude lacht sogar die Sonne über Balingen, und alles andere wäre ja auch eine Farce wenn eine Band aus einem der sonnigsten Länder der Welt sich mit einem Übersong wie 'Forever' verabschiedet.
Setlist: Open Fire, Lipstick & Leather, Dirty Girl, Don't Stop Running, Mean Streak, Rescue Me, I'll Cry For You, Eyes Of A Stranger, Looks Like Trouble, Black Tiger, I Believe In You, Forever
[Rüdiger Stehle]
Setlist: On Your Knees, Inside The Electric Circus, Hate To Love Me, L.O.V.E. Machine, Wild Child, Take Me Up, Chainsaw Charlie, The Idol, Wanna Be Somebody, Blind In Texas
[Rüdiger Stehle]
Ja, Rüdiger, da muss ich dir leider recht geben. W.A.S.P. waren an diesem Abend definitiv die bessere Band und wären dementsprechend auch der würdigere Headliner gewesen.

Sicherlich haben BLIND GUARDIAN auch etwas Pech, dass sie die zweite Hälfte ihres Auftritts bei strömendem Regen absolvieren müssen. Aber man hat in Balingen auch schon Headliner erlebt, die trotz widrigster Bedingungen das Publikum begeistert mitziehen konnten - ich nenne hier nur DEE SNIDER. Doch Hansi Kürsch & Co. gelingt dies an diesem Abend nicht, und so verlassen viele Leute schon vorzeitig das Festivalgelände.
Über die Songauswahl kann man sich dabei nicht einmal beschweren: BLIND GUARDIAN beginnen nach dem Intro 'War Of Wrath' mit 'Time Stands Still (At The Iron Hill)' vom 1998er-Album "Nightfall In Middle-Earth", direkt gefolgt von 'Another Holy War' vom 1995-Output "Imaginations From The Other Side", und diese beiden Scheiben kommen auch in der Folge noch zum Zug ('Nightfall', 'Blood Tears', 'Mirror, Mirror' bzw. 'The Script For My Requiem', 'Imaginations From The Other Side'). Die ersten beiden Alben werden zwar wie gewohnt eher stiefmütterlich behandelt - lediglich 'Valhalla' schafft es noch auf die Setlist -, aber mit immerhin drei Songs wird "Tales From The Twilight World" fast schon angemessen berücksichtigt: 'Lord Of The Rings' wird ja recht regelmäßig gespielt, aber über 'Goodbye My Friend' und vor allem 'Traveler In Time' habe ich mich doch gefreut (auch wenn 'The Last Candle' natürlich noch besser gewesen wäre ;)). Vom Nachfolger gibt es 'Time What Is Time' sowie das unverzichtbare 'The Bard's Song (In The Forest)' zu hören. Mit 'Punishment Divine' sowie 'Turn The Page' und 'This Will Never End' spielen BLIND GUARDIAN natürlich auch noch ein paar Stück von ihren letzten beiden Alben, und mit 'Sacred' haben sie sogar noch einen neuen Song im Gepäck.

Der Auftritt von BLIND GUARDIAN war - auch wenn das nun so klingen mag - sicherlich nicht wirklich schlecht, doch von einer solchen Band erwarte ich als Headliner einfach mehr. Mal schau'n, wie sie sich beim nächsten Mal präsentieren - Hansi Kürsch hat ja bereits angekündigt, dass sie nun wieder öfters nach Balingen kommen wollen.
Setlist: Time Stands Still (At The Iron Hill), Another Holy War, Nightfall, Traveler In Time, Turn The Page, The Script For My Requiem, Blood Tears, Goodbye My Friend, This Will Never End, Valhalla, Sacred, Time What Is Time, Lord Of The Rings, Punishment Divine, Imaginations From The Other Side, The Bard's Song (In The Forest), Mirror, Mirror
[Martin Schaich]Alle Fotos: Frank Hameister
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle