Bavarian Battle 2011 - Rosenheim

02.03.2011 | 08:20

15.01.2011, Lokschuppen

Ein unglaubliches Line-Up für Black-Metal-Fans: THORNGOTH, ODEM ARCARUM, THULCANDRA, SEAR BLISS und DARK FORTRESS.

Es ist noch nicht Frühling. Oh nein, denn der Winter hat die Welt noch in seinem eisernen Griff. Also die perfekte Voraussetzung für das "Bavarian Battle – Winter Edition". Das wird vom Verein B. B. Events e.V. ausgerichtet und darf 2011 in seine zehnte Runde gehen. Das Billing ließ den Black-Metal-Begeisterten schon im Vorfeld das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und so überrascht es kaum, dass sogar noch während der ersten Band, THORNGOTH aus Bad Tölz, eine lange Schlange vor dem Lokschuppen in Rosenheim steht und um Einlass bittet. Allein ist der Zuspruch derart groß, dass einige bedauernd abgewiesen werden. Für die einen traurige Wahrheit, für die anderen nun freudige Gewissheit: Der Schuppen ist voll, die Party kann steigen!

Leider ist der Weg von München nach Rosenheim länger als geplant, so müssen THORNGOTH ohne mich spielen. Aus verlässlicher Quelle weiß ich allerdings, dass sie einen starken Auftritt hinlegen. Hörenswert ist auch die aktuelle Scheibe der Black-Metaller aus Bad Tölz, "Leere".

Atmosphärisch vor vollem Haus wird es mit der 1995 gegründeten Black-Metal-Band ODEM ARCARUM. Mit dem 2010 veröffentlichten Album "Outrageous Reverie Above the Erosion of Barren Earth" hat die Band um Michael Zech, seines Zeichens Gitarrist und Sänger (DORDEDUH, SECRETS OF THE MOON, etc.) ein tolles Werk erschaffen, das natürlich auch auf die Bühne des heutigen Abends gebracht wird. Die Mischung aus ruhigen, intensiven Arrangements und schnellen Passagen wird routiniert und technisch nahezu perfekt wiedergegeben. Der Sound ist zu Beginn des Auftritts noch etwas verwaschen, wird mit zunehmender Länge aber immer besser. Das hält die Fans vor der Bühne allerdings überhaupt nicht davon ab, sich dem wabernden Sound mit voller Hingabe zu widmen. Auch wenn - oder gerade weil - die Bühnenshow auf das Minimalste zurückgefahren ist, lenkt nichts von den großartigen Songideen von ODEM ARCARUM ab. Nach vierzig Minuten geben die Herren ab und THULCANDRA stürmen die Bühne.

Die Mischung macht es bekanntlich. In diesem Falle ist es die Kombination aus Musikern verschiedenster Färbung, die das Erlebnis ausmachen. Steffen Kummerer (OBSCURA), die Ludwig-Zwillinge (HELFAHRT, NEBELMYTHEN) und Seraph (DARK FORTRESS, NEONEUCLID) als Live-Drummer haben es sich mit THULCANDRA zur Aufgabe gemacht, Black Metal in DISSECTION-Manier zu spielen. "Fallen Angel’s Dominion" von 2010 setzt genau da an und überraschte die Szene mit der Kälte und Atmosphäre schwedischer Kultplatten, ohne einen eigenen Stempel vermissen zu lassen. Natürlich werden die Jungs in der bayerischen Heimat mit offenen Armen empfangen, das Publikum geht schon mit den ersten Tönen von 'Night Eternal' steil. Im Gegensatz zum Auftritt beim Helion Festival 2010 sieht man die Band sogar, der Nebel wird dankenswerterweise lediglich musikalisch heraufbeschworen. Der Sound ist an diesem Abend äußerst gut und gibt die mehrstimmigen Arrangements perfekt wieder. So ist es kein Wunder, dass die erste Reihe kollektiv bangt, als gäbe es kein morgen mehr. Doch wo viel Glanz ist, muss es auch Schatten geben: Nach einer wilden Posingaktion auf der Bühne wurde eine der Gitarren verstimmt, was das Akustik-Intro von 'Spirit Of The Night' zu einer interessanten Klangkollage verkommen lässt. Das hindert die Band jedoch nicht daran, alles zu geben. Und so lässt sich festhalten, dass lediglich dieser kleine Wermutstropfen das Gesamtergebnis stört, wenn auch nur marginal.

Auf die folgende Band freue ich mich schon seit ich sie zum ersten Mal gehört habe: Die Ungarn von SEAR BLISS sind eine unheimlich spannende und großartige Band, bei der sich das Hörvergnügen zumindest bei mir auf die zahlreichen Alben der Band beschränkt. Umso spannender war die Frage, wie sie die atmosphärischen Black-Metal-Songs auch live umzusetzen vermögen. Darüberhinaus zeichnet den Sound der aus Szombathely stammenden Band der Einsatz von Bläsern aus. War es auf den früheren Platten noch eine Posaune, steht seit 2009 eine Trompete im Dienste der Band. Eröffnet wird der Auftritt durch das mit sphärischem Raunen eingeleitete 'The Venomous Grace', das sich zu einem wahren Nackenbrecher mausert.

Offensichtlich ist das Publikum nicht wirklich mit dem dargebotenen Material der Band vertraut, tatsächlich bricht das Eis erst im Laufe des Gigs, dann aber nachhaltig. In den dunklen Soundlandschaften der Band ist es gerade der Einsatz der Trompete – die die Posaune in den älteren Songs durchaus ersetzen kann – der immer wieder zum Aufmerken und Träumen einlädt, ergänzt durch flächige Keyboardeinsätze. Mitten im Song verlässt einer der Gitarristen plötzlich die Bühne – Probleme mit der Gitarre, wie sich herausstellt. Olivér Ziskó, der Schlagzeuger, reagiert spontan auf die fordernden Rufe nach einem Drumsolo und beweist seiner Qualität, die es übrigens auch auf einem Drum-Lehrvideo zu sehen gibt.

Durch die Probleme verkürzt sich die Spielzeit der Band leider, was wirklich schade ist, da das Publikum und die Band auf dem besten Wege waren, das Konzert zu einem echten Highlight werden zu lassen. Positiv darf allerdings vermerkt werden, dass es im Sommer 2011 ein neues Album geben wird. András Nagy, Sänger und Bassist, bestätigte auf Nachfrage, dass SEAR BLISS sogar schon im Studio sind. Mit dem tollen Song '1100 Years Ago' von dem 1996 veröffentlichten Album "Phantoms" wird ein würdiger, rasender und faszinierender Ausstieg für das Konzert gefunden.

Nun darf also die Band des Abends auf die Bühne. Denn bei DARK FORTRESS ist von vornherein klar, dass das Publikum genau ein Ziel hat: Abfeiern. Und das völlig zurecht, denn die Jungs aus Landshut sind nicht nur super drauf, sondern haben auch jede Menge Spielzeit mitgebracht. Das Material dazu hat die Band mit mittlerweile sechs Full-Length-Alben definitiv im Gepäck, wobei sowohl das neue als auch das alte Material abgefeiert wird.

Ach, habe ich schon erwähnt, wie positiv das Publikum auf die Band eingestellt war? Der Opener ist ein wahnsinniger Nackenbrecher, 'The Valley' erinnert daran, dass Gitarrist V. Santuras nicht nur als Produzent in seinem eigenen Studio arbeitet, sondern auch Teil von Thomas Gabriel Fischers neuestem Projekt TRYPTIKON ist. Zwingend und eindrucksvoll marschieren die Noten im Midtempo-Bereich durch den vollen Lokschuppen und bezwingen schlicht alles, was sich der Band in den Weg stellt. Sänger Morean beeindruckt durch seinen jederzeit und immer abrufbaren, faszinierenden Tieftongesang, der sich majestätisch über das Rund erhebt. Toll.

Insgesamt ist der charismatische Frontmann ein echter Hingucker und erinnert – man möge mir diesen Vergleich verzeihen – an Shagrath von DIMMU BORGIR. Im positiven, versteht sich. Es ist mir immer ein Rätsel, wie eine derart professionelle Band mit einer eigentlich gepachteten Erfolgsgarantie wie DARK FORTRESS es tatsächlich nicht schafft, den Übergang von 'regional bekannt' hin zu 'in der Szene berühmt' vollständig und umfassend zu vollziehen.

Nichtsdestotrotz hat die Band sichtlich Spaß an diesem energiegeladenen Auftritt, aber - ganz im Ernst - bei einem derart positiv eingestellten Publikum wäre alles andere auch komisch gewesen. Wer sich nicht gerade die Rübe aus dem körperlichen Ursumpf unserer nichtigen Existenz schraubt, darf sich an der Show des Keyboarders Paymon erfreuen, der die ihm zur Verfügung stehende Zeit zwischen Keyboardeinsätzen zu debilem Posing nutzt. Kult.

Nach 'CataWomb' vom 2006er Werk "Séance" ist es dann erst einmal vorbei. Doch natürlich haben die Landshuter noch nicht alles gesagt und so werden zum Abschluss noch 'Cohorror' und 'Baphomet' dargeboten. Der Abend wird folglich würdig beendet und lässt ein rundum positives Fazit ziehen. Natürlich ist es hart für die Fans, die an der Tür nach Hause geschickt wurden, doch die Bestimmungen im Lokschuppen sind strikt. Da lohnt es sich, im nächsten Jahr die Karten schon im Vorfeld zu besorgen, denn das Bavarian Battle hat sich erneut als Garant für einen genialen Metal-Abend erwiesen. Und so fällt die Entscheidung, auch im nächsten Jahr den Weg nach Rosenheim anzutreten, schon an diesem Abend.

Redakteur:
Julian Rohrer

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