CANNIBAL CORPSE, DARK FUNERAL - Köln

06.04.2023 | 16:18

23.03.2023, Essigfabrik

Ein Abriss vom Feinsten!

Eine Lawine rollt über die Domstadt. In der altehrwürdigen Essigfabrik gibt sich mit CANNIBAL CORPSE eine absolute Schlachterplatte die Ehre. Mit dabei haben die Amis um George Fisher nicht minder deftige Vorspeisen der Marke DARK FUNERAL, INGESTED und STORMRULER. Das verspricht ein heftiger Abend zu werden, ist auf CANNIBAL CORPSE doch live eigentlich immer Verlass. So auch heute?

Mit entsprechender Vorfreude geht es pünktlich nach Feierabend Richtung Köln, um vor der Essigfabrik schon eine lange Schlange an headbangwütigen Death-Metal-Fans zu sehen, die – bevor wir überhaupt das Innere der Halle gesehen haben – schon offenbaren, dass es ein proppevolles und intensives Konzerterlebnis am heutigen Donnerstag zu bestaunen gibt. Es gilt also, schnell einen Parkplatz zu finden, um auch in den Genuss des ersten Acts zu kommen. Gesagt, getan und zur Essigfabrik gestürmt. Und ausgerüstet mit einem Bier sehen wir Jesse Schobel und Jason Asberry von STORMRULER die Bühne entern.

Unterstützt von zwei Mitmusikern sind die beiden Jungs aus St. Louis, Missouri, schon früh aus Betriebstemperatur und schmettern ihren melodischen, aber giftigen Black Metal in die schon gut gefüllte Essigfabrik. Erst vor einem halben Jährchen erschien mit "Sacred Rites & Black Magick" ihr Zweitwerk, aus dem sie mit dem bockstarken Titeltrack, 'In The Shaded Vlasian Forest' und 'Upon Frozen Shores' auch gleich die besten, weil griffigsten Songs der interessierten Menge zum Fraß vorwerfen. Schon früh ist der Sound gewaltig, ein stimmungsvolles Licht sorgt für die gewisse Atmosphäre und getreu dem Motto "weniger ist mehr" im Hinblick auf die Bühnendeko, liegt der Fokus klar auf der Musik und der Intensität der Songs, von denen auch in Form von 'Reign Of The Winged Duke' gleich zu Beginn zumindest eine Kostprobe des "Under The Burning Eclipse"-Debüts preisgegeben wird. STORMRULER hinterlässt heuer einen bleibenden Eindruck beim Kölner Publikum und beendet mit 'Internal Fulmination Of The Grand Deceivers' einen coolen und leider viel zu kurzen Auftritt.

Setliste: Reign Of The Winged Duke; Sacred Rites & Black Magick; In The Shaded Vlasian Forest; Upon Frozen Shores; Internal Fulmination Of The Grand Deceivers

Nach einer glücklicherweise sehr kurzen Umbaupause, in denen wir uns am nicht ganz so überteuerten Merchandise-Stand einen Überblick verschaffen und das Bierangebot der Essigfabrik wahrnehmen, ist es Zeit für INGESTED. Und die Briten haben heuer eine gewaltige Dosis Brutal Death Metal am Start, die dank eines gezielten Deathcore-Einsatzes das gewisse Extra hat. Ich hab selten gesehen, dass ein Publikum bei der zweiten Band schon so abgehen kann. Wall Of Death, Circle- und Moshpits und wie wild headbangende Fans – und die beiden Hauptacts kommen erst noch. Die Energie und das Feuer, das Jason Evans und Co. in diesen knapp 30 Minuten entfachen, lassen auch keine andere Reaktion zu. Mit "Ashes Lie Still" hat auch diese Truppe ein neues Album rausgehauen, von dem es heute mit 'Shadows In Time' und dem Rausschmeißer auch amtliche Abrissbirnen in die Setliste geschafft haben. Und gleich beim eröffnenden 'Rebirth' und 'Impending Dominance' kennt die Essigfabrik kein Halten mehr und geht ab wie Schmitz Katze. Die Jungs kommen ungeheuer sympathisch rüber, haben mit 'No Half Measures' auch einen heimlichen Hit am Start und gewinnen ob ihres engagierten, gewaltigen und hundeschnauzencoolen Auftritts auch einige Fans heute hinzu. Mit dem ebenfalls neuen 'Echoes Of Hate' beenden sie schließlich ihre "Lesson In Violence" und machen die Bühne frei für etwas Düstermetall.

Setliste: Rebirth; No Half Measures; Shadows In Time; I, Despoiler; Impending Dominance; Invidious; Echoes Of Hate

Erst vor wenigen Wochen sprach ich mit Frontmann Heljarmadr über diese Tour und waren beide heiß wie Frittenfett ob der anstehenden Ereignisse. Und so kommt es, wie es kommen muss, und DARK FUNERAL zerlegt die Essigfabrik mit einer gewaltigen Dosis Black Metal und einer gelungen, apokalyptischen Atmosphäre in ihre Einzelteile. Schon jetzt platzt die Konzerthalle aus allen Nähten, es ist stickig, der Schweiß rinnt, die perfekten Voraussetzungen für DARK FUNERAL. Schwer bepackt mit Schulterpanzern und einer bombensicheren Songauswahl machen ein bestens aufgelegter Heljarmadr und seine Mannen heute keinerlei Gefangenen: Der beginnende Titeltrack der noch aktuellen "We Are The Apocalypse"-Scheibe, 'Vobiscum Satanas' und das fiese 'My Funeral' sind Bretter, der Sound vor allem vorne eine Wucht, die Lichtshow verpasst der Finster-Aura den gewissen Touch und der Geist des legendären 1990er-Jahre-Black-Metals legt sich wie ein Mantel um die Domstadt. So fügen sich auch die neuen Stücke wie 'When I'm Gone' und 'Let The Devil In' perfekt in die Klassikerriege bestehend aus 'The Secrets Of The Black Arts' und 'Nail Them To The Cross', sodass ich auch hier die gefühlt zu kurze Spielzeit von einer knappen Stunde wahrlich schade finde, haben die Schweden doch einen gelungenen Headliner-Auftritt definitiv auf dem Kasten. Einzig 'The Arrival Of Satan's Empire' und 'Unchain My Soul' haben bedauerlicherweise gefehlt. Doch aus den neun präsentierten Songs macht DARK FUNERAL das Beste, verpasst der Essigfabrik einen pechschwarzen Anstrich, lacht mit der vertonten Höllenfratze dem angefixten Publikum frech ins Gesicht und verabschiedet Selbiges mit dem 'Where Shadows Forever Reign'-Finale in die wartenden Arme des heutigen Haupt-Acts.

Setliste: We Are The Apocalypse; Vobiscum Satanas; My Funeral; The Secrets Of The Black Arts; When I'm Gone; Nail Them To The Cross; Unchain My Soul; Let The Devil In; Where Shadows Forever Reign

Lassen wir uns das gelungene Billing und die geschmackvolle Abwechslung bis hierhin einmal auf der Zunge zergehen: Nachdem mit STORMRULER etwas Black Metal die Stimmung anheizte, INGESTED mit einer brutalen Deathcore-Mischung diese aufkochte und DARK FUNERALs satanische Töne dem Abend die Würze verliehen, liegt es nun bei CANNIBAL CORPSE, den erwartungsvollen Zuschauern diese Häppchen mit Gewalt einzutrichtern. Na dann, guten Appetit.

Auf den Corpsegrinder und Co. ist nach wie vor Verlass. Erst vor einem halben Jahr sah ich die Amis auf dem Reload Festival, welches sie mit ihrem unbarmherzigen, gewaltigen und staubtrockenen Death Metal in ein Schlachtfeld verwandelten. Nun wissen wir, was wir bei einem Konzert der Herrschaften bekommen und werden auch diesmal nicht enttäuscht. Und als mit 'Scourge Of Iron' dieses Urgestein die Bühne betritt und George zur ersten Windmühle ansetzt, kennt die Begeisterung in der Essigfabrik kein Halten mehr. Hier ein Moshpit, dort eine Todeswand, da ein Circlepit – so und nicht anders muss die Stimmung bei CANNIBAL CORPSE einfach sein. Mit "Violence Unimagined" haben die Veteranen des tödlichen Amistahls auch eine richtig bockstarke Scheibe vor zwei Jährchen veröffentlicht, von der es mit 'Inhumane Harvest', 'Condemnation Contagion' und 'Necrogenic Resurrection' auch herrlich gewaltiges Material zu bestaunen gibt. Dass daneben aber Kaliber wie 'The Wretched Spawn', 'I Cum Blood' und 'Gutted' nicht fehlen dürfen, liegt genauso auf der Hand wie Fishers nimmermüde Nackenmuskulatur, seine gewaltigen Growls und die Coolness und Souveränität seiner Hintermannschaft.

Hier und dort ein paar kurze Ansagen und Grüße Richtung auch weiblicher Fans, mit 'Devoured By Vermin' und 'Unleashing The Bloodthirsty' weitere Brecher der Marke unbarmherziger Todesstahl und 'A Skull Full Of Maggots' und 'Stripped, Raped And Strangled' läuten langsam aber gewaltig das Ende dieses CANNIBAL CORPSE-Gigs ein, der mit dem Jubiläums-Fausthieb 'Hammer Smashed Face' jenes Finale findet, auf das wirklich jeder der Anwesenden gewartet hat. Ein letztes Mal brüllt sich der Corpsegrinder die Stimmbänder wund, zockt sich CANNIBAL CORPSE in einen Rausch, mobilisiert das Publikum die noch vorhanden Kräfte zu den allerletzten Moshpits. Bereits die fünfte oder sechste Machtdemonstration ist es nun, die ich von Fisher und Konsorten live mitbekomme und immer wieder ist es eine Wucht, eine meterhohe Riff-Lawine, die diesmal über die Kölner Essigfabrik einbricht und diese unter sich begräbt.

Setliste: Scourge Of Iron; The Time To Kill Is Now; Inhumane Harvest; Code Of The Slashers; Fucked With A Knife; The Wretched Spawn; Gutted; Kill Or Become; I Cum Blood; Evisceration Plague; Death Walking Terror; Condemnation Contagion; Necrogenic Resurrection; Unleashing The Bloodthirsty; Devoured By Vermin; A Skull Full Of Maggots; Stripped, Raped And Strangled; Hammer Smashed Face

Und um Himmels Willen, der Nacken tut weh. Doch es hat sich einmal mehr gelohnt, den Amis, aber auch DARK FUNERAL, INGESTED und STORMRULER heute Gehör geschenkt zu haben. Alle Bands haben abgeliefert, nicht gekleckert, sondern mit Black Metal, Death Metal, Brutal Death Metal, melodischem Black Metal und Deathcore geklotzt. Und so treten wir hundemüde, aber ziemlich zufrieden ob der vergangenen vier Stunden den wohlverdienten Heimweg an und bedanken uns an dieser Stelle bei diesem fulminanten Viererpack für einen denkwürdigen und starken Abend im Zeichen des extremeren Metals.


Redakteur:
Marcel Rapp

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