COUNTERPARTS - Köln

17.10.2015 | 17:23

27.09.2015, Underground

Mit COUNTERPARTS und CAPSIZE treten zwei der heißesten Hardcore-Bands der Stunde auf. Dazwischen gibt es SENSES FAIL, früher Emo, heute hart. Was das wohl gibt?

Ich muss gestehen, dass ich den Hype um COUNTERPARTS nie ganz verstehen konnte. Die Alben der Kanadier sind schon gut, keine Frage, aber zumindest mein Geschmack kann nicht ganz mit den Lobhymnen mithalten. Der wahre Grund für mich, das heutige Konzert zu besuchen, ist SENSES FAIL. Die einstigen Emo-Helden, die seit zwei Alben eine Mischung aus Hardcore, Post-Rock und einem leichten Einschlag Pop Punk machen, waren seit sieben Jahren nicht in Europa unterwegs. Live gesehen habe ich sie noch nie. Alte Hits wie 'You're Cute When You Scream' zu hören ist also ein kleines Highlight für mich.

Das wahre Highlight des Abends kommt aber ganz unverhofft: CAPSIZE. Den Namen habe ich schon unzählige Male gelesen, aber mich nie mit der Musik befasst. Ein Fehler, wie sich schon beim ersten Song zeigt. Die Amerikaner könnten die legitimen Nachfolger der glorreichen DEAD SWANS sein: Hardcore zwischen Depression, Melodie und Mosh. Der wirklich herausragende Teil der Show ist, dass die komplette Band über das halbstündige Set mehr als wild agiert. Wo bei vielen anderen Hardcore-Band meist nur der Sänger irgendwas macht, ist es hier die ganze Truppe, die total ausrastet. Songs wie 'I'll Take The Blame' oder 'The Angst In My Veins' sind wirklich ausgezeichnet. Die Amerikaner spielen zudem einen neuen, scheinbar noch unbetitelten Song, der besonders durch den partiellen Einsatz von clean vocals überzeugt. Auch das darauffolgende 'This Song Made Me Think of You', welches etwas den Fuß vom Gas nimmt, kommt bockstark. Das Publikum hat ebenfalls richtig Spaß an dem Quintett und feiert es wie einen Headliner. Super Show von einer Gruppe, die ich definitiv im Auge behalten werde. Selten wurde ich von einer mir unbekannten Band auf einem Konzert so überrascht!

Im Anschluss steht SENSES FAIL auf der Bühne. Die Reihen vor der Bühne sind lichter als bei CAPSIZE. Viele verbinden mit Sänger Buddy Nielson und seinen Mitstreitern wohl eher den bittersüßen Emo/Screamo, der sie bekannt machte. Jene Skeptiker sollten durch das eröffnende Brett 'Renacer' eines besseren belehrt werden. Nix da mit Pop, sondern wuchtig auf die Fresse! Das Quintett macht eine gute Figur auf der Bühne, wobei jedoch besonders Nielson im Mittelpunkt der Show steht. Beim alten Material der Band, also Emo-Klassikern wie 'You're Cute When You Scream', 'Bonecrusher' oder 'Lady In A Blue Dress' hüpft, tanzt und rennt der Vokalist über die Bühne. Irgendwie wirkt es so, als ob er die Songs nur noch für die Fans spielt, selbst aber deutlich mehr Freude am härteren Material der letzten beiden Alben "Renacer" und "Pull The Thorns From Your Heart" hat. Bei den Fans scheint es eher anders herum zu sein. Dennoch macht das 45 Minuten lange Set der alten Helden wirklich Spaß. Der Mix aus Neu und Alt klingt stellenweise dennoch recht harsch und abrupt. Aber wer will SENSES FAIL schon ohne ein "Lady In A Blue Dress' sehen? Im Verlauf der Show kommen sogar immer mehr Leute näher an die Bühne. Scheinbar kann die Band mit ihrem neuen Sound doch noch einige Freunde finden. Aber man sollte die Fans dann nicht wieder sieben Jahre auf eine nächste Tour warten lassen.

COUNTERPARTS hat es also geschafft: Headlinerstatus! Mit dem neuen Album "Tragedy Will Find Us" haben die Kanadier ihren Ruf als eine Institution im modernen Hardcore festigen können. Melodischer Hardcore, Breakdowns und technische Finesse treffen sich in ihren Songs. Mir persönlich ist das manchmal etwas zu chaotisch, aber gut 300 Leute im Kölner Underground sehen das anders und gehen mehr als steil! 'Stillborn' von der neuen LP eröffnet den Gig. Von der ersten Sekunde an entsteht ein ordentlicher Moshpit und Chaos vor der Bühne. Anders als bei CAPSIZE steht hier besonders Sänger Brendan Murphy im Mittelpunkt, während die Musiker ihren Job solide machen, aber nur selten selbst viel Fokus auf die Performance legen. Für 45 Minuten legt COUNTERPARTS das Underground nahezu in Schutt und Asche. Bei Tracks wie 'The Disconnect', 'Slave' oder 'Collapse' gibt es kein Halten mehr. Das explosive 'Burn' beendet die Show, jedoch kommt das Quintett für eine Zugabe in Form von 'Witness' erneut auf die Bühne.

Mich persönlich konnte COUNTERPARTS zwar nicht begeistern, das geht den anderen Leuten im Club aber anders. SENSES FAIL war super, doch an CAPSIZE kam nichts vorbei.

Redakteur:
Sebastian Berning

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