Commander-Releaseparty - München
01.04.2008 | 16:4028.03.2008, Neuland
Mit dem mächtigen Schlachtruf "You are the enemies we created!" leiteten COMMANDER ein überaus grandioses Konzert im Münchener "Neuland" ein. Der Grund war ebenso einfach wie überzeugend: Es stand die Release-Show des neuen Albums "The Enemies We Create" an. Zu diesem Anlass gaben sich CAMOZ und RED TO GREY die Ehre.
Schon im Vorfeld hatte ich gewisse Befürchtungen, was die Anzahl der Zuschauer und anwesenden Metalheads im Allgemeinen angeht. Zum einen spielte an diesem Abend PAUL DI'ANNO in München auf, zum anderen stieg in Lichtenfels das "Ragnarök-Festival".
Wohl deswegen waren im "Neuland" nur ein paar Nasen vor der Bühne versammelt, als CAMOZ pünktlich um halb neun die ersten Töne anstimmten. Die fünf recht reifen Jungs [herzerfrischend formuliert! - d. Red.] ließen mit ihrem "Thrash Metal with the X-Factor" überhaupt nichts anbrennen und lieferten eine klasse Show ab. Allein die fünfzig zum Teil langhaarigen Anwesenden legten die berühmte Münchener Zurückhaltung an den Tag und hielten erstmal einen Zwei-Meter-Sicherheitsabstand ein. Ich kannte die Jungs bis dato noch nicht und war von dem Mix aus Thrash und sonstigen Spielarten des Metal recht angetan. Vor allem Fips, der Sänger, machte nicht zuletzt mit seinem Outfit auf sich aufmerksam. Oder ist es normal, mit Krawatte und Nadelstreifen auf der Bühne zu stehen? Fips war definitiv der Aktivposten des Abends und wusste mit seinem speziellen Charme, Spielereien und ja, auch Gesang definitiv zu überzeugen.
Im weiteren Verlauf des Konzerts ließen sich sogar bis zu fünf Leute dazu herab, ein wenig näher an die Bühne heranzutreten und fröhlich den Kopf zum Takt mitzuwippen. Einen Kritikpunkt musste ich dennoch feststellen: Die Gitarren waren einfach ein wenig zu flachbrüstig. Da hätte ein wenig mehr Power vielleicht auch für mehr Resonanz im Publikum gesorgt. So entstand ab und zu der Eindruck, dass das Ganze ein wenig schräg klingt, da eine eindeutige Differenzierung der Instrumente zum Teil fehlte.
Kurz vor Ende des Auftritts traf mich die erste wichtige Erkenntnis des Abends: ESP-Gitarren werden deutlich höher getragen als Randy-Rhoads-Signatures. Wie auch immer ... Hängengeblieben sind vor allem 'President Of No Mans Land' mit coolem Riffing und noch besserem Refrain und 'No Fusion', der Titeltrack des kommenden CAMOZ-Albums.
Nach einer Dreiviertelstunde verabschiedeten sich die Jungs, vom Sänger vorgestellt als "links ein Gitarrist, rechts ein Gitarrist, ein Bassist, ein Drummer – und ich bin Hillary Obama", von der Bühne und hätten meines Erachtens ein wenig mehr Resonanz aus dem Publikum verdient gehabt. Fazit: witziger Auftritt einer sympathischen Band - vielleicht ein wenig zu abgefahren für das anwesende Publikum?
Nach einer kurzen Umbaupause enterten RED TO GREY die Bretter des melodischen Todes und stürzten mich in ein Wechselbad der Gefühle. Nicht, weil mich spontan die Midlife-Crisis überrollt hätte, sondern weil die Jungs einen sehr zwiespältigen Auftritt hinlegten. Doch der Reihe nach.
Das ruhige Intro von RED TO GREY nutzen die Jungs als Startrampe für einen energiegeladenen Gig vor vielleicht halb vollem Haus. Im Gegensatz zu CAMOZ fanden sich schon zu Beginn ein paar mehr Hart-Wurz-Nasen vor der Bühne ein, um würdig mit dem Kopf zu nicken. Der anspruchsvolle Mix aus Thrash, Melodic Death und Prog lud nicht zuletzt wegen der phänomenalen Gitarrenarbeit von Frank Pané zum ein oder anderen Kinnladenherunterklappen ein. Was der Kerl drauf hat, ist wirklich mehr als spannend. Allein Andy Pankratz am Mikro konnte mich überhaupt nicht überzeugen und stellte die große Crux des RED TO GREY-Auftritts dar. Zu oft war er mehr Schreihals als Shouter [wie meinen? - d. Red.], zu oft mehr krakeelend als singend. Nichtsdestotrotz, den Leuten gefiel es, und Songs wie 'Sweet Suffering' werden wohl immer zünden. An dieser Stelle die zweite, wesentlich unwichtigere Erkenntnis des Abends: Gitarren mit Ecken werden von Männern mit Locken gespielt.
Was das Posing der Band angeht, bekommen die Jungs eine klare Zwei in der Haltungsnote und eine Eins in der Tightness und technischen Finesse. Hut ab! Da das aber nicht alles sein kann, trollte ich mich zur Bar und freute mich auf den COMMANDER-Auftritt.
Nach dem RED TO GREY sich ohne Zugabe von der Bühne verabschiedet hatten, gingen pünktlich um 23.00 Uhr die Lichter im Saal aus. Leider wurde spätestens jetzt deutlich, dass das "Neuland" nicht wirklich voll war und COMMANDER ihre Langrille vor dezimiertem Publikum vorstellen würden. Nach dem Intro wurde deutlich, dass COMMANDER heute Abend natürlich der Publikumsmagnet sind. Die Meute vor der Bühne war größer als bei den beiden Bands zuvor und ließ hoffen, dass nun ein wenig mehr Stimmung in die Bude kommt. Mit 'The Enemies We Create' feuerten die sympathischen Deather die erste Granate ins Publikum und zeigten deutlich, dass man heute tunlichst ohne Gefangene zu machen nach Hause fahren würde. Die Melodie war böse, die Gitarren maschinengewehrartig, und ich fühlte mich wie ein Soldat, der das erste Mal einen Panzer auf sich zurollen sieht. Geil!
Mit den zweistimmigen Gitarren bei 'Vengeful Angel' und einem großartigen Gespür für noch bösartigere Melodien ließen sich immer mehr Leute davon überzeugen, den Platz vor der Bühne ein wenig enger zu gestalten. Auch die Fans der älteren Platte kamen mit 'Salvation For A Dead World' auf ihre Kosten. Spätestens jetzt zeigte sich, dass die vermehrt verwendeten akustischen Parts dem Gesamtsound von COMMANDER wirklich guttun. Auch wenn Nick Kolar lapidar feststellte, dass man das nur mache, um ein wenig kommerzieller zu werden. Lange nachdenken konnte ich darüber sowieso nicht, da mir mit dem brutalen und schnellen 'Disarmery' erstmal amtlich die Fresse poliert, ich mit 'Still Alive' niedergeschlagen und mit 'Trust In Man' zum Aufwachen in der Vorhalle der Hölle genötigt wurde. Ja, so muss ein Konzert aussehen. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt wurde meinen Nachbarn und mir klar, dass wir alle zur schreiberischen Zunft gehören und somit im wahrsten Sinne des Wortes die Speerspitze des Heavy Metal in der ersten Reihe darstellten. So muss es sein. Deswegen an dieser Stelle: viele Grüße an die Kollegen von Heavyhardes.de!
Die anwesenden Kuttenträger mussten in der Folge nicht lange überlegen und forderten COMMANDER zum Zugabenblock auf, der im Wesentlichen von einem Geburtstags-Ständchen für Toby Brandl, den Basser, 'Modern Slavery' und einem grandiosen DEATH-Cover ('Symbolic') geprägt war.
Alles in allem also ein wirklich toller Konzertabend, bei dem für mich alle drei Bands in verschiedenen Dingen punkten konnten. Bleibt zu hoffen, dass es mit COMMANDER ab jetzt steil nach oben geht, die Grundlage haben sie nach ihren eigenen Worten durch die Verwendung akustischer Parts durchaus geschaffen. Ein Ausdruck größten Respekts am Schluss: Wie ich erfahren habe, hat sich Oli, seines Zeichens Gitarrist bei CAMOZ, vor Beginn des Auftritts bei einem (logischerweise) ungewollten Sturz einen offenen Quetschcut mit saftiger Prellung an der Hüfte zugezogen und - ganz "Metal" - die Show trotzdem von Anfang bis Ende durchgezogen. Hut ab!
Setlist RED TO GREY:
Admissions
The Armour Piercing Dread
Wrath Of The Weak
Sweet Suffering
Free
In The Darkest Corner
The Cheated One
Moralizer
Setlist COMMANDER:
The Enemies We Create
My Worst Enemy
Vengeful Angel
Salvation For A Dead World
New Age Of Treason
Ira
Disharmony
Dead But Still Alive
Trust In Man
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Modern Slavery
Symbolic (DEATH-Cover)
- Redakteur:
- Julian Rohrer