Cross Music Metalfest 03 - Niederjossa

06.10.2003 | 11:22

02.10.2003, Dorfgemeinschaftshaus

Nostalgische Gefühle wallen auf, denn lang - lang ist es her dass ich BRIDE und CAPEWALK das letzte mal gesehen habe. Bei CAPEWALK lag es wohl eher daran, dass sich die Jungs anfang der 90er von ihren HardRock Roots entfernten und kurz nach "Merry Go Round" konsequenterweise von GOLGATHA in CAPEWALK umbenannten. Nicht dass ich ihnen eine Weiterentwicklung nicht gegönnt hätte, sie hat mir nur einfach nicht mehr gefallen. Bei BRIDE lag es da eher am Mangel der Gelegenheiten. Nachdem ich sie auf der 93er Tour ausgiebig begutachten konnte kamen sie nur noch für Einzelkonzerte nach Deutschland so dass ich mir die neuerliche Möglichkeit die alten Heroen anzusehen nicht nehmen lassen wollte.

CRUSHEAD

Doch vor dem Wiedersehen mit alten Freunden stand erst einmal CRUSHEAD im Weg. Und nachdem ich die Jungs jetzt einige Male live erleben durfte (anfangs wohl eher musste) komm ich inzwischen nicht umhin ihnen zu attestieren eine absolute sehenswerte Liveband zu sein. Gerade durch den herausragenden Frontmann Patrick Reusch, bei dem man sich regelmäßig fragt wieviel Extasy man wohl schlucken müsste um ähnlich ausdauernd über die Bühne hetzen zu können. Mit ihrem Gemisch aus Crossover, New Metal und Grunge konnten die Schwaben bei dem sehr jungen Publikum sofort landen, was in kürzester Zeit in den vorderen Rängen zu Dauerhüpfen mit Massenpogo führte. Die Jungs konnten auf der Bühne eigentlich spielen was sie wollten, das Publikum dankte es ihnen. Egal ob das neue Stück ('Crushkids'), melodischer Rock ('Last Chapter'), "Heavy Blues" ('Deep Down Inside'), Ballade ('God') oder klassischen Crossover "Backlash'), das aufnahmewillige Publikum dankte es CRUSHEAD von Anfang bis zum Ende: Bei 'Reason To Jump' gab es dann auch für die Ränge weiter hinten kaum noch ein Halten und fast die ganze Halle war am Hüpfen. Doch dann wurde das viel zu frühe Ende mit dem nach wie vor unveröffentlichten Stück 'Thank To The Holy One' eingeläutet wurde. Bei dem Mitsingpart 'Kumbaya My Lord' des hymnenhaften Rausschmeissers wurde natürlich kräftig mitgesungen. Und natürlich durfte 'Thank To The Holy One' nicht wirklich das letzte Lied des Abends bleiben. So bekam das tolle Publikum mit dem grungigen 'Fly Away' noch der Nachschlag.

CAPEWALK

Nach einer kleinen Umbaupause - die die meisten dazu nutzten frische Luft zu schnappen, Döner zu essen oder das bei CRUSHEAD rausgeschwitzte Wasser wieder nachzufüllen - ging es dann mit CAPEWALK weiter. Die fuhren eine deutlich ruhigere Schiene, weshalb das Publikum wohl auch am Anfang noch etwas verhalten reagierte. Doch das blieb nicht lange so, denn schon der Auftakt zum zweiten Song 'Actually' bewirkte ein allgemeines Auftauen in den Reihen vor der Bühne: Denn Sänger Josy Albrecht hatte sich einen kleine Brüllwettstreit ausgedacht, bei dem die eine Hälfte der Halle versuchen sollte lauter als die andere "Actually" zu brüllen. Das ließen sich weder Seite A noch Seite B zweimal sagen und veranstalteten ein beachtliches Getöse, das einem durch Mark und Bein ging. Musikalisch erinnert 'Actually' ein wenig an 'Lemontree' von FOOLSGARDEN, was wohl am Keyboardsound liegen muss, der sich bei den beiden Stücken stark ähnelt. An dieser Stelle möchte ich auch noch ein dickes, fette "Wow" in Richtung Tastenfiedler Martin Notz abfeuern, der das gerade Gegenteil zu den weit verbreiteten Keyboardern darstellt, die wie angewurzelt hinter ihrem Brett kleben und sich keine zwei Zentimeter bewegen. So konnte man bei rockigeren Songs wie 'Merry Go Round' beobachten, wie er gerade noch mit den Fingerspitzen die Tasten betätigte, weil er dabei war mit seinem Kopf schon fast den Boden abzumoshen. Auch musikalisch hatte Martin Notz einiges zu bieten: Sogar ein Solopart war dabei, der sich mehr nach Gitarrengefrickel als nach Keyboardgeklimper anhörte. Aber auch das Stageacting der anderen Bandmitglieder lies nicht zu wünschen übrig: Zwar ergoss sich Sänger Josy nicht in epileptischen Anfällen - wie es bei CRUSHEAD manchmal den Anschein machte - aber von eingerosteten Knochen kann hier auch keinesfalls die Rede sein. Dieses Leben auf der Bühne griff auch schnell auf die feierwütige Meute über, was dann zu einem Mischmasch aus kollektiven Pogo- , Hüpf- und Moshaktionen führte.
[Ulrike Bopp]

BRIDE

Night To Remember, Part II. Dale Thompson und seine Mannen, nach so vielen Jahren wiederzusehen war für viele der älteren Fans eine wahre Freude, die jedoch anfänglich von der Müdigkeit der Musiker etwas getrübt wurde. Dabei stieg man mit dem Klassiker 'Would You Die For Me' genau richtig in das Konzert ein und legte mit dem funkigem 'Troubled Times' gleich noch eins oben drauf. Auch der neue Song 'Blow It All Away', welcher auf der neuen CD "This Is It" veröffentlicht werden wird, machte seinem Namen alle Ehre. Im Laufe der Zeit spielte sich die Band in einen wahren Rausch und wurde immer aktiver auf der Bühne, was den ganzen Abend dann letztendlich doch zu einem wahren Fest gelingen ließ. Natürlich durften weitere Klassiker wie 'I Miss The Rain', 'Pschedelic Super Jesus' oder der "Silence Is Madness"-Smasher 'Under The Influence' nicht fehlen. Ach ja, falls doch der eine oder andere BRIDE noch nicht kennen sollte, dem sei gesagt, dass sie sich stilistisch grob in der GUNS 'N'ROSES-Ecke befinden, eine starke Affinität zum Funk aufweisen, und in den letzten Jahren eher dem alternativen Sound zugetan waren. Dale Thompson schrie sich mit seiner einmaligen Stimme früher den Leib aus dem Hals, begann jedoch im Laufe der Jahre eher tiefer zu singen. Am heutigen Abend jedoch kramte die Band dermaßen viele alte Meisterwerke aus der Kiste, so dass er wieder Vollgas geben musste. Und dass er dies mit Bravour meisterte wird jeder der Anwesenden bestätigen. Es war eine wahre Pracht die zum Teil über zehn Jahre alten Stücke in ihrem alten Glanz erneut dargeboten zu bekommen. Schade dass das Spektakel nur rund 200 Besucher sehen wollten. BRIDE waren - zumindest für mich - die lange Reise von Stuttgart nach Nordhessen locker wert. Und an den beiden erstklassigen Combos im Vorprogramm von BRIDE konnte man auch kaum mäkeln, so dass ich rundum zufrieden auf einen gelungenen Abend zurückblicke. Ich freu mich schon auf das CROSS MUSIC METALFEST 2004.

Setlist:
Would You Die For Me
Troubled Times
Blow It All Away
Hired Gun
The Worm
Picture Perfect
I Miss The Rain
Influence
Bitter End
Psychedelic Super Jesus
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I Live For You

Redakteur:
Georg Weihrauch

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