DEAD LORD, NOCTUM und PATH OF SAMSARA - München

26.08.2014 | 22:05

24.08.2014, Backstage Club

Eine Gitarrenbombe, eine Knallerbse und ein Blindgänger.

Eins vorweg: Dreizehn Euro für drei Bands ist wirklich fast geschenkt. Ich frage mich dabei, ob sich das tatsächlich für die Bands rechnet, denn auch der tiefe Preis, gute Kritiken und ein momentan in der Rockwelt recht angesagter Stil vermag es nicht, allzu viele Besucher am Sonntag Abend in den kleinen Münchner Backstage Club zu locken. Ein paar Dutzend sind aber schon da, und diese dürfen sich zunächst mit der Musik von PATH OF SAMSARA beschäftigen.

Der Blindgänger


PATH OF SAMSARA? Habe ich das nicht schon einmal gesehen? Tatsache. Und zwar bei JEX THOTH im Vorprogramm. Gut war das damals nicht und erstaunlicherweise deckt sich das, was ich mir zum Gig notiert habe, erstaunlich gut mit meinen Worten von vor gut einem Jahr. Der Versuch, den an sich recht hörbaren Retro-Doom-Rock mit noisigen und drone-artigen Gitarreneffekten aufzupeppen, gelingt meines Erachtens nur bedingt und die Leadgitarren vertragen doch einen ganzen Batzen mehr Feeling und Routine bei der Ausführung; auch das Stageacting ist irgendwie steif. So richtig glaube ich nicht daran, dass ich mich das nächste Mal dann an mehr als nur den Namen PATH OF SAMSARA erinnern kann, schon jetzt verpufft die Erinnerung.

Die Knallerbse

Ich treffe einige bekannte Gesichter und es herrscht Einigkeit darüber, dass man sich auf die Schweden NOCTUM freuen darf. Ihr zweites Album "Final Sacrifice" ist ein sauberer Mix aus Retro-Rock und Old-School-Metal und an sich eine Gitarrenbombe: satte Riffs, mehrstimmige Leads, großartige Soli. Und dazu ein wirklich guter Sänger. Einigkeit herrschte nach den Gig auch. Und zwar darüber, dass das eher nix war, was wir da von NOCTUM gehört haben. Mit großer Lust und Energie bin ich nämlich in den Gig hineingegangen, erste Reihe, viel Platz und Freiheit zum Zappeln. Der Refrain des Openers 'Conflagration' wird mitgegrölt. "Enter The World Of The Deeeeeeeeeeaaaaaaaaad!" Jawohl!

Leider kann sich meine Euphorie nicht auf die Band übertragen. Der Gesang ist kaum zu hören, die Gitarren sind matschig. Und gleichzeitig singen und klampfen zu müssen, scheint sowieso eine grausige Angelegenheit zu sein. Ich habe selten einen so emotionslosen Ausdruck bei so einer Art Vocals erlebt. 'Temple Of The Living Dead' ist aber dennoch ein saugeiler Track. Auf CD. Nach dieser Performance ist dann aber auch bei mir die Luft raus. Reaktionen aus dem Publikum sind ja schon gewohnt spärlich, aber eine Band mit Biss würde hier dennoch Versuche unternehmen, die Leute ein wenig zu kitzeln. Mensch, NOCTUM, ihr Knallerbsen, ihr könnt doch alles! Super Songs, super Musiker seid ihr, daraus muss man einfach mehr machen, gerade bei kleinem Publikum, dem man sicher kaum bekannt ist. Und ein bisschen die Lieder vorher üben könnte auch nicht schaden! Ihr spielt 'Void Of Emptiness', einen Song an der Grenze zu genial, doch es ist euch egal, ob irgendjemand das mitbekommt? Die Jungs hocken dann später ein wenig verloren am Merchstand (soviel Leute interessieren sich jetzt nicht für NOCTUM) und schauen DEAD LORD zu. Eine bessere Lehre kann es gar nicht geben.

Die Gitarrenbombe

Der tote Lord hat das Publikum eigentlich schon beim Warmspielen fest im Griff. Einfach nur mit Charisma und ein paar coolen Gesten, die den Fans während der recht langen Umbaupause zeigen: "Folks, wir freuen uns auf Euch"! Und die Party nimmt alsbald ihren Lauf. So locker, so lässig, so unaufgeregt wie effektiv wird hier ein Riff nach dem anderen geschleudert und mitsingen kann man die DEAD LORD-Songs sowieso schon nach der zweiten Stophe. Dazu der warme Sound und die einfachen wie effektiven doppelläufigen Leads, das allein würde schon reichen, doch die Band gibt auf der Bühne wirklich alles, was man von einer Classic-Rock-Show im kleinen Club erwarten kann. Die Band spielt im Wortsinn miteinander, es wird pausenlos gepost und lässig werden nach den Leads die Plektren in die Menge geschnippt. DEAD LORD ist Rockeraction pur. "Mann, machen die Spaß" heisst es neben mir. Jupps, so ist es, Nebenmann! Bei nur einem Album mit acht Songs dürfte klar sein, dass das Repertoire nicht für einen Zweistunden-Gig reicht und die Lieder von "Goodbye Repentance" wurden meines Wissens auch alle gespielt. Die Lösung aus dem Dilemma ist natürlich die Präsentation neuer Songs sowie die Einarbeitung von passenden Coversongs. Letztere sind 'Would Not Be Seen Dead In Heaven' von WITCHFYNDE und 'I'm Burning For You' von BLUE ÖYSTER CULT, die ich persönlich jetzt aber eher als Setlistfüller und weniger als echte Highlights wahrnehme. Liegt wohl auch daran, dass ich sie nicht kenne [Ich bin entsetzt! FJ].

Viel besser sind die neuen Songs: 'Ruins', das auch schon auf dem Rock-Hard-Festival gespielt wurde, ist ein typischer, aber vergleichsweise schon recht schneller DEAD LORD-Rocker, den man in Teilen schon fast metallisch nennen könnte. 'The Bold Move' hingegen fängt langsam und bluesig an, verfügt über feine Slowhand-Soli, schlägt aber ähnlich wie die bekannte Halbballade 'No More Excuses' (Show-Highlight!) in eine wilde und solo-strotzende Seventies-Rocknummer um. Da kann man sich echt auf etwas freuen! Das Publikum war jedenfalls dankbar für den sehr lebendigen Gig, was man auch immer anhand der Menschentraube am Merch  beurteilen kann. Ich stand da 10 Minuten, bis ich endlich meine DEAD LORD-CD einsacken konnte.

Setlist: Hank, No Prayers Can Help You Now, Goodbye Repentance, Ruins (neuer Song), No More Excuses, Would Not Be Seen Dead In Heaven (WITCHFYNDE-Cover), Because Of Spite, Onkalo, Hammer To The Heart.
Zugaben: I'm Burning For You (BLUE ÖYSTER CULT-Cover), The Bold Move (neuer Song), Ghost Town.

Redakteur:
Thomas Becker

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