DEF LEPPARD - Stuttgart
31.05.2015 | 15:2225.05.2015, Porsche Arena
Gepflegter Tanztee mit Klassiker-Rock-Set für ältere Semester, den man kaum besser bestreiten kann.
Einfach mal so, scheint das Motto für diese DEF LEPPARD-Tour zu sein, denn ein neues Album haben die Briten nicht im Gepäck. Aber das brauchen sie auch nicht, über 5000 Leutchen zieht das hardrockende Urgestein immer noch problemlos in die Porsche-Arena in Stuttgart. Unaufgeregt und entspannt ist das Publikum, das sich durchaus im Durchschnitt in der zweiten Hälfte der mittleren Lebenserwartung in Deutschland befinden dürfte. Da ich auch dazu gehöre, kann mich das nicht schocken, aber es zeigt einmal mehr, dass das Publikum auch mit den Bands altert. Wobei ich mir auch vorstellen kann, dass nur wenige Teenies, von denen ich allerdings im Laufe des Abends doch einige sehe, ein Quintett aus rockenden Mittfünfzigern sehen wollen.
Doch bevor es soweit ist, darf erstmal BLACK STAR RIDERS als Vorgruppe ran. Dabei wird es noch älter, denn Scott Gorham legt fast nochmal zehn Jahr drauf. Rockt aber wirklich nicht wie ein Rentner. Was aber auch an den Songs liegt! Denn der ex-THIN LIZZY-Gitarrist hat nicht nur eine starke Band um sich geschart, sondern mit diesen Mitstreitern auch zwei sehr beachtliche Alben veröffentlicht. Mit dem Opener des ersten Albums "All Hell Breaks Loose" geht es gleich super los. Ja, 'Bound For Glory' hätte auch von Scotts alter Kapelle sein können, wie nahezu alle Song der beiden Scheiben. Das ist mitreißend, allerdings ist der Sound schwach. Während des Gigs dreht der Soundmann zwar nochmal an den Reglern, doch wirklich gut ist das nicht. Anfangs gehen die Gitarrenleads etwas unter, und auch Frontmann Ricky Warwick ist toll zu sehen, aber nicht klar genug zu hören.
Das erklärt die anfängliche Zurückhaltung im Publikum, die sich mit dem ersten THIN LIZZY-Klassiker 'Jailbreak' spürbar löst. Um die alten Gassenhauer kommt BLACK STAR RIDERS natürlich nicht herum, aber das wollen sie auch gar nicht. Stattdessen wechseln sie neu und alt einfach ab. Nach dem tollen 'Kingdom Of The Lost', ebenfalls von "All Hell Breaks Loose", geht es ohne Qualitätsverlust weiter. Warwick rockt wild herum und sorgt dafür, dass die trotz des bereits für die Hauptband aufgebauten zweiten Drumkits ordentlich große Bühne nicht zu weitläufig wirkt. Als rockendes Urgestein, er hat ja mit THE ALMIGHTY schon so einige Jahre R 'n' R auf dem Buckel, nimmt er die zentrale Position ein und sorgt für um sich greifende Begeisterung. Trotz der Songauswahl, die die besten beiden Songs der BLACK STAR RIDERS gleich mal zum Aufwärmen benutzt, ist der Jubel dennoch bei den THIN LIZZY-Liedern größer. Klar, die kennt man wenigstens. Ich glaube kaum, dass viele Anwesende mit den neuen Material vertraut sind. Aber 'Are You Ready' kennen fast alle, und ' The Boys Are Back In Town' ebenfalls.
Im zweiten Teil des Sets wird dann auch das Album "The Killer Instinct" gewürdigt, leider auch mit dem unglaublich langweiligen 'Finest Hour'. Zwar kriegt man mit dem Titelsong wieder die Kurve und endet mit dem zu erwartenden 'Whiskey In The Jar', aber als die Band nach vierzig Minuten die Bühne verlässt, drehen sich die Gedanken der meisten Anwesenden bereits um die Hauptband. Trotzdem war es ein guter Gig, und wenn es denn am Merchandise-Stand die CDs zu kaufen gegeben hätte, dann wären sicher ein paar über den Tresen gegangen. Ich wollte mir das zweite Scheibchen auch mitnehmen, ging aber nicht. Warum lässt man eine solche Gelegenheit ungenutzt verstreichen?
Setlist: Bound for Glory, Jailbreak, Kingdom of the Lost, Are You Ready, Through the Motions, The Boys Are Back in Town, Finest Hour, The Killer Instinct, Whiskey in the Jar
Aber dann kommt DEF LEPPARD, und jetzt rockt die schwäbische Hausfrau! 'Rock! Rock!' ist das Motto! Eine Setlist aus Klassikern, wie es zu erwarten war, lässt die Arena beben. 'Animal' und 'Let It Go' folgen und die Begeisterung ist spürbar. Zumindest im Innenraum, die Sitzplätze auf den Rängen rechts und links gehören meist doch zu den stillen Genießern und betrachten das Geschehen eher ruhig. Ich finde ja, solche Konzerte still sitzend zu erleben, nimmt einem etwas von der Rockerfahrung, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Auf jeden Fall ist der Sound weitaus besser als bei BLACK STAR RIDERS, was aber auch zu erwarten gewesen war.
Die Bühne ist groß. Wirklich groß. Aber mit drei Mann an den Saiten und Joe Elliot, der sich redlich bemüht, den Platz auch auszunutzen, ist immer einiges los. Im Hintergrund gibt es eine große Leinwand, auf der meist die Akteure in Nahaufnahmen zu sehen sind, aber gelegentlich wie bei 'Paper Sun' auch Einspieler gezeigt werden. Das alles macht einen professionellen Rockstar-Eindruck und passt ganz hervorragend zu Band, Tour und Abend. Für mich erreicht das Set mit 'Foolin'' einen frühen Höhepunkt, zu diesem Zeitpunkt haben sie zwei meiner drei Lieblingssongs der Briten bereits gespielt. Was will man mehr? Nun, wenn ich mich umsehe, dann dürfte die Antwort lauten: "Mehr vom gleichen!" Die ebenso simplen wie eingängigen Lieder werden mitgesungen, mitgetanzt, nicht selten auch gerne von den weiblichen Besuchern, während Papa daneben steht. Auch als Familienausflug taugt DEF LEPPARD anno 2015 offensichtlich. Ja, Rockmusik ist zeitlos, und Gassenhauer wie 'Promises' sind einfach klassisch und gut.
Ich bin über bereits erwähntes 'Paper Sun' erfreut, hebt es sich doch etwas ab von den leichten, fluffigen Rockhymnen und bringt wie auch das spätere 'Rocket' ein wenig Tiefgang in den Set. Doch hauptsächlich steht der Spaß im Vordergrund, leichtherziges abendliches Rockprogramm, nur einmal unterbrochen durch eine Akustik-Version von 'Two Steps Behind', das Joe Elliot solo zelebriert und den Saal zum Mitsingen auffordert, was sich die Menge nicht zweimal sagen lässt. Ein weiterer Höhepunkt ist 'Bringin' On The Heartbreak', allerdings bricht die Stimmung zu keiner Zeit wirklich ab. Phil Collen, der gleich mit freiem Oberkörper auf die Bühne gekommen ist, ist mittlerweile durchaus schweißüberströmt, legt aber weiterhin Meter um Meter auf der Bühne zurück. Auf der anderen Seite spielt mit Vivian Campbell einer meiner alten Gitarrenhelden, den ich bei den DEF LEPPARD-Liedern ja für gehörig unterfordert halte, und in der Mitte läuft auch Bassist Rick Savage eine beachtliche Strecke während des Gigs. Immer noch bemerkenswert ist das einarmige Schlagzeugspiel von Rick Allen, bei dem mich die Sonnenblume an der Seite des Drumkits und die Räucherstäbchen allerdings etwas irritieren. Aber Rocker werden im Alter eben auch schrullig.
Gegen Ende holen die tauben Leoparden nochmal alles raus, was Rang und Namen hat: 'Hysteria', 'Let's Get Rocked' und 'Pour Some Sugar On Me' beschließen das reguläre Set. Natürlich kommen sie nochmal wieder. Die beiden unvermeidlichen 'Rock Of Ages' und 'Photograph' beenden den Abend vor einem zufriedenen Publikum.
Verständlicherweise hat sich die Band auf die großen Hits beschränkt. Was aber wiederum bedeutet, dass sie gleich vier Alben komplett außen vorgelassen haben. Bei dem eher schwierigen "Slang" oder dem in der Diskographie eher unbedeutenden "X" verstehe ich das noch, dass man allerdings vom letzten Album "Songs From The Sparkle Lounge" nicht mal 'Go' oder 'Nine Lives' integriert hat, verwundert mich dann doch. Und dass Debüt einfach zu ignorieren, ist schon ein starkes Stück. Ich meine, ich erwarte ja kein 'Answer To The Master', aber ein 'Rocks Off' oder 'Wasted' oder 'Rock Brigade' hätte es doch sein können. Ich hätte dafür 'Love Bites' und 'Rock On' gerne rausgeworfen, und ein Instrumental wie 'Switch 625' ist auch eher ein kleiner Stimmungstöter, egal wie gut es ist. Wenn ich mich umschaue, stehe ich damit allerdings wohl ziemlich allein da. Gut, ich nehme es, wie es ist, ein Best-Of-Set, das Spaß gemacht hat und das genau auf die Zielgruppe zugeschnitten gewesen ist. Da die Band ein neues Album in Arbeit hat, werde ich wohl nicht wieder fast dreißig Jahre warten, um DEF LEPPARD wiederzusehen, und ich hoffe, dass sie die nächste Tour dann dazu nutzen, auch einmal tiefer in die Trickkiste zu greifen. Spaß gemacht hat es heute auf jeden Fall.
Setlist: Rock! Rock! (Till You Drop), Animal, Let It Go, Foolin', Promises, Paper Sun, Love Bites, Armageddon It, Rock On (David Essex cover), Two Steps Behind (acoustic/Joe Only), Rocket, Bringin' on the Heartbreak, Switch 625, Hysteria, Let's Get Rocked, Pour Some Sugar on Me, Encore: Rock of Ages, Photograph
- Redakteur:
- Frank Jaeger