DEMON, PRAYING MANTIS, GIRLSCHOOL - Hamburg

28.11.2019 | 20:10

30.10.2019, Kulturpalast Bilstedt

Eine NWoBHM-Vollbediehnung!

Schön, wenn man am 31.10. plötzlich einen neuen Feiertag geschenkt bekommt. Noch schöner, wenn am Vorabend eine alteingesessene Lieblingsband das persönliche Lieblingsalbum erstmalig in gänzlicher Gänze livehaftig darbietet. Die Rede ist vom einstmaligen NWoBHM-Flagschiff DEMON und ihrer Wunderscheibe "Taking The World By Storm". Dass es als Bonus im Vorprogramm mit GIRLSHOOL und PRAYING MANTIS noch zwei sehr passende Supportbands dazu gibt, ist für mich da beinahe egal. Ich möchte dies jetzt nicht als negative Bewertung dieser beiden Bands verstanden wissen, ganz im Gegenteil, sondern damit herausheben, wieviel mir "Taking The World By Storm" bedeutet. Sowohl GIRLSCHOOL wie auch PRAYING MANTIS schätze ich sehr, aber am heutigen Abend gilt mein ganzes Interesse dem Headliner. Von daher stört es mich auch nicht sonderlich, aus arbeitstechnischen Gründen erst pünktlich für die Dämonen in Billstedt ankommen zu können.

Am Kulturpalast angekommen, freue ich mich zunächst über den sehr regen Zuspruch für diese Veranstaltung. Nicht wenige Gäste sind von Außerhalb angereist und nehmen wohl auch gleich am nächsten Tag HAUNT, NIGHT DEMON und ANGEL WITCH mit. Hätte ich auch gern, aber die private Keramik-Abteilung war kuscheliger. Aber das ist ein anderes Thema

In der Halle einen optimalen Platz neben dem Mischpult ergattert und sofort vom eröffnenden 'Commercial Dynamite' mitgerissen, so kann ein Abend starten! Das komplette Publikum ist sofort voll bei der Sache und beim nachfolgenden Titelsong singt wohl beinahe jeder mit. Es ist aber auch eine Pracht, die Band mit solcher Spielfreude auf der Bühne agieren zu sehen. Dass Dave Hill mit über 70 noch so gut bei Stimme ist, sorgt für allgemeine Überraschung, und die Tatsache, dass er einige Texte ganz offen vom Blatt abliest, stört niemanden. Er geht damit auch völlig offen um, liegt das Textheft  ja neben ihm auf einem Notenständer. So etwas ist halt viel ehrlicher als das (heimliche) Ablesen von einem Teleprompter. Daumen hoch dafür!

Wer jetzt befürchtet, diese leichten Textschwächen würden zu einem statischen Auftreten führen, hat DEMON wohl noch nie gesehen. Die Herrschaften spielen mit einem blinden Verständnis und haben offenbar selbst so viel Freude an diesem besonderen Ereignis, dass sehr viel Bewegung auf der Bühne herrscht. Die Songreihenfolge ist zu Beginn natürlich wenig überraschend, aber trotzdem ist es immer wieder ganz besonders toll, wenn 'Remembrance Day' erklingt. Wer hier den Entenparka ausziehen kann, ist heute wohl am falschen Ort. Aber auch das herrlich mystische 'What Do You Think About Hell' macht höllischen Spaß. Die Band sollte darüber nachdenken, gerade diese Nummer mal ins normale Programm aufzunehmen. Sensationell! Mein persönliches Albumhighlight kommt am Ende und heißt 'Time Has Come'. Dass Dave diese hochemotionale Ballade 30 Jahre nach ihrem Erscheinen noch so grandios intonieren kann, hätte er sich bei den Aufnahmen selbst nicht zu träumen gewagt. Das ist heute Abend auf jeden Fall riesengroßes Ohrenkino.

Nachdem alle ihre Taschentücher wieder gefaltet haben geht es mit 'Sign Of The Madman' gleich mit einem schwungvollen Griff in die Klassiker-Kiste weiter. Die Stimmung kocht! Daran ändern natürlich auch 'Total Possession' und 'Life On The Wire' nichts mehr. Erst beim getragenen 'The Plague' beruhigen sich die Gemüter wieder und singen "nur" noch mit. Das ist aber nur die Ruhe vor dem Sturm, denn mit 'Don't Break The Circle' folgt DER Smash-Hit der Band. Aufgeheizt setzt man mit den Mitsing-Krachern des Debütalbums – 'Liar' und 'Night Of The Demon' – den absoluten Finalschlag für das völlig ausgelaugte Publikum, welches natürlich nach einer Zugabe verlangt. Die Band lässt sich auch nicht lange bitten und spielt programmatisch: 'One Helluva Night'.

Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Tue ich aber trotzdem, denn ich komme nicht umhin, hier allen Beteiligten mein ganz dickes Lob auszusprechen. Der Sound war sensationell, die Organisation vorbildlich. Allein die Tatsache, dass man an der Abendkasse noch nachträglich gedruckte Tickets geschenkt bekommt, obwohl man online bestellt hat, ist mehr als nur Service am Kunden. Da denken Leute mit Herzblut. Sehr unterstützenwert!

 

Photos: Thomas Ertmer

Redakteur:
Holger Andrae

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