DEVIN TOWNSEND PROJECT, BETWEEN THE BURIED AND ME & LEPROUS - Hamburg
04.03.2017 | 12:0021.02.2017, Grünspan
Drei der heißesten Bands der aktuellen Prog-Welt gehen auf gemeinsame Tour: DEVIN TOWNSEND PROJECT, BETWEEN THE BURIED AND ME und LEPROUS. Das kann ja nur geil werden!
Da ich die Norweger LEPROUS, wie alle Bands des heutigen Abends, schon ein paar Mal live gesehen habe, wusste ich ungefähr was mir blühen würde. Trotzdem bin ich wieder aufs Neue total geflashed, wie großartig LEPROUS live ist. Der Sound setzt sich druckvoll und transparent über das volle (fast schon zu volle) Grünspan hinweg, sodass jeder Trommelschlag, jeder Saitenhieb und vor allem jeder Ton des leidenschaftlichen Gesangs Einar Solbergs in die Körper dringt. Ein unglaublich intensives Erlebnis. Der Fokus liegt naturgemäß auf dem aktuellen Album "The Congregation" mit dem Höhepunkt 'Rewind', bei dem alle Musiker in eine Art symbiotische Hypnose verfallen. Immer wieder gibt es Szenenapplaus. 30 Minuten ist für eine Band wie LEPROUS natürlich viel zu wenig, der Applaus viel entsprechend enthusiastisch aus. Das ist einfach unfassbar gut! Wie auch das gerade veröffentlichte Live-Album "Live At Rockefeller Music Hall" belegt.
BETWEEN THE BURIED AND ME (BTBAM) selbst hätte Headliner sein können, was man auch anhand der Shirts hätte ausmachen können. Zuerst fällt auf, dass Rogers mittlerweile halblange Haare hat, Briggs ist dafür fast kahl rasiert und Schlagzeuger Richardson scheint gerne zu pumpen. Doch zur Show. BETWEEN THE BURIED AND ME habe ich eigentlich immer als Headliner gesehen, was alleine aufgrund der überlangen Songs auch einfach Sinn macht. So haben es die Amis heute mit 45 Minuten nicht leicht, ihre komplexe Musik unterzubringen. Auch die Songauswahl zeigt die Truppe von der experimentierfreudigen Seite. So sind es eher die musical-artigen, sehr extravaganten Tracks wie 'Fossil Genera - A Feed From Cloud Mountain', 'The Coma Machine' und 'Bloom', die heute zum Besten gegeben werden, was das Unterfangen nicht leichter macht. 'Lay Your Ghosts To Rest' ist schon der typischste BTBAM-Song des Abends. Aber auch heute fragt man sich, wie sollte es auch anders sein, wie zur Hölle man die Musik BTBAMs nicht nur komponieren, sondern vor allem spielen kann. Insbesondere Schlagzeuger Richardson haut mich wieder aus den Socken, phänomenal! Das Publikum reagiert eher zurückhaltend, der Notenoverkill will schließlich verarbeitet werden. Der Applaus fällt auf jeden Fall umso großzügiger aus. Auch wenn die Gesänge Rogers meistens zu leise abgemischt waren (bzw. die Band zu laut), muss man im direkten Vergleich mit den anderen Frontmännern des Abends feststellen, dass Rogers nicht ganz mithalten kann, die Gesangslinien kommen einfach nicht rüber. Trotzdem ist BTBAM mein Favorit des Abends, denn die Musik spricht für mich Bände. Nächstes Mal gerne wieder als Headliner.
DEVIN TOWNSEND und seinen Mannen ist ein üppiges 90-Minuten-Set vergönnt. Zusammen mit einer starken Lichtshow, die gekonnt die Musik visualisiert, einem glasklarem und fetten Sound, einer perfekt eingespielten Band und einem bestens aufgelegen Townsend, ist der Headliner-Slot absolut gerechtfertigt. Das Set bietet einen guten Rundumschlag Townsends, wobei mir ein größerer Fokus auf das aktuelle Album "Transcendence" noch besser gefallen hätte. Auch die Reaktionen des Publikums vielen bei den Songs 'Stormbending' (wäre meines Erachtens ein viel besserer Opener gewesen als 'Rejoice'), 'Failure' (auch live eine Macht!) oder 'Higher' am freudigsten aus. Positiv überrascht bin ich jedoch davon, dass Devin wieder 'Planet Of The Apes' vom Chaos-Album "Deconstruction" zum Besten gibt - mit einer überdimensionierten Flying-V-Gitarre, um der Epik des Liedes gerecht zu werden, scherzt Devin (obwohl er es wahrscheinlich sogar Ernst meint). Sehr geil! Auch Ziltoid wird zumindest mit 'Ziltoid Goes Home' und 'The March Of The Poozers' bedacht, was wohlwollend abgenickt bzw. -gemosht wird. Devin Townsend zieht auch heute Abend wieder alle Register seines Konzeptes des (Selbst-)Entertainments, beginnt die Show mit der Aufforderung, die nächsten 90 Minuten "awkward" zu sein, beendet sie mit einem Schwanzvergleich und hebt die enorme Größe der Genitalien BTBAMs hervor. Zwischendurch zerpflückt er sich selbstironisch selbst oder das Publikum. Der geneigte Fan weiß seine durchgedrehte Art zu schätzen und vermag seine Einlagen nicht zu missen, jedoch muss ich gestehen, dass es mir heute Abend einfach zu viel des Guten war. 'Kingdom' stimmte dann wieder versöhnlich.
Setliste DEVIN TOWNSEND: Rejoice, Night, Stormbendng, Failure, Hyperdrive, Where We Belong, Planet Of The Apes, Ziltoid Goes Home, Suicide, Supercrush!, March Of The Poozers, Kingdom, Ih-Ah!, Higher
- Redakteur:
- Jakob Ehmke