Dark Suns/Autumnblaze - Berlin
17.10.2005 | 15:4115.10.2005, K17
Es hat eine ganze Weile gedauert, bis die DARK SUNS den gar nicht mal so weiten Weg von Leipzig nach Berlin angetreten haben, um die dortigen Fans mit den Kompositionen ihres aktuellen Albums "Existence" zu verwöhnen. Trotz des sehr zivilen Kartenpreises von 8 Euro im Vorverkauf bzw. 10 an der Abendkasse war das K17 jedoch nicht übermäßig gefüllt. Bei dem ständigen Konzert-Overkill in der deutschen Hauptstadt kann dies allerdings schon mal passieren - das Geld sitzt heutzutage halt auch nicht mehr so locker. Dabei bekamen die Besucher an diesem Abend ein wirklich stimmiges Package geboten.
Die Doomster von END passten noch am wenigsten in das Gesamtbild, boten sie doch genretypisch-schleppende Töne mit deutschen Texten (bei denen sich mir persönlich ab einem gewissen Schwülstigkeitsgrad generell die Fußnägel hoch rollen) und einer eher mageren Bühnenshow. Was mit daran liegen mag, dass man bei END fast schneller fertig wäre, würde man die Instrumente aufzählen, die tatsächlich live gespielt wurden. Schlagzeug, Keyboard und die Background-Vocals kamen nämlich vom Band, und fast hätte auch die Leadgitarre dieses Schicksal ereilt, weil sie mitten im Gig ihren Geist aufgab, worauf in der unfreiwilligen Pause (erfolgreich) nach Ersatz gesucht wurde. Irgendwie haben solche Bands für mich keine nennenswerte Live-Berechtigung, zumal gerade das Konserven-Schlagzeug ziemlich drucklos klang. Musikalisch waren sie jedenfalls ebenso unvollständig wie ihr viel zu kurzer Bandname, bei dem man unwillkürlich wenigstens auf den Artikel "The" oder irgendeine Form von Anhängsel wartet. Hübsch anzusehen war jedoch die Bühnendeko, denn der Mikroständer wurde (ja ist denn heute schon Weihnachten?) von einer grünen Lichterkette und künstlichem Efeu umrankt, der sich über den kompletten Bühnenrand ausdehnte. Und Eikes größtenteils auf Wadenhöhe praktiziertes Bassspiel war drollig anzusehen - was hat der Gute eigentlich die ganze Zeit auf dem Fußboden gesucht?
AUTUMNBLAZE habe ich zuletzt vor drei Jahren in der Garage Pankow gesehen und sie als ganz annehmbare, aber nicht übermäßig überzeugende Live-Band in Erinnerung, bei der vor allem der merkliche deutsche Akzent des Sängers leicht störend war. Wie Markus B. mir nach dem Auftritt bestätigte, sind sie inzwischen viel besser aufeinander eingespielt, und auch sein Englisch ist richtig gut geworden. Das Konzert zeichnete sich neben der bandtypischen Melancholie durch eine enorme Spielfreude und ein unterhaltsames Improvisationstalent aus. Gitarrist Joey Siedl und Markus B. machte es sichtlich Freude, Songs von anderen Bands kurz anzureißen. 'Lavender' von MARILLION, 'Hunting High And Low' von A-HA und das 'Born To Be Wild'-Intro von STEPPENWOLF fanden ihre fragmentarische Verwendung. 'Cold' von THE CURE wurde sogar komplett ausgespielt. Aber auch die eigenen Songs rockten live erstaunlich gut ab. Am meisten Spaß machte die abschließende Improvisation von 'Blue Star', bei der Joey seine Klampfe mit einem Drumstick und schließlich einer Art Ganzkörpereinsatz malträtierte. Ein überraschend guter Auftritt!
Setlist:
Where Is My Soul
I Shiver
Heaven Is Not Good Enough
Cold (THE CURE-Cover)
The Nature Of Music
To The River
Blue Star
Die DARK SUNS konnten als Support für PAIN OF SALVATION reichlich Erfahrungen sammeln und präsentierten sich in Berlin als extrem starke Mannschaft. Gerade im Vergleich mit einer gewissen anderen Leipziger Band weiß man bei ihnen außerdem, dass man live genau das bekommt, was die Studio-Aufnahmen versprechen. Die fünfköpfige Formation setzt ihre atmosphärischen Harmonien punktgenau um, und leichte Abwandlungen, insbesondere im Gesang, in den ein paar Growls mehr Einzug fanden, als eigentlich vorgesehen, verliehen den Songs sogar noch mehr Tiefe. Ich kann mich zwar immer noch nicht so ganz an das berühmte Loch in der Bühnenmitte gewöhnen, aber Niko Knappe beherrscht die Dreifachbelastung als Schlagzeuger, Sänger und durchaus humorvoller "Frontmann" aus dem Hintergrund mittlerweile äußerst souverän. Nach anfänglichen leichten Rückkopplungseffekten boten die dunklen Sonnen eine gute Stunde musikalischen Hochgenuss. Meine persönlichen Höhepunkte waren der Quasi-Titeltrack des aktuellen Longplayers, 'The Euphoric Sense', das wie immer göttliche 'Anemone', das noch im "OPETH light"-Gewand gekleidete 'Swanlike' des Erstlings sowie die lauthals geforderte Zugabe 'One Endless Childish Day'. Zwischen diesen traumhaft schönen Ohrgasmen brachte so manche Ansage von Niko das Publikum zum Schmunzeln - so wurde 'Gently Bleeding' als "unsere Variante einer Black-Metal-Ballade" angekündigt. Wunderbar auch die Gesangsharmonien der beiden Knappe-Brüder, die die überzeugende Leistung sämtlicher Bandmitglieder mehr als abrundete. Wenn eine Band nach nur zwei Studioalben bereits eine solche Atmosphäre zu verbreiten vermag, dürfen wir hoffentlich in Zukunft noch viel Größeres erwarten. Ganz toll!
Setlist:
Intro: Zero
The Euphoric Sense
You, A Phantom Still
Her And The Element
Daydream
Anemone
Swanlike
Gently Bleeding
Patters Of Oblivion
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One Endless Childish Day
- Redakteur:
- Elke Huber