Dead Soul Tribe - Wien

23.12.2006 | 15:37

16.12.2006, Planet Music

Manchmal ist der Weihnachtsmann wirklich großzügig und erfüllt einem die schönsten Wünsche, so etwa den Wunsch DEAD SOUL TRIBE mal wieder als Headliner zu sehen. Und wenn diese dann auch gleich zu Hause spielen, ist die Überraschung umso gelungener, denn ein Heimgig der Proggies rund um Legende Devon Graves alias Buddy Lackey ist immer ein besonderes Erlebnis. Doch bevor uns DEAD SOUL TRIBE mit ihrer Musik verzaubern, präsentiert das Planet Music erstmal drei talentierte Bands aus dem Melodic-Metal-Underground Österreichs. Da POWERWOLF und MYSTIC PROPHECY leider nicht spielen konnten, wurde die Veranstaltung kurzerhand um BASEMENT, ECLIPTICA und SYMPHONIC STEEL (die früher unter dem Namen ELEFTHERIA musizierten) bereichert, und schon hatte man ein neues Billing für die "No Silent Night". Nein, wir wollen hier auch keine 'Stille Nacht'-Lieder hören, kein 'Last Christmas' (Hilfeeee!) und keinen Weihnachtskitsch; ein bisschen österreichischer Underground und die grandiosen DEAD SOUL TRIBE (sowie der eine oder andere Whisky-Cola) genügen auch, um uns Musikfanatiker zu beglücken.

Als SYMPHONIC STEEL loslegen, ist das Planet Music bereits gut gefüllt und die Fans in bester Stimmung. Die Jungs mit dem truen Bandnamen präsentieren uns eine musikalische Mischung, die sich so anhört, wie Schokolade mit Schinken schmecken würde: seltsam, weil einfach einiges nicht zusammen passt. Es ist ja ganz cool, wenn man klassischen Power Metal mal mit fiesen Death-Metal-Growls auflockert (einen Pluspunkt für das Überraschungsmoment), wenn man sich mal proggige Passagen erlaubt (ein weiterer Pluspunkt für den verdammt guten Bassisten!) und wenn man sich auch mal Happy-Metal-Momente gönnt (Schunkel-Alarm), doch passt das alles nicht wirklich zusammen. Die Musik wirkt irgendwie zerfahren und unschlüssig, die Band so, als ob sie noch nicht genau weiß, wohin sie möchte, und das IN FLAMES-Cover 'Cloud Connected' sollten die Jungs zukünftig von der Setliste streichen. Wenn man aber bedenkt, dass SYMPHONIC STEEL in dieser Formation erst seit drei Wochen existieren und erst sieben mal geprobt haben, so muss man ihnen zugestehen, dass sie ihre Sache doch ganz gut gemacht haben, und bei so talentierten Musikern und vor allem so einem energiegeladenen Sänger dürfte es kein Problem sein, schnell einen eigenen Stil und einen eigenen Weg zu finden. Die Band sollte man auf jeden Fall im Auge behalten!

ECLIPTICA sind danach die Überraschung des Abends und haben nebenbei bemerkt auch noch das meiste und lauteste Publikum. Die Power-Metal-Truppe hat sich im Underground schon eine ordentliche Fanbasis geschaffen und blickt auf eine gut gefüllte Halle. Kein Wunder, denn wenn man mit so einem Sänger gesegnet ist und dazu noch eine Sängerin mit Hammerstimme hinterm Mikro hat, dann kann nicht mehr viel schiefgehen. Thomas Tieber und Evelin Pieler sind absolute Goldkehlchen, da kommt kein falscher Ton, keine Unsicherheit, und das Sängerduo schafft es, jedem Song eine Menge Gefühle einzuhauchen. Ganz großes Kino! Auch die Kompositionen sind gelungen: eingängig und mit Mitsinggarantie. Auch wenn ECLIPTICA den Power Metal nicht neu erfinden, so schaffen sie es doch, sich angenehm aus der Masse hervorzuheben, und bieten neben einer erhabenen musikalischen Performance auch eine professionelle, ja fast durchgestylte Show. Sänger Thomas agiert sicher und bringt das Publikum immer wieder zum Ausrasten, und auch der Rest der Band ist bestens aufeinander eingespielt. Als dann auch noch ein Gast-Keyboarder für eine Ballade auf die Bühne gebeten wird, zücken alle brav die Feuerzeuge, und ECLIPTICA zeigen auch im Balladen-Bereich ein Gespür für gute Melodien. Die lautstarken "Zugabe!"-Rufe nach dem letzten Song werden mit einem ganz besonderen Cover belohnt. ECLIPTICA wagen sich an die Königsdisziplin und bringen ein Cover von QUEENs 'The Show Must Go On', das die Band mit dreistimmigem Gesang echt gut meistert. Klar, an das Original kommt so schnell keiner ran, aber ECLIPTICA schaffen mit dieser Cover-Version Gänsehautfeeling und einen würdigen Abschluss für einen professionellen Auftritt. Und das Beeindruckendste an der ganzen Sache: Das war der erste Gig von ECLIPTICA!!! Ein Geheimtipp für jeden Power-Metal-Fan!

BASEMENT machen ihre Sache auch sehr gut, haben einen talentierten Sänger, bestens eingespielte Musiker und sind einfach nett anzuhören. Der gediegene Progrock kommt zwar gut an, doch sind eindeutig weniger Leute im Publikum, und BASEMENT schaffen es auch nicht, das Energielevel zu halten. Wenn man sich allerdings nicht so sehr mit der Musik der Band befasst hat, wird das Ganze schnell relativ eintönig. Nein, schlecht ist es nicht, es ist nur eher Musik zum Nebenbeihören, und zur Untermalung einer gepflegten Barrunde beim dritten oder vierten Whisky-Cola eignet sich BASEMENT dann doch sehr gut. Vielleicht zündet es ja beim zweiten Mal?

Schon vor dem Auftritt sieht man Devon durch die Menge schleichen, bei einigen Bands sogar still betrachtend im Publikum, und auch der Rest der Truppe ist mit Freunden, Bekannten und Fans in der Menge am Feiern. Als DEAD SOUL TRIBE endlich die Bühne betreten, fühlt man dieses besondere Kribbeln, die Aufregung wie vor einem Sturm. Devon ist voll und ganz in seiner Welt der Musik, bewegt sich wie ein Magier, lässt seinen Gefühlen freien Lauf und zieht einfach jeden mit seinem Charisma in den Bann. Schon nach dem ersten Song, 'Wings Of Faith', ist man mitten in der Welt von DEAD SOUL TRIBE und spürt das besondere Feeling, das Devon mit seinen Songs rüberbringt. Zwar verzichtet Devon dieses Mal auf Geigenbogen und Akustikklampfe, doch das Megaphon zu 'Wings Of Faith' darf nicht fehlen. Mit dieser besonderen Rythmik, den dezent exotischen Drumsounds von Adel und dem psychedelischen Sound ist man sofort in diesem DEAD SOUL TRIBE-Paralleluniversum gefangen. Die sehr persönliche Atmosphäre (auch bei DEAD SOUL TRIBE hält sich der Andrang in Grenzen), der Top-Sound und die schöne Lichtshow untermalen die Musik perfekt. Devon freut sich über die kleine, aber feine Fangemeinde und verspricht, in Zukunft öfter mal solche Heimgigs zu spielen, was man ihm angesichts des breiten Grinsens und der Freude seiner Mitmusiker an diesem Auftritt auch tatsächlich so glauben mag.

So verzaubert der Meister das Publikum weiter mit seinen Songs, Emotionen pur und einer etwas ungewöhnlichen Songauswahl, die einen guten Querschnitt des Schaffens von DEAD SOUL TRIBE präsentiert. Ja, hier muss kein Album mehr promotet werden, die Band spielt anscheinend nur das, was Spaß macht, und erntet vor allem bei den "A Murder Of Crows"-Stücken Begeisterung und lautstarken Applaus. 'The Love Of Hate' mit seiner fast weihnachtlichen Botschaft "Hate can only create more hate" ist ebenso ein absolutes Highlight wie 'Feed' oder 'In A Garden Made Of Stones'. Als die Band am Ende von der Bühne verschwindet, scheint Devon erst mal etwas verwirrt zu sein, und fast schaut es so aus, als würde er noch einige Stunden spielen wollen. Doch der ironische Nachsatz, dass sie jetzt mal das Zugabe-Spielchen erwarten und dann eh noch auf die Bühne kommen, bingt ihn schnell wieder auf den Boden der Realität zurück, und die Band legt mit 'Powertrip' vom Debüt-Album und dem PSYCHOTIC WALTZ-Song 'Skeleton' noch zwei heiße Eisen nach. Devon erwähnt noch, dass Rollz und Adel heute Geburtstag feiern gehen (der Eine hatte grad, der Andere bald), und fordert die Menge auf, den eh schon betrunkenen Jungs noch ein paar zusätzliche Drinks zu spendieren. Leider ist dann auch ohne das geforderte 'I Remember' schluss (wir erinnern uns: keine Akustikklampfe dabei, und ohne geht's nicht), trotz weiterer "Zugabe!"-Rufe. Aber auch die schönsten Dinge gehen mal zu Ende, und man kann wenigstens mit der Gewissheit nach Hause gehen, gerade eines der besten DEAD SOUL TRIBE-Konzerte erlebt zu haben.


Setlist:
Wings Of Faith
A Flight On Angels Wings
The Love Of Hate
Spiders And Flies
The Messenger
Angels In Vertigo
Some Things You Can't Return
My Dying Wish
Let The Hammer Fall Down
In A Garden Made Of Stones
One Bullet
Feed Part 1 - Stone By Stone
----
Powertrip
Skeleton

Redakteur:
Caroline Traitler

Login

Neu registrieren