Die Kassierer - München

19.02.2008 | 10:43

15.02.2008, Backstage Werk

Heute Abend sollte es amtlich werden. DIE KASSIERER, die erstaunlichste Band des Universums, die älteste und intensivste Anal-Sex-Show der Welt, der ulkigste und coolste Sänger einer Musikgruppe ever, die mit unzähligen weiteren Superlativen schmückbare Punk-Band, gaben sich heute Abend die ... ja, was eigentlich? Ehre? Ne. Klinke? Auch nicht. Vielleicht die beste Show, die jemals irgendwo auf diesem spießigen Planeten gespielt wurde? Hmm, nein, "beste" ist irgendwie auch nicht richtig. Die mächtigste Show? Ja, das trifft es ziemlich genau. Also nochmal: Heute Abend waren die mächtigen KASSIERER in München zu bestaunen. Und ich war auch dabei. Irgendwie. Metal meets Punk meets Psychatrie meets lots of Helle Bier meets rektal eingeführte Handschuhe meets ... doch halt, alles der Reihe nach:

Nach einem gemütlichen Bierchen in der ultimativen Münchner Szenekneipe "Bavaria" haben wir uns mit der Straßenbahn in Richtung des Backstage-Werks aufgemacht. Die Information ist deshalb interessant, weil ein fröhliches "Sing - Sing - U - F - O" schon die ersten Mitstreiter um uns versammelte, wir den anwesenden Spießern mit mehr oder weniger richtig wichtigen KASSIERER-Zitaten die Schamesröte ins Gesicht gezaubert haben und uns selbst auf den folgenden Trip einstimmen konnten. Vor Ort zeigte sich, dass die Punkbewegung doch (noch) nicht so tot ist, wie immer wieder skandiert wird. Und dass auch ein paar andere Metalheads den Weg ins Werk gefunden haben - ich war also nicht allein. Aufgefallen sind mir vor allem ein paar Typen mit MANOWAR-Shirts. Fand ich das am Anfang noch komisch, wurde mir am Ende des Konzerts vieles klarer. Der erste Moshpit/Pogopott des Abends befand sich dann auch nicht vor der Bühne, sondern vor der Abendkasse bzw. Gästeliste. Eine gute Einstimmung für das Konzert, gewissermaßen die halbe Stunde Gymnastik vor dem eigentlichen Wettkampf.

Drinnen zeichnete sich ab, was im weiteren Verlauf des Abends Gewissheit werden sollte: Das Backstage Werk wird voll. Sehr, sehr voll. Die langen Schlangen vor Garderobe und Bar waren abschreckend, von sündhaft teuren Bierpreisen ließen wir uns trotzdem nicht abhalten. Musik gab es dann um neun Uhr auch schon. Und zwar in Form der Münchener THE CROWDS. Soweit ich das aus dem Soundbrei heraushören konnte, machen die Jungs einen Keyboard/Synthie-Punk. Irgendwie eigenwillig, irgendwie ziemlich schlecht und billig. Einigen hat's dennoch gefallen. Vor der Bühne war auf jeden Fall ein bisschen was los. Klar ist allerdings: Wie bei allen KASSIERER-Konzerten ist die Vorband wirklich nur Beiwerk. Das Ende bekommen wir demnach auch nur von draußen mit. Der nachfolgende Blick auf den Merchandise-Stand macht klar, dass es hier nicht um Profit, sondern um Fanfreundlichkeit geht. Ein Shirt für 12 Euro, da kann man sich echt nicht beklagen.

Deutlich nach zehn Uhr gehen endlich die Lichter im Saal aus. Blaue Bühnenbeleuchtung und Nebel läuten das unumstrittene Highlight des heutigen Abends ein und das Warten hat ein Ende. Als Intro haben die KASSIERER den klassischen "Star Wars"-Soundtrack gewählt und meine Pumpe geht auf 180. Die Leute um mich herum, vor der Bühne, auf den Seitenrängen gehen schon jetzt ab wie Schmidts Katze und kennen erst recht kein Halten mehr, als Wölfi die Bühne betritt und schmettert: "Wir sind die Kassierer aus Wattenscheid und fangen jetzt an zu saufen!" Leider ist der Beginn des Konzertes von Rückkopplungen geprägt, die bis zum zweiten Song allerdings aus der Welt geschafft werden. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Im Gegenteil, das ganze Backstage Werk tobt, uns eingeschlossen. Und schon zum dritten Song laufen die ersten Nackten über die Bühne. Wölfi selbst erspart uns an diesem Abend einen ausführlicheren Anblick seines Gemächts, die obligatorische Analshow ist allerdings ebenso dabei wie ein Best-of der KASSIERER-Songs.

Zwischendrin wollte ich dann mal eben Bier holen gehen. Und das stellte sich dann doch als regelrechte Odyssee heraus: Erstens gab es in dem mit Sicherheit ausverkauften Backstage Werk nur zwei Bars, und dann waren an den beiden Bars jeweils lediglich zwei Servicekräfte. Demenstprechend war vor den Bars wahrscheinlich ebenso viel los wie vor der Bühne. Unmöglich - sowohl für die Besucher als auch für die Barleute. Dass das Bier sowieso viel zu teuer war, habe ich ja Eingangs schon erwähnt. Ich hoffe, dass diesen Halsabschneidern von Veranstalter die Kunden ausgehen und einfach mal klar wird, dass dieser stete Preissteigerungstrip bei (im besten Fall) gleichbleibendem Service nicht ohne Ende möglich ist. Wirklich zum Abgewöhnen.

Doch ein kurzer Blick auf die Bühne ließ den Ärger wenigsten für die Zeit des Konzerts vergehen: Wer DIE KASSIERER kennt, weiß, dass ihre Songs große Livequalitäten haben. So gut wie jedes Lied hat einen lustigen wie eingängigen Refrain, sei es "Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen" oder "Deutsche Polizisten, Gärtner und Floristen", so gut wie jeder Strophentext lädt zum Mitgrölen, Fäuste recken und Bier schütteln ein. Als Wölfi dann noch seinen Spickzettel zum Ablesen der "ultra-schweren" Texte rauskramte, war wohl auch der letzte Zweifler im Saal dem eigentümlichen Charme der Alt-Punker verfallen. Um zum Schluss nochmal kurz auf die MANOWAR-Fans vom Anfang zurückzukommen: Ja, es gab auch Brüste zu sehen. Und davon mehr als bei dem letzten Konzert der Amis um Joey DeMaio. Folglich ist die Anwesenheit der MANOWAR-Fans in der Hinsicht also gar nicht so abwegig. Nach über zwei Stunden Wein, Weib und Gesang geht dann leider auch der größte Spaß zu Ende. Das Konzert war wirklich der Hammer. Witzig, selbstironisch, einfach gut. Muss mal überlegen, ob das mit dem Punk nicht doch noch was für mich wäre ...

Setlist:
Besoffen sein
Sex mit dem Sozialarbeiter
Das politische Lied
Mein Gehirn, dein Gehirn
Mein Vater war ein Hurenbock
Blumenkohl am Pillemann
Mach die Titten frei, ich will wichsen
Kuckuck!
Warum ich immer so traurig bin
Dr. Martens
Katze
Kein Geld für Bier
Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist
Ich töte meinen Nachbarn und verprügel seine Leiche
Das Lied vom Hass
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Showblock
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Schnaps und Bier
Großes Glied
Kommste mit ins Stadion
Deutsche Polizisten
Haschisch aus Amsterdam
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Medley: U.F.O. / Smoke On The Water / Tot, tot, tot / Schlagzeugsolo
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Mit meinem Motor
Stinkmösenpolka

Redakteur:
Julian Rohrer

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