Dimmu Borgir (Listening Session) - Donzdorf

27.06.2003 | 03:24

14.06.2003, Burg Hellenstein

Noch großartig über den Stellenwert von DIMMU BORGIR erzählen zu wollen, das hieße ganz eindeutig Holz in den Wald tragen. Die Norweger haben sich zusammen mit CRADLE OF FILTH an die Spitze der Black Metal-Bewegung gespielt, und ganz egal wie viele Neider und Spötter DIMMU immer wieder "Verrat" am Genre vorwerfen - mit "Enthrone Darkness Triumphant" haben die Skandinavier mal eben so eine Schwarzwurzel-Generation mitbegründet.

Mit "Death Cult Armageddon" steht nun aller Voraussicht nach im September das neue Album ins Haus. Nach dem gar superben Vorgänger "Puritanical Euphoric Misanthropia" war klar, dass ein schweres Stück Arbeit auf das Sextett zukommen würde, falls man dieses Post-BM-Meisterwerk noch überbieten wollte.
Um genau dieses bewerten zu lassen, luden Nuclear Blast zur sehr exklusiv gestalteten Listening Session auf der Burg Hellenstein, welche sich ca. 30 km entfernt von Donzdorf befindet.
Den hohen Stellenwert von DIMMU BORGIR konnte man dort alleine schon an der anwesenden Journalisten-Schar abschätzen, gut 50 Kollegen aus aller Herren Länder (unter Anderem waren Schreiberlinge aus den USA, Griechenland, Spanien, Frankreich, England und Belgien anwesend) labten sich kurz nach der Ankunft am Begrüßungs-Buffet.

Nachdem sich insbesondere die Band zur Genüge am Biervorrat bedient hatte, gab es vor der Freilichtbühne in der Burg endlich die Möglichkeit, in das neue Werk der Mannen von der "Dunklen Burg" reinzuhören - und nach insgesamt elf Songs machte sich zunächst mal begeistertes Schweigen breit, bevor der Applaus loslegte.
"Death Cult Armageddon" ist, so viel sei vorweggenommen, deutlich leichter zu verdauen als der teils doch schon recht vertrackte Vorgänger. Die einzelnen Songs kommen schneller auf den Punkt und sind insgesamt gesehen deutlich kürzer gehalten - und trotzdem hat man die auf "PEM" eingeführten Trademarks beibehalten und weiterentwickelt.

Der Opener 'Allegiance' besticht durch ein elektronisch beginnendes, dann sehr hymnisches Intro, wobei insbesondere die tollen Gitarren-Harmonien herausstechen. Typischer DIMMU-Bombast, im positiven Sinne. Danach legt ein Blastbeat-Gewitter los, welches, von sehr akzentuierter Klampfen-Arbeit begleitet, schnell und zielsicher zuschlägt. Ein Einstieg par excellence.
Was sofort auffällt ist, dass gerade das Riffing etwas simpler gehalten ist, als das auf "PEM" der Fall war, ein deutlich höherer Thrash-Einfluß lässt sich hier nicht leugnen.
Nicht verändert hat sich hingegen die hohe Anzahl an Taktwechseln, welche seit eh und je den Stil von DIMMU ausmacht. Außerdem ist wieder ein Symphonie-Orchester mit am Start, welches nicht nur den bombastischen Faktor auf "DCA" deutlich erhöht, sondern vor allem auch in einigen Songs sehr schöne Kontrapunkte zur Gitarrenfront bildet. Verbessern konnte man nochmals den Drum-Sound, so klingt Nick Barkers Geprügel dank massivem Trigger-Einsatz nicht nur überzeugend wuchtig, sondern vor allem auch richtig fies. Gut so.
Stichpunkt Bombast: Der zeigt sich bei 'Progenies Of The Great Apocalypse' in vollem Umfang, nicht nur durch perfekt platzierte Orchester-Breitseiten, sondern auch durch kurze Chor-Passagen, die das ohnehin schon sehr abwechslungsreiche Geschehen noch weiter auflockern. Auch die Tatsache, dass der recht ruhige Mittelteil mit Klavier-Untermalung und Spoken Word-Parts aufwarten kann, ist der Band absolut positiv auszulegen.
Mit 'Lepers Among Us' macht sich dann der bis dato modernste DIMMU-Song auf dem Silberling breit, bei dem gekonnt die auf "PEM" bereits kreierte, düstere, eiskalte und unheilvolle Atmosphäre auf ein neues Level geführt wird. Ganz nebenbei hat sich die Sechssaiter-Fraktion hier ein absolutes Killerriff aus den Nietenarmbändern geschüttelt - Respekt!
Was ich bisher ein wenig vermisst hatte waren die hochmelodischen, zweistimmigen Gitarren-Leads, welche dann aber endlich in ''Vredesbyrd' auftauchen sollten. Wurde auch Zeit. Das Stück mit norwegischem Titel ist insgesamt eher getragen und im Mid-Tempo angesiedelt, was aufgrund der Hochgeschwindigkeits-Orgien zu Beginn aber nur gut ist.

Im weiteren Verlauf werde ich auf die einzelne Aufzählung und Beschreibung der Songs verzichten, da dies auf Dauer sicherlich zu ermüdend für die werten Leser würde ;-)
Insgesamt lässt sich sagen, dass DIMMU BORGIR auch weiterhin das Wort Abwechslung in Großbuchstaben schreiben, so finden sich auf "DCA" teils sogar doomig wirkende Songs ('Blood Hunger Doctrine') und eine menge getragener Bombast, der jedoch nie im gleichen Gewand aufgefahren wird. Insbesondere die Mitwirkung des Orchesters konnte nochmals verbessert werden, und so wirken die klassischen Instrumente (an denen sich des öfteren auch die Keyboards orientieren) nahezu perfekt in die schwarzmetallische Musik integriert. Das wiederum eröffnet eine komplett neue Klangdimension, welche DIMMU sehr gut zu nutzen wissen.
Wie bereits erwähnt, wird der Spagat zwischen orchestralem Bombast und fast schon klinisch unterkühlter Technik/Elektronik bis aufs äußerste ausgereizt. Die somit entstandene Atmosphäre ist in der Tat nur noch mit "beängstigend" zu bezeichnen.
Die cleanen Gesangsparts wurden, ähnlich wie die zweistimmige Gitarrenarbeit im Solo-Bereich, deutlich minimiert, so darf Simen nur noch bei 'Allehelgens Dod I Helveds Rike' seine Sangeskünste unter Beweis stellen, wobei anzumerken ist, dass er sich im direkten Vergleich zu "PEM" nochmals steigern konnte. Der Song ist im übrigen eine Midtempo-Hymne der absoluten Oberklasse, vielleicht nach 'Mourning Palace' der eingängigste DIMMU-Song überhaupt.
Des weiteren hat sich der Sechser auch zumeist auf das Wesentliche beschränkt, so sind die Stücke an sich doch deutlich kürzer gehalten, als dies auf "PEM" der Fall war. Der deutlich erhöhte Thrash-Anteil beim Riffing - manche mögen es auch als klassischen Heavy Metal-Einfluss sehen - trägt dazu bei, dass "DCA" zielsicherer und schneller tötet als der Vorgänger.
Die Produktion ist erneut hervorragend gelungen, drückend, glasklar und differenziert genug, um allen beteiligten Instrumentalisten (was beileibe nicht wenige sind) genügend Raum zur Entfaltung zu geben. Nick Barkers Drumming ist schlicht und einfach nur noch als genial zu bezeichnen, der gute Mann hat hier meiner Meinung nach mit die beste Leistung seiner Karriere abgeliefert.

Summa summarum: Wer mit dem Vorgänger aufgrund der erhöhten Komplexität nicht wirklich warm wurde, dafür aber die neu erschaffene Atmosphäre zu schätzen wusste, der wird mit "Death Cult Armageddon" auf jeden Fall warm werden. Das Album lotet die Grenzen und Extreme, welche DIMMU BORGIR für sich definiert haben, weiter aus und kann voll und ganz als weiterer Fortschritt angesehen werden.
Ich persönlich finde es etwas schade, dass man das Technik-Level ein wenig heruntergeschraubt hat, da dies ein wichtiger und toller Bestandteil von "PEM" in meinen Augen war, aber mit dieser Meinung stand ich recht alleine da. Man kann nicht alles haben...;-)

Im Anschluss an die Listening Session gab es dann ein opulentes Festmahl im Bürgerhaus zu Donzdorf, bei dem für jeden etwas dabei war - an dieser Stelle ein ganz dickes Lob an die Veranstalter vor Ort und an Nuclear Blast für die perfekt gelungene Koordination und Durchführung!
Auch wenn einige Kollegen - und insbesondere die Band - etwas weniger trinken und mehr hätten essen sollen, war dies ein perfekter Ausklang eines sehr interessanten Abends.
In diesem Sinne - look out for "Death Cult Armageddon"!

DIMMU BORGIR - Death Cult Armageddon
VÖ: September 2003

Tracklist:

01. Allegiance
02. Progenies Of The Great Apocalypse
03. Lepers Among Us
04. Vredesbyrd
05. For The World To Dictate Our Death
06. Blood Hunger Doctrine
07. Allehelgens Død I Helveds Rike
08. Cataclysm Children
09. Eradication Instincts Defined
10. Unorthodox Manifesto
11. Heavenly Perverse

Redakteur:
Rouven Dorn

Login

Neu registrieren