ELVENKING und BROTHERS OF METAL - Hamburg
15.01.2020 | 08:3309.01.2020, HeadCrash
Gute Bands in viel zu kleinem Club. Ein Abend in der Hamburger Sauna.
Ein Donnerstagabend im Hamburg, alle tragen dicke Mäntel, um sich vor Regen, Wind und Kälte zu schützen. Nun stellt euch mal vor, ihr wärt auf dem Weg zur ersten Show der Doppelheadlinertour von ELVENKING und BROTHERS OF METAL und... die Garderobe würde wegen Überfüllung keine Jacken mehr annehmen. Nachdem ihr zwanzig Minuten in der Schlange zur Garderobe stehen durftet, während euch im Innenraum Zigarrettenabgase ins Gesicht geblasen wurden. Das HeadCrash war ganz offensichtlich nicht darauf eingestellt, dass eine ausverkaufte Show im Januar durchaus einen gewissen Lagerungsbedarf für Klamotten benötigt. Aber nützt ja nichts, Jacke über'n Arm und Treppe hoch - schließlich ist es schon kurz vor acht und wir haben Durst.
Nach dem Erklimmen der Stufen erwartet uns jedoch schon der nächste Schreck. Der Raum ist bis zur Tür mit erwartungsfrohem Publikum gefüllt, die Temperaturen erreichen schon vor dem ersten Ton gefühlte dreißig Grad Celsius. Wir finden einen Platz ganz hinten an der Wand, gerade rechtzeitig, denn die Italiener ELVENKING beginnen auf die Minute genau. Ich bin zunächst etwas enttäuscht, dass die seit über zwanzig Jahren aktive Band zuerst auf die Bühne muss - bei einer Doppelheadliner-Show hätte es ja auch anders sein können - doch im Nachhinein bin ich froh, dass es so kam. Wirklich lang können wir es mit den dicken Jacken nämlich in dem kleinen Club nicht aushalten. Im Treppenhaus ist es luftiger, sehen können wir eh nicht viel. Dafür aber hören. Und wir hören zunächst ein schönes Eröffnungstripel vom aktuellen Album "Reader Of The Runes - Divination", auf dem heute deutlich der Schwerpunkt liegt. Denn immerhin ein Drittel der heute zu hörenden Titel stammt von der großartigen letztjährigen Scheibe. Leider ist der Sound wirklich suboptimal. Drums und Geige sind schön laut, die Gitarren kann man kaum vernehmen, die Backing Vocals sind nur optisch vorhanden. Das wird leider auch bis zum Ende des Sets nicht besser.
Das ist schade, doch Songs wie 'Elvenlegions', 'Divination' oder 'Pagan Revolution' machen trotzdem sehr viel Spaß. Die Stimmung vor der Bühne ist jedenfalls gigantisch, gereckte Fäuste und grinsende Gesichter, wohin man nur schaut. Und auch die Musiker auf der kleinen Bühne scheinen mächtig Spaß zu haben. Vor allem Fronter Damna und Violinist Lethia ziehen mit ihrer Spielfreude die Blicke auf sich, wenngleich die Platzverhältnisse nicht viel Bewegungsspielraum bieten.
Setliste: Perthro; Heathen Divine; Sic Semper Tyrannis; Draugen's Maelstrom; Pagan Revolution; A Prayer to Cernunnos; Moonbeam Stone Circle; Silverseal; Through Wolf's Eyes; On the Morning Dew; Under the Sign of a Black Star; The One We Shall Follow; Divination; The Divided Heart; Elvenlegions; Neverending Nights; The Wanderer; The Loser
Nach kurzer Umbaupause, die zum Luftschnappen in der Hamburger Nacht einlädt, stehen auch schon die BROTHERS OF METAL auf der Bühne. Ich muss gestehen, dass mich das plakative Metalklischee, das die Band bedient, bisher von einer näheren Beschäftigung mit der Musik der Schweden abgehalten hat. Dabei veröffentlicht die Gruppe bei AFM Records, deren Entscheidungsträgern ich fast immer einen famosen Musikgeschmack unterstelle. Aber das "Metal" im Namen, das Besinnen auf oberflächliche nordische Mythologie (ihr wisst schon Ragnarök, Valhalla und Co. - tausend mal gesehen und sicher hundert Mal spannender erlebt) und die Promofotos beschweren meine Interessensbildung. Ich bin trotzdem gespannt, was mich hier heute erwartet, denn die vielen Bandshirts, die hier herumlaufen, sprechen eine eindeutige Sprache.
Wir nehmen wieder Platz im Treppenhaus und schauen der achtköpfigen Band zu, wie sie versucht, sich auf die Bühne zu quetschen. Gleich zwei "hauptberufliche" Sänger und eine Sängerin schwingen ihre Mikrofone und singen recht simple Texte über schon genannte Themen. Dabei geben sie allerdings eine ziemlich gute Figur ab. Vor allem Joakim, der sehr an den Warlord von TURISAS erinnert und Ylva verfügen über sehr ausdrucksstarke Stimmen. Dagegen scheint Mats Nilsson eher nur zum Refrain einzusteigen und zwischen den Songs den Anheizer zu spielen. Das funktioniert heute prima, die Menge kocht - und das liegt nicht allein an der fehlenden Lüftung und der geschlossenen Garderobe. Die aufwändig Kostümierten haben auch viel mehr Glück beim Sound, denn der ist nun schön ausgewogen. Leider gehen mir - der ich mich aufgrund der unglücklichen Umstände nicht unbedingt in Partylaune befinde - die wirklich einfach gehaltenen Feier-Songs schon nach einigen Titeln etwas auf den Geist. Auch der Mantel wird immer schwerer und der Weg zur Theke ist viel zu beschwerlich. Und so entschwinden wir recht früh wieder aus der Hamburger Sauna. Es bleibt die Frage, warum die Show im kleinen HeadCrash stattfinden musste. Hamburg bietet doch einige etwas größere Alternativen, mehr Karten hätte man - den Beschwerden in den sozialen Medien zufolge - durchaus auch noch verkaufen können. Wir hoffen darauf, dass vor allem die italienischen Elfen noch einmal den Weg nach Norddeutschland finden und dann ein etwas glücklicheres Händchen beweisen.
- Redakteur:
- Marius Luehring