Earthshaker Festival 2006 - Rieden/Kreuth

03.09.2006 | 19:26

20.07.2006, Festivalgelände

Samstag, 22.07.

SCAR SYMMETRY
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich SCAR SYMMETRY bisher nur dem Namen und dem Logo nach kannte. Das wird sich heute ändern, haben die Jungs aus Schweden doch die Ehre, den Earthshaker-Samstag zu eröffnen. Das gelingt ihnen auch zur Zufriedenheit, denn die noch recht spärlich anwesenden Zuschauer haben sichtlich Spaß an ihrem Morgen-Weckruf mit melodischem, leicht progressiv-modern angehauchtem Melodic Death Metal. Sänger Christian Älvestam, stilsicher in ein ROTTEN SOUND-Leibchen gekleidet, fragt dann auch in die Runde, ob die Leute denn nun wegen VENOM oder wegen ARCH ENEMY da seien. Letztere haben erwartungsgemäß bei den SCAR SYMMETRY-Anhängern klar die Nase vorn, wobei die Jungs gar nicht so bescheiden sein müssen. Sicher sind auch etliche der gerade hier Versammelten besonders wegen ihnen da, denn der kleine aber feine Pit vor der Bühne geht besonders am Schluss des Gigs zu Songs wie 'The Illusionist' vom aktuellen Album "Pitch Black Progress" oder 'Reborn' vom Vorgänger "Symmetric In Design" ganz gut mit. SCAR SYMMETRY überzeugen aber auch den neutralen Beobachter - keine Frage! Der Sound ist etwas basslastig, trotzdem kommen die Riffs und vor allem der gemischte Gesang, der genre-typisch aus klarer Stimme und Growls zusammengesetzt ist, gut rüber. Die Gitarristen steuern ziemlich coole Backing Vocals bei, und Basser Kenneth Seil präsentiert sich als Aktivposten, der entsprechend über die Bühne tobt. Alles in allem ein guter Opener für den dritten Festivaltag.
[Rüdiger Stehle]

MENDEED
Auch bei MENDEED sind die Besucherzahlen mit schätzungsweise 200 bis 300 Fans eher am unteren Ende der Skala anzusiedeln. Aufgrund der Hitze und des Bierkonsums eines durchschnittlichen Festivalbesuchers einerseits verständlich. Andererseits können sich diejenigen, die MENDEED verpasst haben, getrost in den Hintern beißen, denn sie haben echt was verpasst! Die durchgehend blutjungen Schotten sind aufgrund ihres genialen Debüts "This War Will Last Forever" momentan nicht umsonst die Hoffnung der Metalcore-Szene. Auch auf der Bühne gehen die Jungs um Frontröhre David Proctor gut ab. Kaum ist das Intro (mit schönen Uilleann Pipes, richtig ur-schottisch) vorbei, gibt's ordentlich was auf die Mütze. Die Songs setzen sich natürlich hauptsächlich aus dem aktuellen und ersten Album zusammen, wobei 'Beneath A Burning Sky' der perfekte Einstieg ist, um die Zuhörer wach zu bekommen, denn ein schönes Doublebassgewitter am Morgen vertreibt Kater und Sorgen. Während Proctor durchgehend auf der Bühne unterwegs ist, sticht besonders Basser Chris Lavery als weiterer Aktivposten heraus, der schon jetzt post wie ein Großer. Zudem hat Proctor entweder gute Zähne, denn er macht seine Bierflaschen mit denselbigen auf, oder die Gesundheitsvorsorge in Schottland ist besser als bei uns, so dass er sich keine Sorgen um seinen Zahnersatz macht. Gesanglich und spielerisch ist alles einwandfrei, wobei der Sound wie fast immer auf Festivals zu wünschen übrig lässt. Spätestens beim saustarken 'Resurrecting Hope' in der Mitte des Sets haben MENDEED auch die Zuschauer begeistert, die nun auch ordentlich abfeiern und merken, dass der Metalcore dieser Band seine Wurzeln eindeutig im Metal hat und nicht nur was für Core-Fans ist. Hier mal ein geiles IRON MAIDEN-Riff, dort eine Nuance CARCASS oder SLAYER - super! Auch das schon fast "true" 'Stand As One And Fight For Glory' wird gut aufgenommen, und endlich kreisen auch einige Matten. Die Stimmung hält an, bis mit 'The Reaper Waits' schließlich der letzte Song des Tages angekündigt wird. Fazit: MENDEED sind schon jetzt eine starke Liveband, auch wenn die Ansagen noch ein wenig dürftig sind. Beim Stageacting und spieltechnisch sind sie aber schon richtig gut. Mich haben die Schotten so überzeugt, dass ich gleich zum Metalmarkt gepilgert bin und mir ihr Debütalbum angeschafft habe - das dürfte alles sagen: MENDEED gehört die Zukunft.
Ach ja, danach gibt's noch eine folkloristische Tanzeinlage einer fränkischen Tanzgruppe, die den erstaunten Besuchern ihren Schuhplattler zeigten. So was gibt's wohl auch nur in Franken.
[Martin Schneider]

Setlist:
Intro
Beneath A Burning Sky
Ignite The Flames
Poisoned Hearts
Resurrecting Hope
Divided We Fall
Stand As One And Fight For Glory
Whitered And Thorn
Glory Be Thy Name
The Reaper Waits

BRAINSTORM
Da man noch unbedingt den Tigerentenclub sehen will (O-Ton Andy B. Franck) tauscht man schnell mit ENSIFERUM, und so geht's mit BRAINSTORM etwas früher los. Mit dem Starter der neuen Platte "Liquid Monster", 'Worlds Are Coming Through', geht die Reise durch die Alben und ein schön abwechslunsgreiches Programm los. Nach der oben erwähnten Begründung für den verfrühten Auftritt ging es mit 'Blind Suffering' weiter, und bevor man glaubt, es bleibt bei "Metus Mortis", hüpfen die Schwaben mit dem geilen 'Shiva's Tears' weiter zu "Soul Temptation". 'The Leading' lässt dem Publikum wieder keine Ruhe, und während dies begeistert weitermacht, gibt's das geile 'Highs Without Lows'.
'Hollow Hideaway', ein weiterer "Metus Mortis"-Knaller, deutet das Ende des Konzerts an. 'Inside The Monster' schließt auch das "Liquid Monster"-Kapitel, und mit dem Pflichtstück 'All Those Words' endet ein großartiges Konzert verfrüht. Zusammenfassend genau das, was ich mir wünsche: die Alben mal kurz angespielt, Spitzen-Stimmung bei einer Spitzenband sowie eine energiegeladene Show am frühen Morgen. Danke.
[Lars Strutz]

ENSIFERUM
Als ENSIFERUM ihren Soundcheck selbst übernehmen, merkt man schon die große Vorfreude und Spannung der angereisten Fans. Als dann das Intro des ersten Albums ertönt, ist klar, dass es eine riesige Party geben wird. Mit dem Song 'Hero In A Dream' starteten die Finnen rasant, was schon eine große Menge Köpfe zum Kreisen bringt. Beim anschließenden 'Guardians Of Fate' stellte sich heraus, dass die vielen Auftritte in der Vergangenheit besonders bei Markus Toivonen und Sami Hinka gefruchtet haben, denn ihr klarer Gesang ist hörbar besser geworden. Die ohnehin schon gute Stimmung wird durch das darauf folgende 'Tale Of Revenge' noch einmal deutlich gesteigert, was sich durch erste Moshpits vor der Bühne bemerkbar macht. Als nächste Songs auserkoren ist 'Dragonheads', der Titelsong der gleichnamigen MCD, und das nicht minder starke 'Windrider'. Als dann aber die Anfangsmelodie von 'Into Battle' beginnt, geht sofort ein Jubelschrei durch das Publikum. Mit 'Old Man' und 'Token Of Time' sind auch die zwei letzten Songs meiner Meinung nach gut gewählt, weil sie die Show positiv abrunden. Leider kann sich Frontmann Petri nicht einmal mehr von den Fans verabschieden, da ihnen sofort nach dem letzten Song der Saft abgedreht wird. Abschließend bleibt zu sagen: ENSIFERUM sind eine superstimmige Live- Band mit einer immer besser werdenden Bühnenpräsenz.
[Marcus Schneider/Gastautor]

KATAKLYSM
Was braucht man, um müde und hitzegeplagte Metaller wieder munter zu machen? Richtig, eine ordentliche Abrissbirne! Und wer könnte das wohl besser machen als die Kanadier KATAKLYSM? Kein Wunder also, dass die Zuschauerzahlen nach ENSIFERUM deutlich stiegen.
Mit 'Like Angels Weeping (The Dark)', dem Opener des neuen Albums, startet man erwartungsgemäß furios. Sofort ist das Publikum voll dabei, und die Matten kreisen in Höchstgeschwindigkeit, was Sänger Mauricio mit einem "You guys fucking rule!" kommentiert. Überhaupt präsentieren sich die Kanadier in gewohnt guter Form, wobei es immer wieder beeindruckend ist, was Rückkehrer Max Duhamel (Drums) zu leisten im Stande ist. Schneller geht’s kaum, was vor allem der KATAKLYSM-Überhit 'The Resurrected' vom "Serenity In Fire"-Album beweist, welches auch mit Abstand der Höhepunkt der Setlist ist. Der Schwerpunkt derselbigen liegt erwartungsgemäß auf dem letzten Output (vier Songs), was aber bei der Qualität von "In The Arms Of Devastation" vollkommen in Ordnung ist. Gesanglich ist auch alles okay, denn Mauricio überzeugt sowohl bei den tiefen Growls als auch bei dem hohen Kreischen voll.
Nach dem Highspeed-Knaller 'Let Them Burn' wird das Publikum von eben diesem mit einem "We need more fucking violence!" noch einmal auf Vordermann gebracht, worauf sich der gesamte vordere Teil in einen riesigen Moshpit verwandelt, der auch noch über den Song 'Shadows & Dust' anhält. Danach ist es für die restlichen Songs 'Where The Enemy Sleeps...', 'The Ambassador Of Pain' und 'As I Slither' etwas ruhiger, wobei immer noch mehr los ist als bei den meisten anderen Bands zuvor. Auch hier ist die zeitliche Ansetzung (wie auch am Vortag bei DIE APOKALYPTISCHEN REITER) perfekt gewählt, um mal wieder etwas Schwung vor die Bühne zu bekommen, denn die treibenden Drums und deren Brutalität lassen nur wenige unbeeindruckt. Starker Auftritt der Kanadier, auch wenn sie mir in kleinen Clubs noch einen Tick besser gefallen.
[Martin Schneider]

EKTOMORF
Als die ungarischen Thrasher EKTOMORF vor das Publikum treten, ist dieses durch den glänzenden Auftritt von KATAKLYSM noch voll auf Touren, und so stellt es für die Gebrüder Farkas keinerlei Probleme dar, die super Stimmung durch ein paar knackige Ansagen à la "I wanna see a fucking moshpit" zu konservieren. Mit 'Set Me Free' starten sie gleich recht ordentlich, und das bildet den perfekten Aufgalopp zum darauf folgenden EKTOMORF-Überhit 'Show Your Fist'. Dass dieser sofort einen großen Moshpit vor der Bühne ausbrechen läßt und die restlichen Köpfe zum Kreisen bringt, wird sich wohl jeder denken können. Bei 'Fuck You All' erreicht Zoltàn, dass die gesamte Meute zu Hüpfen anfängt, was die Stimmung förmlich explodieren lässt. Die darauf folgenden 'You Get What You Give' und 'Outcast' sind von diesem Ereignis noch sehr geprägt und dementsprechend stimmungsgeladen. Aber auch wenn ich es nicht für möglich gehalten hätte, steigert sich die Stimmung bei den drei letzten Songs 'Holy Noise', 'United Nations' und 'Serial Man' noch einmal, und das gesamte Publikum verwandelt sich in einen einzigen riesigen Moshpit.
Fazit von mir: Hammer-Liveband, bei der gute Laune und Partystimmung garantiert ist.
[Marcus Schneider/Gastautor]

Setlist:
Set Me Free
Show Your Fist
Instinct
Fuck You All
You Get What You Give
Outcast
I Know Them
Holy Noise
United Nations
Serial Man

ARCH ENEMY
Neben HAMMERFALL sind ARCH ENEMY mein Hauptgrund aufs Earthshaker Fest zu fahren. Spannend ist der Auftritt zudem, da die Frontröhre Angela Gossow auf den vorherigen Festivals durchgehend schlechte Kritiken bekam, weil ihre Stimme während des Sets immer dünner geworden sein soll. Ich kann vorab schon mal sagen: Die Stimme hielt, und wie!
Pünktlich um 16.55 Uhr betritt der deutsch-schwedische Fünfer die Bühne und lässt mit 'Nemsis' sofort den stärksten Song des aktuellen Albums "Doomsday Machine" von der Leine - und erntet sogleich frenetische Reaktionen. Vielleicht hat das Frau Gossow ein wenig verwirrt, denn sie macht ihre ersten beiden Ansagen komplett auf Englisch. Na ja, wenn man damit einen Hit wie 'Dead Eyes See No Future' ansagt, dürfte die Sprache relativ egal sein...
Dazu gibt es mächtig Bewegung auf der Bühne: Michael schüttelt auch die schwersten Riffs mit einer unglaublichen Lässigkeit aus dem Ärmel und setzt sich zusammen mit Bassist Sharlee D'Angelo gekonnt ihn Szene. Angela kreischt sich die Seele aus dem Leib, und Daniel Elandsson bearbeitet seine Felle, dass es eine wahre Freude ist. Einzig Neu-Gitarrist Fredrik Akesson wirkt noch etwas schüchtern. Das Treiben auf der Bühne sehen aber wohl die wenigsten, denn nur wenige Köpfe bewegen sich nicht im Kreis. Mit dem relativ langsamen 'My Apocalypse' kommt dann etwas Ruhe in die zahlreichen Pits. Doch die Pause währt nicht lange, denn mit 'Burning Angel', das Angela kurzerhand den anwesenden Damen widmet ("Für alle Frauen, denn sie sind das wahre starke Geschlecht!"), geht's wieder etwas schneller weiter. Trotz der absolut geilen Live-Performance geht einem aber der matschige Sound tierisch auf die Eier. Trotzdem werden ARCH ENEMY gnadenlos abgefeiert, besonders Angela wird mit anhaltenden "Angie, Angie"-Sprechchören immer wieder angefeuert.
Nachdem mit dem nicht weniger genialen 'We Will Rise' der Konzerthöhepunkt erreicht ist, ist nach gerade mal 45 Minuten leider schon Schluss. Leider etwas ärmlich, wenn man bedenkt, dass ARCH ENEMY in anderen Ländern schon Headliner-Status haben. Ich hoffe mal, dass sie bald auch in Deutschland so weit sind, denn Angela stellt ihre Qualitäten als Sängerin und Frontfrau eindrucksvoll unter Beweis (keine Spur von Schwächen in der Stimme!), und über die Qualitäten eines Michael Amott brauchen wir ja gar nicht reden.
Fazit: Genialer, aber leider viel zu kurzer Auftritt.
[Martin Schneider]

JON OLIVA'S PAIN
Der Bergkönig ist einer der größten Sympathieträger unserer Szene, und wo immer der schwergewichtige Mann aus Florida auftaucht, sorgt er für gute Stimmung und strahlende Gesichter. Das gelingt Jon Oliva auch heute, bei strahlendem Sonnenschein und brütender Hitze in der Oberpfalz. Dass er sich bewegungstechnisch bei dem Wetter ein wenig zurückhält, ist nur zu verständlich. Dafür ist er aber glänzend bei Stimme - fast ein Wunder, auf welches Level er wieder gekommen ist, wenn man bedenkt, wie kaputt seine Stimme mal war - und seine Sidekicks sind tight wie immer.
So schade das langsame Dahinscheiden von SAVATAGE auch ist, finde ich, dass PAIN spielerisch sehr wohl das Zeug haben, in die Fußstapfen der Legende zu treten. Da sich das Songmaterial ohnehin überschneidet, vermisse ich SAVATAGE kaum, so lange Jon Oliva live diese Qualität abliefert, wie er es auch heute wieder tun wird. Vom genialen Opener 'Warriors' an reiht sich ein Klassiker an den anderen. 'Sirens', 'Gutter Ballet' und eine starke Version von 'Jesus Saves', gesungen vom Bergkönig höchstselbst...was will man als SAVATAGE-Fan mehr?
Eher beiläufig bemerkt Gitarrist Matt LaPorte, dass Jon Oliva heute Geburtstag habe, woraufhin das Publikum spontan ein Geburtstagsständchen anstimmt. Ja, der Mann ist wirklich beliebt - und gerührt. Als nächstes spielt die Band 'The Hounds', das traditionell Jons verstorbenem Bruder gewidmet ist, bevor mit 'The Dark' und 'Gimme Some Hell' zwei Stücke vom aktuellen Album "Tage Mahal" an der Reihe sind, die zwar gut aufgenommen werden, aber nicht ganz die Reaktionen ernten wie die SAVATAGE-Klassiker. Aber das ist ja klar, oder?
Klassiker gibt es dann natürlich auch noch mal, nämlich das euphorisch abgefeierte und mitgeklatschte 'Believe' und den obligatorischen Oberhammer 'Hall Of The Mountain King' (Jon Oliva: "my theme song") als Rausschmeißer. So bleibt ein wie immer gelungener Gig von Jon Oliva & Co., der leider viel zu schnell wieder vorbei ist.
[Rüdiger Stehle]

Setlist:
Warriors
Sirens
Gutter Ballet
Jesus Saves
The Hounds
The Dark
Gimme Some Hell
Believe
Hall Of The Mountain King

DEATHSTARS
Pech gehabt haben auf dem diesjährigen Earthshaker Fest wirklich die Jungs von NEVERMORE: erst stehen sie im Stau, und letzten Endes wird der neu festgelegte Auftritt um 1:00 Uhr gecancelt. Glück für die Schweden der DEATHSTARS - sie tauschen mit NEVERMORE und spielen bereits am Nachmittag. Eine teilweise seltsam anmutende Schar von Menschen findet sich vor der Bühne ein: Vom "Gothic Girl" über eine "Brandon Lee/The Crow"–Kopie - alles vorhanden. Sänger Whiplasher betritt mit Gefolge die Bühne, allesamt bleich geschminkt mit einer gewissen Prise Extravaganz. Der Sänger seinerseits trägt eine Federboa. Nun ja. Nach dem ersten Song entblößt er schließlich seinen Oberkörper, auch ihm scheint es doch ein wenig zu warm zu sein. Die Goth/Industrial-Rocker spielen querbeet Songs von den beiden Alben "Synthetic Generation" und "Terminal Bliss". Soundtechnisch und musikalisch gut, nur etwas strange - Grufti-Schick und Sonnenschein, das passt irgendwie nicht zusammen!
[Diana Würsig]

OPETH
Mit OPETH ist das immer so eine Sache. Entweder man kennt alle Songs und weiß, wie man dazu abgehen müsste (zehn Prozent der Anwesenden), oder man probiert was Neues aus, hört sie sich zum ersten Mal an und hat ab der Hälfte der Lieder keine Ahnung, was man machen soll (neunzig Prozent der Anwesenden). Leider hat diesmal kaum jemand Lust was Neues auszuprobieren, weswegen die Bühne auch überraschend wenig Besuch erhielt. An den Jungs um Mikael Åkerfeldt lag es auf keinen Fall. Sie präsentierten ihren progressiven Death Metal wirklich einwandfrei. Ob nun altes oder aktuelles Material, jeder Song wusste zu begeistern. Nur zu schade, dass das kaum einer mitbekommen hat.
[Lars Strutz]

EDGUY
Just als EDGUY hätten anfangen sollen, fährt die Polizei vor und übermittelt per Lautsprecher eine akute Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes, und schon wird der Himmel schwarz, und Blitze zucken am Firmament. Die Veranstalter machen das einzig richtige und öffnen die anliegende Ostbayernhalle zum Unterstand und legen eine Bühnenpause ein, so dass alle Besucher sich in Sicherheit bringen können. Der Rezensent hockt sich derweil ins Auto und beobachtet eine Stunde lang das Gewitter, das dann doch nicht so heftig war, wie man zunächst fürchten musste. Ein Bekannter bemerkt hernach, dass der Sturm eindeutig überbewertet gewesen sei. Kann man so stehen lassen, dennoch eine kluge Entscheidung, das Festival zu unterbrechen. So wurde keiner nass, und keine Band musste ohne Publikum spielen.

Nach dem Unwetterchen geht's dann normal weiter im Billing, und mit dieser stürmischen Steilvorlage hat Tobi Sammett natürlich noch mehr Stoff für seine Albereien als sonst. So weiß er nach dem gut aufgenommenen Einstiegs-Trio mit den neuen Stücken 'Catch Of The Century' und 'Sacrifice' sowie dem Bandklassiker 'Babylon' zu berichten, dass die Metaller die Härtesten und Nettesten und Besten und Überhauptesten seien. Denn bei solch einem Unwetter hätte ja jeder Raver, HipHopper oder Country-Fan die als Unterstand zur Verfügung gestellte Halle verwüstet, während die Metaller trotz ihres Rufes als "böse, langhaarige, kinderfressende Tiereficker" (O-Ton Tobi) ja so friedlich feiern könnten. Ist klar. Auch gibt er zu Protokoll, dass er seiner Mutter Bescheid gegeben hätte, dass sie wegen des Unwetters unterbrechen müssten. Seine besorgte Frau Mama habe er aber damit beruhigt, dass er ihr versichert habe, dass man schließlich beim Earthshaker sei, und ein Festival, das schon fünfzehnminütige Bass-Soundchecks überlebt habe, überlebe auch ein bisschen Blitz und Donner. Trotz all der Anekdoten ist aber auch noch ein wenig Zeit für die Musik und weitere Erörterungen zum Thema "Fi**en". Im Idealfall beides zusammen in Songs wie 'Lavatory Love Machine' und vor allem 'Fucking With Fire'.

'Vain Glory Opera' wird dann verdientermaßen richtig abgefeiert, und auch wenn niemand Tobis Worten glaubt, dass sie immer noch kein Geld verdient hätten, obwohl sie das immer vorhaben, gehen die Leute bei der programmatisch betitelten Autobiographie 'Superheroes' entsprechend mit. Zum Einstiegsriff von 'Mysteria' fangen wir instinktiv an mitzusingen: "Faster than a bullet...", merken aber noch rechtzeitig, dass es gar kein 'Painkiller'-Cover ist. Trotz des logischerweise hängenden Zeitplans dürfen die abgefeierten Entertainer um Frontkasperl Tobi noch zwei Zugaben geben, die es in Gestalt der "Coverversion" 'Avantasia' und des abschließenden 'King Of Fools' noch mal in sich haben. Wenn auch die Ansagen kaum weniger lang sind als die von Joey DeMaio und auch kaum weniger albern, so sind EDGUY auf jeden Fall klasse Entertainer mit schlagkräftiger Musik im Gepäck. So gelingt es den Jungs fast immer, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen, und da ist das Earthshaker keine Ausnahme. Voller Erfolg!
[Rüdiger Stehle]

Setlist:
Catch Of The Century
Sacrifice
Babylon
Lavatory Love Machine
Fucking With Fire
Vain Glory Opera
Superheroes
Mysteria
Avantasia
King Of Fools

VENOM
Nach dem sehr gut aufgenommenen Auftritt der EDGUY-Jungs ist es Zeit für den Samstags-Headliner, und in Anbetracht der Popularität der Fuldaer und des eher jungen Besucherschnitts hab ich zunächst ernsthaft Sorge, dass die britischen Szeneveteranen unter Umständen Schwierigkeiten haben könnten, die Stimmung auf einem guten Level halten zu können. Da es schon ziemlich spät ist und sich in Folge exzessiven Feuerwehrschlauch-Einsatzes tagsüber und des kleinen Unwetterchens abends ein riesiger Tümpel vor der Bühne gebildet hat, sieht's dann auch ein wenig bizarr aus. Direkt vor der Bühne ca. zehn Reihen dicht gedrängter und stark euphorisierter VENOM-Legionäre, erstmal eine Weile nichts als Wasser und Matsch und dann der Rest der Meute, der zunächst etwas reserviert wirkt, aber mit zunehmender Spieldauer auch noch richtig auftauen wird.

Nach langem Soundcheck füllt der Nebel die Bühne, die in grün-blaues Licht getaucht wird, sodann das altbekannte Intro: "Ladies and Gentlemen, from the very depth of hell... VENOM!". Es erklingt die berüchtigte Kettensäge, und los geht's: In gewohnt basslastigem, aber durchaus passablem Sound (viel besser als Wacken 2000) legen die Filigrantechniker von der Insel mit 'Black Metal' - der Hymne schlechthin - los. Cronos lässt Geddy Lee an seiner Berufung als Bassist zweifeln, das Gefrickel von Mykvs beschleunigt Yngwie Malmsteens Rentenantrag, und was soll man zu Antton sagen? Mehr Rhythmusgefühl und erstaunliche Fills als von Blomberg und Hoglan zusammen. Glaubt ihr nicht? Recht habt ihr! Das Newcastle-Kommando war nie für seine technische Brillanz bekannt, und das wird sich auch nie mehr ändern. Sie als schlechte Musiker zu bezeichnen, wird ihnen aber auch nicht gerecht. Gerade heute passt das schon, was die alten Recken so zocken. Doch ganz im Ernst, darum geht's bei einem VENOM-Gig doch gar nicht, oder? Cronos bringt die Sache gut auf den Punkt, als er nach 'Countess Bathory' merkt, dass sein Bass verstimmt ist. Er lässt sich von Mykvs ein "E" geben, schraubt ein bisschen an seinem Langholz rum und stellt dann grinsend fest: "Das macht euch eh nichts aus, stimmt's?", nur um sich über den aus dem Publikum kommenden Zuruf "Kill the roadie!" - ob dieser deutschen Art mit technischen Problemen umzugehen - halb scheckig zu lachen.

Doch alles der Reihe nach: Nach 'Black Metal' folgt gleich der nächste Kracher und das nächste Titelstück - namentlich 'Welcome To Hell' -, dessen Refrain Meister Cronos sehr zur Erheiterung derer, die's gemerkt haben, einmal in "Welcome To Germany" umgetextet hat. Dann kündigt der Black-Metal-Urvater an, dass nun die A- und B-Seite der zweiten Single folgen würden, und das heißt im Klartext: 'Bloodlust' und 'In Nomine Sathanas'. Beim Ersteren gibt's infolge einer kleinen technischen Panne den ersten Vers nur mit Schlagzeug und Gitarre, doch als Cronos einsteigt, flippt der eine oder andere schon ein klein wenig aus. '1000 Days In Sodom' wird ebenfalls sehr dankbar aufgenommen, und auch der erste neue Song 'Antechrist' kommt gut an, auch wenn ihn offensichtlich nicht alle kennen. Es gibt halt doch auch VENOM-Fans, welche die neuen Veröffentlichungen seit 1985 irgendwie verpasst haben. Sei's drum, bei den Altfans sorgt eine sehr coole Version von 'Don't Burn The Witch', zu der es dann auch die ersten kleinen, aber feinen Pyros gibt, gleich wieder für Begeisterung. Mit der kurzen Version von 'At War With Satan' gibt's ein früher eher selten gespieltes Stück und im Anschluss mit 'Resurrection' auch eine Referenz an die letzte Scheibe mit Mantas.

Wo wir gerade beim Thema sind: Cronos' Bruder Antton als Schlagzeuger ist eh schon seit sechs Jahren als VENOM-Drummer etabliert, doch auch Mykvs (alias Mike Hickey) fügt sich toll ein. Er passt optisch wie spielerisch zur Truppe und ist ein sehr würdiger Nachfolger für Mantas. Die Harmonie in der Band scheint von den Umbesetzungen sogar profitiert zu haben, was aber auch nicht so schwer ist, wenn man die legendäre "Freundschaft" innerhalb des Original-Line-ups bedenkt. Wie auch immer, es folgt mein Lieblingsstück 'Countess Bathory', dessen Solo trotz all seiner Simplizität für mich immer noch eines der besten Soli aller Zeiten und aller Jahrhunderte ist, bevor mit 'Burn In Hell' wieder Zeit für ein neues Stück ist. Das folgende 'War Head' gerät zum wahren Triumphzug, wird der Refrain doch aus unzähligen Kehlen euphorisch mitgebrüllt, was Cronos sichtliche Anerkennung abnötigt. Dass die traditionelle Bass-Zerlege-Zeremonie, zu der sich Cronos auf die Empore begibt, natürlich nicht fehlen darf, ist eh klar. Man hat ja Muckis, warum soll man das Langholz also ganz lassen? Die reguläre Spielzeit endet folgerichtig mit Ersatzbass und dem Titelstück des aktuellen Albums "Metal Black". Die Zugabe-Rufe sind danach sehr laut und sehr nachdrücklich, so dass sich die Geordies nicht lange bitten lassen und mit dem traditionellen Rausschmeißer 'Witching Hour' noch mal einige Leute richtig ausflippen lassen. Da die verbliebenen Metaller aber immer noch richtig Bock auf VENOM haben, gibt es mit einer genialen Mitsingversion von 'In League With Satan', bei der massenweise Headbanger wie Honigkuchenpferdchen grinsen und sich beim Mitsingen des doch etwas albernen Textes ein Schmunzeln über VENOM und sich selbst nicht verkneifen können. So will es die Band ja auch haben, denn ernst genommen haben sich die Jungs noch nie, am wenigsten ihr Image.

Das Phänomen VENOM hat immer polarisiert. Während viele die Band abgöttisch lieben, haben noch mehr Leute nie verstanden, was an den Rumpelchaoten so toll sein soll. Daran ändert auch das aktuelle Album nichts, und die aktuelle Tour genauso wenig. Der Legionär an sich sollte mit dem neuen Line-up und auch mit den Gigs aber rundum sehr zufrieden sein, denn die Band ist sich absolut treu. Einfache, aber eingängige Hymnen, martialisch, aber mit dem nötigen Augenzwinkern ins Publikum geballert. Jedenfalls skandiert die Meute in den ersten Reihen noch minutenlang nach dem Ende den Bandnamen, also muss das Trio Infernale etwas richtig gemacht haben. Im Gegensatz zu manchen früheren Gigs scheinen auch die Musiker richtig Spaß gehabt zu haben. Jedenfalls nehmen sich alle drei Bandmitglieder die Zeit, noch mal vor zum Bühnenrand zu kommen und sich mit Pleks und Drumsticks zu bedanken. Als sich dann nach dem Gig die zwei neben mir stehenden ca. vierzigjährigen Männer gegenseitig verklärt angrinsen und der eine sagt: "Wir haben VENOM gesehen!" und der andere bestätigt: "Ja Mann, wir haben VENOM gesehen!" und sich dann beide gegenseitig in die Arme fallen, verfliegt jedenfalls jeder Zweifel, und es ist völlig klar: Die Metalwelt braucht Bands wie VENOM noch immer, und solche Bands haben es auch verdient, ein Festival wie das Earthshaker zu headlinen. Danke an die Veranstalter und danke an VENOM für ein unvergessliches Erlebnis!
[Rüdiger Stehle]

Setlist:
Black Metal
Welcome To Hell
Bloodlust
In The Name Of Satan
1000 Days In Sodom
Antechrist
Don't Burn The Witch
At War With Satan
Resurrection
Countess Bathory
Burn In Hell
War Head
Metal Black
Witching Hour
In League With Satan

NEVERMORE
Die Seattle-Metaller hätten eigentlich schon nachmittags spielen sollen, standen dann aber wohl irgendwo zwischen Slowenien und der Oberpfalz im Stau, so dass sie mit den DEATHSTARS getauscht wurden. Jedenfalls wird der Gig am Ende wegen des durch die Unwetterwarnung stark hängenden Zeitplans ersatzlos gestrichen, was einigen NEVERMORE-Fans, die bis zum Ende des VENOM-Gigs um zwei Uhr nachts ausgeharrt haben, doch deutlich missfällt. Gerüchte über eine Verletzung, die Jim Sheppard beim Gig in Slowenien erlitten haben soll, werden von Bandseite nicht bestätigt. Warrel Dane äußert sich am Folgetag im offiziellen NEVERMORE-Forum dahingehend, dass die komplette Band in Rieden/Kreuth anwesend gewesen sei und hätte spielen wollen. Allerdings sei es richtig, dass man zu spät angekommen und deswegen ans Ende des Billing gesetzt worden sei. Dieser Auftritt sei ihnen dann wegen eines Zwei-Uhr-Curfews und der gewitterbedingten Verspätung nicht mehr gestattet worden. Die Band entschuldigt sich bei ihren enttäuschten Fans, sie hätte gerne gespielt.
[Rüdiger Stehle]

Randnotizen:

Der Sturm:
Wenn eine Anekdote unbedingt erwähnt werden muss, dann die Riesenfete in der Ostbayernhalle. Nach der Ansage von Götz Kühnemund, dass eventuell ein Sturm vorbeischaut und man sich dann doch ruhig und gesittet in die angrenzende Halle begeben solle, wird noch eine zeitlang versucht, alles für EDGUY vorzubereiten, doch irgendwann gibt's keine Chance mehr. Das Publikum wird gebeten, entweder das Auto oder die Halle aufzusuchen, was auch hervorragend klappt. Drinnen hat man die Wahl, sich entweder auf die Sitzreihen zu begeben oder die Sandfläche der Halle zu betreten. Als dann nach einer Zeit Songs von MOTÖRHEAD oder PRIEST eingespielt werden, geht unten richtig die Party ab. Angefangen von harmlosen Moshpits über Rugby mit Wasserbällen bis hin zu einem Rennen hinter einem Besen gibt es unten eine Menge zum Feiern. Für die, die auf den Bänken geblieben sind, bemüht sich eine kleinere Gruppe, das Publikum zum Klatschen und zu La-Ola-Wellen anzuregen. Auch drei Flitzer lassen es sich nicht nehmen, nackt durch die Halle zu rennen. Es werden Menschentürme gebaut, kleinere Kämpfe geführt, und sogar eine Fackel hat ihren Weg in die Halle gefunden und wird fröhlich umhergeschwungen. Als es dann nach fast einer Stunde wieder vorbei ist und die Massen widerwillig auf das vom Sturm verwüstete Gelände gehen, gibt's noch ein dickes Lob für die Party, bevor es endlich mit WETGUY weitergeht.
[Lars Strutz]

Der Sturm II:
Das Zitat des Tages stammt am Sonntag eindeutig von einem Forenkollegen aus dem Brett des heiligen Metalls, der vor EDGUY ganz trocken bemerkt: "Der Sturm war eindeutig überbewertet!" - wer Balingen 2005 überlebt hat, der weiß, wie Recht er hat. Trotzdem ein Lob an die Vorgehensweise von Polizei und Organisation: Sicherheit geht vor!
[Rüdiger Stehle]

BLIND GUARDIAN auf dem Earthshaker:
Die größte Überraschung erfolgt dann nach dem Auftritt von SAXON. BLIND GUARDIAN stürmen die Bühne. Und sie versprechen uns eine Überraschung. Die erste: Sie feuern Fußbälle in die Menge. Okay, das hat nichts zu bedeuten, es erfolgt mit Sicherheit noch was Legendäres. Hansi kündigt das neue Album an. Yes! Er sagt, dass sie heute etwas davon spielen würden. Yeah, dass ich das noch erleben darf, das erste Mal, dass sie Songs von der neuen Platte live spielen werden. Er sagt, sie kämen vom CD-Player. Enttäuschung! Am Ende kann man sagen, man hat BLIND GUARDIAN live gesehen. Beim Fußballschießen...
[Lars Strutz]

P.R.U.S.C.A.:
True Bavarian Folk Metal gibt es von P.R.U.S.C.A., die am Samstag die Massen spalten. Von den einen frenetisch abgefeiert, von den anderen ausgebuht, tritt diese lustige, in Trachten gekleidete Band während der Umbaupausen auf und macht Schuhplattler. Am Ende gibt es sogar eine geplattelte Version von AC/DCs 'Highway To Hell'. Mag sein, dass viele für so viel urtypischen und traditionellen Folk Metal noch nicht tolerant genug sind, mir persönlich hat's gefallen.
[Lars Strutz]

Redakteur:
Martin Schneider

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