Elements Of Rock - Uster (CH)

05.05.2010 | 20:18

23.04.2010, Stadthofsaal

Das Elements-Of-Rock-Festival in der Schweiz mausert sich zur Szenegröße, und X-SINNER legten ein geniales Europadebüt hin.

ESCAPE FROM SICKNESS hat bei mir nicht hingehauen. Ich konnte der Sickness nicht escapen. Vielleicht lag's daran, dass ich ganz und gar nicht auf Breakdowns stehe. Die Schweizer Band spielte sehr amerikanisch angehauchten Metalcore mit allem, was dazu gehört: Auf-der-Stelle-Jumps, Ganzkörperbangen und den bereits erwähnten Breakdowns, bis der Arzt kommt. Es fällt mir sehr schwer, hier was Objektives zu schreiben. Der Menge schien es zu gefallen, zumindest denen, die anwesend waren. Für eine Band, die gerade mal drei Jahre auf dem Buckel hat, war die Bühnenpräsenz allerdings nicht von schlechten Eltern, das muss ich anerkennen. Die Energie sprang immer wieder auf die hüpfenden Massen über. Auch wenn die fünf Jungs nicht meinen Geschmack trafen, habe ich schon Opener gesehen, die ihn noch mehr verfehlten.
[Mario Henning]

Dankenswerterweise hatte sich ja SACRIFICIUM-Torwart Mario Henning bereit erklärt, mir beim Elements Of Rock schreiberisch unter die Arme zu greifen, da ich selbst erst am Samstag anreisen konnte. Gegen 18.00 Uhr trafen wir dann auch endlich ein, und auf der Bühne befanden sich die Alpenkraxler T-RAGE. Mit ihrem melodischen Metal fanden die Lokalmatadore auch den erwarteten Anklang bei den Anwesenden.

Ausgestattet mit weiblichem und männlichem Gesang gelang es ihnen, insbesondere bei den Refrains Gänsehaut zu erzeugen. Leider fehlte es an der Bühnenpräsenz. Mit zwei Gitarren, einem Bass und zwei Sängern muss da einfach mehr Bewegung zu sehen sein. So hatte man das Gefühl, die Band beschäftigt sich nur mit sich selber, vor allem dann, wenn die beiden Sänger sich lieber in die Augen sahen, als das Publikum zu animieren. Mit einer Steigerung in diesem Bereich könnte ein Auftritt leicht doppelt so gut ankommen. Unterm Strich bleibt aber eine Band, von der ich mir auf alle Fälle noch mal ein paar Lieder auf YouTube oder MySpace anhören werde.

Als Nächstes kamen vier tiefschwarz gekleidete Männer auf die Bühne. Und dank des ST. VITUS-T-Shirts des Sängers Domenico Caruso war auch sofort klar, dass nun den langsameren Klängen gefrönt wird. DOOMENICUS, so heißen die Italiener, enttäuschten nicht, auch wenn mir der sehr nasale und nicht immer lupenreine Gesang einfach nicht ins Ohr gehen wollte. Interessanterweise strahlten die Stiefelbewohner dafür trotz deutlich weniger Bewegung auf der Bühne ein Vielfaches der T-RAGE-Bühnenpräsenz aus. Die Halle war dennoch nicht ganz so gut gefüllt wie bei den Schweizern. Aber Doom ist ja auch nicht jedermanns Sache.

Aus den tiefen der holländischen Tulpenwälder kamen nach einer längeren Umbaupause die Viking-Metaller SLECHTVALK. Ihr neues Album wird demnächst via Whirlwind veröffentlicht werden, aber wohl nur im einschlägigen Metalfachhandel erhältlich sein. Nichtsdestotrotz zeigten die Mannen, wo der Thorshammer hängt. In bester Kampfeslaune interagierten sie perfekt und zeigten eine enorme Spielfreude.

Die Halle war erwartungsgemäß äußerst gut gefüllt, aber das ist auch kaum verwunderlich, sind die Grachtenschiffer doch schon lange ein Geheimtipp in der Szene. Natürlich ließen sie sich die Chance nicht entgehen, den zahllosen Anhänger auch einen Einblick in das neue Album "A Forlorn Throne" zu gewähren. Selbstverständlich wollte das begeisterte Publikum eine Zugabe, und diesen Wunsch erfüllte die Band natürlich gerne. Ein sehr, sehr geiler Auftritt. Bleibt nur zu hoffen, dass ihr neues Album trotz der eingeschränkten Möglichkeiten einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden kann.

Als Nächstes folgten die Fjordfischer IN VAIN und spielten atmosphärischen, melancholischen Melodic Deathcore mit gelegentlichen progressiven Einsprengseln. Während der ersten Lieder stand der Oberkeifer und Meisterröchler mit bösem Blick wie eine Eisskulptur festgefroren auf seinem Platz. Danach wechselte der Gesang zum Basser, der aber offensichtlich nur eine Tonlage beherrscht, in der er seine rhythmischen Schreie darbietet. Das machte die abwechselnd durch Melodie und Rhythmik geprägten Lieder auf Dauer leider etwas eintönig. Etwas mehr von dem klaren Gesang des Keyboarders und weitere Einsätze der Eissäule würden hier mehr Auflockerung bringen. Wobei Letzterer seine Growls im weiteren Verlauf des Konzerts natürlich noch einige Male beisteuern durfte. Das anwesende Publikum war jedenfalls sehr angetan und machte kräftig mit – und das ist ja auch das Wichtigste.

Kurz vor Mitternacht nach einem nun doch schon langen Konzerttag ertönten dann die Klänge, auf die viele der Anwesenden schon seit über zwanzig Jahren gewartet hatten. Die AC/DC-ähnlichen Hardrock spielenden Amerikaner von X-SINNER machten dem europäischen Raum ihre erste Aufwartung. Und schon vor den ersten Klängen war klar, dass die Jungs in bester Spiellaune waren. So rannte Sänger Rex Scott (ex-ZION) freudestrahlend auf die Bühne.

Hatten sie den Tag noch genutzt, um die Alpenrepublik etwas zu bereisen, nutzten sie nun die Bühne, um das Publikum auf eine musikalische Reise mitzunehmen. Eine Reise in die Siebziger, als diese Art von Hardrock gerade geboren wurde. Eine Reise zu den Anfängen der Band und bis hin zur Neuzeit. Und mit ihrem erstklassigen neuen Album "World Covered In Blood" im Rücken zeigten die mittlerweile gealterten Herren, wo der Rockhammer hängt. Musik, die sofort in die Beine geht und bei der man gewillt ist, den Angus Young zu mimen.

Das begeisterte Publikum nahm die Klänge dankbar auf und sang fleißig mit. Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde leerte sich die Halle leider etwas, was aber die Spielfreude und vor allem die Freude derer, die so lange auf den Tag gewartet hatten, nicht trüben konnte.
[Georg Weihrauch]

Setlist:
Ready To Go
Accountable
Peer Pressure
Rollin' Thunder
Back In Red
What Rock Is For
Medicine
Lift Him Up
I Take Power
World Covered In Blood
Storm On The Horizon
Get It
Walking Evil
Steppin On Toes
Wanna Be Set Free
Fire It Up

Den heutigen Rausschmeißer machten die wackeren Helden von WORLD TO ASHES aus dem Südwesten Deutschlands. Leider waren die meisten Besucher schon zu erschöpft oder zu besoffen, um diesen würdigen Ausklang noch genießen zu können. Die übriggebliebenen circa vierzig Metalheads waren dafür aber mit vollem Elan dabei. Alle anderen haben was verpasst. WORLD TO ASHES zeigten, wie man auch einem kleinen Publikum 'ne große Portion Spaß injizieren kann. Mit ihrem melodischem Death Metal trafen sie immer wieder punktgenau den Nerv, der den Kopf in heftige Auf- und Abbewegungen versetzt. Zwar war das Zusammenspiel an vereinzelten Stellen noch nicht punktgenau, aber zu so später Stunde war das wirklich verzeihlich. Außerdem sorgten der meines Erachtens beste Sound des Festivals und lustige Einlagen seitens des Shouters Christoph, wie Circle Pit zu zehnt um eine Wasserflasche herum, beim Volk für heitere Gemüter. Ich denke, dies war ein gebührender Abschluss eines insgesamt sehr gelungenen Festivals. Danke.
[Mario Henning]

Und damit war das Elements Of Rock auch schon wieder vorüber. Bleibt noch zu sagen, dass sich die Reise in die Schweiz mal wieder gelohnt hat, vor allem weil die Veranstalter es immer wieder schaffen, Achtziger-Geheimtipps wie in diesem Jahre X-SINNER zu einem Auftritt zu bewegen. Durch den begrenzten Platz im Künstlerbereich im Stadthofsaal zu Uster befinden sich außerdem die Tische, an denen die Bands bewirtet werden, direkt im Eingangsbereich, so dass die Musiker für ihre Anhänger in greifbarer Nähe sind. Viele nutzten natürlich die Gelegenheit, um mit ihren Idolen in Kontakt zu treten.
[Georg Weihrauch]

Redakteur:
Georg Weihrauch

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