FORBIDDEN - Köln
11.08.2025 | 12:5404.08.2025, Luxor
A Lesson In Violence.
Ich bin im Laufe der Jahre schon ein wenig rumgekommen in der Weltgeschichte. Nach Köln allerdings habe ich es in knapp fünfzig Jahren bisher noch nie geschafft. Aber, irgendwann ist immer das erste Mal, spricht der schnöde Volksmund bekanntlich. Und recht hat dieser wieder einmal. Denn wenn die beste Thrash Metal-Band der Welt ruft, die rein zufällig auch für die beiden besten Thrash Metal-Alben der Musikgeschichte verantwortlich zeichnet, bleibt dem geneigten Liebhaber des schnell geshreddeten Riffs natürlich nicht viel anderes übrig, als dem Ruf der kalifornischen Legende umgehend zu folgen. Gut, dass ich mit meinem guten Buddy Marco jemanden dabeihabe, der das alles ziemlich ähnlich sieht und darüber hinaus noch über einen Wohnsitz im benachbarten Leverkusen verfügt. Somit steht einem langen Wochenende im Zeichen des Rock'n'Rolls also nichts im Wege, welches seinen Höhepunkt eben hier am Abend im Luxor zu Köln finden soll.
Selbstverständlich geht es für mich als Ortsundkundigen aber zuerst einmal in den heiligen Dom, denn dieses über allen Maßen imposante Bauwerk darf man, da dürften wir hier uns wohl alle einig sein, durchaus mal etwas ausgiebiger in Augenschein nehmen.
Im Anschluss geht es dann, es sind immerhin zwei Nerds unterwegs, geschmeidig in den nächsten Plattenladen. Meine Begleitung schlägt hierfür seinen Stammladen vor, der sich "Andrä" (Kollege Holg???) nennt. Es ist heute, im Gegensatz zu den letzten ziemlich grau verregneten Tagen, äußerst schwül. Und auch im Laden steht die Luft auf gefühlt mehreren Ebenen. Klimaanlage, offene Fenster: Fehlanzeige. Das ist aber auch der einzige Malus hier, denn man ist hier musikthematisch verdammt breit aufgestellt.
Vinyl, Silberlinge, DVD's. Hier bleiben keinerlei Wünsche offen, so dass wir nach ca. anderthalb Stunden mit einigen frischen (und seltenen) Tonträgern in der Tüte den Laden Richtung Kölner Nachtleben verlassen, nicht aber ohne uns vorher bei einem leckeren Asiaten noch ein wenig Essensgrundlage zu verschaffen.
Ob hier heute noch eine Supportband aufspielt oder nicht, ist uns bis zum Eintreffen an der Location selbst noch nicht so ganz klar. Als wir ankommen, schau ich mir in Ruhe erstmal den Schuppen an. Klein, ein wenig tubenförmig, irgendwie "80er", wie Marco treffend anmerkt. Wohlfühlen tun wir uns auf jeden Fall gleich auf Anhieb. Auch meinen guten Kollegen Björn sehe ich gleich, der mich netterweise darüber informiert, dass FORBIDDEN sich hier heute ganz allein austoben darf. Da die Musiker sowohl drinnen als auch draußen in allerhand entspannte Gespräche mit anwesenden Fans verwickelt sind, gehe ich davon aus, dass der anvisierte Konzertbeginn von 20 Uhr sich ein wenig verschiebt und schnappe bei einem Glimmstängel daher noch ein wenig frische Luft vor der Tür. Dort bittet mich eine Dame um eine Zigarette. Wir kommen ein wenig ins Gespräch und ich erfahre, dass sie aus Rio de Janeiro stammt, mit einer Freundin in metallischer Reisemission unterwegs ist, dummerweise ihre Brieftasche mitsamt Karten etc. verloren hat und nach absolviertem Wacken-Besuch noch das eine oder andere Clubkonzert in Deutschland besuchen will. Vorbildlich nenne ich so etwas! Kleiner Fun-Fact. Sie möchte mir unbedingt von ihrer deutschen Lieblingsband berichten, allerdings versteh ich nach mehrmaligem Nachfragen immer nur "Honeywild". Komisch, noch nie gehört, denke ich. Muss wohl entweder was Modernes oder verdammt undergroundiges Zeug sein. "RUNNING WILD, Mann!" klärt mich Marco etwas erregt auf. Jaja, meine Ohren. Lieber mal reingehen jetzt, bevor ich noch etwas anderes komplett falsch verstehe, denn der Soundcheck scheint sich langsam dem Ende entgegenzuneigen.
Mit einer knappen halben Stunde Verspätung erklingen dann die ersten Instrumentaltöne von Band. Es handelt sich um das einleitende Intro 'Parting Of The Ways' vom 90er-Album "Twisted Into Form". Nur wenige Augenblicke später entern Band-Urgestein Craig Locicero und seine vier Mitstreiter allerbestens gelaunt die kleine Bühne des Luxor und knallen uns mit 'Infinite' und 'Out Of Body (Out Of Mind)' gleich noch zwei weitere Nummern von besagter Platte vor den jetzt schon gut verschwitzten Latz. Dass man in Sänger Norman Skinner (IMAGIKA, SINNER, ex-TRAMONTANE) den exakt richtigen Mann für den Sängerjob gefunden hat, nachdem Russ Anderson aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr zur Verfügung stand, davon konnten wir uns bereits im letzten Jahr beim Rock Hard Festival eindrucksvoll überzeugen. Auch der nur ein paar Tage zurückliegende Gig bei den Event-Experten in "Wacköööhhhnn" hat uns im Stream am Vorabend verdammt viel Freude bereitet. Dass die Amis aber eben nicht nur große Bühne und mitfilmende Kameras, sondern auch den kleinen Club mit niedrigen Decken aus dem ff beherrschen, beweisen sie hier auf allerhöchstem Niveau! Denn wir hier genießen, im Gegensatz zu den Festivalbesuchern, die geniale zweite Scheibe in Komplettlänge. Norman dazu im Wortlaut: "Unlike the fuckin' festival crowd, you deserve only the best here." Genau sowas wollen wir hier natürlich hören. Aber auch den einen oder anderen Killersong von der nicht minder genialen Debütscheibe wird uns hier kredenzt. Einzig 'Follow Me' (beim RHF-Gig immerhin noch Einstiegsopener gewesen) hätte ich mir hier doch noch sehnlichst gewünscht. Aber das ist dann doch Jammern auf ziemlich gehobenem Niveau, alles gut.
Dass man im zweiten Neuzugang Chris Kontos (ex-MACHINE HEAD) auch die passende Drum-"Maschine" für den Neuanfang gefunden hat, ist das eine, aber damit noch immer nicht genug. Denn für den nun ebenfalls noch abgewanderten Steve Smyth (ex-NEVERMORE, ex-VICIOUS RUMORS) wurde kein Geringer als Saitenhexer Daniel "Chewy" Mongrain von VOIVOD verpflichtet. Nichts für ungut, Freunde des gepflegten Thrash Metals. Aber das ist nach meinem Dafürhalten eines der stärksten Line-ups der jüngeren Thrashgeschichte und lässt wahrhaft Großes in naher Zukunft erwarten. Denn wenn der Rest des neuen Songmaterials ebenfalls so Arsch tritt, wie der bereits veröffentlichte Vorab-Song 'Divided By Zero', der uns hier nun ebenfalls serviert wird, dürfte uns da gegen Ende des Jahres etwas ganz, ganz Feines in Albumform erwarten. Überhaupt: Die Bandchemie bei den Herren stimmt, es wird dort oben gejuxt und geflachst, dass sich die Balken biegen. Ein kleiner Contest der Mucker da oben in Sachen Vogelgezwitscher nachäffen? Bei einem intimen Zusammentreffen wie hier kein Problem und Teil der Veranstaltung. Denn obwohl der Laden wohl so um die 400 Leute fassen würde, zähle ich hier grob definitiv leider nicht mehr als 150 Nasen. Die gehen dafür durch die Bank alle ziemlich steil, aber sowas von! Was den Muckern noch so alles auf der Seele liegt, wird hier frank und frei herausposaunt. Ich glaube, dass jeder der fünf Herren sich hier mindestens einmal ans Mikro gestellt und den Kontakt zu der Thrash-hungrigen Meute gesucht hat.
Gitarrist Craig Locicero macht uns darauf aufmerksam, dass er neuerdings lieber noch einen Satz Saiten mehr dabei hat. Sein Anschlag würde ihm dieser Tage einfach keine andere Wahl lassen. Glaubt ihm hier sofort jeder, wenn man ihm beim leidenschaftlichen Bearbeiten seines Griffbretts zuschaut. Der Sound ist hier im übrigen als absolut ordentlich zu bezeichnen, auch wenn Normans Gesang in den ersten Songs ein wenig untergegangen ist. Weiter geht's mit 'Step By Step', währenddessen zumindest die anwesenden Bangerinnen und Banger ganz vorne besser textsicher sein sollten, denn Sänger Norman verhält sich fair und hält einer jeden Person in der Frontreihe das Mikro vor die Nase, um sich höchstselbst von den vorhandenen Gesangsqualitäten zu überzeugen. Es folgen drei weitere "Twisted"-Nummern, bevor nach knapp neunzig Minuten mit 'Through Eyes Of Glass' und 'Chalice Of Blood' (bester Thrash-Song EVER!) vom ersten Album ein sagenhaft geiler Konzert-Abend zu Ende geht.Wie vor dem Konzert nehmen sich wiederum ausnahmslos ALLE Bandmitglieder noch ausgiebig Zeit für den einen oder anderen Plausch mit ihren Fans. Wir gehen nach dem Komplettabriss par excellence kurz an die frische Luft, wo ich noch ein nettes und fachmännisches Schwätzchen mit einem lieben Forum-User führen darf, den es daraufhin dann wieder Richtung Ruhrpott zurückführt. Mein Freund Marco und ich hingegen gehen noch mal wieder rein und führen kurzerhand noch ein sehr nettes und lustiges Gespräch mit Sänger Norman. Interview hierzu folgt natürlich. THRASH 'TIL DEATH!
Setliste: Parting Of The Ways (Intro); Infinite; Out Of Body (Out Of Mind); March Into Fire; Twisted Into Form; Forbidden Evil; Divided By Zero; Step by Step; R.I.P.; Tossed Away; One Foot In Hell; Through Eyes Of Glass; Chalice Of Blood
Text: Stephan Lenze
Foto Credit: Björn Backes
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