FUTURE PALACE & ENVYYOU - München

08.12.2023 | 13:12

16.11.2023, Backstage Halle

Gute Show trotz teilweiser widriger Umstände.

Heute stehen in der Backstage Halle zwei Bands auf dem Programm: ENVYYOU und FUTURE PALACE. Dem deutschen Trio ist es gelungen, mich heute nach München zu locken. Nachdem ich die Band bereits als Opener und zuletzt auf dem Core Fest erleben durfte, bin ich nun gespannt, was die Band bei einem "richtigen" Auftritt in voller Länge zu bieten hat.

Aber zunächst darf Opener ENVYYOU ran. Leider fällt Gitarrist Ludvig Ottosson heute und für den Rest der Tour wegen eines medizinischen Notfalls aus, wie die Band auf Instagram mitteilt. Die fehlende Manpower versuchen die verbliebenen vier Jungs durch zusätzliche Energie auszugleichen: Frontmann Oliver Narbe wirft sich in Posen und Bassist Oscar Dziedziela dreht sich mit seinem Bass im Kreis und hat sogar ein paar Kicks auf Lager, wobei er es allerdings ein wenig übertreibt. Während er sich dreht und auf ein Podest steigt, kippt dieses um und er fällt ins Publikum. Dabei macht eine Dame aus dem Publikum schmerzhafte Bekanntschaft mit besagtem Podest. Er entschuldigt sich kurz bei allen Beteiligten und steht nach wenigen Sekunden schon wieder auf der Bühne. The Show must go on - doch die Konzentration ist dahin und die Qualität des Gespielten leidet. Auch Sänger Oliver Narbe scheint heute keinen guten Tag erwischt zu haben: Sein Gesang lässt stellenweise sehr zu wünschen übrig. Er trifft einige Töne nicht richtig und manchmal scheint ihm die Stimme zu versagen. Schade, denn eigentlich ist die Musik der Band gar nicht so schlecht. Auf dem Weg zum Konzert hatte ich bei Songs wie 'Relapse' im Auto richtig Spaß beim Testhören. Deshalb sehe ich hier noch viel Potential nach oben, zumal der heutige Tag für die Band wirklich schlecht gelaufen ist: Es gab viele Verzögerungen, so dass die Band keine Vorbereitungszeit für den Auftritt hatte, einen plötzlichen medizinischer Notfall eines Bandmitgliedes und einen Sturz von der Bühne. Ich kann verstehen, dass die Künstler heute nicht in Bestform waren.

Nach einer halbstündigen Umbaupause beginnt der Auftritt des Headliners FUTURE PALACE. Vor jedem Song gibt es ein kurzes Intro mit Musik und effektverzerrter Stimme aus dem Off, was den Auftritt in die Länge zieht und mir nicht besonders gefällt. Vor allem, weil man den pseudo-tiefsinnigen Text vor lauter Effekten kaum versteht. Dann hätte man es einfach weglassen können, oder Maria Lessing, die Sängerin der Band, hätte es einfach selbst sagen können. An einigen Stellen tut sie das schließlich auch, bedankt sich bei allen Fans fürs Kommen und meint sogar, einige von ihnen wiederzuerkennen.

Mir gefällt FUTURE PALACE viel besser, wenn die Band das macht, wofür alle hier sind: Musik zu machen und zu hören! Denn hier sitzt alles. Maria beweist mal wieder, dass sie eine tolle Stimme hat und Manuel Kohlert und Johannes Frenzel leisten an ihren Instrumenten hervorragende Arbeit.

Die Bühne ist im gewohnten Design gehalten und mit Röhrenlampen und wuchernden Plastikblättern dekoriert, dazu kommt ein schlichtes Backdrop mit dem Schriftzug "FUTURE PALACE". So hat die Band viel Platz, um sich auf der Bühne auszutoben. Trotzdem bleiben Maria und Manuel meist in ihren Bereichen, Maria in der Mitte und Manuel an der Gitarre auf der rechten Seite. Beide haben jeweils ein Podest, das sie auch für Posen nutzen. Maria zieht meist die Aufmerksamkeit auf sich, gestikuliert viel und headbangt manchmal.

Beim Lied 'A World In Tears' werden mehrere aufblasbare Weltkugeln ins Publikum geworfen, die dann über den Köpfen hin und her fliegen. Nette Idee - so bringt man das Publikum auch dazu, endlich aktiver zu werden. Bisher war es hier meist relativ ruhig. Während einige klatschen und mitsingen, bewegen sich nur wenige im Publikum. Einige schütteln den Kopf oder wippen ein wenig mit. München, was ist denn los? Da muss doch noch mehr gehen!

In der Mitte des Sets haben sich ein paar Songs aus dem älteren Album "Escape" eingeschlichen. Den letzten davon, 'Maybe', präsentiert Maria in einer Akustikversion am Klavier. Zuvor garantiert sie, dass alle Texte selbst geschrieben und 100% ehrlich sind. Das Thema von 'Maybe' und vielen anderen ihrer Songs sind psychische Erkrankungen, denn die Sängerin hatte selbst damit zu kämpfen und wusste oft nicht, ob sie am nächsten Tag noch hier sein würde. Deshalb ist sie stolz auf sich, ihre Band und auch auf alle im Publikum, die es trotz aller Widrigkeiten heute hierher geschafft haben. FUTURE PALACE sei der lebende Beweis für eine bessere Zukunft.

Langsam kommt wieder Stimmung auf. Zuerst mit dem einzigen Liebeslied der Band: 'Wounds', dann mit den beiden Granaten 'Heads Up' und dem neuesten Song 'Malphas'. Bei 'Paradise' kommt dann endlich auch das Publikum in Aktion, ich schätze, München kann es doch! Ein riesiger Mosh-Pit füllt plötzlich die Halle, ist aber genauso schnell wieder weg, wie er entstanden ist. Dafür singen oder brüllen jetzt alle den Text von 'Paradise' mit. Leider bleibt auch der Mosh-Pit nicht ohne Folgen, irgendwo im Publikum scheint jemandem etwas zugestoßen zu sein. Maria hält nach dem Lied kurz inne und bittet einen Mitarbeiter des Hauses, sich um den eventuell Verletzten zu kümmern. Als wieder alles in Ordnung ist, geht es weiter. Der letzte Song ist passenderweise 'Sleep Tight'. Hier zückt die Menge noch einmal ihre Smartphone-Taschenlampen und Feuerzeuge, ein schönes Bild zum Abschluss des Konzerts.

FUTURE PALACE kann nicht nur kurze Opener oder Festivalauftritte, die ich bisher von der Band kannte. Auch ein Headliner-Auftritt gelingt der Gruppe um Maria Lessing souverän. Allerdings hätte man sich meiner Meinung nach die Einspieler mit pseudotiefgründigem Text sparen können, stattdessen hätte ich lieber ein oder zwei Songs mehr gehört. Man hätte sich auch einen längeren Auftritt leisten können, schließlich gab es nur einen Opener, da wäre Zeit definitiv genug gewesen. Nur eineinviertel Stunden zu spielen, ist schade. Die Band hätte schließlich genug Material: 'Loco Loco' vom "Run"-Album wurde nicht gespielt und wenn das nicht reicht, gibt es auch noch einige Lieder auf "Escape".

Setliste: Defeating Gravity; Roses; Twisted; Flames; Locked; A World In Tears; Fever; Dead Inside; Lately; Break Free; Maybe; Wounds; Heads Up; Malphas; Paradise; Sleep Tight

Redakteur:
Noah-Manuel Heim

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