Foreigner - Hanau

30.07.2013 | 21:41

25.07.2013, Amphitheater

Mit FOREIGNER kam der Regen, gute Laune und Gänsehautmomente auf die Fans eingeprasselt.

Seit Tagen herrscht in Deutschland die "Sahara-Hitze", und was liegt da näher als die Open-Air-Saison in Angriff zu nehmen. Davor steht jedoch eine staubedingt längere Autofahrt auf dem Programm, weshalb sich die Ankunft im Hanauer Amphitheater verzögert. Immerhin lädt FOREIGNER zum Gastspiel ein, doch vorher gilt es die Vorgruppe THE FUSE zu ertragen. Aus Fairness muss ich gestehen, dass ich vom Konzert des Anheizers die Hälfte verpasse, doch leider bleibt von den Songs nichts haften, was sich angesichts der warmen Temperaturen auch an den unterkühlten Reaktionen des randvoll gefüllten Theaters ablesen lässt. In erster Linie werden Coversongs aus den Siebzigern und Achtzigern kredenzt, welche mir nicht bekannt sind, was jedoch auch an der eigenwilligen Interpretation der Truppe liegen kann.

Kurz danach öffnen sich die Schleusen und ein ergiebiger Sommerregen prasselt auf die Besucher nieder. Ein Glück, dass das Theater überdacht ist, wobei diejenigen, die am Getränkestand für Nachschub gesorgt haben, nicht davon profitieren können. So manch einer verflucht es, vor dem Konzert geduscht oder schlicht und ergreifend den Regenschirm im Auto vergessen zu haben.

Pünktlich um 20.55 Uhr steigt FOREIGNER auf die Bühne und Petrus hat für einen kurzen Augenblick ein Nachsehen, denn nach dem ersten Riff zu 'Double Vision' legt der Regen eine kurze Pause ein. Die Truppe ist gleich in ihrem Element und es ist schwer, jemanden nicht in Bewegung zu sehen. Frontmann Kelly Hansen hat den Spaß in den Backen und kommentiert nach dem ersten Song süffisant "We love the rain". Trotz der Euphorie der Protagonisten auf der Bühne perlt diese am Publikum ab wie der Regen an einer gut imprägnierten Regenjacke. Allerdings vollzieht die Menge nach den ersten Tönen von 'Cold As Ice' eine hundertachtzig-Grad-Wende und es verspricht, ein denkwürdiger Abend zu werden. Das merken auch FOREIGNER und schießen mit 'Head Games' einen weiteren Klassiker nach, bevor mit 'Waiting For A Girl Like You' das Tempo gedrosselt und allen Paaren im Publikum eine Kuschelpause gegönnt wird.

Danach kündigt Kelly Hansen das einzige Gründungsmitglied, Hauptkomponist und Gitarrist Mick Jones, an. Nicht nur ich bin überrascht, auch ein Großteil des Publikums geht davon aus, dass Mick von Anfang an auf der Bühne steht, was sich als Trugschluss herausstellt. Angeblich ist er seit einem Jahr krank, doch ich konnte im Internet diesbezüglich nichts finden. Meiner Meinung nach hat er das offizielle Rentenalter erreicht und schafft es schlicht und ergreifend nicht 90 Minuten auf der Bühne zu stehen. Nichtsdestotrotz wird er mit einem frenetischen Beifall empfangen und die Band steigt danach in den Klassiker 'Dirty White Boy' ein (welches ich eine Zeit lang aufgrund seines prägnanten Riffs als Klingelton verwendet habe). Für meine Freundin folgt dann das Highlight des Abends: der Akustikpart. Hier werden die Ballade 'When It Comes To Love' vom letzten Studioalbum "Can’t Slow Down" und allen voran 'Say You Will' zelebriert, welches durch seine "zauberhaften Harmonien" im Gesangsbereich punkten kann. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass spätestens hier das Publikum Kopf steht und jeden einzelnen Song mitsingt und klatscht und das Geschehen auf der Bühne mit frenetischem Beifall goutiert. Die folgenden 'That Was Yesterday' und 'Feels Like The First Time' lassen die poppige Seite der Truppe aufblitzen, bevor mit 'Urgent', welches mit einem getragenen Gitarrenintro von Mick Jones eingeleitet wird, der Siedepunkt erreicht wird. Allen voran das Saxophonsolo von Tom Gimbel lässt einen wohligen Schauer nach dem anderen den Rücken entlang gleiten. Das darauffolgende Keyboard- und Drumsolo bietet eine gute Gelegenheit für eine Verschnaufpause für alle Beteiligten. Natürlich darf der Hit schlechthin nicht fehlen: 'Juke Box Hero'. Hier wird im Unterschied zur Live-CD "Can't Slow Down... When It's Live!" BLACK SABBATHs 'War Pigs' in den Song eingebaut.

Die Band verabschiedet sich nach 73 Minuten, doch das Publikum hat noch lang nicht genug, weshalb die Truppe kurze Zeit später die Schmuseballade 'I Wanna Know What Love Is' kredenzt, um mit dem darauf folgenden 'Hot Blooded' nach 95 Minuten endgültig die Segel zu streichen. Interessant ist dabei zu beobachten, dass Jeff Pilson (Bass) und Michael Bluestein (Keyboards) ihre Instrumente tauschen. Angesichts der Tatsache, dass Jeff bei DOKKEN auch für die Keyboards verantwortlich war, kein schlechter Tausch, nur Michael kann performancetechnisch nicht so ganz gegen Mr. Pilson anstinken.

Nicht nur ich, auch Heini aus dem Fitness-Studio, der ebenfalls anwesend war, hat 'Starrider' vermisst. Wir beide gehen davon aus, dass auch für die meisten anderen im Theater das Konzert zu kurz war, denn in der Form hätten FOREIGNER gerne zwei oder auch drei Stunden spielen können. An Hits mangelt es nicht, das ist schon Mal sicher. Doch das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Eines meiner Konzerthighlights, wobei die Erwartungen nach dem letzten Gastspiel auf dem "Bang Your Head"-Festival vor einigen Jahren mehr als erfüllt wurden.

Setlist: Double Vision, Cold As Ice, Head Games, Waiting For A Girl Like You, Dirty White Boy, When It Comes To Love (Acoustic), Say You Will (Acoustic), That Was Yesterday, Feels Like The First Time, Urgent, Keyboard Solo, Drum Solo, Juke Box Hero; Zugaben: I Wanna Know What Love Is, Hot Blooded

 

Redakteur:
Tolga Karabagli

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