GRAND MAGUS, ANGEL WITCH und ENFORCER - Hamburg
04.03.2013 | 14:1307.02.2013, Markthalle
Die schwedischen Traditionsmetaller GRAND MAGUS beehren die Hansestadt. Im Gepäck haben sie das britische Urgestein ANGEL WITCH und die Landsmänner von ENFORCER.
Donnerstagabend in Hamburg. Das skandinavische Trio GRAND MAGUS bittet zum Tanze und hat als Anheizer die Landsleute von ENFORCER, sowie die NWoBHM-Legende ANGEL WITCH im Gepäck. Ein paar gute Gründe also um den eigenen Schweinehund zu überwältigen und sich in Getümmel zu stürzen. Wobei "Getümmel" in diesem Fall relativ ist, denn die Markthalle ist höchstens halb gefüllt. Nun denn, für einen Wochentag ist das heutzutage ja schon beachtlich. Wir sind ja nicht mehr in den 80er Jahren, in denen bei so einem Aufgebot diese Lokalität aus allen Nahten geplatzt wäre.
Als ich um kurz nach 20 Uhr die Halle betrete, spielen ENFORCER bereits. Wie ich der später entdeckten Setlist entnehme, wohl auch schon eine ganze Weile, denn es wird der "Diamonds"-Schmachtfetzen 'Katana' serviert. Dieses Highlight wird als Begrüßung natürlich gern angenommen, bleibt aber leider die einzige Nummer dieser Scheibe, wenn ich den Anwesenden glauben darf. Die aktuelle Besetzung als Quartett funktioniert ganz ausgezeichnet und so ist die Stimmung in der Halle sehr gut. Die Jungs posieren, was das Zeug hält und bringen die Kuttenfraktion mächtig in Wallungen. Dazu werden etliche Nummern des brandneuen Albums "Death By Fire" geboten, die allesamt ausgezeichnet ankommen. Ein Stimmungsabfall zu den Nummern des Debütalbums, von dem unter anderem 'Mistress From Hell' und ' Scream Of The Savage' gespielt werden, kann ich zumindest nicht verzeichnen. Insgesamt eine erneut sehr kurzweilige Angelegenheit.
Nach einer ziemlich langen Umbauspause ist es dann soweit: Die Legende spielt auf. ANGEL WITCH, deren Debütalbum für mich zu den besten Erstlingswerken aller Zeiten gehört, habe ich das letzte Mal in Wacken gesehen. Das dürfte im Jahr 2000 gewesen sein. Ein gigantischer Auftritt. Entsprechend hoch ist meine Erwartungshaltung. Die Besetzung der superben letzten Scheibe wird Live vom ehemaligen CARCASS/NAPALM DEATH-Gitarristen Bill Steer erweitert und erfreut schon beim eröffnenden 'Atlantis' mit einem extrem knusprigen Gitarrensound. Das ist in der Markthalle keine Selbstverständlichkeit. Offenbar wissen die Herren Musiker, wie man seine Gerätschaften vernünftig einstellt. Profis eben. Weiter im Takt geht es mit 'Confused' bevor mit 'Dead Sea Scrolls' die einzige wirklich neue Nummer gespielt wird. Erbsenzähler werden jetzt natürlich anmerken, dass im weiteren Verlauf auch noch 'Guilotine' zum Einsatz kam, aber diese Nummer ist ja eigentlich eine Neuauflage von 'Rendezvous With The Blade'. Dies und der Umstand, dass Kevin die hohen Gesangspassagen in mittlere Gesangpassagen umgewandelt hat, sind die beiden minimalen Kritikpunkte. Denn, wenn ich ehrlich bin, hat mich schon lange keine Band mehr in die zweite Reihe gelockt und mich auch dort halten können. ANGEL WITCH ist in dieser Besetzung in absoluter Topform. Spielerisch und auch optisch. Kein unnötiger Firelfanz, hier wird alles auf das Nötigste beschränkt: Die musikalische Darbietung. Bassist Will Palmer wackelt sich die Halswirbel krumm und kommt dabei mehr als sympathisch rüber, während Drummer Andy Prestridge mit seinem jazzigen Drumspiel eine echte Augenweide darstellt. Als die Jungs kurz vor dem Finale dann meinen Favoriten 'Angel Of Death' aus dem Ärmel ziehen, bin ich kurz komplett aus dem Häuschen. Was für ein Song! Was für ein Riff! Mein Nacken am nächsten Morgen bestätigt die Qualitäten der Nummer. Ich muss nicht erwähnen, dass 'Angel Witch' als letzte Nummer die ersten Reihen in ein Tollhaus verwandelt hat, oder? Eine Selbstverständlichkeit.
Nach kurzer Kehlenbefeuchtung spielen nun GRAND MAGUS auf. Und auch wenn das Trio (fast) alles richtig macht, ist bei mir die Luft einfach raus. ANGEL WITCH kann an diesem Abend nicht übertroffen werden. Aber ich möchte den Schweden kein Unrecht antun. Die kraftvoll-marschierenden Nummern bringen die jungen Fans schnell auf Trapp. Dazu gesellt sich der hervorragende Gesang von JB Christoffersson, der immer besser zu werden scheint. Wenn der gute Mann sich so weiter entwickelt, wird er bald zu den ganz großen Stimmen unserer Lieblingsmusik zu zählen sein. Die Jungs spielen ein sehr ausgewogenes Programm, in dem sie gekonnt alte und neue Songs mischen und somit für jeden Geschmack etwas parat heben. Das sieht das Publikum genau so und demnach werden die leicht hymnischen Refrains fast aller Songs lautstark mitgesungen. Ich ziehe mich in die hinteren Reihen zurück und genieße die britischen Ohrwürmer in meinem Kopf.
Ein gelungener Abend, der auf ein baldiges Wiedersehen mit Kevin Heybourne und seiner Bande hoffen lässt. Und ich rede jetzt nicht vom Keep-It-True-Festival. Das wird natürlich ein absoluter Ohrenschmaus. Ich rede von einer Headlinertour, auf der dann auch mehr neues Material gespielt wird.
- Redakteur:
- Holger Andrae