GRAVE DIGGER, BURNING WITCHES - Glauchau

28.01.2019 | 19:00

18.01.2019, Alte Spinnerei

Was eignet sich als perfekter Einstieg in das Konzertjahr 2019? Richtig, guter, alter klassischer Heavy Metal. Da trifft es sich gut, dass das deutsche Szene-Urgestein GRAVE DIGGER momentan durch die Lande tourt, um den Fans sein aktuelles Album "The Living Dead" vorzustellen.

Live macht man mit den Grabschauflern ohnehin nichts falsch, doch auch der Support-Act weiß zu gefallen. Die BURNING WITCHES werden als Anheizer für die Grabschaufler fungieren, eine durchaus gelungene und vielversprechende Kombination. Von den Livequalitäten der brennenden Hexen konnte ich mich im letzten Jahr bereits überzeugen und ich bin gespannt, ob die Mädels diesen guten Eindruck heute bestätigen werden. Sogar der Wettergott hat ein Einsehen, denn nachdem es heute früh auf dem Weg zur Arbeit noch nach ziemlichem Schneechaos ausgesehen hat, ist es im Verlauf des Tages zum Glück richtig aufgeklart und so kann ich mich auf freien Straßen ganz entspannt auf den Weg nach Glauchau machen.

Pünktlich um 21 Uhr erlischt das Licht in der Alten Spinnerei und die Hintergrundmusik verstummt und die BURNING WITCHES betreten begleitet von lautem Beifall der Zuschauer die Bühne. Die Mädels haben die Menge in Glauchau von Beginn an im Griff und ernten nach dem Opener 'Executed' bereits sehr lauten Applaus, was Sängerin Seraina sichtlich ebenso erfreut wie erstaunt. "So laut sind wir auf der Tour bisher noch nie empfangen worden" lässt sie die Fans wissen, bevor mit 'Metal Demons' gleich der nächste Kracher ausgepackt wird. Gleichermaßen energiegeladen wie in ihren Songs gehen die Mädels übrigens auch auf der Bühne zu Werke. Drummerin Lala bleibt gezwungenermaßen hinter ihrer Schießbude sitzen, die anderen vier sind jedoch ständig in Bewegung und nutzen den wenigen Platz auf der Bühne (im Hintergrund ist bereits das GRAVE DIGGER-Set aufgebaut) mehr als gut aus. Man weiß echt nicht, wo man zuerst hinschauen soll, soviel passiert da auf der Stage. Davon könnte sich so manche alteingesessene Band eine Scheibe abschneiden. Große Klasse, was die Hexen da machen. Man spürt, dass die richtig Bock haben, hier in Glauchau zu spielen.

Natürlich bleibt auch dem restlichen Publikum nicht verborgen, wie sehr sich die fünf Mädels ins Zeug legen und so wird nicht nur jeder Song mit lautem Jubel bedacht, sondern bei jeder Gelegenheit bekommt Seraina wahlweise die Fäuste oder Horns des Publikums entgegengestreckt. Als man denkt, die Stimmung hat den absoluten Höhepunkt erreicht, stimmen die Hexen 'Holy Diver' an, eine Coverversion von Metal-Ikone Ronnie James Dio. Diesen Song kennt natürlich jeder der Anwesenden und das Glauchauer Publikum zeigt sich zudem äußerst textsicher und unterstützt Seraina lautstark. Ihr Gesang passt sehr gut zu der Nummer und sie gibt ein weiteres Mal alles. Zu guter Letzt gibt es mit 'Burning Witches' noch die Bandhymne der Schweizerinnen und auch hierfür hagelt es von den Zuschauern gewaltigen Applaus. Nach ziemlich genau 50 Minuten verabschieden sich die Mädels dann leider schon von der Menge, aber sie dürften allen in sehr guter Erinnerung bleiben. Viel besser hätte der Abend nicht starten können. Und die brennenden Hexen haben definitiv gezeigt, dass sie mittlerweile selbst in der Lage sind, einen Konzertabend zu headlinen. Ich bin gespannt, vielleicht ja bei der Tour zum dritten Album, wer weiß.

Setliste: Executed; Metal Demons; We Eat Your Children; Hexenhammer; Bloody Rose; Save Me; Black Widow; Open Your Mind; Holy Diver; Burning Witches

Da es keinen Fotograben gibt (die Absperrung steht fast direkt vor der Bühne), verlasse ich meinen Platz in der Pause nicht und verkneife mir die sonst übliche Zigarette, damit ich auch bei GRAVE DIGGER noch an der vordersten Front stehen kann. Während des Umbaus gehen die Hexen sogar selbst mit zur Hand und sorgen dafür, dass die Fans nicht so lange auf den Headliner des Abends warten müssen.

Tatsächlich dauert es nur 15 Minuten, bis das Licht ein weiteres Mal aus geht und standesgemäß der Reaper auf die Bühne huscht und die Fans auf das bevorstehende Konzert von GRAVE DIGGER einstimmt. Als schließlich die Musiker herauskommen und sogleich 'Fear Of The Living Dead' anstimmen, ist der Jubel natürlich erneut groß. Eine Änderung im Vergleich zur letzten Tour gibt es noch zu vermelden, der Reaper steht jetzt nicht mehr aktiv auf der Bühne, da die Grabschaufler nun ohne Keyboarder spielen. Als Frontmann Chris Boltendahl nach dem Opener das Glauchauer Publikum begrüßt, ist er sichtlich gerührt ob des großen Jubels, mit dem er und seine Mannen hier empfangen werden. Die obligatorische Frage "Habt ihr Bock?" erübrigt sich eigentlich, aber er stellt sie trotzdem, obwohl er die Antwort darauf bereits kennt. Die Hexen haben aber auch vorzügliche Vorarbeit geleistet und die Fans perfekt eingestimmt. Spätestens als Chris noch verkündet, dass die Band alte, sehr alte sowie einige neue Songs dabei habe, hat er die Zuschauer komplett in der Tasche. Bei einer derart umfangreichen Diskographie wie sie GRAVE DIGGER mittlerweile vorzuweisen hat, ist es aber natürlich auch kein Problem aus dem Vollen zu schöpfen und den Zuschauern einen Kracher nach dem anderen zu servieren. Viel mehr bleiben sogar einige Hits auf der Strecke und finden aus zeitlichen Gründen nicht jedesmal den Weg in die Setliste.

Im Publikum sind erwartungsgemäß alle Altersklassen vertreten. Fans der ersten Stunde sieht man genauso wie junge Steppkes, die mit Ohrenschützern ausgestattet ebenso zu den Klängen der Grabschaufler die Köpfe kreisen lassen. Die Antwort auf die Frage von Chris zu Beginn, ob die Fans in Glauchau diesen lauten Jubel bis zum Ende durchhalten würden, kristallisiert sich immer mehr als deutliches "Ja!" heraus. Nach wirklich jedem Song werden "Hey! Hey! Hey!" Chöre angestimmt, was die Band natürlich sichtlich erfreut und nur noch mehr anspornt. Vor allem Chris Boltendahl macht jedesmal ein Gesicht wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum auspacken darf. Besondere Bühneneffekte hat GRAVE DIGGER nach wie vor nicht nötig, außer einer Nebelmaschine gibt es gelegentlich kurze Schübe aus einer Feuerfontäne, das war es dann aber auch schon. Der Reaper zeigt sich zwischendurch noch einmal, indem er kurz mit einer Fahne bewaffnet über die Bühne huscht, und dann so schnell wie er aufgetaucht ist auch schon wieder verschwunden ist. Dann versuchen die Zuschauer in Glauchau wieder einmal den guten Chris zu überstimmen, indem sie ihm lautstark den Refrain von 'Excalibur' entgegenschmettern. Viel besser kann die Stimmung jetzt aber wirklich nicht mehr werden.

Weit gefehlt, denn als Gitarrist Axel Ritt die Melodie von 'Rebellion (The Clans Are Marching)' auf der Gitarre anstimmt, steigt gefühlt die komplette Halle mit ein und singt lautstark dem Refrain des wohl bekanntesten Songs der Grabschaufler mit, musikalisch nur von der Gitarre begleitet. Dieses Szenario wird noch einige Male so wiederholt, bis dann auch der Rest der Band einsteigt und für einen weiteren Höhepunkt am heutigen Abend sorgt, denn dieser Song darf einfach auf keinem Konzert von GRAVE DIGGER fehlen und ist immer wieder geil. Der Reaper lässt es sich natürlich nicht nehmen, den Dudelsackpart in diesem Track zu performen, was mittlerweile schon fast Tradition ist. Als der Song vorbei ist, verabschiedet sich die Band, aber so ziemlich jeder der Anwesenden dürfte wissen, dass dies noch nicht das Ende gewesen sein kann, denn der traditionelle Rausschmeißer der Grabschaufler fehlt noch. Lange lassen die Jungs die Zuschauer dann auch nicht warten und kommen zurück, um noch einige Songs zum Besten zu geben. Neben 'Healed By Metal' gibt es noch den 'Zombie Dance', der in einer Liveatmosphäre deutlich besser funktioniert als auf Platte und in Glauchau sehr gut ankommt. Danach folgt mit 'Heavy Metal Breakdown' der finale Song der Grabschaufler, bei dem die Fans noch einmal alles geben, sowohl stimmlich als auch den Jubel betreffend. Nach zwei Stunden Wahnsinns-Show lässt sich GRAVE DIGGER noch einmal ausgiebig von den Zuschauern feiern und verlässt sichtlich erschöpft, aber zufrieden die Bühne in Glauchau.

Setliste: Fear Of The Living Dead; Tattooed Rider; The Clans Will Rise Again; Lionheart; Blade Of The Immortal; Lawbreaker; The Bruce (The Lion King); The Dark Of The Sun; Call For War; The Curse Of Jacques; Wargod; Season Of The Witch; Highland Farewell; Circle Of Witches; Excalibur; Rebellion (The Clans Are Marching); Healed By Metal; Zombie Dance; Heavy Metal Breakdown

Super Konzertabend! Technische Probleme gab es keine, die beiden Bands haben mehr als überzeugt und auch über die Organisation kann ich mich nur lobend äußern, vor allem die mit 15 Minuten nur sehr kurze Umbauzeit empfand ich als sehr angenehm. Das Publikum war laut und ausgelassen, wie es sich für ein Konzert dieser Art gehört. Sehr gut gefällt mir auch die Alte Spinnerei, man hat hier sogar die Möglichkeit, Konzerte von der Empore aus zu sehen, und es gibt einen Raucherraum, so dass man sich nicht draußen in die Kälte stellen muss. Sehr löblich. Die Getränkepreise gehen auch absolut in Ordnung.

GRAVE DIGGER hat mittlerweile fast 40 Jahre auf dem Buckel, in dieser Form dürfen die Herren gerne noch die eine oder andere Dekade dranhängen. Und die BURNING WITCHES zählen meiner Meinung nach zu einer der vielversprechendsten Nachwuchsbands im klassischen Heavy Metal, da schlummert durchaus großes Potential. Wie gesagt, ich bin überzeugt, dass die Mädels auch ohne Probleme eine Headlinershow bestreiten könnten. Mit einem dritten Album wäre dann auch genügend Material vorhanden, um eine 90 oder 120-minütige Show zu füllen. Live würde ich mir jedenfalls beide Bands jederzeit wieder anschauen und kann nur jedem empfehlen, der bisher noch in den Genuss gekommen ist, das schleunigst nachzuholen.

Redakteur:
Hermann Wunner

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