HAMBURG BLUES BAND, feat. Chris Farlowe und Krissy Matthews - Übach-Palenberg
18.01.2024 | 23:3513.01.2024, Outbaix 2.0
Vier Sänger, zwei Gitarristen, Bass und Schlagzeug - macht genau fünf Mann.
Das Konzertjahr 2024 beginnt für mich mit der HAMBURG BLUES BAND. Die in Hamburg ansässige deutsch-britische Formation begeht mit ihrer "40th Anniversary Tour" ihr nicht mehr ganz aktuelles Jubiläum, einer der ersten Gigs im neuen Jahr führt sie am 13. Januar ins Outbaix in Übach-Palenberg. Wer die Gruppe nicht kennt, sollte sich durch den Namen nicht täuschen lassen. Zwar beruhen die meisten ihrer Stücke auf einer Bluesbasis, aber vor allem wird heftig gerockt.
Wie es sich für eine Hamburger Band gehört, betritt die Gruppe unter den Klängen des Gassenhauers "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" von Hans Albers die Bühne. Sänger und Gitarrist Gert Lange, letztes verbliebenes Gründungsmitglied, bezieht mit tief in die Augen gezogener Kopfsocke seinen Posten am Mikrophon. Begleitet wird er aktuell von Bassist Reggie Worthy, Schlagzeuger Eddie Filipp und dem jungen Leadgitarristen Krissy Matthews. Die HAMBURG BLUES BAND beginnt das Konzert mit 'Rockin' Chair', und sofort ist Stimmung im Saal. Die Soundqualität ist von Anfang an sehr gut, was die Instrumente betrifft. Für die Mikrophone gilt das nicht, die in der Regel auf Deutsch gehaltenen Ansagen sind mitunter kaum zu verstehen. Der Musik tut dies keinen Abbruch. Krissy Matthews hüpft gelegentlich auf der Bühne, als würde er Gymnastik machen, und schon bald bekommt er zum ersten, aber nicht zum letzten Mal Szenenapplaus für ein furioses Solo.
Die Rockmusik ist ein alt gewordenes Phänomen, und so sind auch schon einige frühere hochkarätige Mitglieder, Gäste und Wegbegleiter der HAMBURG BLUES BAND nicht mehr am Leben. Mike Harrison (SPOOKY TOOTH) und Pete Brown (CREAM-Umfeld) widmet die Gruppe 'Try Me Again', kurz darauf wird 'Hairdryin' Drummer Man' für den 2020 verstorbenen Schlagzeuger Hans Wallbaum gespielt. Bei diesem Stück aus dem Solorepertoire von Krissy Matthews, agiert dieser auch als Sänger. Danach übernimmt Reggie Worthy, der vor langer Zeit für IKE & TINA TURNER gespielt hat, bei deren Hit 'Nutbush City Limits' die Lead Vocals. Während der folgenden Stücke, etwa 'Get Off My Back', kommt ein Bottle Neck auf der einen oder anderen Gitarre zum Einsatz. Schließlich rockt die Band mit der HENDRIX-Nummer 'Foxey Lady' ab, wobei Matthews wieder singt und Filipp ein ausgiebiges Solo spielt.
Großer Jubel brandet auf, als endlich Chris Farlowe, der neben der HAMBURG BLUES BAND vor allem durch COLOSSEUM und sein Soloschaffen bekannt ist, auf die Bühne kommt. Auch mit 83 Jahren hat er nichts an Stimmkraft, Ausdruckstärke oder Vielseitigkeit eingebüßt. Schon beim ersten Stück mit ihm, 'Lonesome Road', nimmt die Sängerpersönlichkeit das Publikum gefangen. Jedes Wort, jede Phrasierung sitzt, und wenn er dann und wann in lautmalerisches Singen wechselt, ist seine Stimme ein weiteres Instrument. Manchmal macht er sich den Spaß, mit einem Grinsen hinter dem Gesicht den Text ein wenig situationsbedingt zu ändern. Nun wird der schon von COLOSSEUM gecoverte Blues-Oldie 'Stormy Monday Blues' angekündigt. Wenn ich nie zu einem großen Bluesfan geworden bin, liegt es auch an dieser Nummer. Ich konnte nie verstehen, dass sich Legionen von Musikern nicht zu schade waren, als Hundertste oder Tausendste dieses totgenudelte Stück auch zu spielen, und bei so manchem geriet dieser Slow Blues zum tranigen Langweiler. Aber die HAMBURG BLUES BAND bietet mit einem starken Chris Farlowe und den Gitarrenkünsten von Krissy Matthews eine wirklich gute Version. Bei seinem langen Solo stützt sich Chris Farlowe auf Gert Langes Schulter oder schaut mit hochgezogenen Augenbrauen auf seine Uhr. Spaßvogel Farlowe unterhält auch heute Abend die Menge mit Faxen, Grimassen und witzigen Ansagen, in die er ein paar Brocken Deutsch einstreut. Da nimmt es ihm das Übacher Publikum auch nicht übel, dass er es ständig mit "Aachen" anspricht.
Anschließend wird wieder härter gerockt, wenn die Band es mit 'Hard To Get Along With' krachen lässt, das mit dem wohl meistbenutzten Gitarrenriff der Rockgeschichte aufmacht, am prominentesten vermutlich in ZZ TOPs 'La Grange'. Mit vier Leuten an den Mikrophonen wird mehrstimmiger Gesang zu einem bedeutenden Element des Bandsounds. Nach dem ebenso eleganten wie melancholischen Ruhepol 'I'll Sing The Blues For You', einem großen Moment für Bluesstimme wie -gitarre, gibt die Band erneut Gas bei dem TEMPTATIONS-Cover 'Shakey Ground' und da der funky Rhythmus passt, singt Chris Farlowe zunächst griemelnd QUEENs 'Another One Bites The Dust' an. Die HAMBURG BLUES BAND interpretiert allerdings die TEMPTATIONS-Nummer wesentlich härter und strammer als das Original, und ich weiß nicht, ob es Farlowes Stimme oder die Gitarre ist, aber irgendwann bilde ich mir sogar ein, das Saxophon zu hören. Mit dem SMALL-FACES-Cover 'All Or Nothing', das die Gruppe schon seit einiger Zeit im Programm hat, um ihr Publikum mitsingen zu lassen, endet das reguläre Set.
Bei der Zugabe bekommen Bass und Schlagzeug ihre Solospots. Schließlich singen Gert Lange und Reggie Worthy den WILLI-DIXON-Klassiker 'I Just Want To Make Love To You' zum Abschluss. Mit großem Beifall verabschiedet das Publikum die Band. Und das allerletzte Wort hat schließlich wieder Hans Albers.
Die "40th Anniversary Tour" der HAMBURG BLUES BAND geht noch eine Zeitlang weiter. Die aktuellen Termine findet man hier.
Pressefoto mit freundlicher Genehmigung von Handmade Concerts.
- Redakteur:
- Stefan Kayser