HÄLLAS & HOT BREATH - Hannover
11.05.2022 | 11:3209.05.2022, Béi Chéz Heinz
Beware of the mighty Hällas!
Ein Montag in Hannover. Langweiliger geht es nicht, könnte man meinen. Doch die ewige Pandemie hat auch in Niedersachsen die Rock-Meute ausgehungert. Der ursprünglich 2020 angesetzte und mehrmals verschobene Abenteuerzirkus der Schweden HÄLLAS sollte nun endlich das Verlangen stillen. Deshalb finden sich auch an einem Montag so viele Menschen im gemütlichen Kellerclub "Béi Chéz Heinz" ein, dass nicht mehr viel Platz (und Luft) übrig bleibt.
Doch bevor die Nebelwand aufgepustet wird, dürfen erstmal die Landsleute von HOT BREATH ihr Können unter Beweis stellen. Dabei liegt der Fokus heute ganz auf dem prächtigen Schnäuzer des Schlagzeugers. Gut, könnte auch daran liegen, dass ich von meinem Platz nicht viel mehr von der etwa 40 cm hohen Bühne sehen kann. Irgendwann erblicke ich dann auch die kleine Sängerin mit Glitzerlippenstift, die hier einen ganz schönen Lärm fabriziert. Das Energielevel der hart rockenden Band ist beeindruckend. Es wird sicher auch an der langen Konzertdurststrecke liegen, dass HOT BREATH hier so viele Zuschauer vor die Bühne zieht, wenn draußen die Sonne in den Biergarten scheint, es liegt aber ganz bestimmt auch am kurzweiligen Auftritt der sehr gut aufeinander eingespielten Gruppe um Frontfrau Jennifer Israelsson. Es ist laut und verschwitzt und schnell und es macht einfach gute Laune. Die knappe Dreiviertelstunde bringt man jedenfalls sehr sympathisch über die Bühne, wenngleich Gesang und Energie dann doch recht gleichförmig bleibt. Interessant ist die eine Ballade als kleiner Gegenpol zum Rock 'n' Roll, wobei auch diese ziemlich schnell heruntergebrettert wird.
Nach einer angenehm kurzen Umbaupause wird dann auch schon der Nebel in die schwitzige Halle mit auf Hochtouren laufenden Belüftern geblasen. Ins vernebelte Scheinwerferlicht treten Gestalten in weiten Umhängen und im schnell wieder zahlreich versammelten Publikum branden direkt laute "HÄLLAS"-Rufe auf. Hannover ist bereit. Und das ist die Band auch. Der KORG-Synthesizer wird aufgedreht und los geht's - laut und hart! Ich bin zunächst etwas verduzt über den harten Sound, die Geschwindigkeit, die Lautstärke. Es bläst mich schon etwas um, klingen die Schweden auf ihren Alben doch oft sehr schön und entspannt. Das ist live noch einmal eine ganz andere Geschichte, ein anderer Aspekt dieser außergewöhnlichen Band. Wie gebannt beobachte ich Sänger Tommy Alexandersson wie er seinen weiterhin sehr feinfühligen und punktgenauen Gesang ins Mikrofon schreit.
Also ich beobachte es, so gut es eben geht. Denn der Nebel, der uns den gesamten Auftritt über begleitet ist wirklich dicht. Ich stehe in der dritten Reihe und kann nicht einmal das Gesicht des Gitarristen, der nur fünf Meter vor mir steht, wirklich erkennen. Diese künstliche Wand schafft eine spannende Distanz, sogar in einem derart kleinen Keller mit einer Bühne, die woanders eher "Stufe" genannt werden würde. HÄLLAS transportiert Abenteuergeschichten, fungiert als Erzähler. Ganz anders als HOT BREATH vorhin, hier lebte der Auftritt von der Nähe und Greifbarkeit. Bei HÄLLAS wirkt die enge Bühne, umrahmt von Pfeilern und niedriger Decke, ausgefüllt von Nebel, Lichtern und schattenhaften Gestalten wie eine Leinwand, die uns eine Geschichte erzählt. Ich muss gar nicht wissen, wer da auf der Bühne steht, im Mittelpunkt steht der Ritter "Hällas", der uns von seinen Abenteuern berichtet.
Es breitet sich eine wirklich spannende Atmosphäre aus, vor allem wenn der ganze Laden bei Hits wie 'Star Rider' oder 'Carry On' mitsingt, mitgrölt, zwischenzeitlich bildet sich gar ein echter Moshpit vor der Bühne. Gespielt werden je vier Lieder der drei bisherigen Alben und natürlich die Bandhymne, die sich auf der EP findet. Während bei den genannten Tophits die Stimmung noch mal hochkocht, gibt es aber tatsächlich keinen Moment der Show, an dem der Applaus und die Party abflachen würden. Auch die neuen Songs sind vielen wohl schon bestens bekannt, weshalb auch 'Stygian Depths' oder 'Elusion's Gate' etwa begeistert aufgenommen werden. Die Darbietung von 'The Wind Carries The Word' gehört sogar zu meinen persönlichen Höhepunkten.
HOT BREATH und HÄLLAS sind noch ein paar Tage in Mitteleuropa unterwegs. Ich kann jedem nur empfehlen, diese Chance zu nutzen und sich die verstaubten Ohren mal gehörig durchpusten zu lassen. Ich lege jetzt nochmal "Isle Of Wisdom" auf und träume mich in ferne Universen mit Rittern und Sehern und Tyrannen und großen Synthesizern.
Setliste HÄLLAS: Repentance, Advent Of Dawn, Elusion's Gate, Labyrinth Of Distant Echoes, The Golden City Of Semyra, Stygian Depths, Carry On, The Wind Carries The Word, Tear Of A Traitor, Star Rider, Fading Hero, ENCORE: The Astral Seer, Hällas
- Redakteur:
- Marius Luehring