Haggard - Frankfurt am Main

03.10.2008 | 18:18

30.09.2008, Batschkapp

Asis Nasseri und seine Künstlertruppe HAGGARD lassen sich bei der Erschaffung eines Albums bekanntlich immer ganz besonders viel Zeit, so dass der geneigte Fan erheblich Geduld aufbringen muss, das jeweils neue Werk auch in der Live-Performance erleben zu können. Am heutigen Abend sind HAGGARD also nach langer Wartezeit wieder einmal zugegen und wagen es, in der traditionsreichen Frankfurter Batschkapp auf die Bühne zu krabbeln.

Diese ist zunächst nur mäßig gefüllt, und auch die Begeisterung der Anwesenden hält sich angesichts der Darbietung von THE FLAW, einer Dortmunder Nachwuchskapelle, in Grenzen. Drei junge Herren und eine durchaus attraktive Dame versuchen, das Publikum stimmungsmäßig mit verhalten-depressivem Alternativrock auf Spur zu bringen, was erst in der zweiten Hälfte des Vorprogramms mit zaghaft gesteigerten Reaktionen gedankt wird. Dass THE FLAW nach dem heutigen Abend vielen in Erinnerung bleiben, ist allerdings zweifelhaft.

Im Anschluss verzieht sich das Publikum zur Raucherpause in den hessischen Herbstregen, und ich frage mich, wie lange HAGGARD wohl diesmal für ihren aufwendigen Soundcheck benötigen. Glücklicherweise halten sich die technischen Unerfreulichkeiten heute in Grenzen, so dass die Show um kurz vor halb elf recht zügig beginnt. Inzwischen ist es sogar etwas kuscheliger vor der Bühne geworden, so dass Aussicht auf eine lebendige Konzertstimmung besteht.

Die Darbietung beginnt mit dem Intro der neuen Scheibe "Tales Of Ithiria", das uns die eindrückliche Stimme des ansonsten eher aufgeblasenen Mike Terrana präsentiert. Aber er ist ja heute nicht da, und von anstrengenden Drumsoli werden wir folglich glücklicherweise verschont.

Wie immer dauert es eine Weile, bis die Bandmitglieder von HAGGARD sich komplett auf die Bühne gedrängelt haben. Ganz schön eng da oben, aber irgendwie passt's. Sogleich fällt auf, dass die brillante Su, charakteristische Sopranstimme des kleinen Orchesters, von einer neuen Kollegin, der dunkelhaarigen Manu, begleitet wird, die sich im Laufe des Abends neben einem blondgelockten bärtigen Bariton ebenfalls als stimmkräftige Sängerin erweist.

In den kommenden gut anderthalb Stunden führt uns der gut gelaunte Asis ohne technische Pannen und Rückkopplungen durch die musikalische Schaffensgeschichte von HAGGARD. Dabei kramt er mit 'The Day As Heaven Wept' und später 'In A Pale Moon's Shadow' zwei Frühwerke der ersten Tage hervor und erinnert sich an einen lang zurückliegenden Gig im längst verstorbenen Frankfurter "Negativ", an das sich unter den zumeist jüngeren Fans wohl nur noch die wenigsten erinnern können.

Schwer beeindruckt sind die Fans hingegen auch heute Abend immer wieder von Sus koloraturartigen Ausflügen in die obersten Höhen ihrer Sopranstimme, mit denen sie die ebenfalls stimmgewaltige Manu letztlich noch überflügelt, die ihr in die absoluten Höhen nicht folgen kann. Wir genießen auf diese Weise 'Herr Mannelig' und 'The Observer', hören aber auch Songs wie 'The Sleeping Child' und 'Upon Fallen Autumn Leaves' aus den Erzählungen von Ithiria zum ersten Mal live. Und das neue Material erweist sich als durchaus geeignet, das zunächst eher zurückhaltende Publikum in Wallung zu versetzen. Asis ermuntert zu lautstarkem Mitsingen, schließlich soll der ertaubte Claudio, der sich scheinbar verdutzt mit dieser Stigmatisierung nicht sehr identifizieren mag, auch hören, wo man gerade im Programm ist. Die Line, die Su uns vorgibt, können wir allerdings nicht abnehmen – einfach zu hoch! Es bleibt bei dem üblichen Gebrummel taumelnder Fans, das Asis dennoch derart amüsiert, dass er die Frankfurter heute Abend den Münchner Fans vorziehen mag: "Wenn das die Münchner wüssten!"

So fliegt die Zeit dahin, und schon sind wir im Zugabenteil angekommen, der – wer hätte Anderes erwartet – natürlich und zum Glück mit 'Awaking The Centuries' endet.

Insgesamt war das ein lohnender Abend. Wenn sich die süddeutsche Klassik-Death-Metal-Mischung auch noch immer nicht zu einem Massenmagneten gemausert hat, so konnten HAGGARD zumindest in der 'Kapp diesmal eine durchaus beeindruckende Publikumszahl herbeilocken. Ohne die üblichen unerquicklichen technischen Schwierigkeiten, die man von HAGGARD-Festivalauftritten leider kennt, überzeugte die Band heute mit ansprechender Soundqualität und vor allem wieder mit ihren professionellen Künstlern, die mit solider Haltung Klassik und Metal vereinen. Su Ehlers vermochte es dabei besonders, durch ihre ansprechenden Tanzeinlagen Bewegung und auch Humor auf die Bühne zu bringen. Ihr Gesang braucht hingegen keine weitere Hervorhebung. Der ist einfach beeindruckend!

Redakteur:
Erika Becker

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