Hammer Of Doom 8 - Würzburg

29.12.2013 | 13:14

16.11.2013, Posthalle

Auch dieses Jahr wurde wieder zu einer Messe der Langsamkeit in der Würzburger Posthalle geladen. Angesichts der wunderbaren Bandauswahl konnten wir uns das natürlich nicht entgehen lassen!

Dabei gestaltet sich der erste Tag mit Ausnahme der US Amerikaner ASHBURY wie ein Teil der aktuellen ORCHID-Tour, was der Stimmung und vor allem auch dem Zuschauerzuspruch keinen Abbruch tut. Eine lange Schlange bildet sich vor dem Einlass, und es geht nur sehr zögerlich voran. Das ist ungewohnt, denn die Veranstalter sind erfahren und haben solche Situationen üblicherweise bestens im Griff. Nach einer Weile wird es auch besser, als kurzerhand ein weiterer Schalter geöffnet wird. Trotzdem unerwartet und unangenehm, zumal es doch recht kühl ist um diese Jahreszeit.

Durch die genannten Einlassverzögerungen haste ich in die Halle, in der SCORPION CHILD bereits spielen. Netterweise dürfen wir schnell noch ein paar Fotos machen und kriegen einen kurzen Eindruck der energiegeladenen Show der US Amerikaner. Weniger Doom als vielmehr starken Hard Rock bis Metal haut man uns zur Einstimmung auf den Abend um die Ohren, etwas, das sich meiner Ansicht nach im Gesamtprogramm häufiger hätte finden sollen. Obwohl die Halle noch nicht allzu gut gefüllt ist, werden SCORPION CHILD gut angenommen Der Spaß steht allen in den Augen, die vorne stehen, während weiter hinten auch die Stöbernden im Metal Markt bei der Suche nach den einzigartigen Schnäppchen gut unterhalten werden.
[Frank Jäger]

BLUES PILLS ist, wenn man den Äußerungen des Labels glauben darf, das nächste große Ding im "Früher war alles besser"-Rock und hat, im Gegensatz zu den anderen großen Unbekannten des Festivals, BELOW, immerhin schon eine EP in gefühlt zehn verschiedenen Farben veröffentlicht. Somit bin zumindest ich gespannt, wie sich die Truppe live präsentiert. Und bereits bei den ersten Klängen wird klar, dass es zwei Grundpfeiler im Sound von BLUES PILLS gibt: Erstens wird der Blues im Namen auch im Sound umgesetzt, zweitens ist Sängerin Elin Larsson nicht nur Blickfang, sondern auch gesanglich überragend. Mit einer tollen Rockröhre, die des öfteren an die ganz großen im klassischen Rock erinnert, drückt die Schwedin den Liedern einen unverwechselbaren Stempel auf. Doch darin liegt auch schon etwas das Problem des Auftritts. Denn die Musik von BLUES PILLS ist recht einfacher Blues Rock, dem es noch an Abwechslung und herausragenden Ideen mangelt und der lediglich durch den überragenden Gesang seinen eigenen Charakter erhält. Zwar hat der junge Gitarrist einen herrlich warmen Klampfensound und jede Menge Gefühl in den Fingern, aber das äußert sich noch nicht in den Kompositionen. Zudem hat man sich für eine eher statische Performance und recht zurückhaltende Kommunikation mit dem Publikum entschieden, was so das gesamte Festival weitergehen sollte, doch zur Begeisterung des Publikums trägt das sicher nicht bei.

So bleibt es bei anerkennendem Nicken und interessiertem Beobachten von der Seitenlinie. Wenn es die Band bis zur Veröffentlichung des Albums noch schafft, etwas mehr Pepp in ihre Kompositionen zu bringen, könnte hier deutlich mehr drin sein, als der Höflichkeitsapplaus, den man am Ende einstreicht.
[Raphael Päbst]

Auf den nun folgenden Auftritt hat wohl ein Großteil der anwesenden Freaks sehnsüchtig gewartet. ASHBURY aus Tucson, Arizona, spielen zum ersten Mal in Europa. Ihr 1983er Debütalbum gilt als Meilenstein der kauzigen Gitarrenmusik und wird seit seiner Wiederveröffentlichung wie ein Juwel gehandelt. So ist die Stimmung schon vor dem Auftritt der Band mächtig angeheizt, denn nicht wenige Anwesende sind gierig auf die Musik der lebenden Legende. Als die dreiköpfige Gitarrenarmee dann mit dem unfassbaren 'The Warning!' fulminant in ihren Set einsteigt, scheint eine Adrenalinbombe zu platzen, denn die Halle steht sofort komplett hinter der Band. Der transparente Sound unterstreicht die gleichzeitig feingliedrige, wie auch kraftvolle Musik der älteren Herren, die sichtlich erstaunt sind, wie gut die Reaktionen auf ihre Musik sind. Als der Chorus dann aus einigen Hundert Kehlen mitgesungen wird, ist man auf der Bühne sichtbar gerührt. Sehr sympathisch. Der Gesang von Rob Davis klingt heute noch genauso erfrischend wie auf dem Album. Ein Umstand, der nicht nur mich in erstaunte Euphorie versetzt. Dieser Zustand verhindert leider eine songgenaue Wiedergabe des Auftrittes. Ich bitte diesen Umstand zu entschuldigen, denke aber, dass er allein schon gut wieder spiegelt, wie gut die Band an diesem Abend klingt. Beim furiosen 'Vengeance' fliegen um mich herum etliche Fäuste und die gesetzten Herrschaften auf der Bühne lassen sich von der Dynamik im Publikum anstecken. Keine Spur von Altershüftsteifheit. Die langen Matten werden geschüttelt, die Bärte kräuseln sich. Rock 'n' Kauz der allerbesten Sorte. Beim heimlichen Hit 'Madman' kennt die Begeisterung dann kein Halten mehr. Als das erste Mal der Chorus intoniert wird, scheint es so, als würde tatsächlich die komplette Halle mitsingen. Rückblickend ist das einer der magischen Momente dieses wunderbaren Wochenendes. Die Band spielt im weiteren Verlauf beinahe alle Songs des Wunderalbums "Endless Skies", sowie 'Evacuation Time' und 'The Cold Light Of Day' vom zweiten Album "Something Funny Going On". Das Merchandise der Band ist binnen weniger Minuten ausverkauft, was allerdings auch daran liegt, dass die sich selbst unterschätzende Band lediglich 13 T-Shirts mit dabei hat (unglaublich, oder? Ich kann es immer noch nicht fassen! FJ). Davon wäre ein Vielfaches verkauft worden. Ich kann nur hoffen, dass die Band nicht wieder 30 Jahre benötigt, um in Deutschland zu spielen, denn dieses Konzert zählt ohne Frage zu den Highlights des Jahres. Vielen Dank dafür!
[Holger Andrae]

Was gibt es zu ORCHID noch zu sagen, das nicht schon im Rahmen des Konzertberichts von der laufenden Tour gesagt worden ist. Nicht viel und dennoch ist ORCHID ein Phänomen, das heiß diskutiert wird. Wir hören am späten Abend noch gemeinsam in unserer Unterkunft BLACK OZZY SABBATH und Rüdiger fragt, warum man ORCHID braucht, wenn man auch das Original haben kann? Ich sag's Euch: ORCHID ist zwar ein BLACK SABBATH-Klon, aber ein sensationell guter und in der Form auch der einzige. ORCHID ist eine Band bestehend aus ausgebufften Profis, die ihr Handwerk aus dem FF beherrschen. Das möchte ich BLACK SABBATH gar nicht absprechen, aber die alten Herren live sehen zu können ist selten und teuer und dann ist nicht einmal für einen guten Gig garantiert. Bei ORCHID schon. Dazu ist bei allen Plagiatsvorwürfen eines nicht zu vergessen. ORCHID bedient sich zwar des Sounds und des musikalischen Flairs der alten Iommisten, aber schreibt unter diesem Hintergrund eigene Songs, die man getrost als Metal-Hits bezeichnen kann. 'Capricorn' geht einfach nicht aus dem Schädel der Banger, ist es einmal drin. 'Black Funeral' auch nicht. Klar fehlt ORCHID noch das Charisma und die Eigenständigkeit, aber die Band hat ihre Zeit noch vor sich und wer heute schon so populär ist und mit mitreissender und ehrlicher Rockmusik die Hallen voll macht, hat einfach seine Existenzberechtigung. Ich bin hundertprozentiger ORCHID-Fan und stehe dazu. Und wieviele Klone alter 80er NWoBHM-Helden feierst Du ab, Rüdiger? Eben. Siehste.
[Thomas Becker]

Nein, siehste eben nicht! Da muss im Zweifel eine Verwechslung vorliegen. Mein lieber Thomas, zum einen war meine Frage rein rhetorischer Art, nun wirklich nicht allzu ernst gemeint und zudem aus der Situation geboren, dass direkt nach dem Gig in der Hotellobby BLACK SABBATH lief und der müde Fotograbenkrieger sich einfach erschöpft fragte, warum er denn stehend die Kopie hören sollte, wenn er auf dem Sofa liegend das Original genießen kann. Mit ORCHID habe ich mich schlicht und ergreifend viel zu wenig befasst, um hier Klonkriege führen zu wollen. Zum anderen, um deine Frage zu beantworten, feiere ich eben überhaupt gar keine Klone alter NWoBHM-Helden ab. Jedenfalls wäre es mir nicht bekannt, das jemals getan zu haben und hier sehe ich gelassen den Belegstellen entgegen, die du mir nun liefern darfst. NWoBHM-Kloning kriegt von mir, wenn es gut gemacht ist, ein anerkennendes Nicken, ein bisschen Lob für die feinen Vorbilder, die man liebevoll zitiert, aber ganz egal, wen die in Rede stehende Band nun klonen möchte, wenn sie klont, dann reicht es bei mir in aller Regel zum Abfeiern nicht aus, und zwar völlig egal, ob hier BLACK SABBATH, oder MANOWAR, oder ein feiner NWoBHM-Mix geklont wird. Damit will ich ORCHID weder die Klasse noch die Existenzberechtigung absprechen. Wie käme ich denn auch dazu?
[Rüdiger Stehle]

Setliste: Heretic; Mouths Of Madness; Cosmonaut Of Three; Capricorn; Silent One; Eastern Woman; Masters Of It All; Black Funeral; Eyes Behind The Wall; He Who Walks Alone; Zugabe: Saviours Of The Blind; Wizard Of War

Redakteur:
Simon Volz

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