Hammerfall/Krokus - Osnabrück

06.02.2007 | 10:41

30.01.2007, Halle Gartlage

Gerade hatte ich mal wieder "Hunde wollt ihr ewig rocken?" des KROKUS-Gründers Chris von Rohr gelesen und die alten LPs "Headhunter" und "Metal Rendez-Vous" ausgegraben, als mich die Nachricht erreichte, dass KROKUS als Vorband von HAMMERFALL in Osnabrück auftreten würden. Ein Wink des Schicksals? Egal! Die Devise lautete: Da bin ich dabei!

Nachdem ich gefühlte einhundert Stunden auf den Einlass gewartet, dann den Merchandise-Stand gecheckt und den Bierstand mit einem Besuch beehrt hatte, wurde der Abend von den Schweden THE POODLES eröffnet.

Nun, ich war vorbereitet: THE POODLES gelten momentan als der Newcomer im Glam Rock schlechthin, dennoch verschluckte ich mich fast an meinem Bier, als mein Blick auf Sänger Jakob Samuel fiel: knallrote Lederhose, knallrote Lederjacke mit Kapuze, ein breites Stirnband abenteuerlich um das Haupt geschlungen und eine Brille, die wohl schon in den Siebzigern, als diese Teile modern waren, als hässlich gegolten hätte. Aber was soll's? Anhand von Äußerlichkeiten soll man sich ja kein Urteil bilden. Im Falle von THE POODLES wäre es auch fatal, denn die Jungs sind schlicht und ergreifend der Burner!

Jakob Samuel gelang es sofort, das Publikum mit seiner Stimme, die entfernt an eine Mischung aus Tobi Sammet und Bruce Dickinson erinnert, und einem schier unglaublichen Charisma in den Bann zu ziehen. Mit einer Mischung aus Rock, Discomucke und einer guten Portion Heavy Metal boten THE POODLES pures Partyfeeling und waren ein grandioser Einheizer für die nachfolgenden Bands. Schade nur, dass der Gig lediglich 30 Minuten dauerte. Der Song 'Metal Will Stand Tall' der gleichnamigen CD der Schweden sollte künftig auf keiner Metalparty fehlen! Die eigenen Songs der Jungs zeigten ihr enormes Potenzial. Und allen Konzertbesuchern, die während des Auftritts der Meinung waren "Die sind verdammt gut, aber warum klingt das so gewaltig wie schon mal gehört!?", sei augenzwinkernd mitgeteilt, dass das daran liegen könnte, dass Songs wie 'Dancing With Tears In My Eyes' und 'Rockstar' Coversongs sind ...

Nach einer kurzen Pause am Bierstand sollte es endlich mit KROKUS weitergehen. Als verkappter Chris-von-Rohr-Fan war ich sehr gespannt und auch etwas mit Vorurteilen beladen, was die Schweizer um Marc Storace als einzig verbliebenes "altes" KROKUS-Mitglied nun bieten würden. (meinen Traum, dass sie 'Ready To Burn' spielen würden und für diese Back-Vocals vielleicht sogar Rob Halford eingeflogen hätten, hatte mein liebenswerter Begleiter schon während der Anreise mit einem zynischen "Ganz bestimmt! Zweimal. Einmal fast und einmal gar nicht." zunichte gemacht) Wie auch immer.

Zunächst die gute Nachricht: Sänger Marc Storace ist überhaupt keine Diva! Nein, er ist einfach nur ein verflucht guter Sänger und strahlt das gewisse Etwas aus, was auch Biff Byford so charmant macht. KROKUS nutzten ihre dreiviertelstündige Auftrittszeit, um dem Publikum ihre neue CD "Hellraiser" zu präsentieren. Alles in allem wirkt der Sound um einiges gereifter. Das oft geforderte "Meh Dräck!" wird nun eher durch Professionalität ersetzt. Aber dennoch klingen KROKUS auch 2007 wie KROKUS. Natürlich lässt sich immer noch ein Vergleich mit AC/DC ziehen, aber inzwischen ist die eigene Note wesentlich ausgeprägter. Die schlechte Nachricht: Meine Lieblingssongs 'Headhunter' und 'Ready To Burn' wurden nicht gespielt. Außerdem wage ich zu bezweifeln, dass es sonderlich klug ist, die schweizerischen Hardrocker zwischen dem reinen Party-Glam-Rock der POODLES und dem Power Metal von HAMMERFALL zu plazieren. Durch THE POODLES war die HAMMERFALL-hungrige Meute total aufgepuscht und in schierer Feierlaune, und so kam der bodenständige Hardrock nicht so gut an, wie er sollte. Natürlich wurde KROKUS Respekt entgegengebracht, und die Fans feierten die Jungs durchaus, aber meiner Meinung nach haben KROKUS mehr verdient!

Nach der Umbaupause war es dann so weit: Endlich stand der Headliner auf der Bühne. "And I say: let the hammer fall!" Jeder, der schon mal auf einem HAMMERFALL-Konzert war, weiß, welch enorme Power die Herren erzeugen. Es war wieder einmal ein unbeschreibliches Gefühl, inmitten hunderter Fans zu stehen, die die Pommesgabeln in die Höhe reckten und Zeile um Zeile jedes einzelnen Songs mitgrölten. Die Energie, die sich von der Band auf das Publikum übertrug, machte es dann auch fast unmöglich, der Band die Aufmerksamkeit entgegen zu bringen, die für eine sachliche Berichterstattung vonnöten wäre.

Joacim Cans gelang es wie üblich, die Fans innerhalb weniger Minuten dazu zu bringen, ihm aus der Hand zu fressen und die Bühnenpräsenz der Schweden war erwartungsgemäß enorm! Auch dieser HAMMERFALL-Auftritt war, wie ein gelungener Power-Metal-Gig sein sollte: Die Musik begann, und ohne nachzudenken wurden die Luftgitarren gezückt und hunderte Köpfe begannen synchron mit dem Bangen. Sich einfach von der Musik davon tragen zu lassen und den leicht matschigen Sound nicht mehr wahrzunehmen, das ist Heavy Metal! Und so verging die Zeit wie im Fluge. Als nach der Zugabe 'Hearts On Fire' endgültig Schluss war, fiel es schwer, das zu begreifen. Eine gelungene Mischung aus älteren Songs und neuen Stücken der CD "Threshold" machten den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis. Nur: Zu kurz war's. Aber da HAMMERFALL ja sehr fleißig sind, wenn es um das Rausbringen neuer CDs und Tourneen geht, wird der nächste Gig nicht lange auf sich warten lassen.

Als gelungenen Ausklang durfte ich noch an der Aftershow-Party im Backstagebereich teilnehmen. Die Musiker aller drei Bands zeigten sich von ihrer freundlichsten Seite, und nun zieren einige neue Autogramme meine Kutte. Doch die wichtigste Erfahrung: Egal, ob Newcomer, alteingesessene Hardrocker oder erfolgreiche Power-Metaller, alle wirkten sehr bodenständig, fannah und nahmen sich Zeit für ein kurzes Gespräch.

Redakteur:
Bianca Cordsen

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