Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

15.08.2011 | 18:17

28.07.2011, Der Garten

Die größte Gartenparty der Welt.

Eingesprungen für die abgesagten H.A.T.E. wecken uns die jungen Thrasher aus Schleswig von REZET mit einer zünftigen Portion Thrash Metal der alten Schule. Wie wir schon vom feinen Debütalbum "Have Guns Will Travel" her wissen, zocken die Burschen eine recht technische Variante der harten Schule, die ab und an Vergleiche zu frühen MEGADETH oder SLAYER aufkommen lässt. Sicherlich nicht die schlechtesten Querverweise für eine aufstrebende Band am Beginn ihrer Karriere. Sänger und Gitarrist Ricky Wagner muss zwar in seiner Funktion als Frontmann noch ein wenig wachsen, denn die Kommunikation mit dem Publikum – welches allerdings auch ein wenig unausgeschlafen wirkt – ist noch suboptimal, die musikalische Umsetzung der leicht verschachtelten Nummern klingt hingegen sehr gut. Bei Titeln wie dem mitreißenden 'Toxic Avenger' oder dem lässigen 'Steamrolling The Society' lässt sich prima der Frühstückskaffee inhalieren. Das sehen nicht wenige der Anwesenden offensichtlich ähnlich und so bildet sich vor der Bühne ein kleiner Pulk, der von hinten wie eine in sich pulsierende Qualle wirkt. Die Ankündigung einer neuen Scheibe erntet hoffnungsvollen Beifall, was ich angesichts des gebotenen Appetizers absolut verstehen kann. Das Quartett hat den Bogen raus, gleizeitig technisch und mitreißend zu komponieren. Ein Umstand, der vielen Newcomern aus dem Thrashbereich etwas abgeht. Und auch wenn die Jungs von REZET optisch vollends in der Old-School-Szene anzusiedeln sind, wirken sie ernsthafter als viele ihrer Kollegen. Ein Umstand, den ich als äußerst positiv werte.

The Terror Strikes Back, Toxic Avenger, Full Throttle, Steamrolling The Society, Altar Of Satan, Have Gun - Will Travel, Black Convent, Charity/The Final Breath, Metal Rite

[Holger Andrae]


Nach dem uns die Jungs von REZET schon ordentlich den Popo mit ihrem Thrash Metal versohlt haben, rattern quasi als Dessert die französischen EVIL ONE durch den Garten. Die ebenfalls sehr junge Truppe, in deren Reihen seit dem aktuellen Album HÜRLEMENT-Sänger Alexis Roy-Petit hinterm Mikro steht, gibt von Beginn ihres Auftrittes an Vollgas. Im Gegensatz zur ersten Band des Tages legt das Quintett mehr Wert auf energisches Riffing und weniger auf verschachtelte Rhythmik. Und Straßenfeger der Marke 'Militia Of Death' lassen schnell Matten kreisen und Spandexhöschen feucht werden. Die französische Bande hat mächtig Spaß in den Backen und so gelingt es EVIL ONE schnell, die recht zahlreich angetretenen Headbanger mitzureißen. Besonders hervor heben muss ich oben erwähnten Sänger, der mit seiner rotblonden Mähne nicht nur optisch auffällt. Sein Stimmvolumen ist unheimlich gewaltig, wie er mit mehreren sehr langen Screams unter Beweis stellt. Ein Organ zum Gläser zerbersten. Und da der kleine Mann mit der Yeti-Frisur obendrein auch noch eine erstklassige Bühnenpräsenz hat, kann man hier sicherlich noch auf weitere Glanztaten hoffen. Für mich ist das Quintett auf jeden Fall eine große Überraschung. Daumen hoch!

[Holger Andrae]

 

Die sächsische Newcomersensation namens ALPHA TIGER ist aufgrund der zahlreichen Absagen kurzfristig ins Billing gerutscht. Und wer die Band bereits auf dem Keep-It-True-Festival im April gesehen hat, weiß, dass das ein Grund zur Freude ist. Ob auch das der Grund für gut gefüllte Reihen vor der Bühne ist, ob die meisten Anwesenden den famosen Rundling "Man Or Machine" bereist auswendig mitsingen können oder ob sich die Qualitäten der Band allein durch Mundpropaganda herum gesprochen haben, vermag ich nicht zu sagen. Fakt ist: ALPHA TIGER legen einen Triumphzug aller erster Klasse auf die Scheunenbretter. Dabei merkt man den blutjungen Musikern die langsam wachsende Bühnenerfahrung an, denn die Posen sitzen aus dem Effeff. Aber dadurch wirkt es trotzdem nicht steif, sondern - ganz im Gegenteil - frisch und ungezwungen. Sänger Stephan Dietrich lässt gekonnt seine Rastamatte kreisen, während die restlichen Jungs US Metal aus deutschen Landen servieren. Mein Highlight hört auf den Namen 'Black Star Pariah', ist etwas über sieben Minuten lang und gehört zu den besten Songs dieses Genres seit langer Zeit. Das sehen die begeisterten Anwesenden auch so, denn ALPHA TIGER wird mächtig abgefeiert. Als man zur Zugabe dann - wie schon beim anderen Festival - 'Queen Of The Reich' der einstmals lengendenhaften QUEENSRYCHE in die Menge schleudert, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Mehrere hundert Fäuste schnellen gen Himmel und der Chorus wird aus etlichen Kehlen mitgeschmettert. Allerdings haben wir nicht den Hauch einer Chance, gegen die Gesangsqualitäten des Rastameisters anzustinken. Was für eine Stimme! Was für eine Band! Total toll!

[Holger Andrae]

 

Es kommt ja selten vor, dass der eilig eingesprungene Ersatz die ursprünglich geplante Band qualitativ übertrifft, doch manchmal passiert auch das. Dabei will ich jetzt gar nicht sagen, dass ich die NWoBHM-Speedster von JAGUAR nicht gerne gesehen hätte. Die sind fraglos eine tolle Band, die ich schon zweimal mit viel Begeisterung auf der Bühne beobachten durfte. Doch leider konnte die Band wegen der schweren Erkrankung eines Musikers nicht auftreten und so sprang eine Band ein, welche bei mir eben noch größere Begeisterungsstürme auslöst. Ebenfalls der NWoBHM zugehörig, dort jedoch für das andere Ende des Härtespektrums stehend, handelt es sich um meine absolute Lieblingsband in den Bereichen Melodic Rock und AOR: Niemand Geringeres als PRAYING MANTIS erklimmt die Bühne; und wie nicht anders zu erwarten, zelebriert die Gottesanbeterin ihre Musik in Vollendung. Gut gelaunt, wie immer freundlich, durch die Jahrzehnte lange Tourerfahrung vor allem in Japan der Perfektion nahe und trotzdem spontan und unterhaltsam - so lassen die Gebrüder Chris und Tino Troy an Bass und Gitarre ihre Ohrenschmeichler erklingen, dabei unterstützt von weiteren Ausnahmekönnern wie Sänger Mike Freeland, Gitarrist Andy Burgess und Drummer Benjy Reid. Der Auftakt zum Gig ist mit den beiden Debüt-Nummern 'Children Of The Earth' und 'Panic In The Streets' goldrichtig gewählt, doch wer über eine mit Ohrwürmern gespickte Diskographie verfügt wie diese Herren aus England, der kann sich eigentlich willkürlich in den eigenen Annalen bedienen: Die Wahl wird immer ein Volltreffer sein. So gibt es mit 'Lovers To The Grave' einen weiteren Debüt-Hit, aber auch spätere Alben wie das 91er-Comeback "Predator In Disguise", der Melodic-Überflieger "A Cry For The New World" oder das vertracktere "To The Powers Of Ten" kommen zum Zuge. Lediglich mit Songs der drei neueren Alben halten sich die Briten zurück, was mich ob der Klasse der Scheiben doch etwas verwundert. Aber ein Festival-Publikum liebt eben Klassiker-Setlisten und eine solche vollenden die ungekrönten Könige der Backing-Vocals zunächst mit einer grandiosen Version von 'Turn The Tables'. Doch die begeisterte Meute vor der Bühne ist damit keineswegs zufrieden und fordert lauthals eine Zugabe, so dass der Stage-Manager den stürmisch klatschenden Besuchern und den artig bittenden Musikern trotz formellen Zeitablaufs noch eine Zugabe gestattet. Diese hört natürlich auf den Namen 'Captured City', ist einer der längsten und vermutlich der beste MANTIS-Song und wird nochmals frenetisch mitgesungen und abgefeiert. So endet der für mich wohl beste Gig des heurigen HOAs so toll wie er begonnen hat.

Setlist: Children Of The Earth, Panic In The Streets, Can't See The Angels, Lovers To The Grave, Dream On, Don't Be Afraid Of The Dark, Rise Up Again, Turn The Tables, Captured City.

[Rüdiger Stehle]

 

Waren die schwedischen Heavy-Metal-Veteranen von TORCH vor gut sechs Jahren beim KIT IV rein optisch betrachtet noch glamourös bis tuntig unterwegs, so hat sich dies heute entscheidend geändert: Vor allem Sänger Dan Dark hat den knallengen und knallroten Lack- und Lederanzug und die wasserstoffblonden Haare gegen eine rasierte Murmel, einen Rockerbart und Bikerkluft getauscht. Das passt letztlich auch besser zum hart rockenden und schnörkellosen Sound der Band aus Eskilstuna, auch wenn der rein optische Freakfaktor dabei natürlich auf der Strecke bleibt. Das fällt jedoch nicht negativ ins Gewicht, denn Dan und seine Mitstreiter geben alles, lassen einen kraftvollen Auftritt vom Stapel und spicken ihr Set mit schweißtreibenden Versionen all ihrer essentiellen Hits, die sich ursprünglich auf die drei Scheiben aus den Achtzigern verteilen, aber auch allesamt kompakt in der aktuellen, neu eingespielten Compilation "Dark Sinner" zu finden sind, ebenso wie natürlich auch der neue Titeltrack dieses Scheibchens. Es macht jedenfalls ungeheuren Spaß, sich TORCH in dieser Form live anzuschauen, und es bleibt zu hoffen, dass sich die Band nun auch aufrafft, ein vollständiges neues Studioalbum einzutrümmern. Siebenundzwanzig Jahre nach "Electrikiss" wäre es an der Zeit.

Setlist: Beyond The Threshold Of Pain, Electrikiss, Battleaxe, Dark Sinner, Gladiator, Sinister Eyes, Fire Raiser, Watcher Of The Night, Beauty And The Beast.

[Rüdiger Stehle]

 

Auf LEVIATHAN aus Colorado habe ich mich im Vorfeld sehr gefreut. Hat die Band mir sowohl mit ihrem energischen US Metal der Frühphase, als auch mit ihren weitaus progressiveren Spätwerken sehr schöne Stunden musikalischer Unterhaltung geboten. Vor einigen Monaten ist eine Live-DVD/CD namens "Resurrected" erschienen, die als Appetizer für die erstmalige Livebegutachtung herhalten konnte. Und als das Quartett mit dem Brecher 'Speed Kills' loslegt, ist die Welt in Ordnung. Auch wenn aus mir nicht bekannten Gründen Gitarrist Ronnie Skeeks nicht mit an Bord ist, wird eine großartige Leistung geboten. Der neue Sänger Brice Cave überzeugt sofort mit seiner extrem kraftvollen Stimme. Der gute Mann, der optisch so gar nicht nach Rockmusik ausschaut, verinnerlicht jede Textzeile und lebt die Inhalte der Lyrics in seiner Mimik und Gestik überzeugend und ehrlich aus. Dadurch bekommt das schwer zugängliche, rhythmisch recht sperrige Material der Band eine sehr emotionale Seite, welche zumindest mir den Zugang stark vereinfacht. Auch wenn sich die Reihen im Gegensatz zu den thrashigen Jungspundkapellen etwas gelichtet haben, feiern die Verbliebenen LEVIATHAN nach allen Regeln der Kunst ab. Verklärte Gesichter an allen Ecken. Sicherlich ist es schwierig, die Band jetzt auf Anhieb toll zu finden, aber für alle Eingeweihten gibt es eine feine Rundreise durch sämtliche Schaffensphasen und mit 'Forsaken, Forgotten For Nothing' kommt auch ein Song der gerade erst veröffentlichten neuen Scheibe zum Einsatz.  Während man bei den komplexeren Passagen fasziniert dem Geschehen auf der Bühne folgt, kann man bei der finalen Bandhymne 'Leviathan' noch einmal so richtig die Luftgitarre kreisen lassen. Ein Monstersong! Auch wenn mir hier die zweite Gitarre fehlt. Insgesamt ein grandioser Auftritt von LEVIATHAN, der hoffentlich in Kürze eine Wiederholung in unseren Breiten haben wird.

Setlist:Intro / Speed Kills, Confidence Not Arrogance, Pages Of Time, Distention Of Time, Census Of Stars, Forsaken Forgotten For Nothing, Medley (Paying The Toll, Sanctuary, Run Forever, The Falling Snow), Degenerating, Leviathan.

[Holger Andrae]

 

Nachdem LEVIATHAN doch eher für Insider-Kreise ein gefundenes Fressen war, so gibt es nun wieder Stoff für die breite Masse. Zak Stevens ist nämlich nun mit seiner Band CIRCLE II CIRCLE an der Reihe. Doch auf der Bühne steht er an diesem Abend vielmehr als ehemaliger SAVATAGE-Sänger, denn das folgende Programm besteht fast ausschließlich aus Songs seiner früheren Band. So geht es mit der kurzen Einstiegsnummer 'Welcome' los - direkt gefolgt von 'Edge Of Thorns' und 'Taunting Cobras'. Dass der Platz vor der Bühne nun wieder bestens gefüllt ist, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen, und vermutlich auch nicht, dass die Stimmung großartig ist. Angesichts von solchen Songs ist das nämlich kein Wunder. Zak ist hervorragend bei Stimme und auch sonst gut gelaunt, aber auch seine Mitstreiter zeigen sich von ihrer besten Seite. Weiter geht es mit Nummern wie 'Lights Out', 'Dead Winter Dead' und 'Handful Of Rain', die ebenfalls begeistert abgefeiert werden. Als die Stimmung an ihrem Höhepunkt angekommen ist, besinnt sich die Band aber dann doch, dass sie ja auch eigene Songs in der Tasche hat, und so gibt es außer 'Watching In Silence' vom gleichnamigen Debüt auch noch zwei Stücke von der aktuellen CIRCLE II CIRCLE-Scheibe "Consequence Of Power", nämlich 'Take Back Yesterday' sowie den Titeltrack. Die Begeisterung des Publikums fällt aber auch hier nicht merklich ab, und zum Abschluss gibt es ja dann mit 'Conversation Piece' und 'Complaint In The System' nochmal zwei SAVATAGE-Nummern. Für Fans von SAVATAGE war dieser Auftritt sicherlich toll. Ob er für CIRCLE II CIRCLE ebenso toll war, weiß ich nicht - immerhin ist man ja mehr als Tribute- denn als eigenständige Band aufgetreten. Aber mein Problem muss das ja nicht sein.

Setlist: Welcome, Edge Of Thorns, Taunting Cobras, He Carves His Stone, Lights Out, Dead Winter Dead, Damien, Handful Of Rain, Watching In Silence, Take Back Yesterday, Consequence Of Power, Conversation Piece, Complaint In The System

[Martin Schaich]

 

Apropos: Ein Problem habe ich grundsätzlich nicht mit spanischen Bands. Aber irgendwie habe ich mich bislang nicht wirklich mit der dortigen Metal-Szene beschäftigt. Einzige Ausnahme: TIERRA SANTA. Und der Grund ist relativ simpel: Die Band um Ángel San Juan hat vor vielen Jahren (es muss wohl 2000 gewesen sein) SKYCLAD auf ihrer "Folkémon"-Tour begleitet, und live-haftig hat sie mich gleich begeistert. Die Alben waren zwischenzeitlich zwar nicht immer die größte Offenbarung, aber die jüngste Veröffentlichung "Caminos De Fuego" hat mir wieder gut gefallen. Mit dem Titelsong dieser Scheibe starten die fünf Spanier dann auch in ihr gut einstündiges Set und sie legen von Beginn an eine enorme Spielfreude an den Tag. Müssen sie auch, denn CIRCLE II CIRCLE hatten ja schließlich gut vorgelegt, doch auch bei TIERRA SANTA ist die Stimmung hervorragend. An Songs wird ein guter Überblick über das bisherige Schaffen der Band geboten, denn bis auf das Debüt "Medieval" werden sämtliche Alben berücksichtigt. So gibt es außer neuen Nummern wie 'Reina De Egipto' oder 'Libre' auch älteres Material wie 'Otelo' , 'Apocalipsis', 'Indomable', 'Sangre De Reyes' oder 'Tierras De Leyenda' zu hören. Das Publikum hat jedenfalls viel Spaß an dem Auftritt und es wird auch teilweise begeistert mitgesungen - so gut es eben bei den spanischen Texten geht. Für das große Finale haben sich die fünf Männer aus dem Süden dann noch ein paar ganz alte Nummern aufgehoben, und so werden zum Einen der Titelsong des zweiten Albums "Legandario" sowie zwei Stücke des Nachfolgers "Tierras De Leyenda" ('Una Juventud Perdida' und 'La Canción Del Pirata' gespielt, die ebenfalls hervorragend ankommen. Unterm Strich bleibt also ein sehr guter Auftritt und zumindest ich hätte nichts dagegen, wenn sich TIERRA SANTA bald mal wieder in unseren Gefilden blicken ließe.

Setlist: Caminos De Fuego, La Sombra De La Bestia, Apocalipsis, Sangre De Reyes, Indomable, Otelo, Pegaso, Reina De Egipto, Alas De Fuego, Libre, Tierras De Leyenda, Legendario, Una Juventud Perdida, La Canción Del Pirata

[Martin Schaich]

 

Der Headliner am Freitag heißt FATES WARNING. Glückseligkeit in meinem Bauch, aber auch das Gefühl, dass diese fantastische Band eventuell an diesem Ort etwas deplaziert sein könnte. Immerhin wird ihre Musik seit Jahren als "modern" und "verkopft" deklariert. Und der Umstand, dass man seit einer kleinen Ewigkeit kein Material aus der Arch-Ära spielt, führt in der Regel auch zu Genörgel im Dickicht. Alles Faktoren, die mir im Falle FATES WARNING völlig wumpe sind, denn ein weniger tolles Album ist der Band bisher noch nicht gelungen. Die Gerüchteküche, deren Köche das Quintett teilweise am Abend zuvor in Essen bereits verköstigt hat, versorgt das neugierige Volk mit Details und Setlist der gestrigen Show, wobei klar wird, dass Jim Matheos und seine Freunde erneut ohne einen Song der ersten vier Alben auskommen werden. Nichts anderes habe ich erwartet und stehe so voller Vorfreude im relativ kühlen Garten und harre der Dinge, die da kommen werden. Schon beim eröffnenden 'One' führen meine Glückshormone kleine Freudentänze auf, obwohl Ray sowohl ein Problem mit der Technik, als auch mit seiner Stimme an sich zu haben scheint. Stört mich aber noch gar nicht, da ich viel zu sehr damit beschäftigt bin, mich am Spiel der vier restlichen Musiker zu ergötzen. Während Jim mit einer fast an Langeweile grenzenden Mimik seine unfassbar ergreifenden Riffmosaikstücken zupft, posiert ein breit grinsender Joey Vera mit seinem Tieftöner in der Mitte der Bühne. Mister Aresti ist zu Beginn auch noch sehr in sein Instrument vertieft, wirkt dabei aber weitaus entspannter als Matheos. Im Hintergrund vermöbelt Bobby Jarzombek nach allen Regeln der Kunst sein Kit und hat dabei offenbar recht viel Spass. Beim Semi-Hit 'Life In Still Water' bekommt man die Technik in den Griff und erste Chöre aus dem Publikum ertönen. Progressive Partystimmung. Allerdings scheine ich mit meinen Befürchtungen richtig gelegen zu haben, denn der Andrang vor der Bühne ist sehr überschaubar. Wahrscheinlich ist so eine Band am Ende eines langen Festivaltages musikalisch einfach zu wenig zum Feiern geeignet. Zumindest, wenn man darunter versteht, sich langsam ins Koma zu trinken. Wahrscheinlich ist die Proglegende, die auch in dieser Nacht ihrem Status als eben solche völlig gerecht wird, einfach zu wenig "true" oder "Metal" für so ein Festival. Ein Umstand, der den begeistert Abfeiernden aber völlig egal ist. Und genau diese Reaktion aus dem Pulk vor der Scheune entlockt Meister Matheos mehrfach ein Lächeln. Ein Zeichen von Euphorie? Oder holen wir ihn einfach nur ab und an aus seiner entrückten Musikwelt zurück in die Realität? Keine Ahnung. Fakt ist, dass die Band einen grandiosen Querschnitt aus den neueren Alben bietet, welchen sie natürlich perfekt und trotzdem sehr gefühlvoll darbietet. Dabei kann auch ein überlanges 'Still Remains' den Adrenalinspiegel der Fans nicht herunterschrauben. Viel zu unglaublich ist das blinde Verständnis der Musiker auf der Bühne, denen es mit zunehmender Spielzeit immer mehr Freude zu machen scheint. Die Herren Aresti und Matheos rocken sich ab und an sogar an und spielen Schulter an Schulter, was beinahe Heiterkeit in den ernsten Reigen bringt. Sehr schön. Nach dem "Inside Out"-Killer 'Monument', bei welchem wie immer alle meine Nackenhaare in Hab-Acht-Stellung stehen, verabschiedet sich eine sichtbar zufriedene Band, nur um uns nach einer kurzen Pause mit einem echten Schmakerl zu überraschen: 'The Ivory Gates Of Dreams' wird in seiner Gänze als Zugabe serviert und sorgt erwartungsgemäß für kollektives Ausklinken vor der Bühne. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass die Band diesen Song live gespielt hat. Ich vermute mal, dass ich das zuletzt auf der Tour zusammen mit SECRECY und SANCTUARY erlebt habe. Und weit entfernt von dieser Magie ist die Band auch heute nicht. Und das ist viel mehr als ich vor dem Konzert erhofft hatte.    

Setlist:One; Life in Still Water; Another Perfect Day;A Pleasant Shade of Gray, Part III ; A Pleasant Shade of Gray, Part IV; The Eleventh Hour; Point of View; Still Remains; Through Different Eyes; A Pleasant Shade of Gray, Part XI; Monument; The Ivory Gate of Dreams

[Holger Andrae]

 

Schaut euch doch auch mal die Bildergalerie an!

Redakteur:
Holger Andrae

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