Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen
23.08.2012 | 01:3926.07.2012, Scheune
Bereits zum 15. Mal wurde der Garten in der norddeutschen Tiefebene bei Elmshorn in Brand gesetzt.
Ja, was war denn dieses Jahr los? Es hat viel weniger geregnet! Okay, es blieb zwar nicht ganz trocken, aber das hatten wir schon schlimmer. Immerhin hat dies einem Teil des schreibenden PM.de-Rudels dazu verholfen, lecker Fisch essen zu gehen, wie es bei uns mittlerweile Tradition ist, und den armen fischverachtenden Holger Andrae zum alleinigen Schreiben zu verdammen. Diese fiesen Kerle waren übrigens Frank Jäger, Martin Schaich und Rüdiger Stehle, die mit Holger den Garten unsicher machten und sich wie immer äußerst wohl gefühlt haben in "Burns Hornchurches". Eine besondere Erwähnung gibt es am Rande auch noch: Andreas Siebenmorgen gibt in diesem Artikel als Gast sein Debüt. Wir würden uns freuen, wenn es der Anfang von vielen Beiträgen wäre, denn sein Bericht über BLACKSMITH ist lesenswert. Doch nun auf mit dem Festivalmotto: "Make this garden burn!"
Die erste Band am Donnerstag ist die fünfköpfige Truppe namens PORTRAIT, die bereits im Jahr 2009 den Garten in Flammen setzen wollte. Ein Unterfangen, welches leider aufgrund der damaligen Wetterverhältnisse nicht so recht gelingen wollte. Der Dauerregen erstickte jede Fanbegeisterung und auch die Abgesandten dieser Seiten wollten sich nicht so recht entzünden lassen. Das schaut heuer etwas anders aus. Die pralle Sonne brutzelt unbarmherzig auf die Scheune und wir schwitzen schon bevor überhaupt irgendeine Band spielt. So kämpft man mit einem kühlen Blonden in der Hand gegen die Temperaturen von Oben an und wartet gebannt auf die Skandinavier, die im letzten Jahr mit einem starken zweiten Album aufwarten konnten. Und schon beim Opener 'Beast Of Fire' wird mir eines klar: PORTRAIT sind gereift. Die frisch geschminkten Gesichter präsentieren sich böse und wirken dabei sogar bei Tageslicht authentisch. Während die stilecht in schwarzes Leder gehüllten Musiker ihre MERCYFUL-FATE-Gedenkmusik zelebrieren, erfreut vor allem Sänger Per Karlsson mit gut getroffenen Spitzen. Okay, auch heute gibt es ein paar Patzer, bei denen nicht nur ungeübte Ohren kurz zusammen zucken, aber im Großen und Ganzen weiß die Band zu überzeugen. Und die Zick-Zack-Fahrt durch die beiden bisherigen Alben kommt beim Publikum auch sehr gut an. Etwas ärgerlich ist lediglich die Tatsache, dass man die zweite Gitarre gerade bei den Soli kaum hören kann. Ein Umstand, mit dem später leider noch weitere Bands zu kämpfen haben werden. Dies mindert die Leistung der Band natürlich nicht, denn die ackert sich auf den Scheunenbrettern die Kreuze blutig. Man merkt den Jungs dieses Mal einfach die dazu gewonnene Erfahrung und Routine an, die sie als geschlossene, aufeinander eingespielte Einheit, präsentiert, die weiß, was sie will: Erstklassigen, altmodischen Heavy Metal spielen und das Publikum gut unterhalten. Diese Mission gelingt sehr gut, so dass die Zeit wie im Flug vergeht und alle etwas irritiert drein schauen als man mit 'A Thousand Nightmares' den letzten Song ankündigt. Kurz darauf sind sich alle einig: Die Band darf man sich wieder ansehen.
Ein richtiger Hammer wartet gleich danach mit WARBRINGER auf uns. Ja, von Manchem als SLAYER-Kopie abgetan, zeigen die US-Amerikaner gleich mal, was ein wirklich fettes Riff ist! Wow, ich bin ja bestimmt nicht der ganz große Freund der heftigen Klänge, aber schon auf Konserve können mich WARBRINGER locken, und live ist das mal noch eine gute Schippe intensiver. Sänger John Kevill ist dabei nicht nur optisch der Mittelpunkt, sondern agiert auch auffällig und nimmt das Publikum mühelos mit auf die Reise ins Universum des Thrash. Die Kriegsthematik und diverse lyrische Klischees mögen ihnen verziehen sein, da sie immerhin fünfzig Minuten lang ohne Unterlass auf die Menge eindreschen. Songtitel sind Schall und Rauch, Ansagen überflüssig, jetzt gibt es etwas zum Bangen. Und die Anwesenden saugen gierig die Brachialität auf, gehen mit, sorgen für die ersten Erdbeben, die sicher bis nach Elmshorn zu spüren sind. Nach besagten fünfzig Minuten ist Schluss, und ich darf behaupten, dass es mir auch reicht, immerhin bin ich kaum da, und der Nacken tut schon weh. Das kann ja heiter werden. Vor allem, wenn ich sehe, wer jetzt kommt. Da gibt es keine Pause, hier wird nicht geschwächelt.
Das NWoBHM-Quartett habe ich das letzte Mal ebenfalls hier im Garten gesehen. Das liegt gut eine Dekade zurück und seither habe ich die Band etwas aus den Augen verloren. Und von Beginn an bringt die Band um Derwisch Jamie Manton Bewegung in den Garten. [Schaut euch mal die Fotogalerie an, da bekommt man durchaus einen Eindruck, was holg hier meint, Manton war außer Rand und Band - Frank] Das ist mit dem Material aber auch nicht schwer. JAGUAR galten mit ihrem Album "Power Games" und der Single "Axe Crazy" nicht umsonst als Wegbereiter der Speed-Metal-Bewegung, denn für die damalige Zeit war diese Nummer schon ein echter Temposünder. Das Erstaunliche an JAGUAR ist die Mischung: Die rohe Musik und der extrem hohe Entertaining-Faktor des Frontmannes sind eine Kombination, die man nicht häufig zu sehen und hören bekommt. Der gute Mann heizt das Publikum immer wieder an und schert sich einen feuchten Lumpen darum, ob er sich zum Hampelmann macht. Mal schwingt er mit einem riesigen Lammfell, das sich gut als Bettvorleger machen würde, über die Bühne, nur um es später seinem wehrlosen Basser über den Kopf zu hängen, mal spielt er Luftgitarre auf einem Besenstiel. Alles völlig normal. Und als die Band im späteren Verlauf dann endlich ihre absoluten Wundertaten namens 'Axe Crazy', 'Dutch Connection' und 'Run For Your Life' auftischt, drehen nicht Wenige ziemlich am Rad. Jetzt muss die Band nur mal wieder dieses Feuer auf eine Konserve retten und alles wäre schön.
Setlist: Out Of Luck; Battlecry; Master Game; The Fox; Prisoner; War Machine; Raw Deal; Stormchild, Back Street Woman; Dutch Connection, Axe Crazy; Run For Your Life; Ain't No Fantasy
[Holger Andrae]
Nach dem fulminanten Auftritt von JAGUAR liegt die Messlatte nun ausgesprochen hoch, und es bleibt abzuwarten, ob SOLEMNITY das Niveau halten können. Wenn es nach den Ansprüchen von Sänger Sven The Axe geht, dann sicherlich, und dementsprechend werden umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Die Bühne wird mit zahlreichen Kerzenständern vollgestellt, und auch Keltenkreuz und allerhand Totenköpfe dürfen natürlich nicht fehlen. Da es der allerletzte Auftritt von SOLEMNITY sein wird, möchte die Band wohl nochmal alles aufbieten, was in den letzten Jahren für sie gestanden hat. Musikalisch wird das aber definitiv nicht gelingen, da für fünf Alben nur etwa 50 Minuten zur Verfügung stehen. Aber Sven & Co. haben zumindest versucht, einen ordentliche Setlist zusammenzustellen, die jedes Album mit mindestens einem Song berücksichtigt. So geht es auch gleich mit der Band-Hymne vom Debüt "Reign In Hell" los, und die Band lässt es sowohl spielerisch als auch pyro-technisch recht ordentlich krachen. Sven tritt zu Beginn recht nervös auf, doch das legt sich im Laufe des Auftritts. Immerhin ist er ganz gut beschäftigt, da ja einige Requisiten (wie beispielsweise eine brennende Bibel oder ein Kelch) zum Einsatz kommen sollen. Mit dem Songmaterial scheinen die wenigsten Leute im Publikum vertraut zu sein, doch trotzdem haben die meisten offenbar ihren Spaß. Stücke wie das eingängige 'Reign In Hell' oder das epische 'The Book Of Eibon' werden jedenfalls gut aufgenommen, und das Drumherum lädt ja bei SOLEMNITY auch zum Schmunzeln ein. Ob jedoch das Britney-Spears-Intermezzo vor dem abschließenden 'Fire In Mainstreamland' hätte sein müssen, weiß ich nicht. Ein zusätzlicher Song aus der eigenen Kiste (wie etwa 'Axe Attack') wäre vielleicht die bessere Wahl gewesen. Wie auch immer - unterm Strich bleibt ein mehr als ordentlicher Auftritt, und es ist schon sehr schade, dass diese Band nun zu Grabe getragen wird. Ich habe mich von SOLEMNITY immer gut unterhalten lassen.
Setlist: Solemnity; Thorn In The Eye; Reign In Hell; The Book Of Eibon; Surviving The Sun; Circle Of Power; Sex Magick; Red Monk; Fire In Mainstreamland
Gute Unterhaltung dürfte auch bei LIZZY BORDEN, dem heutigen Headliner, garantiert sein. Die Band aus Kalifornien ist zwar erst nach der Absage von RIOT nachnominiert worden, aber das soll die unumstrittene Klasse des Quintetts nicht schmälern. Denn dass es die Band wie kaum eine andere versteht, gute Musik mit Horror-Show-Elementen zu kombinieren, hat sie in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Und das soll auch heute nicht anders sein: Los geht’s mit 'Abnormal' vom immer noch aktuellen 2007er-Album "Appointment With Death", wobei Lizzy es hier nicht rechtzeitig auf die Bühne geschafft hat oder schaffen wollte, denn während der ersten Strophe ist er noch gar nicht zu sehen. Irgendwann ist er aber auch angekommen - wie gewohnt umständlich verkleidet, aber er ist ja der Master of Disguise. Es wechseln sich anschließend mit 'Red Rum' und 'Rod Of Iron' Songs vom Debüt "Love You To Pieces" mit neuem Material ('Live Forever') ab, ehe die erste Überflüssigkeit folgt: Eine Cover-Version von Lady Gaga ('Edge Of Glory') braucht auf dem Headbangers Open Air nämlich kein Mensch, und ich brauche auch keine Bass- und Gitarrensoli. Aber vielleicht braucht Lizzy Borden diese ja, um Luft und eine neue Verkleidung zu holen. Glücklicherweise wird dazwischen aber schon auch richtig musiziert, und so gibt es mitsingtaugliche Hymnen wie 'Tomorrow Never Comes', 'We Only Come Out At Night' oder 'There Will Be Blood Tonight'. Die Stimmung ist überhaupt ziemlich gut, und so werden diese Songs auch lautstark abgefeiert. Mit 'Me Against The World' und 'American Metal' geht es danach schon auf die Zielgerade, denn 'Something's Crawling' beschließt den Auftritt. Für einen kleinen Zugabenblock bleibt aber noch Zeit, und so gibt es neben der (auch nicht zwingend notwendigen) Coverversion 'Born To Be Wild' noch die essentielle Nummer 'Master Of Disguise' (siehe oben), die in 'Love Kills' übergeht, bevor mit 'Deal With The Devil' der endgültige Schlusspunkt gesetzt wird. Es bleibt ein insgesamt sehr guter Auftritt - auch wenn mir natürlich 'Psychopath' und noch die eine oder andere Nummer gefehlt haben, und hätte man auf Cover-Versionen und Soli verzichtet, wäre dafür allemal noch Zeit gewesen. Aber das ist mal wieder Jammern auf recht hohem Niveau.
Setlist: Abnormal; Red Rum; Live Forever; Rod Of Iron; Edge Of Glory; Tomorrow Never Comes; Den Of Thieves; We Only Come Out At Night; There Will be Blood Tonight; Me Against The World; American Metal; Something’s Crawlin’; Born To Be Wild; Master Of Disguise; Love Kills; Deal With The Devil
- Redakteur:
- Holger Andrae