Heavy Metal - Nix im Scheddel...? Nr.83 - Leipzig
07.05.2008 | 14:3503.05.2008, Kulturbundhaus
"Keine Sonne mehr!" Was vor einigen Jahren als Eröffnungsschlachtruf der TOTENMOND-Scheibe "Tonberg Urtod" zutraf, gilt heut ebenso. Die Sonne brutzelt unnachgiebig auf unsere Häupter! Doch es wäre ja langweilig, bei diesem schönen Wetter im Freien zu sitzen, zu Grillen oder unter freiem Himmel ein paar Bierchen zu kippen. Nein, schöner ist es da im altehrwürdigen Kulturbund-Haus zu Leipzig, in dem an diesem Samstag das monatliche "Heavy Metal - Nix im Scheddel"-Konzert über die Bühne geht. Diese Mal mit keinen Geringeren als TOTENMOND - das ist Pflicht! Um 8 tummeln sich erst wenige Musikhungrige vor bzw. in besagtem Hause.
Braucht es aus auch noch nicht, denn die Lokalmatadoren von SIC(K)REATION beginnen mit ihren Set erst gegen viertel 10. Durchhalten war zunächst meine Parole, freue ich mich in erster Linie auf die Jungs von TOTENMOND. Also Ohren zu und durch! Denkste, denn was da zu dieser frühen Zeit aus den Boxen geschossen kommt, klingt ganz amtlich. Selbst meine nicht-metallische Begleitung kann sich dem Kopf-Nicken nicht verwehren. SIC(K)REATION zocken astreinen Death/Thrash Metal und können spieltechnisch gehobenen Ansprüchen gerecht werden. Der Sound in der Konzerthalle ist fett und drückt dich in die Ecke. Deswegen tummeln sich bisher wohl nur wenige Kopf-Kreisler direkt vor der Bühne. Die gehen aber richtig schön ab und bescheren der Band bücking emotions. Songs wie 'Battlefield' oder 'Wolfsgeist' rumpeln sich direkt ins Ohr und verschmerzen auch so manche frisurtechnischen Fehlgriff (oder was soll das auf dem Kopf des Bassisten sein?). "Wollt ihr singen?" - "Blood, blood, blood, blood - und jetzt ihr!" - "Blood, blood, blood, blood", tönt es aus den Leipziger Kehlen. Lernfähig ist es, das muss man dem Publikum lassen. Zum Schluss werden anfangs ruhigere Töne angeschlagen, obwohl das Deutsche Düster-Gekrächze wirklich nichts auf einer Scheddel-Bühne sondern eher im Proberaum einer Möchtegern-Goth-Kinder-Band zu suchen hat. Sei's drum, irgendwann war es ja auch wieder vorbei und es wird abschließend noch mal kräftig geholzt. Ein prima Start in den Abend!
Setlist:
Intro
Necrophilia
Apocalypse
Battlefield
Wolfsgeist
Traitor
War/Nightmare
Sick 'n' Loose
Blood
Lass mich frei
Die Halle leert sich dank Rauchverbot in Sekundenschnelle. Letzter Zug und wieder zurück, denn ARTLESS lassen sich gar nicht groß Feiern und holzen ohne große Umschweife drauf los. Dem genauen Beobachter fällt der blaue Gipsverband von Sänger Burgi auf. Dieser geht nach dem Opener auch gleich darauf ein und erzählt der mittlerweile gute abgefüllten Meute, dass auf Grund einer dummen Verletzung die Setlist abgeändert werden musste. Offensichtlich ist es ihm nicht möglich, die Sechssaitige zu schrubben, daher fällt der Mikrowechsel mit Grützer heute leider weg. Ab und zu gibt er dem Gitarristen dennoch die Chance, sein Organ unter Beweis zu stellen und steckt das Mikro ihm tief in den Rachen. Etwas langsamer als SIC(K)REATION tummeln sich auch hier nackenfleischfressende Stampfer auf der Setlist. 'America' und 'My Way' rotzen alles weg und auch 'Over The Top' (steht auf der Setlist jedoch seltsamerweise nich drauf) mag für Freude bei der Bangerschar sorgen. Schicke Soli werden uns auch bei ARTLESS geboten, was man dem anfänglich sehr ruppigen Hauf-Drauf-Sound der Reichenbacher nicht zugetraut hätte. Daumen nach oben!
Setlist:
Fascination Bizarre
Into Eternity
Pt II
America
My Way
Infected With Rage
Chronical Mosh
Reconstruction
Burn The Witches
War Is Coming
Nach der letzten Raucherpause sollte es endlich so weit sein. Mit ihrer neuen Scheibe "Thronräuber" im Gepäck machen sich die drei Schwaben auf, dem Leipziger Publikum mächtig in den Arsch zu treten. Nach dem die drei noch persönlich für den finalen Soundcheck zuständig sind, geht es fast nahtlos zum Opener 'Panzerdampf' über. Die Bühne ist fast gänzlich in Nebel gehüllt, nur Silhuetten sind sichtbar. Pazzer keift und schreit seinen geballten Hass in die Menge, die völlig aus dem Häuschen ist. Zumindest die ersten Reihen, die sich wegen der extremen Beschallung gegen den Mosh nicht wehren können. Weiter hinten steht die Masse wie angewurzelt da und betrachtet erstaunt und fasziniert dieses einmalige Schauspiel. Wie ein Panzer prügeln sich TOTENMOND durch die Setlist, unbarmherzig, roh und angriffslustig. "Es lebe der Terrorismus" wird begeistert mitgeschrien ('Honigtraum') - selbst von meiner politisch korrekten Begleitung. 'Heroin' ruppt dir fast das Trommelfell weg, Wahnsinn! So muss das sein. Nach 'Angstbeißer' wartet die erste kurze Pause. Um den Geburtstag eins langjährigen Scheddel-Mitarbeiter zu würdigen, verstummen kurz die Instrumente und becherweise Wodka wird an die durstigen Metaller verteilt. Nette Geste, die einigen wohl nicht so gut bekommen ist, denn plötzlich tummeln sich drei Fans liegend auf der Bühne und feiern ihrer fortgeschrittenen Promillezustand und die Band. Die lässt sich davon gar nicht irritieren und haut Schimpf und Schande durch das Rund. "Machts gut!" Was? Schluss ist hier noch lange nicht. Mit dem alten TON-STEINE-SCHERBEN-Klassiker 'Macht kaputt, was euch kaputt macht' eröffnen TOTENMOND den ersten Zugabeblock, dicht gefolgt von 'Der Misanthrop' und 'Die Schlucht', bevor mit 'Polizei SA/SS' das Set punkig beendet wid. "In diesem Sinne: Nazis Raus!". Doch auch diesmal gibt es Nachschlag. "Das Urinieren der Frau ist der Beginn meiner Erektion" (aus 'Sonnenstrahl') freut vor allem die weiblichen Zuhörer, während sich so mancher männliche Gast den Gang aufs Klo spart und einfach mal vor der Box tanzend pinkelt. Der Rest mosht und bangt fast wie in Exstase - gut, kann auch an dem respektablen Bierpreis von 2 Euronen pro halber Liter Gerstensaft liegen. Nach dem brachialromantischen 'Achtung Panzer' und der Endwalze 'Schwarz als Zweck' ist nun aber endgültig Sense. Panzerfahrer Pazzer, Senf und Senz steigen aus - und wir gehen alle nach Haus.
Setlist:
Panzerdampf
Honigtraum
Heroin
Angstbeißer
Menschenfresser
Alles ist grau
Reich in Rost
Sagenwelt
Arbeiter
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Macht kaputt, was euch kaputt macht
Der Misanthrop
Die Schlucht
Polizei SA/SS
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Sonnestrahl
Achtung Panzer
Schwarz als Zweck
- Redakteur:
- Enrico Ahlig