Helloween/Gamma Ray - Langen
04.01.2008 | 20:0821.12.2007, Stadthalle
Helloween, Gamma Ray und Axxis
"Ich denke, als Fan von HELLOWEEN sollte man diese Tour auf jeden Fall gesehen haben." Das waren die zusammenfassenden Worte des verdienten POWERMETAL.de-Mitarbeiters Tilmann Ruby, mit dem ich immerhin schon seit 1994 auf HELLOWEEN-Konzerte gehe. Insgesamt habe ich die Band heute schon zum elften Mal in 15 Jahren gesehen, das ist schon eine Menge. Trotzdem war dieses Konzert etwas Besonderes: HELLOWEEN und GAMMA RAY gemeinsam auf Tour, das hat es noch nicht gegeben. Aber der Reihe nach:
An der Stadthalle angekommen, stellen wir erstaunt fest, dass wir seit Jahren keine derart lange Schlange mehr vor einer Halle gesehen haben. Den Vergleich zur Publikumsresonanz beim berüchtigten QUEENSRYCHE-Gastspiel vor einigen Monaten muss man gar nicht erst ziehen. Kein Zweifel: Bei HELLOWEEN wird mittlerweile endlich wieder geklotzt, die Aufbauarbeit der letzten Jahre hat Früchte getragen. Der Status der zwischenzeitlich etwas in den Hintergrund gerückten Band ist wieder deutlich gestiegen.
Es ist ja scheinbar Sitte geworden, dass die Vorgruppe bereits eine halbe Stunde nach Einlass auf die Bühne geht. Die Konsequenz hierbei ist logischerweise, dass nicht jeder Besucher die Möglichkeit hat, das komplette Konzert zu sehen. An sich eine Sauerei, schließlich bezahlt man für alle Bands, dann muss man auch die Möglichkeit haben alle Bands zu sehen.
AXXIS haben mit "Doom Of Destiny" gerade ein neues Album am Start, welches sie mit gewohnt viel Spielfreude inmitten ihrer zahlreichen Klassiker präsentieren. Stichwort "gewohnt": Es ist schon erstaunlich, dass AXXIS trotz der vielen Besetzungswechsel scheinbar immer AXXIS bleiben. Im Vergleich mit der Band von vor drei Jahren sind lediglich die schon damals einzig verbliebenen "alten Hasen" Bernhard Weiß (vocals) und Harry Oellers (keys) noch am Start. André Hilgers (drums, auch RAGE) und Rob Schomaker (bass) sind allerdings schon jetzt nicht mehr aus der Band wegzudenken, und auch der junge Gitarrist Marco Wriedt ist spielerisch über alle Zweifel erhaben, wenngleich er in punkto Bühnenpräsenz und Ausdruck deutlich hinter seinem Vorgänger Guido Wehmeyer zurückbleibt. Den weiblichen Gesangspart übernahm nicht Stamm-Gastsängerin Lakonia, sondern Ana Mladinovici von der rumänischen Band MAGICA. Ein Zusatz, den zumindest ich nicht nötig finde, da ich AXXIS als reine Rockband ohne den neuerlichen Bombasteinschlag besser finde. Trotzdem kann ich nichts anderes sagen, als dass AXXIS für gute Laune und kurzweilige Unterhaltung sorgen.
Setlist (ohne Garantie):
Doom Of Destiny
Tales Of Glory Island
Little War
Take My Hand
Blood Angel
Little Look Back
Angel Of Death
Living In A World
Kingdom Of The Night
Hatten AXXIS noch verhältnismäßig wenig Platz auf der Bühne, so ist der Aufbau mit Rampen und großem Backdrop bei GAMMA RAY schon headlinerverdächtig. Was soll man über die Gruppe um Kai Hansen noch groß schreiben? Vielleicht, dass die aktuelle Besetzung nun schon über 10 Jahre zusammenspielt - eine Leistung, die kaum eine Band verbuchen kann. Oder dass GAMMA RAY sicherlich eine der besten und spielerisch stärksten Livebands sind, die stets mit transparentem und druckvollem Sound sowie perfekten Backing-Vocals glänzen kann. Und dass Kai Hansen sowohl an der Gitarre als gesanglich in der Spitzenliga anzusiedeln ist, ist unbestritten.
"Land Of The Free II", so der Titel des aktuellen Albums, soll dort anknüpfen, wo die Band 1995 ein dickes Ausrufezeichen gesetzt hat. Und genau da liegt (nicht nur für mich, wie das ein oder andere Gespräch im Verlauf des Abends gezeigt hat) der Knackpunkt: Das Songmaterial hat in den letzten Jahren (spätestens seit "No World Oder!") deutlich an Originalität verloren und bewegt sich mittlerweile im Einheitsbrei all jener Bands, die mir die Laune am Melodic Speed Metal beinahe verdorben hätten. Die Refrains sind einfach eine Spur zu offensichtlich auf Mitsingbarkeit angelegt und wirken dadurch flach und austauschbar. Auf keinen Fall schlecht, aber eben wesentlich weniger originell und zwingend als zum Beispiel die leider recht wenigen gespielten "alten" Songs (allen voran 'Rebellion In Dreamland'). Generell hätte ich in Hinblick auf den neuen zweiten Teil eine "Land Of The Free"-geprägte Setlist gewünscht, ähnlich wie es HELLOWEEN vor zwei Jahren auf ihrer "Keeper III"-Tour gezeigt haben.
Unterm Strich bleibt natürlich trotzdem ein starker Auftritt, aus dem man aber auch einen herausragenden hätte machen können.
Setlist:
Welcome (intro tape)
Heaven Can Wait
New World Order
Fight
Empress
Valley Of The Kings
Rebellion In Dreamland (gekürzt)
Into The Storm
Heavy Metal Universe
Ride The Sky (gekürzt)
Somewhere Out In Space (lange Version)
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Send Me A Sign
Wie werden sich HELLOWEEN präsentieren? Werden sie das hohe Niveau der GAMMA RAY-Performance halten können? Werden sie mich begeistern, obwohl ich die Band schon zum elften Mal sehen würde? Fragen über Fragen ...
Nach dem aus 'Walls Of Jericho' und 'Crack The Riddle' zusammengesetzten Intro steigt die Band auf der aufwendig dekorierten Bühne mit 'Halloween' ein und liefert somit jenen Longtrack, der auf der letzten Tour nicht in der regulären Setlist zu finden war. Leider ist der Sound bei HELLOWEEN deutlich dumpfer und matschiger als noch bei GAMMA RAY, was irgendwie schon fast Tradition hat, denn einen guten Sound hatte die Band in den letzten 15 Jahren selten. Hiervon abgesehen fällt deutlich auf, wie stark sich Andi Deris in den letzten Jahren als Sänger gesteigert hat. War bei früheren Tourneen stets der "Kiske-hat-das-aber-besser-gesungen"-Faktor zu spüren, so kann man jetzt höchstens noch von Geschmacksache sprechen. Andis Leistung ist absolut im Optimalbereich. Auch Sascha Gerstner hat sich mittlerweile mehr als etabliert: Er hat seinen eigenen Stil, interpretiert die Soli seiner beiden Vorgänger stets nah am Original, liefert gute Backing-Vocals und vor allen scheint er "den Weik" zu motivieren. Weiki hat man definitiv schon lange nicht mehr so agil erlebt wie auf den letzten beiden Tourneen. Heute (und das ist wirklich eine kleine Sensation!) raucht er tatsächlich nicht auf der Bühne!
Die Songauswahl ist immer ein schwieriges Thema für eine Band, die gerade ihr zwölftes reguläres Album veröffentlicht hat. Glücklicherweise setzen HELLOWEEN seit einiger Zeit auf Abwechslung und liefern somit in Form von 'March Of Time' eine echte Überraschung. Seit 1989 nicht mehr im Programm aufgetaucht und von Deris absolut souverän gesungen, verpasst mir dieser Klassiker einen wahren Kick! Insgesamt stellt die Setlist eine runde Mischung aus allen Phasen der Bandgeschichte dar, lediglich das erneute Ausklammern von "Walls Of Jericho" und die mit nur zwei Songs etwas spärliche Präsentation des großartigen "Gambling With The Devil"-Albums bieten Anlass zur Kritik. Definitiv Geschmacksache ist auch die Kasperletheater-Einlage (inklusive Heliumversion von 'Smoke On The Water’) im ohnehin recht langen Drumsolo.
Die erste Zugabe wird in Form eines Medleys bestritten, das im Großen und Ganzen die frühere Deris-Phase abdeckt, die zweite Zugabe bietet dann das, was jeder erwartet hat: HELLOWEEN und GAMMA RAY gemeinsam auf der Bühne. 'Future World’ wird nostalgisch von Kai Hansen, Weiki und Markus Großkopf eröffnet, Andi Deris, Sascha Gestner und Henjo Richter klinken sich kurz darauf ein, während Dani Löble für das Schlagzeug sorgt. Im Gegensatz zu den Sommerfestivals teilen sich Deris und Hansen diesmal den Gesang. Wirklich sehr unterhaltsam! 'I Want Out’ setzt den Schlusspunkt unter insgesamt fast viereinhalb Stunden Musik - und ich schließe mich Tilmanns Fazit widerstandslos an!
[Patrick Fuchs]
Setlist:
Walls Of Jericho / Crack The Riddle (intro tape)
Halloween
Sole Survivor
March Of Time
As Long As I Fall
A Tale That Wasn’t Right
Drumsolo
The King Of 1,000 Years (9-Minuten-Version)
Eagle Fly Free
The Bells Of The 7 Hells
If I Could Fly
Dr. Stein
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Medley:
Perfect Gentleman (intro)
I Can
Where The Rain Grows
Perfect Gentleman
Power
Keeper Of The Seven Keys
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mit GAMMA RAY:
Future World
I Want Out
Normalerweise wollte ich an dieser Stelle noch ein paar Mindermeinungen zum Besten geben - jedoch muss ich Patrick in allen Punkten zustimmen, und mir bleibt an dieser Stelle nichts weiter zu schreiben.
[Tilmann Ruby]
- Redakteur:
- Tilmann Ruby