Ill Nino - München

17.10.2002 | 09:42

16.10.2002, Georg-Elser-Halle

Sage und schreibe 21 Monate ist die südamerikanische Mulit-Kulti-Truppe ILL NINO um Drummer und Bandsprachrohr Dave Chavari jetzt schon permanent on tour (gerade mal 75 Tage, so der peruanische Stöckeschwinger im Interview, war man in dieser langen Zeit zu hause). Und dass die Jungs noch lange nicht genug haben, stellen sie derzeit auf einer weiteren Europa-Tour unter Beweis. Station machte die Truppe an diesem Mittwoch in München, wo die ortsansässige Georg-Elser-Halle gerockt werden sollten.
Supportet werden ILL NINO auf dieser Tour von PLEYMO, BREED 77 und RAGING SPEEDHORN, wovon die beiden erstgenannten Combos reviewtechnisch leider nicht bedacht werden konnten, da deren Showtime mit einem ausgedehnten Hofbräuhaus-Besuch meinerseits zu konkurrieren hatte.
Egal, pünktlich zu RAGING SPEEDHORN war meiner einer aber wieder vor Ort um dem halbstündigen Treiben des Sextetts aus Corby / England beizuwohnen. Aber schon nach den ersten Tönen war mir allerdings klar, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, der immer und ewig den selben Kram spielenden HB-Haus-Combo etwas länger zu lauschen, mit einer frischen Maß im Anschlag versteht sich, als den „Tobenden Geschwindigkeitshörnern“. Nicht dass sich die Jungs nicht ins Zeug gelegt hätten und unmotiviert ihren Stiefel abgezogen hätten … nein, das kann man ihnen garantiert nicht vorwerfen. Deftig und mit sehr viel Energie prügelten sich die Sechs durch ihr Programm, was von den ca. 400 Anwesenden auch mehr als gebührend honoriert wurde. Aber was mich zum einen so massiv störte war der gottserbärmlich schlechte, megaundifferenzierte Sound, der nicht mal im Ansatz erahnen ließ, dass der Set aus mehreren Songs bestand - davon gehe ich jetzt aber mal aus – und zum anderen das Brutalo-Rock-Songmaterial an sich, das nun wirklich nicht gerade vor Abwechslung strotzt. Zudem soll mir bitte mal jemand erklären, welchen Sinn es macht, 2 Sänger in einer Band zu haben, wenn die Typen dann auch noch nahezu identisch singen, bzw. rumbrüllen trifft’s wohl eher?
Ich war jedenfalls echt froh, als kurz nach zehn wieder die Hallenlichter zum Leben erweckt wurden! „Überflüssig“ mehr fällt mir eigentlich nicht zur Show von RAGING SPEEDHORN ein!
20 Minuten später sah die Welt dann aber schon wieder besser aus, ja um nicht sogar zu sagen großartig – ILL NINO time!
Pünktlich um 22.30 Uhr ging’s mit „If You Still Hate Me“ los, gefolgt vom Opener der aktuellen Scheibe „God Save Us“ und „What Comes Around“. Unglaublich mit welcher Leichtigkeit und trotzdem 100%iger Power die südamerikanischen Revoluzer die komplette Zuhörerschaft schon nach wenigen Takten auf ihrer Seite hatte und sie bis zum Ende total in ihren Bann gezogen hatten … das Gehüpfe, Gedive und Gemoshe nahm gelegentlich schon beängstigende Formen an. Da fiel es auch nicht weiter ins Gewicht, dass Sänger Cristian erkältungsgeplagt einen Gang zurückschalten musste, was allerdings überhaupt keinen Einfluss auf seine erstklassige gesangliche Leistung hatte. Der Typ ist wirklich einzigartig … mal brüllte er sich die Seele aus dem Leib und vom einen auf den anderen Moment, singt er in den höchsten Tönen ohne jemals stimmliche Mangelerscheinungen zu zeigen … Wahnsinn! Im weiteren Verlauf des Sets kam dann unter anderem das SOULFLY Cover „Eye For An Eye“, das sich als Bonus-Track auf der aktuellen Digi-Pack-Ausgabe von „Revolution Revolucion“ befindet, sowie weitere reguläre Tracks der Scheibe, wie etwa „Unreal“, „Rumba“ oder „Revolution“ zum Einsatz. Bei diesem lud man sich gut 20 Mädels auf die Bühne, die dann im Kollektiv ihre „Astralkörper“ zu den groovig-brachialen Rhythmen in Bewegung setzten … ab und an verirrte sich auch ein Typ während dieses „ILL-NINO-Beauty-Contests“ auf der Bühne, diese wurden aber umgehend wieder von selbiger befördert … wieso denn bloß? Diesem Ausdruck der Geringschätzung männlicher Präsenz on stage, folgte die prompte Wiedergutmachung … „Predisposed“ wurde allen anwesenden Herren der Schöpfung gewidmet … recht so! Der nächste Song „Liar“, bei dem Publikum wie Band noch einmal das letzte aus sich herausholte, war dann auch nach 55 Minuten schon der finale Streich. Mehr wollte man Sänger Cristian nicht zumuten … die Tour geht schließlich noch ein paar Tage. Verständlich, aber trotzdem irgendwie schade!
Geile Sache so ein ILL-NINO Gig … kann ich nur weiterempfehlen. Eine letzte Frage hätte ich aber noch: was ist mit all den Mädels passiert, die sich bei „Revoltuion“ Tanzenderweise auf der Bühne befanden und nach dem Gig in die Backstage-Räumlichkeiten verschwanden? Und sie wurden nie wieder gesehen …

Redakteur:
Oliver Kast

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