Inferno - Kick Off Party - London
05.02.2005 | 05:0527.01.2005, The Underworld
Norwegen erobert uns - in diesem Sinne titelte das englische Metal-Magazin "Terrorizer" bereits in seiner Januar-Ausgabe. Mit dem Frontcover gemeint war der Inferno-Festival-Ableger, der an diesem Donnerstag im Edel-Club "The Underworld" im Londoner Stadtteil Camden über die Bühne gehen soll. Fünf Bands aus Norwegen spielen: ENSLAVED, GRIMFIST, MADDER MORTEM, RED HARVEST und als Headliner ARCTURUS. Für das traditionelle Hallen-Festival aus der norwegischen Hauptstadt Oslo ist der Einzel-Gig eine Premiere, dass Inferno wird damit noch internationaler als es sowieso schon ist. Und immer mehr setzt sich der Eindruck dabei fest, dass es den Veranstaltern nicht nur um die Fans geht, sondern um die Verbreitung der norwegischen Musik-Lehre im Ausland. Diese Entwicklung lässt sich auch in London beobachten: Die Promotion im Vorfeld ist riesig - nicht umsonst das Cover auf dem "Terrorizer". Die ellenlange Gästeliste am Tag des Geschehens steht ebenfalls für die Werbungs-These. Pech für die Fans: Etliche Londoner werden es wohl nicht geschafft haben, rechtzeitig ihre Karten zu sichern. Das Konzert zumindest ist schon zwei Wochen vorher restlos ausverkauft. Dafür sind viele Journalisten zugegen, aber auch Label-Leute und andere Wichtigkeiten. Sie alle treffen sich schon 15 Uhr, also drei Stunden vor dem offiziellen Beginn, in der Bar neben dem "The Underworld"- Club. Dieses Etablissement trägt den sinnigen Namen "World End's". Die Veranstalter des Tages lassen sich nicht lumpen: Für zwei Stunden gibt es für die Gästelisten-Leute Häppchen, serviert von großbusigen Mädels in knappen Outfits. Kostenloses Bier ist dazu fast schon selbstverständlich...
Auch ENSLAVEDs Oberbarde Grutle trinkt schon an seinem ersten Bier und begrüßt die deutsche Abordnung mit einem herzlichen "The German Metal-Rats, haha". Darauf stößt er an und geht den Auftritt seiner Band vorbereiten. Auch RED HARVEST treffen gerade ein, stehen aber mit ihren Roll-Koffern noch etwas verloren wirkend im "Worlds End". Viel genauer weiß da Martin Kvam vom recht neuen Label Karisma Records, was heute hier sein Job ist: Visitenkarten und Promos seiner Company verteilen. Dort haben sich verschiedene progressive Rock-, Gothic- und Elektronik-Bands unter einem Dach versammelt, doch gleichzeitig kommt demnächst über das Label aus Bergen das neue Album von TAAKE und HADES ALMIGHTY heraus. Die Mischung, die das Label verkörpert, wirft auch ein Schlaglicht auf die Vielseitigkeit der norwegischen Musikszene jenseits des allseits bekannten DARKTHRONE-Black Metal-Syndroms. Einer der schillerndsten Sterne des nordischen Bandhimmels ist dabei wohl zweifelsohne ARCTURUS. Bald kommt auch schon deren neuer, offizieller Sänger Simen Hestnaes an die Bar. Er wird an diesem Abend zum ersten Mal für ARCTURUS auf der Bühne stehen. Als "Nebenjob" ist er bei DIMMU BORGIR für die zweite Stimme und den Bass verantwortlich. Erster Eindruck: Ein großer, großer Bär, freundlich grinst er und grüßt jeden mit seiner hohen Stimme. Ein Mädel meint, dass er jedoch früher viel schlanker gewesen sein soll, mit seinen langen blonden Haaren "ein Bild von einem Mann." Aber was solls? Wer so eine geniales Organ hat, der benötigt wohl auch einen gewissen Umfang...
Ähnlich hat ENSLAVEDs Sänger Grutle im Verlauf der nun schon fast 15-jährigen Bandgeschichte an Leibesfülle gewonnen. Gleichzeitig sind auch die Songs der Band weiter gewachsen, sehr gut zu verfolgen auf dem aktuellen Meisterwerk "Isa", das unter anderem für den norwegischen Grammy nominiert worden ist. Von Nervosität in Bezug auf die anstehende Entscheidung am 26. Februar ist bei den Musikern jedoch nichts zu merken. Mit professionell wirkenden Blicken betreten sie die Bühne im "The Underworld", wo vor wenigen Tagen noch NAPALM DEATH den Raum zum Kochen brachten. Dass der Gig hitzig wird, ist heute schon allein durch die beschränkte Größe des Clubs vorhersehbar. Das Bild von der Bühne herab zeigt eine Art kreisförmige Arena für gut 200 bis 300 Leute, die an einer Treppe endet. Dort geht es gut 1,50 Meter in die Höhe, dort ist noch einmal eine Fläche für rund 100 Leute. Dann beginnt der andere, verwinkeltere Teil des Clubs mit verschiedenen Bars, von wo allerdings niemand mehr die Bühne sehen kann. Urig, aber eben auch ganz schön eng. Bei ENSLAVED, die fast Punkt 18 Uhr beginnen, ist die "Mosh"-Arena vor der Bühne noch nicht gänzlich voll, viele Fans stehen noch draußen oder sind noch gar nicht erschienen. Im Laufe des Gigs gesellen sich jedoch immer mehr Maniacs in den Pit. Und warum? Weil ENSLAVED einfach mal verdammt alles wegrocken, was sein erbärmliches Leben nicht bei drei auf die Schlagerinsel gerettet hat. Dabei, und dass unterscheidet frühere ENSLAVED-Kompositionen von den neueren Werken wie etwa "Isa", besitzen die Songs des Quintetts eine Dichte, die von PINK FLOYDscher 70er-Eleganz über rauen Black Metal zu heldenhaftem Viking Metal reicht. Beim Titelsong von "Isa", nein auch bei einem solchen Meisterwerk wie 'Return To Yggdrassil' vom neuen Album, bei all diesen Noten-Furien kräuseln sich die Armhärchen und die Nackenmuskulatur keucht vor Anstrengung. Auch Grutle scheint von der magischen Energie seiner Musik ergriffen, mit geschlossenen Augen singt er klare gefühlvolle Passagen, wenn er lauter wird oder seine Kreische sprechen lässt, reißt er die Sehorgane weit auf. Das hypnotische Schauspiel wird durch Videoprojektionen aus blutigem Rot und kaltem Blau weiter verstärkt, die Farben spiegeln sich wunderschön auf den Körpern der Musiker, die langen Haare schimmern in hunderten Tönen. Dazu ein schleppendes, extrem heavy klingendes Killerriff wie bei 'The Voices' vom ebenfalls hochgelobten "Monumension"-Album - ein Traum, mit einem Sound, der selbst ein leises Hintergrundkeyboard hörbar macht. Hammer! Das Publikum spaltet sich ob dieser Darbietung in zwei Hälften: Der zum Teil kiffende Schwelg- und Haareschüttel-Teil an der Seite und in der Mitte des Raums ein berstender Pogo-Pit ohne Gnade. Der letzte Song der Show kommt vom legendären "Frost"-Album, danach strecken die Musiker mit beseeltem Gesichtsausdrücken ein paar Büchsen Bier ins Publikum. Schnitt. Einen Tag später ist die selbe Beseeltheit in die Mimik der Mitglieder der Londoner Hare Krishna-Gemeinde gemeißelt, die dort einen eigenen Tempel in der Soho Street betreiben und darin jeden Tag um 13 Uhr kostenlos veganes Essen anbieten. Auch sie sind felsenfest überzeugt von ihrem Tun, ihrem Glauben. Wie ENSLAVED, nur auf einer anderen Ebene. Schnitt. Zurück ins "The Underworld".
Dort machen sich inzwischen GRIMFIST für ihren ersten Auftritt überhaupt bereit... Nach dem Weggang von Ex-IMMORTAL-Drummer Horgh ist nun ein US-Drummer namens Dustin Perle an Bord des norwegischen Schlachtschiffs. Der legt schon bei den ersten Klängen los wie ein Berserker. Dazu kommt ein wiederum höllischer Sound, der ins Mark fährt und bestimmte Muskelgruppen verhärtet. Die Musik ähnelt dabei einer massiven Mischung aus MORBID ANGEL und ZYKLON, böse, zielstrebig und brutal prallen die Töne ins Gehör. Dazu ist Sänger Frediabolo ein Hammer-Shouter, einem wilder Tier gleich brüllt er ins Mikro. In einer Pause findet er trotzdem die Zeit ENSLAVED und die anderen Bands des Abends zu grüßen - das Gemeinschaftsgefühl der norwegischen Metalszene scheint trotz ihrer Größe anno 2005 sehr groß zu sein. Diese Nebenbetrachtung schießt nur für Sekunden in den Kopf, wird sie doch schnell begraben durch weitere GRIMFIST-Attacken. Trotz aller Aggression wollen sich jedoch nicht ganz so viele Fans wie noch bei ENSLAVED zum Moshen animieren lassen. Vielleicht liegt es auch daran, dass GRIMFIST wirklich noch nicht so bekannt sind, weil sie erst ihr Debüt "Ghouls Of Grandeur" herausgebracht haben und das nächste Album gerade noch produziert wird. Dennoch, Applaus für ihre metzelnde Darbietung bekommen die vier Musiker allemal. Besonders als sie den kürzlich ermordeten PANTERA-Gitarristen Dimebag Darrell würdigen... Dagegen ist ein anderer Song "about having no compromise", wie Frontmann Frediabolo ankündigt. Tatsächlich entpuppt sich das Stück als astreine Verbindung von SLAYER-Riffs, die später mit Black Metal-Anleihen zu einem unglaublich kraftvollen Death Metal-Sound verbunden werden. Dazu grunzt Frediabolo wie ein Dämon aus der 666ten Todesblei-Hölle und stiert dabei blutdurstig in die Massen vor der Bühne. Sein Hang zu sicken Lebenslagen verdeutlicht auch das NECROPHAGIA-Shirt über der muskelgeschwellten Brust und der ständige Griff zur Schnapsflasche. Bleibt nur ein Fazit: Selbst stinkbrutaler Death Metal mit viel technischer Komplexität kann aus Norwegen kommen. Ein jugendlicher Fan im Publikum freut sich so sehr, dass er und sein mutmaßlicher kleiner Bruder beide kleine Fahnen des Fjordlandes schwenken - zu DDR-Zeiten hätte man dazu "Winkelement" gesagt...
Das süße Fläggchen kommt auch beim Auftritt von MADDER MORTEM zum Einsatz. Die Band ist mit ihrem progressivem Stil á la OPETH mit Frauengesang eine unerwartete Bereicherung des Abends. Besonders Frontdame Agnete M. Kirkevaag ist mit ihrer überbordenden Lebenslust, die sie auf der Bühne versprüht, beinahe die Personifizierung des Stadtteils Camden, in dem das "The Underworld" liegt. Denn wie auch dieses bunte, alternative und unruhige Viertel, so ist auch Agnete auf der Bühne keine Leisetreterin, sie gibt sich einfach anders. Dies beginnt schon bei der propperen Figur der Sängerin und hört auf bei ihrem kräftigen, aber trotzdem klaren Organ, dass so ganz anders und vor allem besser klingt als solche Stimmchen wie Liv Kristine samt LEAVES EYES oder solcher Unfug wie SIRENIA, TRISTANIA, to be continued... Deshalb steckt schnell ein kräftig-dunkles Newcastle für um die 2,50 Pfund (rund 3,50 Euro) in der Hand, das Genießen kann nun auf einer noch höheren Ebene weitergehen. MADDER MORTEM glänzten schon auf CD durch verspielte und harte Riffs, wunderschöne Melodien und vertrackte Songs voller Break, bei diesem Gig ist es nicht anders. Solche Progressiv-Wahn-Waffen wie 'Breaker Of Words' funktionieren freilich nicht vor jeder Fanschar, doch das Publikum im "The Underworld" ist hingerissen von soviel experimentellen Geist, der sogar House-Drums kennt. So steigern sich Band und Fans gemeinsam fast in einen Rausch, von Song zu Song schwitzt Agnete mehr. Die Fans auch. Friede, Freude, Eierkuchen in der Unterwelt?! Nicht ganz, und das ist wohl das einzige Manko an diesen Norwegern, die Songs bleiben gerade durch ihren sehr progressiven Touch nicht sofort im Ohr hängen, es sei denn, jemand vergöttert diese Truppe... Aber den Sprung zu ein paar eingängigen Stellen mehr pro Song schafft dieses energiegeladene Quartett auch noch, ganz sicher!
Bei RED HARVEST ist dies ein ähnliches "Problem". Bisher sind sie auch in Deutschland nur wenigen, dafür um so fanatischeren Fans ein Begriff. Doch ein noch viel zu großer Rest der Extrem-Metal-Menschheit kann mit der Band nur herzlich wenig anfangen. Vielleicht ist die erzeugte Stimmung zu dunkel, zu klaustrophobisch, zu technoid, zu apokalyptisch?! Der Gig in London jedenfalls trägt alle diese Züge in sich, die Vertonung einer zerstörten und kranken Welt. Überhaupt, RED HARVEST müssten sich in der britischen Hauptstadt wohl fühlen, wo in der U-Bahn seelenlose Stimme an jeder Haltestelle durch Lautsprecher verkünden: "This train terminates at ..." Die Reise von RED HARVEST endet heute nach fast einer Stunde. In diesen knapp 60 Minuten ist die Bühne fast vollständig in schwarz getaucht. Nur schwache blaue und manchmal rote Strahler beleuchten den massigen Oberkörpern von Schreier und Gitarrist Ofu Kahn und seine baumstarken Arme, die über ihre gesamte Fläche mit bunten Tattoos überzogen zu sein scheinen. Hinter ihm hängt ein großes Banner mit dem neumodisch aussehenden RED HARVEST-Logo. Diese Gestaltung passt vortrefflich zum Klang der Band: Moderne, vielleicht schon zu zukunftsträchtige Musik für die Gegenwart. Denn keine andere Band der heutigen Zeit arbeitet auf diese Weise mit elektronischen Geräuschkulissen und wahnsinnig düsteren Gitarren, wie es diese fünf hemmungslos nihilistischen Norweger mit ihrer Mischung aus Industrial und Death Metal tun. So hangeln sich die Grammy-Nominierten - RED HARVEST haben bei Rezensenten schon immer einen wunderbaren Ruf - von Stücken wie 'GodTech' zu 'Teknocrate' und zu einem göttlichen 'Beyond The End'. Die Fans bleiben gespalten, nur wenige bangen richtig. Viele verharren aber auch nur mit geschlossenen Augen und lassen die vernichtenden Klangcollagen von RED HARVEST in ihre Ohren kriechen. Die hellste Fläche bei diesem düster-wühlenden Abgesang an die menschliche Zivilisation: Die hellgrüne Notausgangsleuchte hinter der Bühne. Irgendwie passend. Apokalypse Now...
...doch nur eine Pause vor dem wahren Weltuntergang. Die Pause ist verdammt lang. Leute kennen lernen, als Deutscher erkannt werden, "Wacken ist cool" hören, mild lächeln, anstoßen, labern. Währenddessen liest ein Mann auf der Bühne das Line-Up des kommenden Infernos in Oslo vor: Bei DISSECTION ist der Jubel am Größten, danach folgen CANDLEMASS und MORBID ANGEL auf der Klatsch-Skala. Nun wird noch ein Shirt verlost, als weitere Preise noch ein großes metallenes Inferno-Zahnrad und ein Inferno-Ticket. Irgendwann lässt sich Hellhammer hinter der Bühne blicken. Der MAYHEM-Drummer schlägt seine Sticks an die Wand und wärmt sich auf, dann zückt er sein Handy. Zum Glück nicht zu lang, denn plötzlich wird die Bühne gegen 22.30 Uhr schwarz, die Musiker kommen. Eingehüllt in barock wirkende Gewänder stehen sie vor den Fans. Auch Simen trägt noch eine rote Robe - nur kurz: Schon nach wenigen Songs erstrahlt Simen von einem Lichtkreis umhüllt, denn nun trägt er nur noch ein weites weißes Hemd - welches nebenbei auch ziemlich viele seiner Speckrollen verbirgt und dabei hilft, dass er nicht ganz so sehr schwitzt. Doch diese Schönheitsfehlerchen sind hier wohl jedem schnuppe, die Leute wollen seine Stimme: Die ist über jegliche Zweifel erhaben. Der Mann hat sich bei DIMMU BORGIR unter Wert verkauft, bei ARCTURUS kann er sich ausleben. Dies tut er auf seine unvergleichliche Weise, denn eigentlich kann Simen nicht wirklich singen. Die Art aber, wie er an jedem seiner klaren Töne konsequent vorbei trällert ist dann auch wieder eine Kunst für sich. Dies war schon einer der Gründe, warum das 1996er-Output "La Masquerade Infernale" immer noch das Referenz-Werk für abgedrehten Metal ist. Von diesem Album werden zum Beispiel 'Alone' und vor allem 'The Chaos Path' von Simen in so abgöttischer Weise hell und hoch intoniert, dass die Vermutung nahe liegt, er habe einen Pakt mit dem Stimmenteufel geschlossen. Oder aber mit Dionysus, dem Gott des Alkohols und Gesangs. Denn betrunken ist Simen dazu noch. Oder besser sternhagelvoll. So benutzt er bei dem Auftritt gleich zwei Mikros samt Ständern, an einem der beiden hält er sich die meiste Zeit fest. Oder versucht zu tänzeln. Oder zieht Grimassen. Oder alles auf einmal. Oder er singt. Bei 'Chaos Path' ist dies so ergreifend, dass die Welt als irdisches Jammertal auf der Strecke bleibt und die Seele zu dem Ort streben möchte, wo solche verrückte Musik herkommen mag, diese Mischung aus Gothic, Drum'n'Bass, Avantgarde, Alles-Metal. Das Publikum frisst den Norwegern wiederum aus der Hand, in den Pausen ist der Jubel ohrenbetäubend. Simen grinst in solchen Momenten, greift zu seinem Alkohol, der auf einer Box in der Nähe steht. Das ist es wohl denn auch, was den echten Künstler ausmacht: Ein paar inspirierende Drogen, egal in welcher Form, ob als Alk, Religion, Gras, Bücher, egal. Die Ergebnisse von Bewusstseinserweiterung lassen sich gerade in London mit seinen Galerien wie dem "Tate Modern" mit seinen modernen Kunstwerken hautnah erleben. In dem riesigen Vorraum dort hätten ARCTURUS wohl auch ihre Verzückung gefunden: Er wirkt eher wie eine ansteigende Flugzeughalle und beeindruckt mit manisch wirkenden Sprach-Kollagen von allen Seiten. Soundexperimente aller Art sind schließlich auch die Essenz der ARCTURUSschen Klänge und Kompositionen, die sich von der Bühne hinweg über die begeisterten Fans ergießen. Fast wirken da die noch deutlich Black Metal-lastigeren Songs wie 'Raudt Og Svart' vom "Aspera Hiems Sinfonia"-Debüts ein wenig fehl am Platz, doch zeigen sie wiederum die schier unermessliche Bandbreite des künstlerischen Schaffens dieser Wundertruppe. Auch Stücke wie 'Ad Absurdum' von "The Sham Mirrors", die gleichwohl etwas ruhiger wirken, bestätigen diesen Eindruck. So bleibt am Ende nur eines offen: Der Mund. Hoffentlich spielen ARCTURUS nie eine Tour, solche Momente müssen selten bleiben, um sie noch mehr auszukosten. Die Musiker scheinen jedenfalls selbst positiv überrascht über die gerade erschaffene Magie und strahlen nach dem Gig über beide Ohren, öffnen weitere Bierbüchsen und verabschieden die Fans mit Handschlag. Und Simen? Der lässt sich auf der Aftershow-Party bierselig grinsend von jedem zu seiner Leistung gratulieren und steht für etliche Erinnerungsfotos bereit. Die Fete nach dem Konzert läuft getreu englischen Sperrstundenregeln nur bis ein, zwei Stunden nach Mitternacht. Spätestens dann hat auch ENSLAVEDs Grutle sein letztes Stück Nüchternheit hinter sich gelassen. Wer nun noch will, geht in die Crobar, 25 Minuten von Camden weg in der Nähe vom Astoria - die coolste Metalabsteige in ganz London. Und wer nicht will: Der schwelgt weiter in einem Abend, der einmal mehr zeigt, wie verdammt kreativ Menschen sein können, die in einer Hälfte des Jahres in völliger Dunkelheit und dann wieder in ständigem Tageslicht leben müssen. Norwegen erobert uns noch alle...
Setlist RED HARVEST
1. Fall Of Fate
2. Mekanizm
3. GodTech
4. Cybernaut
5. Teknocrate
6. I.P.P.
7. Cold Dark Mater
8. A.E.P.
9. Beyond The End
- Redakteur:
- Henri Kramer