JANE, FARGO und GURU GURU - Würselen

19.07.2024 | 17:44

13.07.2024, Burg Wilhelmstein

Made in Germany.

Am 13. Juli geben sich auf Burg Wilhelmstein in Würselen drei bedeutende deutsche Rockbands der 70er ein Stelldichein. JANE spielt mit GURU GURU und FARGO als Vorprogramm. Ob es angemessen ist, das Konzert einer Band mit zwei Vorgruppen wie bei dieser Veranstaltung als Festival zu bewerben, mag dahingestellt sein. Auch die zuweilen gewählten Bezeichnungen Krautrock und Classicrock mögen fragwürdig sein, aber Stilbeschreibungen sind ohnehin oft nur Annäherungen. Auf jeden Fall sollen heute abend über drei Stunden interessante Musik auf das Publikum warten.

Zunächst habe ich ein kleines Problem. Statt der ursprünglich angekündigten Band EPITAPH, die ich einigermaßen gut kenne und die aufgrund einer Erkrankung kurzfristig absagen musste, ist GURU GURU eingesprungen. Diese Gruppe kannte ich bislang kaum, und was ich über sie gelesen hatte, ließ mich recht verschwurbelte Experimentalmucke erwarten. Aber ich werde positiv überrascht. Das Quartett mit dem letzten noch aktiven Gründungsmitglied Mani Neumeier am Schlagzeug und Zeus B. Held (ex-BIRTH CONTROL) an den Tasten spielt tendenziell einen rhythmischen und recht entspannten Jazzrock, der auch dann noch zugänglich ist, wenn der Gitarrist seine Sechssaitige gegen ein indisches Blasinstrument eintauscht. Ein wichtiges Element der Musik ist die vielseitige Rhythmik, die sich in verschiedenen Schlaginstrumenten und gelegentlich lautmalerischem Gesang äußert. So genügt Mani Neumeier bei 'Living In The Woods' nur eine Pauke. Beim vermutlich bekanntesten Stück der Gruppe, 'Der Elektrolurch', erscheint er in einem Waldschratkostüm auf der Bühne und tauscht das Schlagzeug über weite Strecken gegen ein elektronisches Rhythmusgerät. Am deutlichsten erreicht die Band das Publikum in der Schlussphase mit der strammen 'Rock'n'Roll Machine'.

Von FARGO aus Hannover erschienen um 1980 vier Alben, die kürzlich in der Box "The Early Years (1979 - 1982)" wiederveröffentlicht wurden. Der internationale Durchbruch aber gelang erst der Nachfolgeformation VICTORY. Seit einigen Jahren sind die Originalmitglieder Peter Ladwig und Peter Knorn wieder als FARGO aktiv, und seither sind zwei weitere Alben herausgekommen. Vor allem Fargopedda Knorn durfte bei diesem Auftritt mit Melone und Bass mit knallrotem Hals zunächst die Blicke auf sich ziehen. Die Band kommt mit ihrem melodischen Hardrock beim Publikum in Würselen von Anfang an gut an, nicht zuletzt das kraftvolle Schlagzeugspiel setzt Akzente. FARGO stellt zunächst 'Leave It' und einige weitere Stücke aus dem neueren Material vor. Ihren Trip in die Vergangenheit startet die Gruppe mit einer ausgiebigen Darbietung des Volltreffers 'I'm A Loser', bei dem Peter Ladwig auch die Talkbox übernimmt. Dass der Sound noch nicht optimal eingestellt ist, merkt man beim Leadbreak, das dennoch Szenenapplaus erhält!

Weiter geht es mit der stimmungsvollen Halbballade 'Soul Survivor' und der heute etwas energischer vorgetragenen 'Little Miss Mystery'. Schnell ist klar, dass FARGO die gelegentlichen Ausflüge Richtung Country und anderen Stilrichtungen völlig ausklammert und stattdessen als Zwei-Gitarren-Band ein sattes Rockprogramm abliefert. Dementsprechend lässt die Gruppe mit 'Squeeze Me' und dem als letztem Stück angekündigten Instrumental 'Hard Attack' weiterhin die Saiten glühen. Da lassen sich die Zuschauer auch gleich noch gerne als "Zugabe" den Kracher 'Frontpage Lover' gefallen. Es gibt großen Applaus für FARGO, und ich bin sicher nicht der einzige, der von dieser Band gerne mehr gehört hätte.

Von kaum einer Gruppe dürfte es so viele Nebenprojekte und Abspaltungen gegeben haben wie von JANE: PETER PANKAS JANE, KLAUS HESS' JANE, WERNER NADOLNYS JANE, LADY JANE, MOTHER JANE... Doch da seit einigen Jahren mehrere Protagonisten aus den 70er Jahren nicht mehr sind, kann die Formation um den Gitarristen Klaus Walz, zwischenzeitlich PETER PANKAS JANE, mittlerweile ohne Namenszusatz auftreten. Als Quintett mit zwei Gitarren plus Keyboards steigt auch die Hauptgruppe mit eher jüngerem Material wie dem schmissigen 'Easy Way In' und dem sphärischen 'Dawn' ein. Als erster Rückgriff auf die 70er wird eine Suite aus dem Konzeptalbum "Fire, Water, Earth & Air" dargeboten. Beide Gitarristen spielen stimmungsvolle Soli, und allmählich zeichnet sich eine sehr ambitionierte Rockmusik als Schwerpunkt der heutigen JANE ab. Zeitweilig scheint die Musik Jamcharakter anzunehmen, doch immer wieder wird das akkurate und konzentrierte Zusammenspiel der Band deutlich. Diese programmatische Ausrichtung wird auch beim etwas jüngeren 'Grown' beibehalten. Nicht nur bei diesem Stück variiert der Sound der Keyboards, die den kraftvollen Gitarrenrock begleiten, von typischer 70er-Jahre-Rockorgel zu etwas moderneren Klängen.

Wer den Mitschnitt "Live At Home" kennt, kennt natürlich auch das nur auf dieser Scheibe vertretene Dickschiff 'Windows', das die vollständige letzte LP-Seite ausfüllte. Tatsächlich hat JANE dieses Werk wieder in die Setliste gepackt, wenn auch "nur" ein etwa zwölfminütiges Exzerpt im Medley mit 'Spain' vom Debütalbum gespielt wird. Die Band scheint sich und die Zuschauer fast in einen Rausch zu spielen. Da die meisten Leute auf und vor der Bühne nicht mehr ganz jung sind, gibt es keine große Ausgelassenheit, doch das Publikum folgt dem Programm aufmerksam und ist amüsiert, als Klaus Walz nach dieser Darbietung frotzelt, dass Radiosender immer das Drei-Minuten-Format bevorzugt haben. Das musikalische Niveau wird auch gegen Ende mit der frühen Single 'Daytime', mit 'Hangman' und nicht zuletzt mit der umjubelten Zugabe 'Here We Are' beibehalten. JANE hatte im Laufe der Zeit ein in mehrfacher Hinsicht wechselndes Repertoire, doch heute hat sich die Gruppe deutlich positioniert. Die Tatsache, dass ein Mammutwerk wie 'Windows' reaktiviert wurde, während eine schlagerhafte Nummer wie 'All My Friends', die aufgrund ihrer Bekanntheit wohl nicht völlig ignoriert werden konnte, nur kurz angespielt wurde, sollte klar machen, dass bei JANE durchweg anspruchsvolle Rockmusik angesagt ist und die Band unbedingt zur Neu- oder Wiederentdeckung empfohlen wird.

Redakteur:
Stefan Kayser

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