J.B.O. und BRUNHILDE - Wuppertal-Barmen

15.04.2025 | 18:15

14.03.2025, Live-Club Barmen

30 Jahre "Explizite Lyrik".

Ein Besuch im Live-Club Barmen bleibt einfach immer eine Besonderheit, einerseits weil der zentral gelegene Veranstaltungsort mitten im Zentrum des Wuppertales Stadtteils an sich eine ziemlich coole Location ist, andererseits aber auch, weil ich persönlich eine spezielle Geschichte damit in Verbindung bringe. Mein erster Besuch damals galt den fränkischen Spaßvögeln von J.B.O., die gemeinsam mit STEPFATHER FRED den Schweiß von der Decke tropfen ließen und erstmalig auch eine Supportband am Start hatten, die so richtig eingeschlagen hat. Vor zwei Jahren durfte ich wieder nach Barmen reisen, der Grund dafür - Überraschung - wiederum die Verteidiger des Blödsinns. An diesen Tag im Frühjahr 2023 erinnere ich mich deshalb noch besonders, weil es der erste gemeinsame Konzertbesuch mit meiner Tochter war, deren damalige Kindergartenleitung schon diverse Gespräche mit mir führen musste, weil Singalongs wie 'Arschloch und Spaß dabei' im Sandkasten noch nicht konsensfähig waren. An diesem Abend spielte die Band zudem eine beeindruckende Fassung von 'Keep On Rockin' In The Free World', die als Statement und musikalisches Happening bis heute nachhallt.

Nun steht an einem sonnigen Märzabend mal wieder der Live-Club an - und damit sich der Kreis auch passend schließ, sind es einmal mehr Vito, Hannes und Co. die den Headliner geben. Manchmal kann es eben kein Zufall mehr sein.

Bevor die Jungs in rosa jedoch das Jubiläum ihres legendären "Explizite Lyrik"-Rundlings auch ausgiebig in Barmen feiern können, schicken die Klamaukgaranten erst einmal BRUNHILDE auf die Bühne, eine mir bis dato noch völlig unbekannte Combo aus hiesigen Landen. Die bringt mit einem satten Gemisch aus kraftvollem Heavy Rock und dezenten Alternative-Sounds sicherlich eine Menge Energie auf die Bretter, führt mich aber leider auch dazu, am Verstand einiger Zuschauer zu zweifeln. Natürlich provoziert die Band mit ihrer sehr leicht bekleideten Frontdame die Blicke der männlichen Belegschaft, und sicherlich möchte BRUNHILDE auch gezielt mit dieser Attitüde kokettieren und Verlangen wecken. Wenn die Herrschaften neben mir letztlich aber eher mit ihren sexistischen Fantasien beschäftigt sind und sich darüber austauschen, was man mit der hübschen Sängerin wohl alles anstellen würde, kommt mir echt das kalte Kotzen. Völlig überflüssig, völlig daneben und mindestens genauso ekelhaft wie das Altbier am heutigen Abend, das aus unerfindlichen Gründen nicht wie gewohnt mundet. Die Band selber wird mitbekommen, dass ihr Blickfang natürlich im Zentrum des Interesses steht, macht sich aber glücklicherweise keine Gedanken zu den derben Sprüchen des Proletariats, sondern liefert einfach weiter und weiter - und hinterlässt nach einer guten Dreiviertelstunde und einem gwagten Cover von 'House Of The Rising Sun' einen blendenden Eindruck. Und das wohlgemerkt nicht nur optisch!

Ca. 20 Minuten später wird die Bühne dann endlich in schwarz-rosa-gold gehüllt und eine erneut denkwürdige Party mit den bereits hinlänglich bekannten Rabauken gestartet. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass inzwischen nicht nur bei Hannes das Haupthaar geschrumpft oder gar grau geworden ist, allerdings darf man auch nicht vergessen, dass die Truppe schon seit mehr als drei Dekaden aktiv ist und ihren eigenen Meilenstein heute auch schon zum 30. Jahrestag ausführt. Wenig überraschend widmet sich J.B.O. daher auch von Anfang an den Klassikers des Jahres 1995. 

Natürlich wird es albern, natürlich wird es infantil, und ganz bestimmt fragt man sich mit ein wenig Abstand auch, wie man damals all den Kram unreflektiert mitsingen konnte, doch die Antwort gibt das Quartett eigentlich nach jeder kurzen Pause wieder auf den Fuß: weil es verdammt noch mal Spaß macht! 'Schlaf Kindlein Schlaf' mit einem kurz angeteaserten 'Bolle' wird entsprechend laut empfangen, 'Mei Alde is im Playboy drin' und 'Frauen' werden auch vom vermeintlich schwächeren Geschlecht zurückgefeuert. Die relaxten Vibes in 'Gimme Dope Joanna' nimmt man nicht nur im Auditorium auf - auch Vito in passendem Jamaika-Outfit und einer Mega-Papptüte lässt hier mal Fünfe gerade sein.

Nach weiteren "Explizie Lyrik"-Gassenhauern wie 'Symphonie der Verstopfung' (mit echten Ekel-Szenarien auf der Bühne) und 'Schlumpofzid im Stadtgebiet' bedankt sich J.B.O. herzlich für 30 Jahre Treue und schenkt den Zuschauern noch ein Classics-Set hinterher, das sich erwartungsgemäß gewaschen hat. 'Ein guter Tag zum Sterben' und 'Verteidiger des Blödsinns' werden ebenso wie 'Wir ham' ne Party' heute schon vor der Zugabe herausgehauen, in der dann 'Wacken ist nur einmal im Jahr', 'Alles nur geklaut' und 'Ein Fest' die letzten Reserven freisetzen. Daher klingt es sicher auch nicht übertrieben, dass hier manche Stimme am nächsten Tag nicht zu gebrauchen sein wird, denn wenn bei den Erlanger Kultjungs eines immer wieder gefragt ist, dann mitsingen, mitsingen und am besten noch lauter mitsingen.

Nach knapp zwei Stunden ist dann auch Sense im Live-Club Barmen. Egal wo man hinschaut, sieht man ausschließlich glückliche Gesichter und nach wie vor viel trinklaunige Herrschaften, die im Anschluss auch die Gelegenheit nutzen, sich alle möglichen Gegenstände und Körperteile signieren zu lassen. Aus Gründen des Eigenschutzes mag ich hier aber nicht zu sehr ins Detail gehen, sondern verweise darauf, dass die Kombi Barmen/J.B.O. immer wieder eine richtig geile ist, die immer halten konnte, was sie versprochen hat. Das klingt nüchtern und routiniert, soll aber eigentlich nur beschreiben, dass auf diese Band auch nach so langer Zeit immer noch absolut Verlass ist!

Setliste: Kuschelmetal; Schlaf, Kindlein, schlaf/Bolle; Walk With An Erection; Eistee's Mainzelcount; Ejaculatio Praecox; Mei Alde is im Playboy drin; Frauen; Ka Alde, ka G'schrei; Gimme Dope Joanna; Drum Solo; Diggin' The Nose (Hier bohrt der Boss noch selbst); Mir sta'dd'n etz die Feier; Der um das Klo tanzt (Kuck mal wer da kackt); Symphonie der Verstopfung; Schlumpozid im Stadtgebiet; Odyssee auf UKW/Telefomnkonzert/Bambi; Rache!; Könige; Ein guter Tag zum Sterben; Verteidiger des Blödsinns; Wir ham' ne Party; Metal Was My First Love; Wacken ist nur einmal im Jahr; Alles nur geklaut; Mach noch eins auf!; Ein Fest

Text und Fotocredit: Björn Backes

Redakteur:
Björn Backes

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